ich war hier: FallTraumEiPott

Version [13042]

Dies ist eine alte Version von FallTraumEiPott erstellt von WojciechLisiewicz am 2011-12-05 19:06:13.

 

Fallbeispiel: Der Traum-EiPott


A. Sachverhalt
Der 15-jährige A besucht mit seinen Eltern das Geschäft des B, in dem er einen MP3-Spieler namens EiPott eingehend betrachtet. A äußert gegenüber seinen Eltern den Wunsch, dass er sich gern ein Modell unter den EiPotts aussuchen möchte, wenn er von der Oma das zum Geburtstag versprochene Geld erhält. Die Eltern sagen dazu in Anwesenheit des B, dass dies sicher OK ist, wenn A weiterhin so gute Noten nach Hause bringt.

Zu Hause bekommen die Eltern des A mit, dass eine Sorte des EiPott - der EiPott-Quatsch - sogar die Möglichkeit bietet, im Internet zu surfen. Dies missfällt den Eltern und sie sagen dem A, dass er sich ausschließlich ein Modell ohne Internet aussuchen darf, wenn er das Geld von der Oma erhält.

Nachdem A von der Oma 200,- EUR erhält, rennt er mit Segen der Eltern zu B und überlegt, welches Gerät er nehmen möchte. Als er den EiPott-Quatsch zum Sonderpreis von 199,- EUR sieht, kann er nicht widerstehen. Er nimmt ihn mit und bringt diesen nach Hause.

Als die Eltern mitbekommen, dass A sich ein internetfähiges Gerät besorgt hat, rasten sie aus. Sie nehmen es dem A weg und bringen diesen wieder zu B.
B verweigert aber die Rückgängigmachung des Geschäftes, weil er doch gewusst habe, dass A sich das Gerät kaufen durfte - im Laden hätten die Eltern keinerlei Einschränkungen im Hinblick auf die Modellauswahl geäußert und B habe darauf vertraut.

B. Frage
Können die Eltern des A das Geld von B zurückverlangen, nachdem sie das Gerät zurückgegeben haben?

C. Fallabwandlung
Als die Eltern das Gerät sehen, sagen sie vorerst nichts, weil sie nicht ahnen, dass es gerade das verbotene Modell ist. Sie freuen sich darüber, dass A mit dem Gerät so viel Freude hat. Dann aber stellt es sich heraus, dass das Gerät auch internetfähig ist, und möchten es zurückbringen.
Wie ist hier die Rechtslage?

D. Die wesentlichen Schwächen in der Testklausur


1. Technische Hinweise
Bitte keine Mappen oder Schnellhefter - nur Büroklammer oder heften!

2. Inhaltliche Schwächen

a. Fallfrage ignoriert / falsche Anspruchsgrundlage
Die Frage (können Eltern das Geld zurückverlangen?) wurde nicht geprüft bzw. die Anspruchsgrundlage wurde nicht auf § 812 BGB gestützt. Die Frage genau lesen - nicht irgendeinen 433 prüfen, wenn danach nicht gefragt wird! Der § 433 BGB selbst gibt niemals einen Anspruch auf Rückzahlung - in der Vorschrift wird weder ein solches Recht noch eine solche Pflicht statuiert.
Teilweise wird in der Luft aufgehängte Prüfung des Vertrages vorgenommen - bitte so nicht!

b. Aufbau nicht wirklich vorhanden
In wenigen Fällen wird - anstelle einzelne Voraussetzungen zu prüfen - der Sachverhalt mehrere Absätze lang erzählt - ohne dass eine Verbindung zur Falllösung erkennbar ist.
Es wird praktisch nie gegliedert - das ist fatal, wenn man Probleme mit Formulierung hat...

c. Insbesondere 107 und 110 werden zu ungenau geprüft
Irgendwie kommen viele zum richtigen Ergebnis. Aber die Frage, wieso, wird kaum beantwortet.

d. 108 wird nicht erst am Ende geprüft
Die Vorschrift des § 108 BGB sollte sinnvollerweise erst zum Schluss geprüft werden. Der Grund ist, dass die Frage der Genehmigung sehr häufig im Sachverhalt offen bleibt - solange der gesetzliche Vertreter nicht genehmigt, kann das Geschäft noch gerettet werden. Erst eine endgültige Verweigerung der Genehmigung führt definitiv zur Unwirksamkeit. Deshalb ist es auch sinnvoll, die schwebende Unwirksamkeit zum Schluss zu nennen.

e. Vorsicht mit Abstraktionsprinzip!
Völlig ohne Not erwähnen einige in den Arbeiten Themen, wie Übergabe, § 929 BGB etc. Die Erfüllungsebene interessiert uns aber erst mal gar nicht! Sie begeben sich auf diese Weise völlig unnötig auf ein gefährliches Terrain, auf dem Sie vielleicht noch zeigen, dass Sie das Abstraktionsprinzip nicht begriffen haben. Bitte lassen Sie die Erfüllungsebene in Ruhe, wenn Sie den Kaufvertrag (insbesondere den Vertragsabschluss) prüfen!

f. Wirksamkeit der WE?
Häufig wird die Geschäftsfähigkeit nur auf die Wirksamkeit einer WE bezogen - § 108 nennt aber den Vertrag! Bitte prüfen Sie WIrksamkeitshindernisse grundsätzlich auf den ganzen Vertrag (bzw. anderes Rechtsgeschäft) bezogen!

g. Keine konsequente Beantwortung der Fragen im Aufbau (kein klares Ergebnis)
Mitunter wird die Frage mit Konjunktiv beantwortet, also kein wirkliches Ergebnis geliefert. Das in Verbindung mit unklarem Aufbau = falsch.
Dabei kommt vor, dass eine Alternative VSS bejaht wird (also mehr braucht man nicht) und dennoch die weiteren überlegt werden. Dies ist ohne einen klaren Grund (z. B. Ungewissheit bei der ersten - also zweite sicherheitshalber) nicht richtig.

h. Gutachtenstil
Die einzelnen Punkte im Gutachten werden nicht herausgearbeitet (Mögliche Antwort - Voraussetzungen - Subsumtion). Insbesondere eine saubere Subsumtion (klarer Bezug zum Sachverhalt - was ist im Sachverhalt passiert?) fehlt häufig.

Beispiel, wie im Hinblick auf die Überlassung des Geldes mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters :
falsch: A hat das Geld von seiner Oma mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters erhalten.
richtig: A hat das Geld von seiner Oma erhalten. Laut Sachverhalt wussten die Eltern davon und haben nicht widersprochen, dass A das Geld für einen EiPott nutzt. Damit erhielt A das Geld von der Oma mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters.

Häufig steht einem sauberen Gutachten eine ungenaue Strukturierung im Wege - es wird weder gegliedert noch genau zwischen einzelnen Prüfungsebenen unterschieden. Also: gliedern! - dann ist das Gutachten leichter zu formulieren.
Ferner wir nicht selten der Konjunktiv an der falschen Stelle benutzt - die Formulierung im Konjunktiv ist nur im Obersatz zu jedem Abschnitt richtig - weder bei der Benennung von Voraussetzungen noch im Ergebnis hat er etwas zu suchen!

i. Sprache
Da die Formulierungen nicht "sitzen", wird der Sinn des Aufbaus oder des Sachverhaltes schon mal verunstaltet. Die Sprache muss immer die Logik des Aufbaus exakt wiedergeben.
Darüber hinaus verwenden Sie viele Wörter ohne Bedeutung (grundsätzlich, offensichtlich, auf jeden Fall etc.) - einfach weglassen!

3. Statistik
1 = 2
2 = 4
3 = 17
4 = 16
5 = 17



E. Lösungshinweise
Die Ausgangslage des Falles ist etwas untypisch (für das erste Semester), weil nicht die Vertragserfüllung verlangt wird, sondern die Rückgängigmachung des Kaufes. Deshalb taugt die Anspruchsgrundlage des § 433 BGB nicht. Rückgewähr der Leistungen ist nach § 812 BGB möglich (hier konkret: § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative BGB)

Beim Anspruch aus § 812 I 1 1. Alt. BGB ist der Anspruch erworben, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
  • B etwas erlangt hat
  • durch eine Leistung (seitens A)
  • und dies ohne Rechtsgrund geschah.

Eine Geldsumme im Rahmen eines Vertrages ist ein etwas durch eine Leistung - einziges Problem ist, ob das ohne Rechtsgrund geschah. Der Vertrag zwischen A und B ist ein Rechtsgrund, wenn hier
  • ein Vertrag geschlossen wurde und
  • dieser wirksam ist.

A und B haben sich unproblematisch geeinigt. Einzige Frage lautet, ob der Vertrag zwischen den beiden wirksam ist. Der Vertrag könnte gem. §§ 106 ff. BGB unwirksam sein.

1. A beschränkt geschäftsfähig? (+)

2. ist der Vertrag nicht dennoch wirksam?

a. lediglich rechtlicher Vorteil, § 107 BGB?
Zahlungspflicht = kein lediglich rechtlicher Vorteil (-)

b. Einwilligung des gesetzlichen Vertreters?
Dies ist genauer zu überlegen!
      • Einwilligung - die Eltern haben zum Kauf "ja" gesagt; also gem. § 1629 BGB richtige Person hat die notwendige WE erklärt;
      • Geschäft im Rahmen der Einwilligung? (-) !!!!
Also: Einwilligung (-)

c. § 110 BGB
Das Geschäft könnte gem. § 110 BGB wirksam sein - wenn:
      • Mittel i. S. d. § 110 BGB überlassen ?
        • von einem Dritten mit Zustimmung der Eltern (+)
        • zu diesem Zweck oder zur freien Verfügung - um EiPott zu kaufen (+)
Mittelüberlassung OK (+)
      • Geschäft im Rahmen der mit Geldüberlassung verbundenen (konkludenten) Einwilligung?
Problem! Mit genau diesem Kauf waren die Eltern nicht einverstanden
Also: (-)
§ 110 BGB greift nicht (-)

d. Geschäft unwirksam!

3. Damit kein Rechtsgrund

Anspruch aus § 812 (+)

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