ich war hier: LoesungAbstraktionsprinzip

Version [12838]

Dies ist eine alte Version von LoesungAbstraktionsprinzip erstellt von TheresaHantsch am 2011-11-24 17:38:12.

 

Lösung Fallbeispiel 3: Geschenk an den Enkel


Als erstes sollte der Notar auf das Abstraktionsprinzip hinweisen.

Unter dem Abstraktionsprinzip versteht man die rechtliche Trennung zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft, d.h. die Trennung von kausalem und abstraktem Geschäft.
In unserem Fall sieht die Schenkung zunächst wie nur ein einheitliches RG aus. Allerdings muss auch hier die Trennung in das Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft erfolgen.
Durch das Verpflichtungsgeschäft wird die Verpflichtung zu einer bestimmten Leistung begründet. In unserem Fall könnte das der Schenkungsvertrag sein.
Im Gegensatz dazu handelt es sich bei den Verfügungsgeschäften um Übereignungs- bzw. Übertragungsgeschäfte. In unserem Fall könnte das die Übertragung des Grundstückes sein.

Die Schenkung und die Übertragung des Eigentums an dem Gebäude stellen also zwei verschiedene Rechtsgeschäfte dar, die auch getrennt voneinander betrachtet und geprüft werden müssen.


I) Schenkung

Zwischen G und E könnte ein wirksamer Schenkungsvertrag gem. § 516 I BGB zustande gekommen sein.

Dies setzt voraus, dass der Vertrag geschlossen wurde, es sich inhaltlich um einen Schenkungsvertrag handelt und kein Wirksamkeitshindernis vorliegt.

1. Vertragsschluss

Der Vertrag könnte hier zwischen G und E geschlossen worden sein.

Der Vertragsschluss ist hier unproblematisch, da im Sachverhalt keine Angaben gemacht sind, die auf etwas Gegenteiliges hinweisen.

Daher ist der Vertragsschluss hier gegeben.

2. Vertragsinhalt

Der Vertrag könnte inhaltlich einen Schenkungsvertrag i.S.d. § 516 BGB darstellen.

Ein Schenkungsvertrag liegt nach § 516 I BGB immer dann vor, wenn „jmd. aus seinem Vermögen, einen anderen bereichert [und] beide Teile darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt“.

Lt. SV will G dem E das Grundstück mit Haus schenken. Das beides steht also im Vermögen (Eigentum) des G. G will durch die Schenkung an E diesen bereichern und beide sind sich einig, dass das ganze unentgeltlich erfolgen soll.

Es weist demnach nichts im SV darauf hin, dass hier ein Problem bestehen könnte. Der Vertrag stellt also inhaltlich einen Schenkungsvertrag dar.

Der Vertrag wurde demnach geschlossen und es handelte sich inhaltlich um einen Schenkungsvertrag. Nun ist noch zu prüfen, ob der Vertrag auch wirksam zustande gekommen ist. Dies ist der Fall, wenn keine Wirksamkeitshindernisse vorliegen.

3. Wirksamkeit

Als Wirksamkeitshindernisse könnten hier die beschränkte Geschäftsfähigkeit gem. § 106 BGB sowie ein Formmangel gem. § 125 S. 1 BGB in Betracht kommen.

a) Formmangel

Es könnte ein Wirksamkeitshindernis gem. § 125 S. 1 BGB gegeben sein.

Voraussetzung hierfür wäre das Vorliegen eines Formmangels.

Ein Formmangel liegt immer dann vor, wenn ein bestehendes Formerfordernis (welches für das RG beachtlich ist) nicht beachtet wurde.


Formerfordernis

Es könnte ein gesetzliches Formerfordernis für den Schenkungsvertrag gem. § 518 Abs. 1 S. 1 BGB bestehen.

Danach wird für die Gültigkeit einer Schenkung die notarielle Beurkundung (§ 128 BGB) gesetzlich vorgeschrieben.

Daher besteht hier ein gesetzliches Formerfordernis.


Formerfordernis nicht beachtet

Das gesetzliche Formerfordernis gem. § 518 I i.V.m. § 128 BGB könnte hier nicht beachtet worden sein.

Voraussetzung hierfür wäre, dass G und E ihre Schenkung nicht notariell gem. § 128 BGB beurkundet hätten.

Lt. SV sind G und E gemeinsam zu einem Notar gegangen, um rechtlichen Rat einzuholen.

Daher ist anzunehmen, dass der Notar auf das Formerfordernis hinweist und es somit beachtet wird.

ZE: Der Formmangel gem. § 518 I i.V.m. §§ 128, 125 S. 1 BGB ist hier nicht gegeben und stellt daher kein Wirksamkeitshindernis dar.


b) Beschränkte Geschäftsfähigkeit

Ein Wirksamkeitshindernis könnte zudem aufgrund der beschränkten Geschäftsfähigkeit des E aus § 108 i.V.m. § 107 BGB bestehen.

E könnte also gem. § 106 BGB beschränkt geschäftsfähig sein.

Dazu müsste E zu dem Personenkreis der beschränkt Geschäftsfähigen gehören.

Darunter fällt jeder der das 7. Lebensjahr gem. § 106 BGB jedoch noch nicht das 18. Lebensjahr gem. § 2 BGB vollendet hat.

In unserem Fall ist E 13 Jahre alt.

Folglich ist E nur beschränkt geschäftsfähig gem. § 106 BGB.


Lediglich rechtlicher Vorteil

Demzufolge kann der beschränkt Geschäftsfähige gem. § 107 BGB ein wirksames Rechtsgeschäft nur dann vornehmen, wenn der beschränkt Geschäftsfähige aus dem RG einen lediglich rechtlichen Vorteil zieht.

Ein lediglich rechtlicher Vorteil könnte gem. § 107 BGB vorliegen.

Voraussetzung hierfür wäre, dass von dem beschränkt Geschäftsfähigen keine Gegenleistungen (Verpflichtungen) geleistet werden muss.

Lt. SV will der G dem E sein Grundstück schenken, wobei sich beide darüber einig sind, dass das ganze unentgeltlich i.S.d. § 516 I BGB (siehe oben) erfolgen soll.

Der Schenkungsvertrag bringt somit keine rechtlichen Pflichten für E mit sich. Daher ist das RG gem. § 107 BGB wirksam.

Anmerkungen

Wichtig ist hier, dass man an dieser Stelle das Abstraktionsprinzip beachtet. Wir befinden uns derzeit bei der Prüfung der Schenkung, also des Verpflichtungsgeschäfts. Im Rahmen der Schenkung verpflichtet sich G (später  Prüfungsschritt II) zur Übereignung des Grundstücks an E. Da G dem E das Grundstück im Wege einer Schenkung zukommen lassen möchte, muss E dafür nichts bezahlen oder dergleichen. Im Rahmen der Schenkung geht also E keinerlei Verpflichtungen ein, die einen rechtlichen Nachteil darstellen. Es liegt also somit ein lediglich rechtlicher Vorteil vor. Die Verpflichtungen, die E gegenüber den 10 Mietparteien aufgrund der Übereignung des Grundstücks mit Haus später hat, sind an dieser Stelle nicht relevant. Dies kommt erst im zweiten Prüfungsschritt zum Tragen, wenn man auf das Verfügungsgeschäft eingeht, also die Eigentumsübertragung des Grundstückes prüft.



Einwilligung



(da wir zuerst das Vorliegen eines lediglich rechtlichen Vorteils geprüft und auch diesen bejaht haben, bedarf es nun keiner Prüfung einer Einwilligung des gesetzlichen Vertreters mehr gem. § 107 BGB. Man kann sich also so einen Prüfungsschritt sparen. Allerdings besteht auch die Möglichkeit zuerst die Einwilligung der gesetzlichen Vertreter zu prüfen und erst danach das Vorliegen des lediglich rechtlichen Vorteils. Am Ende kommt man zu dem gleichen Ergebnis)


Da der E beschränkt geschäftsfähig i.S.d. § 106 BGB ist, kann er wirksame RG nur dann vornehmen, wenn die Einwilligung der gesetzlichen Vertreter gem. § 107 i.V.m. § 108 I und § 183 BGB vorliegt.

Eine Einwilligung gem. § 108 I i.V.m. § 183 BGB könnte vorliegen.

Voraussetzung hierfür wäre, dass die Eltern des E dem Schenkungsvertrag vorher zugestimmt hätten (§ 183 S. 1 BGB).

Die Eltern wissen nichts von der Schenkung, da sie nicht mehr mit dem G reden und dieser sein Angebot lieber vor den Eltern des E geheim halten möchte.

Daher liegt keine Einwilligung des gesetzlichen Vertreters vor.


jetzt lediglich rechtlichen Vorteil prüfen  gleiches Ergebnis: RG auch ohne Einwilligung der Eltern gem. § 107 BGB wirksam.



Zwischenergebnis:

Der Schenkungsvertrag zwischen G und E ist wirksam zustande gekommen.

Wenn der Notar auf die Formerfordernisse eines Schenkungsvertrages gem. § 518 Abs. 1 BGB hinweist und den Vertrag notariell beurkundet, liegt hier auch kein Wirksamkeitshindernis gem. § 125 BGB wegen Formmangel vor.


II. Eigentumsübertragung

Das Eigentum an dem Grundstück könnte von G auf E gem. § 873 I BGB übertragen werden.

Dies setzt die Einigung der beiden Vertragsteile gem. § 873 I i.V.m. § 925 I 1 BGB voraus.

1) Auflassung

Die Einigung, also die Auflassung gem. § 925 I 1 BGB könnte hier vorliegen.

Voraussetzung hierfür ist, dass sich der Veräußerer und Erwerber über die Übertragung des Eigentums einig waren, es sich um eine dingliche Einigung über die Übertragung der Immobilie handelt und keine Wirksamkeitshindernisse vorliegen.

a) Einigung

Es könnte hier eine Einigung i.S.d. § 925 I 1 BGB zwischen G und E vorliegen.

Die Einigung ist hier unproblematisch, da im SV nichts dagegen spricht.

Die Einigung zwischen G und E ist also gegeben.

b) Dingliche Einigung

Weiterhin könnte eine dingliche Einigung über die Übertragung des Eigentums an der Immobilie vorliegen.

Auch hier ist im SV nichts Gegenteiliges erkennbar, womit auch diese Voraussetzung als gegeben anzusehen ist.

Somit ist sowohl die Einigung als auch die dingliche Einigung gegeben. Es ist nun zu prüfen, ob die Auflassung wirksam zustande gekommen ist.

c) Wirksamkeit

i) Formmangel

Es könnte ein Wirksamkeitshindernis gem. § 125 S. 1 BGB gegeben sein.

Voraussetzung hierfür wäre das Vorliegen eines Formmangels.

Ein Formmangel liegt immer dann vor, wenn ein bestehendes Formerfordernis (welches für das RG beachtlich ist) nicht beachtet wurde.


Formerfordernis

Es könnte ein gesetzliches Formerfordernis für die Übertragung des Eigentums an dem Grundstück gem. § 925 I 1 BGB bestehen.

Danach wird für die Gültigkeit der Eigentumsübertragung an einem Grundstück die Auflassung vorgesehen.

Die Auflassung muss gem. § 925 I 1 BGB bei gleichzeitiger Anwesenheit des Veräußerers und des Erwerbers bei der entsprechenden Stelle, z.B. beim Notar vorgenommen werden und bedarf nach § 311b I 1 BGB der notariellen Beurkundung (§ 128 BGB).

Daher besteht hier ein gesetzliches Formerfordernis.


Formerfordernis nicht beachtet

Das gesetzliche Formerfordernis gem. § 925 I 1 BGB könnte hier nicht beachtet worden sein.

Voraussetzung hierfür wäre, dass G und E sich nicht bei gleichzeitiger Anwesenheit vor dem Notar über die Übertragung des Eigentums an dem Grundstück einigen und dies auch nicht von ihm notariell beurkunden würden.

Da G und E gemeinsam (also unter gleichzeitiger Anwesenheit) den befreundeten Notar aufsuchen, ist davon auszugehen, dass die Auflassung gleich dort stattfindet und der Notar auf die Formvorschriften des § 925 I 1 sowie des § 311b I 1 i.V.m. § 128 BGB hinweisen wird.

Demnach ist nicht anzunehmen, dass ein Formmangel gem. § 125 BGB vorliegt und somit kein Wirksamkeitshindernis diesbezüglich besteht.

ii) Beschränkte Geschäftsfähigkeit

Problematisch könnte jedoch die beschränkte Geschäftsfähigkeit gem. § 106 BGB des E sein.

Wie bereits oben geprüft, ist E minderjährig.

lediglich rechtlicher Vorteil

Die Auflassung könnte trotz der beschränkten Geschäftsfähigkeit des E wirksam sein, wenn in der Eigentumsübertragung für E ein lediglich rechtlicher Vorteil liegt. (siehe oben)

Durch die Eigentumsübertragung tritt der E an die Stelle des G als Vermieter für die 10 Mietparteien gem. § 566 Abs. 1 BGB. Somit gehen alle Rechte und Pflichten des Vermieters (G) auf den E über.

Die Pflichten stellen einen rechtlichen Nachteil i.S.d. § 107 BGB dar. Es besteht daher kein lediglich rechtlicher Vorteil.

Anmerkung

Jetzt befinden wir uns bei der Prüfung des Verfügungsgeschäftes. Indem E Eigentümer des Grundstückes und somit des Hauses wird, tritt er als Vermieter an die Stelle des G. Zwischen E und den Mietpartien würden dann also vertragliche Schuldverhältnisse in Form von Mietverträgen bestehen. Bei einem (gegenseitigen) Vertrag bestehen grds. Rechte und Pflichten für beide Vertragsteile. Somit geht E also Verpflichtungen ein, wodurch ein lediglich rechtlicher Vorteil ausgeschlossen ist.


Einwilligung der gesetzlichen Vertreter

Gem. § 107 i.V.m. § 108 I BGB könnte die Auflassung trotzdem wirksam sein.

Voraussetzung hierfür ist die Einwilligung der gesetzlichen Vertreter.

Die Einwilligung ist gem. § 183 S. 1 i.V.m. § 182 BGB die vorherige Zustimmung.

Lt. SV will G aufgrund des Streits gerade nicht, dass die Eltern des E von dem Schenkungsvertrag und der Eigentumsübertragung erfahren. E und G wollen das ganze verheimlichen, sodass die Eltern des E nichts von den Absichten der beiden wissen.

Somit liegt keine Einwilligung der gesetzlichen Vertreter vor.

Die Auflassung ist somit aufgrund der fehlenden Einwilligung der Eltern und der beschränkten Geschäftsfähigkeit des E schwebend unwirksam.

III. Ergebnis


Der Notar müsste also wie bereits erwähnt, als erstes auf das Abstraktionsprinzip hinweisen.
Die Schenkung und die Übertragung des Eigentums an der Immobilie müssen also getrennt voneinander betrachtet werden. Der Schenkungsvertrag zwischen G und E ist wirksam zustande gekommen ohne das Wissen und die Einwilligung der Eltern, wenn das Formerfordernis der notariellen Beurkundung befolgt wird.
Der Notar muss jedoch darauf hinweisen, dass für die Übertragung des Eigentums an dem Grundstück die Auflassung erforderlich ist, die ohne die Einwilligung der Eltern als gesetzlicher Vertreter gem. § 107 BGB aufgrund der beschränkten Geschäftsfähigkeit des E nicht wirksam werden kann.
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