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Netzzugang

Rechtsfragen des Zugangs zu Energieversorgungsnetzen

A. Einführung
Die Sicherstellung eines funktionsfähigen und chancengleichen Wettbewerbs ist eines der obersten Ziele der gesamten Regelungen des Energierechts. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen neue Marktteilnehmer eine echte Marktzutrittschance erlangen. Notwendig sind daher nicht nur Regelungen, die den Wettbewerb schützen, sondern auch aktiv fördern.
Dies soll unter anderem durch die Regulierung des Netzzugangs erreicht werden. Die gesetzlichen Bestimmungen zum Netzzugang sind auf Grund der Tatsache notwendig, dass Übertragungs- und Verteilnetzbetreiber (vgl. EnergierechtLexikon) natürliche Monopole in Bezug auf den Transport von Energie (Strom/ Gas) darstellen. Derjenige, der Energie verkaufen will, benötigt zwingend das vorhandene Netz und den Zugang zu diesem. Es wäre aber denkbar, dass Netzbetreiber ihre Netze nicht freiwillig freigeben oder ihre Nutzung durch überzogene Zugangsbedingungen erschweren, wenn sie selbst (oder ihre verbundenen Unternehmen) auch am Markt für Energie teilnehmen und der Netzzugang durch einen Wettbewerber begehrt wird.

In dieser Situation ist das Netzzugangsrecht ein zentrales Instrument der Energiemarktliberalisierung. Das Rechtsinstitut des Netzzugangs soll verhindern, dass die Interessen des Netzbetreibers der Infrastrukturnutzung durch externe Anbieter nicht im Wege stehen. Dabei steht im Zentrum der gesetzlichen Vorschriften über den Netzzugang ein Anspruch auf Zugang zu Übertragungs- und Verteilnetzen gegen den Netzbetreiber.
In diesem Zusammenhang geht es insbesondere darum, dass neben dem (bisherigen) Energieversorgungsunternehmen (traditionell sowohl Lieferant wie Netzbetreiber) und seinem Kunden (bes. Letztverbraucher) auch ein drittes Rechtssubjekt zum Netz zugelassen werden soll. Dieser Drittzugang (engl. third party access, TPA) stellt einen der Kernpunkte der gesamten Liberalisierung des Energiemarktes in Europa dar.

Im Folgenden wird die Zugangsproblematik hinsichtlich des Stromnetzes dargestellt. Nicht behandelt wird der Gasnetzzugang, da dieser überwiegend mit den Grundprinzipien des Stromnetzzugangs vergleichbar ist und sich nur im Hinblick auf einige technische Details von den Mechanismen des Stromnetzes unterscheidet.

B. Begriffsbestimmung
Der Netzzugang ist zunächst einmal von der Frage der bereits behandelten Netzanbindung zu unterscheiden (Netzanschluss). Während der Netzanschluss lediglich den technischen Anschluss an das Netz darstellt, bezieht sich der Netzzugang auf die Möglichkeit, das Netz, an das man angeschlossen ist, auch zum Energietransport in Anspruch zu nehmen. Daher spricht man beim Netzzugang oft auch von der sog. Netznutzung. Allein der Anschluss an ein Netz reicht somit nicht aus, um jemanden mit Energie zu beliefern oder sich selbst beliefern zu lassen. Dazu ist zusätzlich zwingend der Zugang zu einem Energieversorgungsnetz erforderlich. Die Netznutzung umfasst dabei die Energieeinspeisung an bestimmten Einspeisepunkten des Netzes und die gleichzeitige Entnahme der eingespeisten Energie an - zum Beispiel auch räumlich davon entfernt liegenden - Entnahmepunkten.

C. Rechtsnatur und Rechtsquellen
Zivilrechtlich betrachtet ist der Netzzugang bzw. die Netznutzung ein Mitnutzungsrecht an einem der Energieversorgung dienenden Netz, wobei der Zugangsberechtigte keinen Mitbesitz an diesem erlangt.

Der Anspruch auf Zugang zu einem Energieversorgungsnetz ergibt sich aus § 20 Abs. 1 EnWG, wobei die gesamte Zugangsproblematik in den § 20 ff. EnWG geregelt ist. Die §§ 20 bis 24 EnWG enthalten dabei Regelungen zu allgemeinen Fragen des Netzzugangs (einschließlich der Netzentgelte) und beziehen sich sowohl auf Strom- als auch auf Gasnetze. Daneben stellen die §§ 25 bis 28a EnWG Sonderregeln für den Zugang zu Gasnetzen dar. Darüber hinaus sehen die neu hinzugefügten §§ 21b - 21i EnWG die Möglichkeit vor, eine weitere (neben dem Netzbetrieb) Dienstleistung unabhängig vom Netzbetreiber zu erbringen - den Messstellenbetrieb.

§§ 24, 25 S. 4, 27 S. 5 und 28 Abs. 4 EnWG enthalten ferner Ermächtigungsgrundlagen zum Erlass von Rechtsverordnungen, die die gesetzlichen Bestimmungen des EnWG ergänzen sollen. Dazu gehören u. a. die Stromnetzzugangsverordnung (StromNVZ) und die Gasnetzzugangsverordnung (GasNZV). Insbesondere ist im Falle von Kapazitätsengpässen allerdings auch die Anschlussverordnung für Kraftwerke § 7 KraftNAV zu beachten.
Insbesondere im Bereich des Kapazitätsmanagements (Begrenzung des Netzzugangs im Falle mangelnder Kapazität) sind auch Sonderregeln des EEG, insb. in § 11 EEG, zu beachten.


D. Vertragsverhältnisse
Die Vertragsverhältnisse in Bezug auf den Netzzugang im Strombereich stellen sich wie folgt dar:

1. Netznutzungsvertrag gem. § 20 Abs. 1a S. 1 EnWG
Der Netznutzungsvertrag ist der Vertrag zwischen dem Letztverbraucher und dem Netzbetreiber. Er gewährt das Recht auf Zugang zum gesamten Elektrizitätsversorgungsnetz § 20 Abs. 1a S. 3 EnWG.
§ 24 Abs. 1 S. 1 StromNZV sieht den Anspruch auf Abschluss eines solchen Vertrages vor. Zu beachten ist hier allerdings der in § 24 Abs. 2 StromNZV vorgegebene Mindestinhalt des Netznutzungsvertrages.
Der Letztverbraucher benötigt nicht unbedingt einen Netznutzungsvertrag, damit er mit Energie beliefert werden kann. Der Letztverbraucher kann direkt mit einem Erzeuger oder einem Händler einen Vertrag über die Energiebelieferung abschließen. Dabei wird vereinbart, dass der Lieferant (Erzeuger/Händler) wiederum mit dem Netzbetreiber einen Netznutzungsvertrag über den Transport des Stroms abschließen muss. In diesem Fall heißt der Netznutzungsvertrag Lieferantenrahmenvertrag, § 20 Abs. 1a S. 2 EnWG.

2. Lieferantenrahmenvertrag gem. § 20 Abs. 1a S. 2 EnWG
Damit handelt es sich bei dem Lieferantenrahmenvertrag um eine Sonderform des Netznutzungsvertrages zwischen einem Lieferanten und dem Netzbetreiber. Eine Besonderheit ist dabei auch, dass sich der Lieferantenrahmenvertrag nicht auf bestimme Energieentnahmestellen (insb. Endkunden) beziehen muss, wie es bei einem "normalen" Netznutzungsvertrag der Fall ist. Dieser Unterschied ist darauf zurückzuführen, dass ein Lieferant nicht in allen Fällen einen Endkunden direkt beliefert und somit die genaue Entnahmestelle kennt, sondern beispielsweise auch Großhändler, die ihrerseits den Strom an Endkunden liefern.
Auch für den Lieferantenrahmenvertrag besteht ein Anspruch auf Abschluss des Vertrages. Dieser ergibt sich aus § 25 Abs. 1 StromNZV. Ebenso ist auch hier ein Mindestvertragsinhalt vorgegeben gem. § 25 Abs. 2 StromNZV.

3. Bilanzkreisvertrag gem. § 26 Abs. 1 StromNZV
Der Bilanzkreisvertrag wird zwischen dem Bilanzkreisverantwortlichen und dem Netzbetreiber zur Führung, Abwicklung und Abrechnung der Bilanzkreise (vgl. Lexikon) geschlossen. Hier werden die entsprechenden Mengen und Preise der übertragenen Energien buchhalterisch abgeglichen, um einen entsprechenden Ausgleich zwischen eingespeister und entnommener Energie zu gewährleisten. Gem. § 3 Abs. 2 StromNZV ist ein Bilanzkreisvertrag Voraussetzung für den Abschluss eines Netznutzungs- oder Lieferantenrahmenvertrages sowie für die Geltendmachung des Anspruchs auf Netzzugang.


Zusammenfassend schildert folgende Übersicht die verschiedenen Vertragsverhältnisse:
 (image: https://ife.erdaxo.de/uploads/EnergieRNetzzugang/VertragsverhaeltnisseNetzzugang.jpg)

E. Durchsetzung des Netzzugangsanspruchs
Die Voraussetzungen des Anspruchs auf Netzzugang (am Beispiel des Stromnetzzugangs) werden mithilfe folgender Struktur dargestellt:

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Nachstehend werden die einzelnen Anspruchsvoraussetzungen kurz abgehandelt und im Anschluss daran anhand eines Fallbeispiels näher in Form eines Gutachtens veranschaulicht.

1. Anspruchsgrundlage
Gem. § 20 Abs. 1 S. 1 EnWG haben Betreiber von Energieversorgungsnetzen jedermann diskriminierungsfrei Netzzugang zu gewähren. Beim Prüfungsaufbau des Anspruchs auf Netzzugang ist zwischen dem Anspruchsgrund und seinem Inhalt zu unterscheiden. Der Anspruch ist insgesamt gegeben, wenn seine Voraussetzungen dem Grunde nach gegeben sind und der Anspruchsteller eine Handlung begehrt, die vom Umfang des Anspruchs ebenfalls gedeckt ist.

2. Voraussetzungen für den Anspruch dem Grunde nach

a. Berechtigter
Anspruchsberechtigter ist gem. § 20 Abs. 1 S. 1 EnWG jedermann, also jede natürliche oder juristische Person (vgl. § 3 Nr. 28 EnWG). Hierbei kann es sich sowohl um einen Letztverbraucher i. S. d. § 3 Nr. 25 EnWG als auch um einen Lieferanten i. S. d. § 2 Nr. 5 StromNZV handeln. Der Anspruch auf Netzzugang steht damit nicht nur demjenigen zu, der sich mit Energie beliefern lässt, sondern auch demjenigen, der andere mit Energie beliefert.

b. Verpflichteter
Die Verpflichtung, Zugang zu einem Energieversorgungsnetz zu gewähren, trifft alle Betreiber von Energieversorgungsnetzen. Solche können gem. § 3 Nr. 4 EnWG i. V. m. § 3 Nr. 2 EnWG Betreiber von Elektrizitäts- oder Gasversorgungsnetzen sein.

c. Einbeziehung in ein Bilanzkreissystem
Der Anspruchsberechtigte muss gem. § 20 Abs. 1a S. 5 EnWG, § 3 Abs. 2 StromNZV und § 26 StromNZV in einen Bilanzkreis, der in ein vertraglich begründetes Bilanzkreissystem eingeordnet ist, einbezogen sein.

d. Keine Verweigerungsgründe
Der Zugang zum Energieversorgungsnetz kann verweigert werden, sofern hierfür Gründe gem. § 20 Abs. 2 EnWG vorliegen. Ein solcher Grund liegt vor, wenn die Gewährung des Zugangs aus betriebsbedingten Gründen, wie einem Kapazitätsmangel, oder aus sonstigen Gründen unter Berücksichtigung der Ziele des § 1 EnWG nicht möglich oder nicht zumutbar ist.

      • Kapazitätsmangel
Bei einem Kapazitätsmangel besitzt das Netz nicht genügend Kapazität. Es ist so zu sagen nicht genug ausgebaut, damit alle interessierten Netznutzer es in Anspruch nehmen können. Wie im Detail Netzkapazitäten durch die Netzbetreiber zu handhaben sind, ist in § 13 EnWG sowie in § 15 StromNZV geregelt.

Das sog. Engpassmanagement stellt sich wie folgt dar:
 (image: https://ife.erdaxo.de/uploads/EnergieRNetzzugang/folie_035.png)

Dabei stellt die Bewirtschaftung der Kapazität von grenzüberschreitenden Verbindungsleitungen einen besonderen, allgemein als problematisch bekannten, Bereich dar. Diesbezüglich wird bereits seit Jahren grundsätzlich eine marktorientierte Zuteilung der Kapazitäten über Auktionen praktiziert.

      • Sonstige Gründe der Unmöglichkeit und Unzumutbarkeit
Sonstige Gründe der Unmöglichkeit bzw. der Unzumutbarkeit sind in der Praxis beispielsweise:

Bestehende gültige Lieferverträge
Ein bestehender Liefervertrag des zu beliefernden Kunden kann zur Verweigerung berechtigen, wenn der neue Energieanbieter einen noch anderweitig gebunden Kunden beliefern will und ihm der Zugang vom Netzbetreiber verwehrt wird, weil zwischen einer eigenen Liefergesellschaft und demselben Kunden ein langfristiger Vertrag noch besteht. Dies ist mit der Verbindlichkeit von Verträgen (= pacta sunt servanda) zu begründen.

Zahlungsunfähigkeit des Anspruchstellers
Des Weiteren kann auch die Zahlungsunfähigkeit des Anspruchstellers zur Verweigerung berechtigen. Dem Netzbetreiber ist es nicht zuzumuten, einem Nutzer Zugang zu gewähren, der nicht im Stande ist, das entsprechende Entgelt zu entrichten. Das ist besonders dann der Fall, wenn in der Vergangenheit diesbezüglich schwerwiegende Pflichtverletzungen begangen wurden und Wiederholungsgefahr besteht.

3. Voraussetzungen für den Anspruch dem Inhalt nach
An dieser Stelle ist zu klären, worauf genau sich der Anspruch des Berechtigten gegen den Verpflichteten richten kann.

a. Gegenstand: Transportdienst
Der Berechtigte kann den Transportdienst in Bezug auf die zu transportierende Energie vom Netzbetreiber verlangen (entweder inklusive von Messdiensten oder isoliert). Mehr kann der Anspruchsteller nicht verlangen (zum Beispiel besondere Konditionen, kostenfreien Transport etc.).

b. Richtige Zugangsbedingungen
Zum Anderen hat der Berechtigte einen Anspruch auf solche Zugangsbedingungen gegen den Netzbetreiber, die gesetzlich vorgegeben sind. Als richtig gelten die Bedingungen dann, wenn sie gem. § 21 Abs. 1 EnWG diskriminierungsfrei, angemessen und transparent sind. Unter anderem stellt sich hierbei die Frage von angemessenen Netzentgelten, die ein separates Thema darstellen. Einige allgemeine Vorgaben der Netzzugangsregeln macht der Gesetzgeber in § 21 I EnWG:

      • diskriminierungsfrei
An dieser Stelle gilt der Grundsatz, wesentlich Gleiches gleich zu behandeln. Das bedeutet insbesondere eine Gleichbehandlung von internen und externen Partnern sowie eine gleiche Behandlung innerhalb der Lastprofilgruppen.

      • angemessen
Die Angemessenheit der Zugangsbedingungen liegt vor, sofern der Netzbetreiber den Anspruchsberechtigten nach sachlichen Kriterien gerechtfertigt behandelt § 20 Abs. 1 S. 1 EnWG. Dies beinhaltet insbesondere eine effiziente und zügige Vertragsanbahnung, wie es beispielsweise § 22 StromNZV oder § 23 StromNZV vorschreiben. Ebenfalls dürfen gem. § 20a EnWG und gem. § 14 Abs. 3 StromNZV keine Kosten bei einem Lieferantenwechsel entstehen.

      • transparent
In Bezug auf die Transparenz müssen die Netzzugangsbedingungen des jeweiligen Netzbetreibers sowie die Entgeltkalkulation im Internet veröffentlicht werden. Dies muss unmittelbar nach der Ermittlung der Daten, aber bis spätestens 15. Oktober eines Jahres für das Folgejahr erfolgen. Sind die Entgelte bis zum 15. Oktober eines Jahres nicht ermittelt, veröffentlichen die Energieversorgungsnetzbetreiber eine Entgelthöhe, die sich voraussichtlich auf Basis der für das Folgejahr geltenden Erlösobergrenze ergeben wird (§ 20 Abs. 1 S. 1, 2 EnWG).


F. Fallbeispiel


1. Sachverhalt und Fragen
Die Stadtwerke Vetternhausen GmbH (S) betreiben in der Stadt Vetternhausen (V) ein kleines Heizkraftwerk (HKW), aus dem unter anderem das Stromnetz der Stadt mit Strom versorgt wird - und damit alle Haushalte und Industriebetriebe in V. Das Stromnetz gehört der S. Zu den Kunden der S gehört unter anderem die Chemiebetriebe AG (C), die technologisch bedingt große Mengen an Strom von S bezieht. Praktisch 80 % der Grundlast aus dem HKW der S können jeweils an die C verkauft werden. Das Unternehmen, die Energiespar-GmbH (E), bietet den Chemiebetrieben C eine deutlich günstigere Versorgung an als die bestehende Lösung. Dafür müsste lediglich ein neues, eigenes HKW errichtet werden, für das auf dem Gelände der C jedoch kein Platz vorhanden ist. E plant deshalb die Errichtung des HKW am anderen Ende der Stadt und nimmt Gespräche mit S auf, um notwendige Vereinbarungen abzuschließen. Neben dem Anschluss des neuen HKW an das Netz der S soll insbesondere ein Lieferantenrahmenvertrag geschlossen werden, kraft dessen die S für die Durchleitung des Stroms verantwortlich sein soll.
Die S weigert sich jedoch zunächst, später verlangt sie von der E-GmbH die Erfüllung von extrem hohen Anforderungen und Vorlage von zahlreichen Unterlagen, was die E-GmbH für unangemessen hält.

1. Kann E von S Zugang zum Stromnetz der S verlangen?
2. Welche Handlung kann E von S genau verlangen? Was muss dabei alles seitens E vorgelegt werden? Welche Voraussetzungen muss E erfüllen, um das Netz der S zu nutzen?
3. Was ist der E zu raten, wenn sich S dennoch weigert?

2. Lösung zu Frage 1
E könnte gem. § 20 Abs. 1 EnWG einen Anspruch auf Zugang zum Stromnetz gegen die S haben. Dazu müsste E den Anspruch dem Grunde und dem Inhalt nach erworben haben.

E hat den Anspruch dem Grunde nach erworben, wenn E Berechtigter, S Verpflichteter und E in ein Bilanzkreissystem einbezogen ist. Außerdem dürfen keine Zugangsverweigerungsgründe vorliegen.

a. Berechtigter
E müsste Berechtigter des Anspruchs auf Netzzugang sein. Berechtigter ist gem. § 20 Abs. 1 S. 1 EnWG jedermann, also jede natürliche oder juristische Person, die am Netzzugang ein Interesse hat. Dies sind sowohl Letztverbraucher wie Energielieferanten. E müsste also Letztverbraucher i. S. d. § 3 Nr. 25 EnWG oder Lieferant i. S. d. § 2 Nr. 5 StromNZV.
Gem. § 2 Nr. 5 StromNZV ist ein Lieferant ein Unternehmen, dessen Geschäftstätigkeit auf den Vertrieb von Elektrizität gerichtet ist. Laut Sachverhalt bietet E die Versorgung mit Strom an. E ist demzufolge ein Lieferant und damit Berechtigter i. S. d. § 20 Abs. 1 S. 1 EnWG.

b. Verpflichteter
Die S müsste Verpflichteter sein. Gem. § 20 Abs. 1 S. 1 EnWG sind Betreiber von Energieversorgungsnetzen zur Gewährung des Zugangs zu ihren Netzen verpflichtet. S müsste also ein Versorgungsnetz betreiben. Laut Sachverhalt betreibt die S das Stromnetz in der Stadt V, zu dem E Zugang wünscht. Somit handelt es sich bei S um einen Verpflichteten i. S. d. § 20 Abs. 1 S. 1 EnWG.

c. Einbeziehung in ein Bilanzkreissystem
Des Weiteren müsste E gem. § 20 Abs. 1a S. 5 EnWG, § 3 Abs. 2 StromNZV und § 26 StromNZV in einen Bilanzkreis, der in ein vertraglich begründetes Bilanzkreissystem eingeordnet ist, einbezogen sein. Im Sachverhalt finden sich dazu keine Angaben. Sofern E in der Lage ist, die Zugehörigkeit zu einem Bilanzkreis nachzuweisen und einen abgeschlossenen Bilanzkreisvertrag (dessen Partei sie ist) vorzulegen, ist diese Voraussetzung erfüllt. Andernfalls besteht der Anspruch auf Netzzugang nicht.

d. Keine Verweigerungsgründe
Dem Anspruch auf Netzzugang dürften weiterhin keine Verweigerungsgründe entgegenstehen. Gem. § 20 Abs. 2 EnWG kann ein Netzbetreiber den Netzzugang verweigern, wenn die Gewährung aus betriebsbedingten Gründen oder aus sonstigen Gründen unter Berücksichtigung der Ziele des § 1 EnWG nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Verweigerungsgründe lägen demnach vor, wenn der Netzzugang aufgrund eines Kapazitätsmangels oder aus sonstigen Gründen unmöglich oder unzumutbar wäre.
Zu solchen Gründen gehört auf keinen Fall die Gefährdung des Absatzes für ein eigenes Kraftwerk, wie dies im Falle der S wäre. In diesem Fall kann sich die S auf Verweigerungsgründe des § 20 Abs. 2 EnWG nicht berufen.
Da im Sachverhalt dazu im Übrigen keine Indizien für weitere Verweigerungsgründe enthalten sind, ist davon auszugehen, dass keine Verweigerungsgründe vorliegen.

e. Zwischenergebnis
E den Anspruch auf Zugang zum Stromnetz der S dem Grunde nach erworben.

Zum Anspruchsinhalt vgl. Antwort auf Frage 2.

3. Lösung zu Frage 2
Die Frage 2 bezieht sich auf den genauen Umfang und Inhalt des Anspruchs auf Netzzugang. Es ist insofern zu klären, welche Handlungen und unter welchen Umständen E von S verlangen kann.

a. Anspruch auf Transportdienst
E kann von S in erster Linie verlangen, dass der von ihr produzierte Strom in das Netz der S aufgenommen und transportiert wird.

b. Anspruch auf richtige Zugangsbedingungen
E kann gem. § 20 Abs. 1 S. 1 EnWG und § 21 Abs. 1 EnWG nicht nur den Transportdienst selbst, sondern auch richtige Zugangsbedingungen, also Konditionen des Transportdienstes verlangen. Im Einzelnen bedeutet dies, dass der Zugang seitens der S diskriminierungsfrei, angemessen und transparent gewährt wird.
Im Sachverhalt wird erwähnt, dass die S später in Bezug auf den Netzzugang einwilligt, dafür jedoch extrem hohe Anforderungen und die Vorlage zahlreicher Unterlagen im Gegenzug verlangt. Sofern dabei nicht lediglich die Vorlage des Bilanzkreisvertrages gefordert wird, stellt sich die Frage, inwiefern die von S gestellten Zugangsbedingungen den Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 S. 1 EnWG und § 21 Abs. 1 EnWG entsprechen.

      • Diskriminierungsfreiheit
Sofern im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte für eine Ungleichbehandlung der E in Bezug auf die Zugangsbedingungen zum Stromnetz der S vorliegen, liegt keine Diskriminierung vor. Da S eine im Wettbewerb zum geplanten Kraftwerk der E stehende Anlage betreibt, ist insbesondere das Erfordernis der Gleichstellung des HKW der S mit den an das Kraftwerk der E gestellten Anforderungen zu beachten, § 21 Abs. 1 EnWG. Sofern also von E Formalitäten oder Unterlagen bzw. Handlungen verlangt werden, die von dem HKW der E nicht gefordert werden oder würden, liegt eine Diskriminierung vor.
Im Übrigen kommt es auf die genauen Umstände des vorliegenden Falles an.

      • Transparenz
In Bezug auf einen Verstoß gegen die Transparenz der Zugangsbedingungen sind im Sachverhalt keine Angaben enthalten. Es wird daher auch in diesem Punkt von der Richtigkeit der Netzzugangsbedingungen ausgegangen.
Zu prüfen bleibt im Folgenden, ob die von der S verlangten Zugangsbedingungen auch angemessen sind.

      • Angemessenheit
Dies Zugangsbedingungen sind nicht angemessen, wenn S die E nicht entsprechend sachlich gerechtfertigten Kriterien behandeln würde. Eine nach sachlichen Kriterien gerechtfertigte Behandlung drückt sich insbesondere in einer effizienten und zügigen Vertragsanbahnung sowie einem kostenfreien Lieferantenwechsel aus und muss auch im Übrigen angemessen sein.

Im Sachverhalt gibt es keinerlei Hinweise, dass seitens der S die Vertragsanbahnungen verzögert, noch in anderer Weise gestört werden. Auch werden keine Kosten für einen Lieferantenwechsel gefordert. Insofern bleibt nun zu prüfen, ob die Bedingungen im Übrigen angemessen sind. Dabei kommt es auf Details des Einzelfalles. Inwiefern die von S geforderten Unterlagen und Formalitäten angemessen sind, müsste genauer untersucht werden.

c. Abzuschließende Verträge
Um den Anspruch des Netzbetreibers auf eine Gegenleistung in Form von Entgelt abzusichern, ist der Abschluss eines zusätzlichen Vertrages in Form eines Netznutzungs- oder Lieferantenrahmenvertrages notwendig. Diese Notwendigkeit der vertraglichen Ausgestaltung ergibt sich aus § 20 Abs. 1a EnWG. Der Abschluss des Lieferantenrahmenvertrages ist insbesondere in § 25 Abs. 1 StromNZV vorgesehen.

d. Die seitens E vorzulegenden Unterlagen und zu erfüllende Voraussetzungen
E muss gem. § 20 Abs. 1 S. 5 EnWG, § 3 Abs. 2 StromNZV und § 26 StromNZV nachweisen, dass er durch einen Bilanzkreisvertrag in ein Bilanzkreissystem eingebunden ist. Desweiteren ist E verpflichtet, Auskunft in Bezug auf die Punkte zu geben, die nach § 25 Abs. 2 StromNZV als Mindestinhalt des Lieferantenrahmenvertrags vorgeschrieben sind.
Da es sich bei E um einen Lieferanten handelt, darf die S als Betreiber eines Elektrizitätsversorgungsnetzes gem. § 24 Abs. 1 S. 2 StromNZV die Erteilung des Netzzugangs hingegen nicht von dem gleichzeitigen Abschluss eines Netznutzungsvertrages zwischen ihr und dem Letztverbraucher abhängig machen.

4. Lösung zu Frage 3
Was ist E zu raten, wenn S dennoch den Zugang verweigert?
E muss gem. § 14 Abs. 3 StromNZV mindestens einen Monat vor dem gewünschten Netzzugang einen konkreten Antrag auf Zugang bei der S stellen. Nach § 23 Abs. 1 StromNZV ist die S daraufhin verpflichtet, innerhalb einer Frist von sieben Arbeitstagen nach Eingang der Anforderung ein vollständiges und bindendes Angebot abzugeben.
Im Ãœbrigen kann E ihren Netzzugangsanspruch sowohl zivilrechtlich, als auch verwaltungsrechtlich durchsetzen.

a. Sofern sich S grundsätzlich weigert, Zugang zu gewähren
Aus Sicht der E liegt in einem solchen Fall ein missbräuchliches Verhalten der S vor (§ 30 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 EnWG). E kann daher einen Antrag auf Durchführung eines Missbrauchsverfahrens durch die BNetzA stellen. Wäre E Verbraucher, könnte sie auch gem. § 31 Abs. 2 EnWG ein besonderes Missbrauchsverfahren beantragen. Entscheidet die BNetzA im Sinne des E, kann diese den Netzzugang gem. § 30 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 EnWG anordnen. Entscheidet sie gegen ein missbräuchliches Verhalten, kann E Beschwerde beim OLG Düsseldorf einreichen.
E kann auch im Rahmen einer Leistungs-, Feststellungs-, modifizierten Stufenklage oder im Rahmen einer einstweiligen Leistungsverfügung ihr Recht durchsetzen. Die Klage kann dabei gerichtet sein auf:
      • Zugang direkt gem. § 20 Abs. 1 EnWG i. V. m. § 25 StromNZV
      • Unterlassung/Beseitigung gem. § 32 EnWG
      • Annahmeerklärung gem. § 894 Abs. 1 ZPO

b. Sofern sich S nicht grundsätzlich weigert, aber unangemessene Bedingungen stellt:
Die BNetzA empfiehlt in diesem Fall, die Vertragsbedingungen zunächst unter Vorbehalt anzunehmen, gleichzeitig aber einen Antrag auf ein Missbrauchsverfahren gegen die S zu stellen. Entscheidet die BNetzA im Sinne der E, ändert sie die Vertragsbestimmungen gem. § 30 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 EnWG ab. Entscheidet sie sich gegen E, kann dieser wieder Beschwerde beim OLG Düsseldorf einreichen.
Auch in diesem Fall kann E Klage erheben.



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