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Wirtschaftsprivatrecht II


Fall 28 - Fernseher



Der unternehmungslustige Rentner R hat sich auf einer Kaffeefahrt einen tragbahren Fernseher von Unternhemer U „andrehen“ lassen um seine Mobilität noch kompftortabler gestalten zu können. Über etwaige Rechte wurde er dabei nicht belehrt. Zuhause angekommen stolpert er bei erster Gelegenheit über sein im Wohnzimmer sperrig aufgestelltes Bügelbrett, was jedoch in seinem Ein-Mann-Haushalt durchaus häufiger vorkommt. Der Fernseher fällt dabei zu Boden und zerspringt in 1000 Teile.

Rechte des R?



Lösung


R könnte einen Anspruch gegen U auf Rückzahlung der 200 € aus §§ 357, 346 Abs. 1 haben.

I. Der nach § 346 Abs. 1 zunächst erforderliche wirksame Vertragsschluss zwischen R und U ist zu unterstellen.

II. Weiterhin müsste R seine auf Vertragsabschluss gerichtete Willenserklärung gem. § 346 Abs. 1 i.V.m. § 357 wirksam widerrufen können. Ein Widerrufsrecht könnte sich hier infolge eines Haustürgeschäfts aus § 312 Abs. 1 Nr.2 ergeben.

1. Dazu müsste R den Vertrag im Rahmen einer (zumindest auch) im Interesse des Unternehmers U durchgeführten Freizeitveranstaltung geschlossen haben. Die Vorschrift bezieht sich damit typischer Weise auf sog. „Kaffeefahrten“ im vorliegenden Sinn, bei denen die erhöhte Kaufbereitschaft bestimmter Adressatengruppen im Zuge von Ausflügen und sonstigen Unternehmungen ausgenutzt werden soll. Grundsätzlich steht R damit über § 312 Abs. 1 Nr. 2 ein Widerrufsrecht zu.

2. Zudem entfällt ein möglicher Ausschluss gem. § 312 Abs. 3 Nr. 2. Zwar wurde die Leistung in Form der Übergabe des Fernsehers sofort erbracht und dieser von R auch umgehend bezahlt, allerdings überstieg der Kaufpreis die Summe von 40 €.

3. Fraglich ist zudem, ob R zur Ausübung des Widerrufsrechts nach § 355 an eine Frist gebunden wäre. Grundsätzlich erlischt das Widerrufsrecht sechs Monate nach Übergabe der betreffenden Sache gem. § 355 Abs. 3 S. 1. Hier ist allerdings eine ordnungsgemäße Belehrung des R hinsichtlich seiner Verbraucherrechte unterblieben. Damit unterliegt der mögliche Widerruf durch R gem. § 355 Abs. 3 S. 3 keiner Frist. Ein Anspruch auf Rückzahlung der 200 € aus §§ 357, 346 Abs. 1 könnte damit grundsätzlich jederzeit entstehen.

III. Klärungsbedürftig ist aber, inwieweit dem die Zerstörung des Fernsehers bei R entgegenstehen würde. In Betracht käme, dass U deswegen mit einem eigenen Anspruch aus §§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 2 Nr. 3 nach § 389 aufrechnen und die Forderung des R somit zum Erlöschen bringen könnte.

1. Die für eine Aufrechnung gem. § 387 erforderliche gegenseitige, gleichartige und fällige Forderung des U gegen R ergibt sich ebenfalls aus §§ 357 Abs. 1, § 346 Abs. 2. Wie bereits erörtert lägen nach § 346 Abs. 1 grundsätzlich die Voraussetzungen eines Rückgewährschuldverhältnisses zwischen R und U im Falle eines Widerrufs durch R vor. R wäre daher zur Rückgabe des Fernsehers verpflichtet.

2. Die Rückgabepflicht des R könnte sich infolge der völligen Beschädigung des Fernsehers gem. § 346 Abs. 2 Nr. 3 in eine Pflicht zum Wertersatz umgewandelt haben. Durch das Missgeschick des R ist der empfangene Gegenstand untergegangen i.S.d. § 346 Abs. 2 Nr. 3.Demzufolge müsste R Wertersatz leisten, zu dessen Berechnung im Zweifel gem. § 346 Abs. 2 S. 2 die im Vertrag bestimmte Gegenleistung (in Höhe von 200 €) zugrunde zu legen wäre. Damit könnte U die Forderung des R nach § 389 durch Erklärung vollständig zum Erlöschen bringen.

3. Ein Ausschluss der Wertersatzpflicht könnte allerdings aus § 346 Abs. 3 Nr. 3 folgen. Diese Vorschrift ist hier aufgrund der fehlenden ordnungsgemäßen Belehrung des R nicht gem. § 357 Abs. 3 S. 3 ausgeschlossen. Ein Fall des gesetzlichen Rücktrittsrechts i.S.d. § 346 Abs. 3 Nr. 3 liegt vor, § 355. Der Fernseher ist bei R zu Bruch gegangen, zumal er über ein nachlässig aufgestelltes Bügelbrett gefallen ist. Dies ist zwar als fahrlässiges Verschulden seitens des R i.S.d. § 276 Abs. 1 und 2 zu bewerten, allerdings waren derartige Umstände nach den Angaben des Sachverhalts im Haushalt des R durchaus üblich. Er hat damit die eigenübliche Sorgfalt nach § 346 Abs. 3 Nr. 3 beachtet. Ein Ausschluss der eigenüblichen Sorgfalt wegen grober Fahrlässigkeit nach § 277 ist ebenfalls nicht ersichtlich. Daher würde die Wertersatzpflicht des R aus § 357 Abs. 1, § 346 Abs. 2 Nr.3 entfallen.

4. Ein aufrechnungsfähiger Anspruch des U gegen R könnte sich aber noch aus § 346 Abs. 4 i.V.m. §§ 280 Abs. 1, 3, 283 infolge der Unmöglichkeit der Rückgabe des Fernsehers durch R ergeben. Die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs lägen grundsätzlich vor. Allerdings soll der Rücktrittsschuldner, zumindest in den Fällen des Verbrauchers, auch gegenüber diesem Anspruch bis zur Erklärung des Rücktritts noch in den Genuss der Haftungsprivilegierung des § 346 Abs. 3 Nr. 3 kommen (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 195; Palandt/Heinrichs, § 346, Rn. 18). Anderenfalls würde die Wertung der Regelung des § 357 (insbesondere Abs. 3 S. 3) i.V.m. § 346 unterlaufen. Der Verbraucher soll aber für den Zeitraum, der ihm zur Fall seines gewünschten Rechtsbehelfs zur Verfügung steht der Schutz des § 277 zu gute kommen. Ein Anspruch des U gegen R würde danach ebenfalls mangels Vertretenmüssens ausscheiden. Damit wäre U nicht Inhaber einer aufrechnungsfähigen Forderung. Ein Anspruch des R gegen U würde nicht durch Aufrechnung gem. § 387 erlöschen.

R hat damit vorbehaltlich der Erklärung seines Widerrufsrechts einen Anspruch auf Rückzahlung von 200 € aus §§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1.













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