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Version [15219]

Dies ist eine alte Version von FallGestohleneCDs erstellt von ChristianeUri am 2012-05-21 01:15:55.

 

Fall: Vom Handwerksgesellen gestohlene CDs


A. Sachverhalt
Dusel (D) macht beim Malermeister Pinsel (P) seine Lehre. Er wurde bei P aufgenommen, weil er unter allen Bewerbern der "vernünftigste" war, einen zuverlässigen Eindruck machte und vergleichsweise gute Leistungen in der Schule vorweisen konnte. Der positive Eindruck hat sich jedoch während der Ausbildung nicht bestätigt. D ist nicht pünktlich, seine Arbeit lässt meist zu wünschen übrig und er ist schlicht faul. Trotzdem hat er einen hohen Anspruch an die Vergütung, die er immer sehr fleißig und schnell ausgibt.

Eines Tages erhält P einen Auftrag von Häusle (H), das gesamte Haus des H innen farblich aufzufrischen, während H selbst in Urlaub ist. P schickt einen Mitarbeiter und den D in das Haus des H. Während der Mitarbeiter des P neue Farbe holt, arbeitet D gar nicht wie abgesprochen weiter, sondern stöbert in der umfangreichen CD-Sammlung des H. Als er eine Reihe von "Gold-CDs" sieht, kann er nicht widerstehen. Er steckt einige CD-s im Wert von 200 EUR ein und verkauft sie anschließend an Bekannte zu einem Bruchteil des Preises.

H vermisst nach Rückkehr aus dem Urlaub seine CD-s. Der Verdacht fällt schnell auf Mitarbeiter des P. Nach einigem Hin und Her gibt D zu, die CD-s mitgenommen zu haben. Er hat aber weder die CD-s noch das Geld. Und das Geld wird er bei P nicht mehr verdienen können, weil ihn P sofort entlassen hat. Die Käufer der CD-s sind nicht auffindbar.

B. Frage
Welche Ansprüche und gegen wen hat H?



Lösungshinweise:

C. Anspruch H gegen D nach § 823 Abs. 1 BGB
Dieser Anspruch müsste dem Grunde nach erworben sein. Hierfür ist erforderlich, dass:
  • Tatbestand nach § 823 Abs. 1 BGB vorliegt
  • Handlung von D geschah rechtswidrig
  • D handelte schuldhaft

1. Tatbestand
Ist erfüllt, wenn eine Handlung seitens D vorliegt, durch diese ein Rechtsgut von H verletzt wurde und zwischen der Handlung und der Rechtsgutverletzung ein Kausalzusammenhang besteht.

a. Handlung seitens D
Handlung ist jedes menschliche Verhalten (positives Tun oder Unterlassen), welches dem Bewusstsein unterliegt. Nach dem Sachverhalt durchstöbert D die CD's vom H und steckt einige CD's ein. Dies ist eine Handlung.

b. Verletzung eines Rechtsguts i.S.v. § 823 Abs. 1 BGB beim H
Im Fall von H könnte eine Eigentumsverletzung in Betracht kommen. Dies ist dann der Fall, wenn H sein Eigentumsrecht verloren hat, das Eigentum beschädigt oder zerstört wurde oder dem H der Besitz entzogen bzw. Gebrauch seines Eigentums verhindert wurde. Nach dem Sachverhalt hat D die CD's eingesteckt und diese an Bekannte verkauft. H ist wegen § 935 BGB zwar weiterhin Eigentümer der CD-s, aber wird er sie nicht mehr finden können, so dass er dauerhaft ihren Besitz verlor. Eine Eigentumsverletzung liegt vor.

c. haftungsbegründende Kausalität
Zwischen der Handlung des D und der Rechtsgutverletzung besteht Kausalzusammenhang.

Damit liegt der Tatbestand gem. § 823 Abs. 1 BGB vor.

2. Rechtswidrigkeit
Die Tat des D war nicht gerechtfertigt und damit auch rechtswidrig.

3. Verschulden
D handelte vorsätzlich und damit schuldhaft.

4. Ergebnis zu § 823 I BGB gegen D
H hat den Anspruch gegen D gem. § 823 Abs.1 BGB erworben. Vom Umfang her ist der Anspruch auf Ersatz des Wertes der verlorenen CD-s. Allerdings ist zu bedenken, dass der Anspruch gegen D kaum mit Erfolg durchgesetzt werden kann, weil D mittellos ist.


D. Anspruch H gegen P gem. § 831 Abs. 1 BGB
Dieser Anspruch müsste dem Grunde nach erworben sein. Dafür ist erforderlich, dass:
  • D ist Verrichtungsgehilfe des P
  • Tatbestand einer unerlaubten Handlung ist erfüllt
  • in Ausführung der Verrichtung
  • Rechtswidrigkeit
  • keine Exkulpation.

1. Verrichtungsgehilfe des P
Wenn D mit Wissen und Wollen des P innerhalb dessen Geschäftsbereichs tätig ist und D i. S. v. § 831 Abs. 1 BGB vom P weisungsabhängig ist. Nach dem Sachverhalt macht D beim P eine Ausbildung. Innerhalb der Ausbildung erhält D die Aufgabe, er solle bei H das Haus im inneren farblich auffrischen. D handelt nach Weisung des P und ist somit als Verrichtungsgehilfe des P anzusehen.

2. TB einer unerlaubten Handlung
Dieser liegt vor, wenn D den obj. Tatbestand gem. § 823 Abs. 1 BGB erfüllt. An dieser Stelle kann nach oben verwiesen werden. Die rechtswidrige Handlung seitens D erfüllt den obj. Tatbestand nach § 823 Abs. 1 BGB

3. In Ausführung der Verrichtung
ist erfüllt, wenn ein innerer Zusammenhang zwischen der Schädigung und der Aufgabe besteht und eine Schädigung nicht lediglich bei Gelegenheit der Verrichtung erfolgte.

a. innerer Zusammenhang zwischen der Schädigung und der Aufgabe.
Nach dem Sachverhalt hat P von H einen Auftrag bekommen, im Haus des H frisch zu streichen. P schickt seinen Mitarbeiter und den D, die diese Aufgabe erfüllen sollen. In diesem Zusammenhang kommt es zur Begehung der Tat durch D. Damit besteht ein gewisser Zusammenhang zwischen der unerlaubten Handlung und der Verrichtung.

b. nicht lediglich bei Gelegenheit
Fraglich ist allerdings, ob die Schädigung nicht lediglich bei Gelegenheit der Verrichtung erfolgte. In der Regel ist dies anzunehmen, wenn der Gehilfe dadurch speziellen Pflichten zuwiderhandelt, die diesem gerade zur Erfüllung übertragen worden sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Verrichtung dem Gehilfen lediglich eine Gelegenheit und Anreiz für eine Straftat bietet. Bei diesem Fall erfolgt die Schädigung nicht in "Ausführung der Verrichtung", sondern bei ihrer Gelegenheit.
Während der Mitarbeiter neue Farbe holt, arbeitet D nicht wie abgesprochen, sondern durchstöbert die CD's von H und nimmt einige mit. Demzufolge erfolgte die Schädigung durch D nicht in Ausführung der Verrichtung, sondern bei deren Gelegenheit.

Andere Auffassung ist an dieser Stelle vertretbar, wenn sie richtig begründet ist! In diesem Falle müsste weiter geprüft werden - die Begehung einer unerlaubten Handlung "in Ausführung der Verrichtung" ist der entscheidende Punkt im vorliegenden Fall. Eine Exkulpation wäre auf jeden Fall problematisch, weil D nicht als der Zuverlässigste gilt, ist aber auch eine Frage der Argumentation.


4. Ergebnis zu § 831 gegen P
H hat keinen Anspruch gegen P nach § 831 Abs. 1 BGB




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