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Energielieferverträge

allgemeine Informationen und Einführung

A. Verträge in der Energiewirtschaft
Ungeachtet zahlreicher Sonderregeln haben Verträge im Zusammenhang mit der Energieversorgung zivilrechtlichen Charakter. Verträge über Netzanschluss und Netznutzung [1] unterliegen einem strengen regulatorischen Regime, weil sie der Schaffung des Marktes für Energie dienen [2]. Insofern ist bei diesen Verträgen die Privatautonomie erheblich eingeschränkt. Die Belieferung mit Energie erfolgt allerdings nach marktwirtschaftlichen Regeln, so dass hier die Regelungsintensität etwas geringer ist und das Zivilrecht im Vordergrund steht. [3]

Nachstehend werden Energielieferverträge zunächst kurz klassifiziert (A.). Dann werden Regelungen der Energielieferverträge aus dem EnWG vorgestellt (B.). Schließlich werden die zivilrechtlichen Regeln, insbesondere der Verbraucherschutz, behandelt (C.).

B. Arten von Energielieferverträgen
Energielieferverträge können unterschiedlichen Charakter haben. Je nach Kriterium können folgende Vertragstypen unterschieden werden:

1. Endkundenverträge vs. Energiegroßhandel
Je nachdem, wer Energie und zu welchem Zweck bezieht, kann zwischen Endkundenverträgen und solchen zu Handelszwecken (Weiterverkauf) unterschieden werden.
Mit Endkunden, die im Energierecht Letztverbraucher genannt werden (§ 3 Nr. 25 EnWG), werden Verträge auf der letzten Stufe der Wertschöpfung in der Energiewirtschaft abgeschlossen. Da bei diesen Verträgen die primäre Aufgabe der Energiewirtschaft im Vordergrund steht (Versorgung mit Energie), weisen diese Verträge die meisten Besonderheiten gegenüber dem allgemeinen Zivilrecht auf. Die nachstehenden Ausführungen betreffen in der Regel Verträge mit Letztverbrauchern.
Verträge im Großhandel, bei denen ein Lieferant seinen Bedarf an Energie zwecks Weiterveräußerung deckt - sei es beim Erzeuger oder bei einem anderen Händler - können praktisch uneingeschränkt frei gestaltet werden, wobei hier insbesondere im internationalen Bereich die sog. EFET-Verträge üblich sind. Lediglich das Kartellrecht stellt hier eine Grenze dar [4]. Die Verträge im Großhandelsbereich werden hier nicht behandelt.

2. Haushaltskunden vs. sonstige Letztverbraucher
Verträge mit Endkunden (Letztverbrauchern) unterliegen unterschiedlichen Regelungen je nachdem, ob sie mit Haushaltskunden (Definition: § 3 Nr. 22 EnWG) oder mit sonstigen Beziehern von Energie abgeschlossen werden. Haushaltskunden haben insbesondere Anspruch auf die sog. Grundversorgung und müssen ihren Energielieferanten nicht explizit suchen. Ferner sieht der Gesetzgeber für alle Verträge mit Haushaltskunden besondere Anforderungen vor.
Dabei ist der Begriff des Haushaltskunden von dem des Verbrauchers gem. § 13 BGB streng zu trennen. Letzterer hat einen rein zivilrechtlichen Charakter und im Energierecht keine Bedeutung. Bedeutung für das EVU hat der Verbraucherbegriff hingegen dann, wenn sich der Kunde auf die verbraucherschützenden Vorschriften des BGB berufen möchte. Diese finden zugunsten von Verbrauchern Anwendung.

3. Grundversorgungs- vs. Sonderkundenverträge
Haushaltskunden müssen nicht zwingend ihren Energielieferanten explizit suchen. Sie können durch Inanspruchnahme von Energie in ihrem Wohn- oder sonstigen Lokal die sog. Grundversorgung in Anspruch nehmen. Verträge, die explizit und zu den vom Kunden gewünschten Konditionen abgeschlossen werden, werden Sonderverträge bzw. Sonderkundenverträge genannt. Beide Vertragsarten werden nachstehen etwas ausführlicher vorgestellt.

a. Verträge in der Grundversorgung, Tarifverträge, Tarif(vertrags)kunden
Die früher übliche Bezeichnung Tarifkunden und Tarifkundenverträge ist eigentlich überholt. Seit dem Inkrafttreten des EnWG 2005 wird sie im Gesetz kaum verwendet. Mit dem Rechtsinstitut der Grundversorgung ist nunmehr die Bezeichnung Vertrag in der Grundversorgung treffender [5]. Kunden in der Grundversorgung (oder wenn man bei Tarifkunden dennoch festhält) sind Letztverbraucher, die zugleich Haushaltskunden sind. Haushaltskunden sind gem § 3 Nr. 22 EnWG private Haushalte oder kleinere Landwirtschafts- oder Gewerbebetriebe, mehr dazu im Lexikon). Sie werden im Rahmen der sog. Grundversorgung zu Preisen, die meist etwas höher sind, als die Marktpreise im Wettbewerb, beliefert [7]. Die allgemeinen Bedingungen und Preise richten sich nach den § 39 Abs. 2 EnWG i. V. m. § 1 StromGVV und GasGVV und sind entsprechend zu veröffentlichen (§ 36 Abs. 1 EnWG). Tarifverträge können ausdrücklich § 2 Abs. 1 StromGVV / GasGVV oder durch Bezug der Energie (konkludent) § 2 Abs. 2 StromGVV / GasGVV geschlossen werden.
Für Verträge in der Grundversorgung besteht Kontrahierungszwang, der sich aus § 36 Abs. 1 EnWG ergibt. Demnach sind die örtlichen Energieversorgungsunternehmen zur Versorgung aller Haushaltskunden mit Strom oder Gas verpflichtet.

b. Sonderverträge, Sondervertragskunden
Die Energielieferung kann auch außerhalb der Grundversorgung i. S. d. § 36 EnWG erfolgen. Dabei werden mit Kunden ausdrücklich Verträge abgeschlossen - die sog. Sonderverträge. Sonderverträge haben keine und bedürfen keiner ausdrücklichen, gesetzlichen Grundlage. Sie unterliegen der allgemeinen Vertragsfreiheit. Es besteht eine Abschluss- und Gestaltungsfreiheit. Es handelt sich dabei meist um vorformulierte Musterverträge, mit vorformulierten Klauseln, die Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des BGB sind.
Für Sonderverträge sind die Regelungen des § 41 EnWG zu beachten, sofern sie mit Haushaltskunden geschlossen werden. Sonderverträge können mit jedem, auch überregional tätigen, Energielieferanten abgeschlossen werden.

4. Weitere Arten von Energielieferverträgen
Die Sonderkundenverträge können weiter unterteilt werden:
    • in Verträge mit Leistungsmessung sowie solche, die nach Standardlastprofilen abgerechnet werden,
    • in Verträge, bei denen die Netznutzung integriert ist („All-inclusive“) oder die reine Energielieferung isoliert von der Netznutzung angeboten wird; im letzteren Fall muss der Kunde die Netznutzung mit dem Netzbetreiber separat vereinbaren.
Im Übrigen können Energielieferverträge nach zahlreichen, weiteren Kriterien differenziert werden, die an dieser Stelle nicht mehr behandelt werden [8].


C. Zivilrechtliche Regeln
Mit den zivilrechtlichen Regeln rund um den Energieliefervertrag befasst sich ein separater Artikel über zivilrechtliche Besonderheiten der Energielieferverträge. Dort werden insbesondere Themen wie Preisanpassung und Preisanpassungsklauseln sowie die damit zusammenhänge Problematik der AGB und des § 315 BGB vorgestellt.


D. Grundversorgung und Ersatzversorgung
Die Thematik der Energielieferungen im Rahmen der sog. Grundversorgung oder Ersatzversorgung wurde im separaten Artikel beschrieben.



[1] Vgl. unter Netzanschluss und Netzzugang.
[2] Selbstverständlich ist der Netzanschluss und der Netzzugang von der Energiebelieferung streng zu trennen, Koenig/Kühling/Rasbach, Energierecht, Kap. 6, Rn. 5; daraus folgert Klees, Energiewirtschaftsrecht Kap. 4, Rn. 2, dass man im Energierecht zwischen vertriebsbezogenen und netzbezogenen Verträgen unterscheiden sollte.
[3] Zur unterschiedlichen Regelungsdichte in den verschiedenen Verträgen vgl. auch Klees, Energiewirtschaftsrecht Kap. 4, Rn. 3-4.
[4] Zu kartellrechtlichen Einschränkungen bei langfristigen Energielieferverträgen vgl. Klees, Energiewirtschaftsrecht Kap. 3, Rn. 158 ff.
[5] Vgl. dazu auch Klees, Energiewirtschaftsrecht Kap. 4, Rn. 10.
[6] Letztverbraucher im Sinne des § 3 Nr. 25 EnWG.
[7] Die Marktpreise können auf den Preisvergleichsportalen im Internet verglichen werden, vgl. z. B. http://www.verivox.de .
[8] Vgl. statt vieler de Wyl/Soetebeer, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, § 11, Rn. 5-52.


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