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Thüringer Bauordnung [ThürBO]
Kommentar Prof. Dr. Sven Müller-Grune
§ 78 Baueinstellung |
(1) Werden Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet, geändert oder beseitigt, kann die Bauaufsichtsbehörde die Einstellung der Arbeiten anordnen. Das gilt auch dann, wenn
1. die Ausführung eines Vorhabens entgegen den Bestimmungen des § 71 Abs. 6 bis 8 begonnen wurde, oder
2. bei der Ausführung
a) eines genehmigungsbedürftigen Vorhabens von den genehmigten Bauvorlagen,
b) eines genehmigungsfreigestellten Vorhabens von den eingereichten Unterlagen
abgewichen wird,
3. Bauprodukte verwendet werden, die entgegen § 17 Abs. 1 kein CE-Zeichen oder Ü-Zeichen tragen,
4. Bauprodukte verwendet werden, die unberechtigt mit dem CE-Zeichen (§ 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2) oder dem Ü-Zeichen (§ 22 Abs. 4) gekennzeichnet sind.
(2) Werden unzulässige Bauarbeiten trotz einer schriftlich oder mündlich verfügten Einstellung fortgesetzt, kann die Bauaufsichtsbehörde die Baustelle versiegeln oder die an der Baustelle vorhandenen Bauprodukte, Geräte, Maschinen und Bauhilfsmittel in amtlichen Gewahrsam bringen.
Kommentierung |
A. Normgeschichte
1. Historie
2. Gesetzesbegründung
Absatz 1 regelt die tatbestandlichen Voraussetzungen für die im bauaufsichtlichen Ermessen stehende Einstellung von Arbeiten. Satz 1 enthält eine generelle Befugnisnorm zum Einschreiten gegen formell oder materiell rechtswidrige Arbeiten. Nicht erforderlich ist dabei, dass gegen Vorschriften verstoßen wird, die zum Prüfumfang des jeweiligen bauaufsichtlichen Verfahrens gehören. Satz 2 enthält eine teilweise klarstellende Aufzählung von Einzeltatbeständen, die eine Einstellung von Arbeiten rechtfertigen können. Nummer 1 erfasst Fälle, bei denen die Voraussetzungen des Baubeginns noch nicht erfüllt sind. Nummer 2 betrifft die Abweichung von genehmigten oder im Genehmigungsfreistellungsverfahren eingereichten Unterlagen. Die Nummern 3 und 4 betreffen die unzulässige Verwendung von Bauprodukten. Ob die Bauaufsichtsbehörde gegen unzulässige Arbeiten einschreitet, unterliegt ihrer Ermessensentscheidung.
Nach Absatz 2 kann die Bauaufsichtsbehörde ergänzend zu den Bestimmungen des Thüringer Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes durch eigenständige bauaufsichtliche Zwangsmaßnahmen die Einhaltung einer Anordnung zur Einstellung von Arbeiten durchsetzen.
3. Verwaltungsvorschrift
Eine Baueinstellung ist nach § 59 Abs. 2 auch dann möglich, wenn gegen nicht zum Prüfumfang gehörende öffentlich-rechtliche Vorschriften verstoßen wird.
B. Normauslegung
Zitiervorschlag:
Müller-Grune Sven, Kommentar zur Thüringer Bauordnung, Schmalkalden 2017, § 78.
© Prof. Dr. Sven Müller-Grune |
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