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Unerlaubte Handlung


A. Einführung in das Deliktsrecht
Die unerlaubte Handlung oder das Delikt ist ein gesetzliches Schuldverhältnis, welches in dem Augenblick entsteht, in welchem ein Rechtssubjekt in die (Rechts-)Sphäre eines anderen eingreift und diese beeinträchtigt. Häufig kommt es in diesen Fällen zu einem Schaden. Aufgabe des Deliktsrechts ist dabei, für Ausgleich dieses Schadens zu sorgen.

B. Übersicht über Deliktsrecht und verwandte Haftungsregeln
Auch im Deliktsrecht besteht die Aufgabe des Juristen meist darin, einer Person - welche möglicherweise einen Schaden erlitten hat - mit Ansprüchen gegen die andere Person (den Schädiger) zu helfen. Die zahlreichen Regelungen des Deliktsrechts bieten dabei eine breite Palette von Ansprüchen, auf die man sich im Zusammenhang mit deliktischen Handlungen berufen kann. Eine Orientierung in der gesetzlichen Systematik deliktischer Ansprüche ist deshalb die erste Voraussetzung für die Bewältigung von Sachverhalten aus dem Bereich des Deliktsrechts.

Einen nach Anspruchsgrundlagen geordneten Ãœberblick des Deliktsrechts bietet folgende Struktur:

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Daraus ist erkennbar, dass grundsätzlich folgende Bereiche des Deliktsrechts zu unterscheiden sind:
  • Ansprüche aufgrund der sog. Gefährdungshaftung
  • Ansprüche wegen eines kraft Gesetzes vermuteten Verschuldens
  • Ansprüche nach allgemeinen Regeln der verschuldensabhängigen Haftung
  • Ansprüche gem. anderen, besonderen Regeln (wie z. B. Billigkeitshaftung nach § 828, 829 BGB)

C. Aufbau des Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB
Der Grundtatbestand des Deliktsrechts ist der - sowohl wegen seiner Praxisrelevanz wie auch wegen der dogmatischen Durchdringung in der Rechtsprechung und Lehre zentrale - § 823 Abs. 1 BGB. Wie jeder Anspruch auf Schadensersatz führt der Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB nur dann zum Erfolg, wenn seine Voraussetzungen sowohl dem Grunde nach wie auch dem Umfang nach erfüllt sind. Der letztgenannte Punkt ist eher eine allgemeine Frage des Umfangs des Schadensersatzanspruchs und deshalb für alle deliktischen Ansprüche ähnlich zu lösen. Zunächst ist jedoch jeweils zu prüfen, inwiefern § 823 I BGB einschlägig ist oder nicht.

Die Prüfung der Frage, ob im konkreten Fall ein Anspruch aus § 823 I BGB dem Grunde nach gegeben ist, ist gemäß der nachstehend abgebildeten Struktur durchzuführen:

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D. Prüfungsvoraussetzungen des § 823 Abs. 1 BGB im Einzelnen
Der Prüfungsaufbau des § 823 I BGB ist aus dem Gesetzestext nur teilweise direkt erkennbar. In der Vorschrift werden die Rechtsgüter genannt, deren Verletzung zum Anspruch führt, die beiden (alternativ notwendigen) Verschuldensformen - Vorsatz und Fahrlässigkeit - sowie die Rechtswidrigkeit (als Widerrechtlichkeit genannt). Neben der Verletzung der in der Vorschrift genannten Rechtsgüter muss allerdings noch mehr geschehen, damit der Tatbestand der Vorschrift erfüllt ist. Nachstehend wird der Tatbestand des § 823 I BGB deshalb etwas näher beleuchtet.

1. Tatbestand des § 823 I BGB
Aus § 823 I BGB ergibt sich zumindest mittelbar, dass der Anspruch aus dieser Vorschrift nur dann möglich ist, wenn
    • der Anspruchsgegner etwas getan hat ("Wer ... verletzt ..."),
    • dabei eines der Rechtsgüter des Anspruchstellers betroffen ist ("Leben, den Körper, ... ") und
    • zwischen dem Verhalten des Anspruchsgegners und der Rechtsgutverletzung Kausalität besteht - sonst würden auch zusammenhanglose, zufällige Ereignisse zu Schadensersatzansprüchen führen.

Im Hinblick auf die Rechtsgüter bzw. Rechte, die in § 823 I BGB genannt sind, ist zu beachten, dass dabei nur Rechtspositionen gemeint sind, die als sog. "absolute Rechte" bezeichnet werden. Damit umfasst die Vorschrift nicht alle Schäden - z. B. am Vermögen - sondern nur solche, die aus der Verletzung der darin genannten Rechtsgüter resultieren. Auf der anderen Seite hat der Katalog durch die Formulierung "sonstiges Recht" offenen Charakter. Deshalb ist im Zweifel zu prüfen, ob eine verletzte Rechtsposition als ein sonstiges (absolutes) Recht i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB betrachtet werden kann.
Einzelne Rechtsfragen der möglichen Rechtsgüter wurden in der oben abgebildeten Struktur unter "Rechtsgutverletzung" dargestellt. Auf einige Besonderheiten soll nachstehend eingegangen werden:

a. Körper und Gesundheit als geschützte Rechtsgüter
Zwischen einer Körper- und Gesundheitsverletzung kann häufig schwer unterschieden werden. Deshalb sollte bei Bedarf eine summarische Prüfung vorgenommen und kein Aufwand für eine definitive - unnötige - Abgrenzung getrieben werden. Wenn nur eine der Alternativen gegeben ist, liegt eine Rechtsgutverletzung vor und der Tatbestand des § 823 I BGB kann erfüllt sein.

b. Rechtsgut "Eigentum"
Neben den klassischen Fällen der Eigentumsverletzung durch dessen Entzug oder durch Entzug der Sache selbst (Besitzentzug) bzw. ihre Zerstörung, ist hier auch der Gebrauch als solcher geschützt. Wird der Gebrauch der Sache (auch nur zeitweise) unmöglich gemacht, dann stellt dies grundsätzlich auch eine Eigentumsverletzung dar. Dies hat der BGH insbesondere in folgenden Fällen anerkannt:
      • Einsperrung eines Schiffes, so dass es nicht die Stelle verlassen kann, an der es sich befindet;
      • Räumung eines Nachbargrundstücks beim Brand, wodurch der darauf befindliche gewerbliche Betrieb über bestimmte Zeit stehen muss;
      • ein Fahrzeug wird zugeparkt.
Dieser Fall liegt allerdings nicht vor, wenn eine Sache statt ein- nur ausgesperrt wird, also wenn z. B. ein Kfz wegen Brandlöschung zeitweilig auf einer öffentlichen Straße nicht weiter fahren kann etc. Diese Beispiele zeigen, dass die Abgrenzung zwischen einer Behinderung des Gebrauchs am Eigentum (welche unter § 823 I BGB fällt) von den Fällen eines reinen Vermögensschadens nur schwer zu unterscheiden ist. Bei einer Beeinträchtigung des Gebrauchs einer Sache sollte eine Eigentumsverletzung erst dann angenommen werden, wenn die Beeinträchtigung des Gebrauchs derart gravierend (erheblich) ist, dass die Sache praktisch gar nicht mehr sinngemäß benutzt werden kann. Vgl. dazu diese Struktur.

c. Eingerichteter und ausgeübter Gewerbebetrieb
Einen besonderen Stellenwert unter den "sonstigen Rechten" des § 823 I BGB hat im Wirtschaftsrecht das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Wenn eine gesetzliche Lücke insofern besteht, dass Schädigungen eines wirtschaftlichen Betriebes nicht unter die übrigen Tatbestandsmerkmale des § 823 I BGB fallen, kommt in einigen Fallkonstellationen der Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs in Betracht. Bei der Prüfung dieses recht unklaren und in der Rechtsprechung kasuistisch gehandhabten Rechtsguts des § 823 I BGB muss jeweils vorsichtig ermittelt werden, ob eine Gesamtbetrachtung der Umstände die Annahme einer Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb rechtfertigt. Die besondere Schwierigkeit besteht dabei darin, dass die Gerichte keine klare Linie zwischen der Rechtsgutverletzung und der Rechtswidrigkeit der Maßnahme ziehen, so dass in diesen Fällen eine summarische Prüfung von Tatbestand und Rechtswidrigkeit erfolgt.
Insgesamt kann eine Rechtsgutverletzung i. S. d. § 823 I BGB in Form eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb angenommen werden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
      • eine gesetzliche Lücke existiert (Subsidiarität),
      • ein Gewerbebetrieb betroffen ist und
      • in den ein betriebsbezogener Eingriff erfolgte.

Der Eingriff ist betriebsbezogen, wenn das Schadensereignis unmittelbar im Zusammenhang mit dem Betrieb steht. Dies ist von der Frage der Kausalität oder eventueller Zwischenursachen nicht abhängig. Entscheidend ist dabei vielmehr, inwiefern das schädigende Ereignis den Betrieb als solchen bedroht, seine bedeutsamen Bestandteile beeinträchtigt. Ein Beispiel, in dem ein unmittelbarer (betriebsbezogener) Eingriff fehlt, ist der Stromleitungsfall, in dem durch Beschädigung des Stromkabels ein Betrieb zum Stillstand kommt. Hier wird eine Sache außerhalb des Betriebes beschädigt und zufällig der Betrieb in Mitleidenschaft gezogen. Allein dies reicht nicht, § 823 I BGB als erfüllt anzusehen - der Eingriff bezog sich primär und direkt nicht auf den Betrieb.

Die Verwirklichung des Tatbestandes des § 823 I BGB allein bedeutet allerdings noch keine automatische Schadensersatzpflicht. Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ist ein sog. offener Tatbestand, bei dem eine besondere Prüfung der Rechtswidrigkeit stattfinden muss. Bei der im nächsten Schritt vorzunehmenden Prüfung der Rechtswidrigkeit (siehe weiter unten) muss die Abwägung der Interessen der Parteien noch ergeben, dass die Interessen des Betriebsinhabers Vorrang vor Interessen des Eingreifenden haben.

2. Rechtswidrigkeit
§ 823 Abs. 1 BGB sieht Ansprüche nur für den Fall vor, dass ein Schaden "... widerrechtlich ..." zugefügt wird. Dabei wird die Rechtswidrigkeit einer deliktischen Handlung in der Regel durch die Handlung selbst indiziert. Das heißt, dass diesbezüglich meist eine Negativprüfung stattfinden muss, inwiefern keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Rechtswidrigkeit entfällt. Eine Handlung, welche den Tatbestand des § 823 I BGB verwirklicht, ist nicht rechtswidrig (bzw. widerrechtlich), wenn für sie Rechtfertigungsgründe vorliegen.

Dies gilt allerdings nicht immer. Bei den durch Rechtsfortbildung anerkannten Rechtsgütern "allgemeines Persönlichkeitsrecht" oder "Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb" ist die Rechtswidrigkeit nicht automatisch durch die Rechtsgutverletzung gegeben. In diesen Fällen der sog. "offenen Tatbestände" muss die Rechtswidrigkeit - neben der Frage eventueller Rechtfertigung - explizit und positiv festgestellt werden. Im Falle von Eingriffen in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb heißt dies, dass eine Abwägung der Interessen der eingreifenden Personen mit Interessen des Betreibers zu vergleichen und gegeneinander abzuwägen sind. Ergibt die Abwägung, dass die Interessen des Betriebsinhabers Vorrang haben müssen, ist ein Eingriff im Einzelfall rechtswidrig.

3. Verschulden
Bei der Prüfung von Verschulden - ob im Deliktsrecht oder im sonstigen Schuldrecht - sind jeweils zwei Schritte vorzunehmen:
    • zunächst ist die Frage zu beantworten, ob die handelnde Person überhaupt verschuldensfähig ist (§§ 827, 828 BGB),
    • anschließend ist das Verschulden als solches festzustellen in der jeweils einschlägigen Form (Vorsatz oder Fahrlässigkeit); dabei gilt die Vorschrift des allgemeinen Schuldrechts - § 276 BGB;


E. Gefährdungshaftung, insbesondere im Straßenverkehr
Ein in der Praxis besonders häufig relevantes Beispiel der Gefährdungshaftung (neben den Regelungen aus dem BGB und anderen Nebengesetzen) ist die Halterhaftung nach § 7 Abs. 1 StVG. Haftung nach dieser Vorschrift

F. Haftung für vermutetes Verschulden, Aufsichtspflichten

G. Spezialgebiet: Produkthaftung



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