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Thüringer Bauordnung
[ThürBO]
Kommentar
Prof. Dr. Sven Müller-Grune




§ 2
Begriffe



(1) Bauliche Anlagen sind mit dem Erdboden verbundene, aus Bauprodukten hergestellte Anlagen. Eine Verbindung mit dem Boden besteht auch dann, wenn die Anlage durch eigene Schwere auf dem Boden ruht oder auf ortsfesten Bahnen begrenzt beweglich ist oder wenn die Anlage nach ihrem Verwendungszweck dazu bestimmt ist, überwiegend ortsfest benutzt zu werden. Bauliche Anlagen sind auch

1. Aufschüttungen und Abgrabungen,

2. Lagerplätze, Abstellplätze und Ausstellungsplätze,

3. Campingplätze, Wochenendplätze, Zeltplätze, Spiel- und Sportflächen,

4. Stellplätze für Kraftfahrzeuge,

5. Gerüste und Hilfseinrichtungen zur statischen Sicherung von Bauzuständen,

6. künstliche Hohlräume unter der Erdoberfläche,

7. Freizeit- und Vergnügungsparks.

Anlagen sind bauliche Anlagen und sonstige Anlagen und Einrichtungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2.

(2) Gebäude sind selbständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können und geeignet oder bestimmt sind, dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen zu dienen.

(3) Gebäude werden in folgende Gebäudeklassen eingeteilt:

1. Gebäudeklasse 1:

a) freistehende Gebäude mit einer Höhe bis zu 7 m und nicht mehr als zwei Nutzungseinheiten von insgesamt nicht mehr als 400 m2 und

b) freistehende Gebäude, die einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb oder einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Baugesetzbuchs (BauGB) in der Fassung vom 23. September 2004 (BGBl. I S. 2414) in der jeweils geltenden Fassung in Verbindung mit § 201 BauGB dienen,

2. Gebäudeklasse 2:

Gebäude mit einer Höhe bis zu 7 m und nicht mehr als zwei Nutzungseinheiten von insgesamt nicht mehr als 400 m2 ,

3. Gebäudeklasse 3:

sonstige Gebäude mit einer Höhe bis zu 7 m,

4. Gebäudeklasse 4:

Gebäude mit einer Höhe bis zu 13 m und Nutzungseinheiten mit jeweils nicht mehr als 400 m2 ,

5. Gebäudeklasse 5:

sonstige Gebäude einschließlich unterirdischer Gebäude.

Höhe im Sinne des Satzes 1 ist das Maß der Fußbodenoberkante des höchstgelegenen Geschosses, in dem ein Aufenthaltsraum möglich und zulässig ist, über der Geländeoberfläche im Mittel. Die Grundflächen der Nutzungseinheiten im Sinne dieses Gesetzes sind die Brutto-Grundflächen; bei der Berechnung der Brutto-Grundflächen nach Satz 1 bleiben Flächen in Kellergeschossen außer Betracht.

(4) Sonderbauten sind Anlagen und Räume besonderer Art oder Nutzung, die einen der nachfolgenden Tatbestände erfüllen:

1. Hochhäuser (Gebäude mit einer Höhe nach Absatz 3 Satz 2 von mehr als 22 m),

2. bauliche Anlagen mit einer Höhe von mehr als 30 m,

3. Gebäude mit mehr als 1 600 m2 Grundfläche des Geschosses mit der größten Ausdehnung, ausgenommen Wohngebäude und Garagen,

4. Verkaufsstätten, deren Verkaufsräume und Ladenstraßen eine Grundfläche von insgesamt mehr als 800 m2 haben,

5. Gebäude mit Räumen, die einer Büro- oder Verwaltungsnutzung dienen und einzeln eine Grundfläche von mehr als 400 m2 haben,

6. Gebäude mit Räumen, die einzeln für die Nutzung durch mehr als 100 Personen bestimmt sind,

7. Versammlungsstätten

a) mit Versammlungsräumen, die insgesamt mehr als 200 Besucher fassen, wenn diese Versammlungsräume gemeinsame Rettungswege haben,

b) im Freien mit Szenenflächen sowie Tribünen, die keine Fliegenden Bauten sind und insgesamt mehr als 1 000 Besucher fassen, und Freisportanlagen, deren Besucherbereich jeweils mehr als 1 000 Besucher fasst,

8. Schank- und Speisegaststätten mit mehr als 40 Gastplätzen in Gebäuden oder mehr als 1 000 Gastplätzen im Freien, Beherbergungsstätten mit mehr als zwölf Betten und Spielhallen mit mehr als 150 m2 Grundfläche,

9. Gebäude mit Nutzungseinheiten zum Zwecke der Pflege oder Betreuung von Personen mit Pflegebedürftigkeit oder Behinderung, deren Selbstrettungsfähigkeit eingeschränkt ist, wenn die Nutzungseinheiten

a) einzeln für mehr als sechs Personen oder

b) für Personen mit Intensivpflegebedarf bestimmt sind oder

c) einen gemeinsamen Rettungsweg haben und für insgesamt mehr als zwölf Personen bestimmt sind,

10. Krankenhäuser,

11. sonstige Einrichtungen zur Unterbringung oder Pflege von Personen sowie Wohnheime,

12. Tageseinrichtungen für Kinder, Menschen mit Behinderung und alte Menschen, ausgenommen Tageseinrichtungen einschließlich Tagespflege für nicht mehr als zehn Kinder,

13. Schulen, Hochschulen und ähnliche Einrichtungen,

14. Justizvollzugsanstalten und bauliche Anlagen für den Maßregelvollzug,

15. Camping- und Wochenendplätze,

16. Freizeit- und Vergnügungsparks,

17. Fliegende Bauten, soweit sie einer Ausführungsgenehmigung bedürfen,

18. Regallager mit einer Oberkante Lagerguthöhe von mehr als 7,50 m,

19. bauliche Anlagen, deren Nutzung durch Umgang oder Lagerung von Stoffen mit Explosions- oder erhöhter Brandgefahr verbunden ist,

20. Anlagen und Räume, die in den Nummern 1 bis 19 nicht aufgeführt und deren Art oder Nutzung mit vergleichbaren Gefahren verbunden sind.

(5) Aufenthaltsräume sind Räume, die zum nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt oder geeignet sind.

(6) Oberirdische Geschosse sind Geschosse, deren Deckenoberkanten im Mittel mehr als 1,40 m über die Geländeoberfläche hinausragen; im Übrigen sind sie Kellergeschosse. Hohlräume zwischen der obersten Decke und der Bedachung, in denen Aufenthaltsräume nicht möglich sind, sind keine Geschosse.

(7) Stellplätze sind Flächen, die dem Abstellen von Kraftfahrzeugen außerhalb der öffentlichen Verkehrsflächen dienen. Garagen sind Gebäude oder Gebäudeteile zum Abstellen von Kraftfahrzeugen. Ausstellungs-, Verkaufs-, Werk- und Lagerräume für Kraftfahrzeuge sind keine Stellplätze oder Garagen.

(8) Feuerstätten sind in oder an Gebäuden ortsfest benutzte Anlagen oder Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, durch Verbrennung Wärme zu erzeugen.

(9) Barrierefrei sind bauliche Anlagen, soweit sie für Menschen mit Behinderung in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.

(10) Bauprodukte sind

1. Baustoffe, Bauteile und Anlagen, die hergestellt werden, um dauerhaft in bauliche Anlagen eingebaut zu werden,

2. aus Baustoffen und Bauteilen vorgefertigte Anlagen, die hergestellt werden, um mit dem Erdboden verbunden zu werden, wie Fertighäuser, Fertiggaragen und Silos.

(11) Bauart ist das Zusammenfügen von Bauprodukten zu baulichen Anlagen oder Teilen von baulichen Anlagen.











Kommentierung






A. Normgeschichte







1. Historie







2. Gesetzesbegründung


§ 2 definiert verschiedene Begriffe, die für eine größere Zahl von Bestimmungen von Bedeutung sind.

Absatz 1 definiert den Begriff der baulichen Anlage. Hierzu gehören nicht nur Anlagen, bei denen es sich nach dem üblichen Sprachgebrauch um Bauwerke handelt, sondern es werden auch Anlagen erfasst, die zwar beweglich sind, im konkreten Fall aber ortsfest wie bauliche Anlagen genutzt werden. Hierzu können beispielsweise Fahrzeuge fallen, die wie feste Verkaufsstände oder Lagergebäude genutzt werden. Bei den in Satz 3 aufgeführten Anlagen kann ohne Regelung im Einzelfall die Erfüllung des Begriffs bauliche Anlage fraglich sein. Es wird aber auch klargestellt, dass beispielsweise bei Spiel- und Sportflächen nicht nur die einzelnen Geräte, sondern auch die Fläche als Gesamtheit eine bauliche Anlage darstellt.

Absatz 2 bestimmt, was ein Gebäude ist. Wesentliche Merkmale eines Gebäudes sind die Überdeckung und der Schutzzweck. Dagegen ist es nicht erforderlich, dass die betreffende Anlage eine oder mehrere Wände aufweist. Die Frage, ob eine Anlage ein Gebäude ist, ist unter anderem von Bedeutung für die Erforderlichkeit einer öffentlich-rechtlich gesicherten Zufahrt (§ 4), für die Zugänglichkeit für die Feuerwehr (§ 5), für die Geltung von Brandschutzbestimmungen und für die Verpflichtung, Bauanträge durch eine bauvorlageberechtigte Person erstellen zu lassen (§ 64).

Absatz 3 Satz 1 enthält eine Gliederung der Gebäude in Gebäudeklassen, die als systematische Grundlage für das Brandschutzkonzept erforderlich ist. Die Brandschutzanforderungen richten sich nach einer Kombination des Kriteriums Gebäudehöhe mit der Zahl und Größe von Nutzungseinheiten.

Gebäude mit Nutzungseinheiten, die deutlich kleiner sind als Brandabschnitte, die gegeneinander mit Brandschutzqualität abgetrennt sind und die über ein eigenes Rettungswegsystem verfügen, wie beispielsweise Wohnungen, kleine Verwaltungseinheiten, Praxen oder kleine Läden, stellen für die Brandausbreitung und die Brandbekämpfung durch die Feuerwehr ein geringeres Risiko dar als Gebäude mit ausgedehnten Nutzungseinheiten. Für Gebäude mit dieser Zellenbauweise (auch Kompartment-Bauweise genannt) sind daher geringere Brandschutzanforderungen vertretbar. Das Kriterium der Gebäudehöhe wird daher mit der Größe der Nutzungseinheiten kombiniert, was zur Bildung von 5 Gebäudeklassen führt.

Gebäudeklasse 1 umfasst freistehende Gebäude mit einer Höhe bis zu 7 m (zur Höhe siehe unten) mit nicht mehr als 2 Nutzungseinheiten von insgesamt nicht mehr als 400 m². Das sind vor allem die freistehenden Ein- und Zweifamilienhäuser. Die Nutzung wird jedoch nicht auf das Wohnen beschränkt. Ebenfalls in die Gebäudeklasse 1 sind die freistehenden landwirtschaftlichen Betriebsgebäude eingeordnet. Die gleichen Gebäude (ohne landwirtschaftliche Betriebsgebäude) sind in die Gebäudeklasse 2 eingestuft, wenn sie nicht freistehend sind. In Gebäudeklasse 3 werden alle übrigen Gebäude einer Höhe bis zu 7 m eingeordnet. Gebäudeklasse 4 umfasst Gebäude mit einer Höhe bis zu 13 m und Nutzungseinheiten mit jeweils nicht mehr als 400 m². Alle sonstigen Gebäude einschließlich unterirdischer Gebäude fallen in die Gebäudeklasse 5. Die Einstufung in Gebäudeklassen ist unabhängig von der Einstufung als Sonderbau nach Absatz 4.

Bei der Abgrenzung der Gebäudeklassen hinsichtlich des Kriteriums der Gebäudehöhe wird nicht mehr auf die Fußbodenoberkante des höchstgelegenen Geschosses, in dem ein Aufenthaltsraum möglich und zulässig ist, an der zum Anleitern bestimmten Stelle über der Geländeoberfläche abgestellt, sondern auf die Lage des höchstgelegenen Fußbodens über der Geländeoberfläche im Mittel. Dadurch werden Unklarheiten über die Einordnung von Gebäuden vermieden, bei denen für die Personenrettung überhaupt keine Rettungsgeräte der Feuerwehr erforderlich sind (Gebäude mit 2 baulichen Rettungswegen). Soweit dadurch unnötige Verschärfungen erfolgen, kann ihnen durch Zulassung einer Abweichung nach § 66 Rechnung getragen werden. Anforderungen an die Zugänge und Zufahrten für Rettungsfahrzeuge der Feuerwehr (§ 5) und an die Rettungswege (§ 33) bleiben von dieser Änderung unberührt, da sie auf die tatsächlichen Rettungsmöglichkeiten abstellen. Die Ergänzung, dass bei der Berücksichtigung des obersten Geschosses auch darauf abgestellt wird, ob dort ein Aufenthaltsraum zulässig ist, soll Unsicherheiten über die Behandlung solcher Geschosse Rechnung tragen, bei denen wie bei größeren Dachböden die Schaffung eines Aufenthaltsraums zwar technisch, aufgrund der Baugenehmigung oder aus anderen Gründen aber rechtlich nicht möglich ist.

Satz 3 Halbsatz 1 definiert die Fläche der Nutzungseinheiten einheitlich als die Brutto-Grundfläche. Dieser Begriff ist den Entwurfsverfassern geläufig und durch die DIN 277 unterlegt. Halbsatz 2 nimmt für die Flächenberechnung nach Satz 1 Flächen in Kellergeschossen aus und stellt, wie die Höhenbetrachtung, nur auf die oberirdischen Teile eines Gebäudes ab. Für Räume in Kellergeschossen enthält das Brandschutzkonzept eigene Regelungen sowohl hinsichtlich der Bauteilanforderungen als auch der Zugänglichkeit und der Rettungswege. Selbstständige unterirdische Gebäude werden nicht von den Gebäudeklassen 1 bis 4, sondern von Gebäudeklasse 5 erfasst; auf die Flächengröße kommt es dabei nicht an.

Absatz 4 enthält eine Aufzählung der Sonderbauten. Der Sonderbautenbegriff hat einmal verfahrenssteuernde Wirkung, da Sonderbauten (grundsätzlich) weder der Genehmigungsfreistellung (§ 61) noch dem vereinfachten Baugenehmigungsverfahren (§ 62) unterfallen, sondern im Baugenehmigungsverfahren (§ 63) zu behandeln sind, sodass in jedem Falle im Genehmigungsverfahren auch alle bauordnungsrechtlichen Anforderungen geprüft werden und die Möglichkeit eröffnet ist, nach § 51 Satz 1 besondere Anforderungen zu stellen oder Erleichterungen zuzulassen (§ 51 Satz 2). Ferner ist der Sonderbautenbegriff Anknüpfungspunkt für besondere Anforderungen hinsichtlich der bautechnischen Nachweise.

In den Katalog der Sonderbauten sind solche Anlagen aufgenommen worden, bei denen wegen ihrer Größe, wegen der Zahl und/oder der Schutzbedürftigkeit der sich in ihnen aufhaltenden Personen oder aus anderen Gründen ein besonderes Gefahrpotenzial erwartet werden muss. Deshalb wird mit dem einleitenden Wortlaut "die einen der nachfolgenden Tatbestände erfüllen" auch klargestellt, dass es für die Sonderbauteneigenschaft ausreicht, wenn ein Bauvorhaben von einem der in dem Katalog aufgezählten Fälle erfasst wird, die einzelnen Nummern des Katalogs also nicht untereinander spezialgesetzlich vorgehen. Unter dem Blickwinkel des Brandschutzes ist erwogen worden, die Sonderbautendefinitionen durchgängig mit den Einstiegsschwellen der Muster- Sonderbautenverordnungen zu harmonisieren. Im Ergebnis ist der Kreis der Sonderbauten aber deshalb weiter gezogen worden, weil auch unterhalb dieser Einstiegsschwellen über die Standards des materiellen Bauordnungsrechts hinausgehende Anforderungen und gegebenenfalls kompensatorische Erleichterungen angezeigt sein können, die aber nur auf § 51 Satz 1 und 2 gestützt werden können, dessen Anwendung die Sonderbauteneigenschaft voraussetzt. Die Schwellenwerte beruhen auf bauaufsichtlichen Praxiserfahrungen.

Der Sonderbautenkatalog ist grundsätzlich abschließend, um den am Bau Beteiligten und den Bauaufsichtsbehörden für die Regelfälle eine zuverlässige und rechtssichere Orientierung zu ermöglichen. Nummer 20 enthält aber einen Auffangtatbestand, mit dessen Hilfe auch Sonderfälle erfasst werden können, die bei der Erstellung des Katalogs nicht erkennbar waren; der Auffangtatbestand kann aber nicht dazu herangezogen werden, in den übrigen Nummern abschließend umrissene Sonderbautentatbestände zu erweitern.

Die Nummern 1 bis 3 erfassen bauliche Anlagen, die unabhängig von der Art ihrer Nutzung aufgrund ihrer Höhe oder Ausdehnung als Sonderbauten eingeordnet werden. Alle weiteren Typen sind differenziert nach der Art ihrer Nutzung. Garagen werden klarstellend aus dem Sonderbautentatbestand der Nummer 3 ausgenommen, da die an Garagen zu stellenden Anforderungen gesondert in der Thüringer Garagenverordnung vom 28. März 1995 (GVBl. S. 185) in der jeweils geltenden Fassung und hinsichtlich der bautechnischen Nachweise in § 65 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 geregelt sind.

In den Nummern 4 bis 8 sind Nutzungsarten aufgeführt, die nur in Kombination mit einer größeren Zahl von Personen zur Sonderbauteneigenschaft führen, wie Verkaufsstätten, Versammlungsstätten oder Großraumbüros; in diesen Fällen ist über die Flächengrößen oder, soweit möglich, über Personenzahlen eine "Einstiegsschwelle" angegeben.

Die bisherige Regelung der Nummer 7 über Versammlungsstätten im Freien mit Szenenflächen wird konkretisiert. Die Abgrenzung zwischen "Veranstaltungen im Freien" und "Versammlungsstätten im Freien" hat zu Schwierigkeiten geführt. Typische Versammlungsstätten im Freien sind Freilichttheater, Anlagen für den Rennsport oder Reitbahnen sowie Sportstadien – also ortsfeste, auf Dauer angelegte Anlagen mit tribünenartiger Anordnung der Besucherbereiche. Das Vorhandensein von Szeneflächen und Tribünen und deren Verkoppelung mit dem dauerhaften Nutzungszweck der Anlage sind Voraussetzungen, um unter die Regelung zu fallen; temporäre Veranstaltungen wie Musikfestivals auf Freiflächen werden nicht erfasst. Werden bei solchen Veranstaltungen Tribünen (und Bühnen) aufgestellt, handelt es sich um Fliegende Bauten; die Genehmigung Fliegender Bauten regelt § 75.

In Nummer 8 wird klargestellt, dass sich die Tatbestandsvoraussetzung von 40 Gastplätzen auf Plätze im Gebäude bezieht, da die bei üblichen Gaststätten mit Außenbewirtschaftung im Freien vorhandenen Plätze regelmäßig nur geringe Auswirkungen auf die Rettungswegführung oder andere bauaufsichtliche Schutzziele haben. Durch die Aufnahme von Schank- und Speisegaststätten mit mehr als 1 000 Sitzplätzen im Freien sind allerdings große Biergärten als Sonderbauten zu qualifizieren, so dass die Bauaufsichtsbehörde die Möglichkeit hat, nach § 51 besondere Anforderungen, beispielsweise im Hinblick auf eine angemessene Anzahl von Toiletten, zu stellen. Die Schwelle von 1 000 Sitzplätzen lehnt sich an den Grenzwert für Versammlungsstätten im Freien nach Nummer 7 Buchst. b an.

Die Nummern 9 bis 15 erfassen Nutzungsarten, bei denen stets mit einer größeren Anzahl von Personen zu rechnen ist, die hilfs-, betreuungs- oder erhöht schutzbedürftig sind (Krankenhäuser, Einrichtungen für Kinder, alte und Menschen mit Behinderung, Schulen und weitere).

Nach Nummer 9 haben bestimmte Gebäude mit Nutzungseinheiten Sonderbauteneigenschaft, wenn sie dem Zweck dienen, dass in ihnen Personen mit Pflegebedürftigkeit oder Behinderung gepflegt oder betreut werden.

Aus der verfahrenssteuernden Wirkung des Sonderbautenbegriffs folgt für die Errichtung dieser Nutzungseinheiten die Notwendigkeit der Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens nach § 63. Gleiches gilt für eine entsprechende Umnutzung im Gebäudebestand. Bei bestehenden Nutzungseinheiten, die keine den besonderen Nutzungszweck umfassende Baugenehmigung haben, jedoch nach Nummer 9 Sonderbauten sind, ist ein Baugenehmigungsverfahren nachzuholen. Voraussetzung für die Genehmigungsfähigkeit ist die Erstellung eines Brandschutznachweises, der nach § 65 Abs. 3 Satz 2 bauaufsichtlich geprüft sein muss.

Bei Nutzungseinheiten zum Zwecke der Pflege oder Betreuung handelt es sich um solche, die von Anfang an nur für eine solche Nutzung geschaffen werden. Somit wird beispielsweise eine Wohnung, in der aufgrund ihres Alters oder aus anderen Gründen pflegebedürftig gewordene Ehepartner weiter leben, nicht zum Sonderbau. Das Gleiche gilt bei Wohnungen, bei denen zur Aufnahme pflegebedürftiger Angehöriger besondere Einrichtungen vorgesehen werden.

Die Tatbestandsmerkmale Pflegebedürftigkeit oder Behinderung bedeuten, dass die Personen auf mindestens ambulante Pflege- oder Betreuungsdienstleistungen angewiesen sind.

Nach Buchstabe a werden Nutzungseinheiten ab sieben Personen mit Pflegebedürftigkeit oder Behinderung zu Sonderbauten, weil ab dieser Personenzahl ein Gefahrenpotential besteht, welches im Baugenehmigungsverfahren nach § 63 einer Einzelfallbeurteilung unterzogen werden muss. Bei bis zu sechs Personen ist weder die Einstufung in die Kategorie Sonderbau noch eine Nutzungsänderung anzunehmen.

Die Sonderbauteneigenschaft entsteht auch nur, wenn die Nutzungseinheiten einzeln den Schwellenwert (mehr als sechs Personen) erreichen. Durch die Eigenschaft "einzeln" soll zum Ausdruck gebracht werden, dass die Nutzungseinheit von ihrer baulichen Unabhängigkeit bestimmt ist, nicht durch ihre Organisationsform. In der Praxis bedeutet das beispielsweise, dass zwei baulich nicht unmittelbar verbundene Wohngemeinschaften mit jeweils sechs pflegebedürftigen oder betreuten Personen, auch im Fall ihrer organisatorischen Zusammengehörigkeit, zwei Nutzungseinheiten mit je sechs Personen bleiben. Die Sonderbautenschwelle wird in diesem Fall nicht erreicht.

Nach Buchstabe b ist der Sonderbautentatbestand immer dann erfüllt, wenn Einrichtungen oder Wohnungen über den allgemeinen Zweck der Pflege oder Betreuung hinaus darauf ausgerichtet sind, dem besonderen Zweck zu dienen, Personen mit Intensivpflegebedarf aufzunehmen, beispielsweise Menschen mit apallischem Syndrom ("Wachkoma") oder mit Beatmungsbedarf.

Nach Buchstabe c ist der Sonderbautentatbestand erfüllt, wenn 13 oder mehr Personen, die in Nutzungseinheiten zum Zwecke der Pflege oder Betreuung von Personen leben, auf einen gemeinsamen Rettungsweg angewiesen sind. Hierbei sind nur die Personen anzurechnen, die gepflegt oder betreut werden. So sind insbesondere Pfleger und Betreuer nicht hinzuzurechnen. Sinn dieser Regelung ist, dass die Zahl der Personen, die sich im Gefahrenfall nicht selbst retten können, sondern auch auf die Hilfe der Einsatzkräfte der Feuerwehr angewiesen sind, begrenzt wird, soweit nicht im Baugenehmigungsverfahren die Genehmigungsfähigkeit der Nutzung festgestellt wird.

Der Sonderbautentatbestand liegt bereits vor, wenn eines der Kriterien der Buchstaben a, b oder c erfüllt ist.

Nummer 10 bestimmt Krankenhäuser und Nummer 11 sonstige Einrichtungen zur Unterbringung oder Pflege von Personen als eigene Sonderbautenkategorien. Der Begriff "Heime", der in der Aufzählung der bisherigen Nummer 9 noch enthalten war, wurde nicht übernommen, weil dieser Begriff mit Fürsorge und Abhängigkeit assoziiert wird und nicht mehr zeitgemäß ist. Da Wohnheime aber einer Beherbergungsstätte vergleichbare Gefahren aufweisen können, werden sie in den Sonderbautenkatalog aufgenommen. Die in Nummer 11 aufgeführten sonstigen Einrichtungen zur Unterbringung oder Pflege sind Einrichtungen, die ihrer Art nach nicht bereits in den Nummern 9 und 10 aufgeführt sind. Bezogen auf die Nummer 9 bedeutet das, dass Gebäude mit Pflegewohnungen ausschließlich dann Sonderbauten sind, wenn eine der in den Buchstaben a bis c genannten Voraussetzungen erfüllt ist. Ist keine dieser Voraussetzungen erfüllt, liegt hinsichtlich dieser Nutzungseinheiten auch nicht nach der Nummer 11 ein Sonderbau vor.

Die bisher in der Nummer 10 zusammengefassten Tageseinrichtungen für verschiedene Personen werden nun differenzierter geregelt. Durch Nummer 12 werden kleinere Kindertageseinrichtungen, bei denen die Kinder in Form einer Kindertagespflege im Sinne des § 1 Abs. 2 des Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetzes (ThürKitaG) vom 16. Dezember 2005 (GVBl. S. 365 -371-) in der jeweils geltenden Fassung betreut werden, aus dem Sonderbautenkatalog herausgenommen. Aufgrund der Hilfebedürftigkeit der Kinder wird die Gesamtzahl der in einem Gebäude anwesenden Kinder in Kindertagespflege auf zehn begrenzt. Damit ist es auch möglich, dass zwei Tagespflegepersonen gemeinsam eine Pflegeeinrichtung begründen und dabei jeweils die nach § 8 Abs. 2 ThürKitaG zulässige Zahl von Kindern betreuen.

Die Nummern 16 bis 19 erfassen bauliche Anlagen, die wegen ihrer Atypik im Baugenehmigungsverfahren (§ 63) behandelt werden sollen.

Absatz 5 bestimmt, unter welchen Voraussetzungen ein Raum als Aufenthaltsraum genutzt wird. Die Definition ist unter anderem für die Bestimmung der Gebäudeklassen (siehe Absatz 3 Satz 2), die Notwendigkeit von zwei Rettungswegen (siehe § 33 Abs. 1) und die Bestimmung von Mindesthöhen und Mindestfenstergrößen (siehe § 47) von Bedeutung.

Absatz 6 regelt die Abgrenzung von oberirdischen Geschossen und Kellergeschossen. Die Regelung hat insbesondere für die Brandschutzanforderungen Bedeutung, da in Kellergeschossen regelmäßig höhere Anforderungen gelten.

Absatz 7 definiert die Begriffe der Stellplätze und Garagen. Die Definitionen stehen im Zusammenhang mit den Anforderungen des § 49 und stellen klar, dass es um Flächen zur Aufnahme des ruhenden Verkehrs geht. Das Abstellen von vorübergehend abgemeldeten Fahrzeugen oder von Kfz-Anhängern würde daher keine Stellplatznutzung darstellen.

Absatz 8 definiert den Begriff der Feuerstätte. Erfasst werden damit nicht nur die der Raumheizung dienenden Anlagen, sondern beispielsweise auch Gaskochgeräte. Die konkreten Anforderungen werden in § 42 und in der Thüringer Feuerungsverordnung vom 10. August 2009 (GVBl. S. 745) in der jeweils geltenden Fassung geregelt.

Absatz 9 übernimmt die Definition der Barrierefreiheit aus § 4 des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) vom 27. April 2002 (BGBl. I S. 1467 -1462-) in der jeweils geltenden Fassung. Dadurch wird deutlich, dass es keinen davon abweichenden bauordnungsrechtlichen Begriff der Barrierefreiheit gibt. Die Grundanforderungen an die Barrierefreiheit regelt § 50, die Einzelanforderungen ergeben sich aus der zur Einführung als Technische Baubestimmung vorgesehenen DIN 18040.

Die Absätze 10 und 11 definieren die insbesondere für die Anwendung der §§ 17 bis 25 bedeutsamen Begriffe der Bauprodukte und Bauarten.


3. Verwaltungsvorschrift


2.1.1 Aufschüttungen und Abgrabungen sind künstliche Veränderungen der vorhandenen Erdoberfläche. Dazu gehört auch die Auffüllung eines Grundstücks durch Bauschutt oder die Anlage einer Terrasse. Eine Baugrubenausschachtung stellt keine selbstständige Abgrabung dar, sondern ist Teil der Bauausführung.

2.1.3 Wochenendplätze sind als Einheit geplante und genehmigte Plätze, die zum Aufstellen oder Errichten von Wochenendhäusern mit einer festzulegenden Grundfläche und Firsthöhe die-nen. Die Gebäude dürfen nicht zum dauernden Aufenthalt genutzt werden. Dies gilt auch für nicht ortsveränderlich aufgestellte Wohnwagen und Mobilheime. Spiel- und Sportflächen sind Flächen, die diesen Zwecken gewidmet oder dafür planerisch ausgewiesen sind.

2.1.7 Freizeit und Vergnügungsparks sind als Gesamtheit bauliche Anlagen, für die nach Anlage 1 Nr. 3.1 des Thüringer UVP-Gesetzes nach allgemeiner Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflicht zu entscheiden ist.

2.2 Gebäude sind vereinfacht ausgedrückt alle Anlagen, die ein Dach haben und von Menschen aufrecht betreten werden sowie einen Schutzzweck erfüllen können. Daran fehlt es z.B. bei Windkraftanlagen oder unmittelbar auf Holzstapeln aufgelegten Dachplatten. Gebäude sind selbstständig benutzbar, wenn sie ihre Funktion unabhängig von anderen baulichen Anlagen erfüllen, insbesondere einen eigenen Eingang und – bei mehrgeschossigen Gebäuden – eine eigene notwendige Treppe haben. Nicht selbständig benutzbar sind zum Beispiel Anbauten, die nur vom Innern eines angrenzenden Gebäudes aus betretbar sind. Umgekehrt beeinträchtigen innere Verbindungen zwischen aneinandergebauten Gebäuden nicht deren Selbständigkeit, wenn jedes für sich vom Freien zu seiner Benutzung zugänglich ist. Die Verwendung gemeinsamer Bauteile ist nicht ausgeschlossen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, 16.10.2008, 7 A 3096/07).

2.3.1 Die Gliederung der Gebäude in Gebäudeklassen (GK) ist systematische Grundlage für das Brandschutzkonzept. Das Kriterium der Gebäudehöhe wird mit der Größe von brandschutzrelevanten Nutzungseinheiten (Zellenbauweise) kombiniert. Die Einstufung in Gebäudeklassen ist unabhängig von der Einstufung als Sonderbau nach Absatz 4. Damit gelten für Sonderbauten die an die Gebäudeklassen anknüpfenden Regelungen, soweit in den Sonderbauverordnungen keine abweichenden Anforderungen gestellt werden. Hochhäuser sind der Gebäude-klasse 5 zuzuordnen und außerdem Sonderbauten nach § 2 Abs. 4 Nr. 1.

2.3.2 Die Einstufung ist teilweise von der Zahl und Größe der Nutzungseinheiten abhängig. Als „Nutzungseinheit“ gilt eine in sich abgeschlossene Folge von Aufenthaltsräumen, die einer Person oder einem gemeinschaftlichen Personenkreis zur Benutzung zur Verfügung stehen (z.B. abgeschlossene Wohnungen, Einliegerwohnungen, Büros, Praxen). Der Begriff der Nutzungseinheit setzt aber nicht das Vorhandensein eines Aufenthaltsraums voraus (z.B. reine Lagergebäude).

Die Nutzungseinheit kann auch aus einem Raum bestehen, z.B. Ein-Zimmer-Appartement oder aus einem Raum bestehendes Büro (OVG Münster, 07.07.1997, BRS 59 Nr. 124).

Nutzungseinheiten sind brandschutztechnisch abgegrenzte Einheiten, die gegeneinander ge-schützt sind und den Feuerwehreinsatz durch räumlich definierte Abschnitte für die Brandbe-kämpfung begünstigen.

Maßgeblich ist also, ob einzelne Räume oder eine Folge von Räumen baulich so voneinander getrennt sind, dass sie jeweils für sich die für Nutzungseinheiten nach der ThürBO geltenden Anforderungen erfüllen.

Dazu gehören
– feuerwiderstandsfähige Trennwände zwischen Nutzungseinheiten (§ 29),
– jeweils in jedem Geschoss mindestens zwei voneinander unabhängige Rettungswege ins Freie (§ 33 Abs. 1),
– der erste Rettungsweg muss bei nicht zu ebener Erde liegenden Nutzungseinheiten über eine notwendige Treppe führen
(§33 Abs. 2),
– wenn der zweite Rettungsweg nach § 33 Abs. 3 über Rettungsgeräte der Feuerwehr führt, muss dieser grundsätzlich
unabhängig von anderen Nutzungseinheiten zur Verfügung ste-hen,
– Anforderungen an notwendige Flure (§ 36),
– Vorkehrungen gegen die Brandausbreitung bei Leitungs- und Lüftungsanlagen (§§ 40, 41)

Ob z. B. ein mehrgeschossiges (Büro-)Gebäude eine oder mehrere Nutzungseinheiten auf-weist, hängt nicht davon ab, ob das Gebäude von mehreren Firmen genutzt wird, sondern da-von, ob einzelne Räume oder eine Folge von Räumen entsprechend den genannten Anforderungen bautechnisch voneinander getrennt sind. Im Extremfall kann jeder einzelne Büroraum eine eigenständige Nutzungseinheit darstellen, wenn er für sich alle Anforderungen an Nutzungseinheiten erfüllt.

2.3.3 „Freistehend“ sind Gebäude, die nicht aneinandergebaut sind und die untereinander und zu den Nachbargrenzen Abstände einhalten. Aneinandergebaute Gebäude wie Reihen- oder Doppelhäuser sind keine freistehenden Gebäude, auch wenn sie auf einem Grundstück mit seitlichem Grenzabstand errichtet werden. Dies folgt aus dem in Absatz 2 bestimmten Gebäudebegriff (s. Nr. 2.2). Der bauordnungsrechtliche Begriff “freistehend” ist nicht mit dem bauplanungsrechtlichen Begriff “offene Bauweise” (§ 22 Abs. 2 BauNVO) identisch.

Bei Anbau von Garagen oder anderen selbständigen Gebäuden, auch wenn sie nach § 6 Abs. 8 an der Nachbargrenze zulässig sind, entfällt die Eigenschaft freistehend. Werden Gebäude angebaut, die nach § 6 Abs. 8 in den Abstandsflächen zulässig sind, bestehen regel-mäßig keine Bedenken, von den dann erhöhten Anforderungen (z. B. nach §§ 27, 31, 34) Abweichungen zuzulassen.

2.3.4 Für die Einordnung nach der Höhe ist auf die (fertige) Fußbodenoberkante des höchstgelege-nen Geschosses abzustellen, in dem ein Aufenthaltsraum möglich und zulässig ist.
Aufenthaltsräume sind immer dann möglich, wenn die Mindestvoraussetzungen für Aufenthaltsräume nach § 47 erfüllt sind oder ohne bauaufsichtliches Verfahren geschaffen werden können sowie dann, wenn Aufenthaltsräume durch eine Abweichung nach § 66 zugelassen werden. Sie sind jedenfalls dann möglich, wenn das zu betrachtende Geschoss nach der Übergangsbestimmung des § 92 Abs. 2 ein Vollgeschoss wäre.

Ein Aufenthaltsraum ist nicht zulässig, wenn nach den Bauvorlagen eine Nutzung für andere Zwecke vorgesehen ist. Werden entgegen den Angaben in den Bauvorlagen Aufenthaltsräume eingebaut und ändert sich dadurch die Gebäudeklasse, kann dadurch das Gebäude materiell und formell rechtswidrig werden. Das gilt auch, wenn die erforderlichen Ausbaumaßnahmen nach § 60 verfahrensfrei sind.

2.3.5 Ist die oberste Ebene ein reines Technikgeschoss, in dem ein Aufenthaltsraum zwar theoretisch möglich wäre und durch verfahrensfreie Baumaßnahmen auch verwirklicht werden könnte, ist sie gleichwohl bei der Ermittlung der Höhe jedenfalls dann nicht zu berücksichtigen, wenn das Technikgeschoss für die funktionsgerechte Nutzung des Gebäudes erforderlich ist (z.B. bei Krankenhäusern).

2.3.6 Maßgebend für die Ermittlung der Höhe ist nicht mehr die Geländeoberfläche an den zum Anleitern bestimmten Stellen sondern die Geländeoberfläche im Mittel. Bei der Geländeoberfläche ist auf die nach Fertigstellung des Gebäudes vorhandene Geländeoberfläche abzustellen. Im Verhältnis zum Gebäude geringfügige Abgrabungen vor Außenwänden, z.B. vor Kellerfenstern oder -treppen, sind nicht zu berücksichtigen.

Die Höhe des obersten Aufenthaltsraumfußbodens über der Geländeoberfläche im Mittel ergibt sich bei gleichmäßig ansteigendem Gelände aus dem Mittelwert der Höhen der Eck-punkte des Gebäudes und der Höhe des Fußbodens des höchstgelegenen Aufenthaltsraums. Bei besonderen Geländeverhältnissen muss eine sinnvolle Aufteilung in Teilabschnitte erfolgen. Bei Gebäuden mit versetzten Geschossen ist nur die oberste Ebene mit möglichen Aufenthaltsräumen zu betrachten.

Anforderungen an die Zugänge und Zufahrten für Fahrzeuge der Feuerwehr (§ 5) und an die Rettungswege (§ 33) bleiben unberührt, da sie auf die tatsächlichen Rettungsmöglichkeiten abstellen.

2.3.7 Bei Gebäudekomplexen mit Teilen unterschiedlicher Höhe ist eine getrennte Einordnung der Gebäudeteile in Gebäudeklassen dann möglich, wenn eine selbstständige Betrachtung der Gebäudeteile als eigenständige Gebäude zulässig wäre. Andernfalls ist die jeweils höchste Gebäudeklasse für den Gesamtkomplex maßgeblich.

Bestehende Gebäude, deren Einstufung in die Gebäudeklasse sich durch den veränderten Bezugspunkt der Geländeoberfläche erhöhen würde, haben Bestandsschutz.

2.3.8 Für die Berechnung der Brutto-Grundfläche ist die DIN 277- 1; 2005-02 maßgebend (vgl. Anlage 4 zur ThürPPVO). Berücksichtigt werden die Grundflächen aller Grundrissebenen eines Gebäudes außer den Flächen in Kellergeschossen. Dabei spielt es keine Rolle, wie die Kellergeschosse genutzt werden (Kellerraum, Wohnnutzung, Garage). Selbstständige unterirdische Gebäude werden in die Gebäudeklasse 5 eingestuft.

2.4 Der Sonderbautenbegriff hat verfahrenssteuernde Wirkung, da Sonderbauten im Baugenehmigungsverfahren nach § 63 behandelt werden, in dem alle bauordnungsrechtlichen Anforderungen geprüft werden. Soweit für Sonderbauten keine Sonderbauverordnung erlassen wurde, können nach § 51 besondere Anforderungen gestellt oder Erleichterungen zugelassen werden. Auszugehen ist jedoch zunächst von den für die jeweilige Gebäudeklasse geltenden Regelungen.

Entspricht nur ein Teil des Bauvorhabens einem Sonderbau, unterliegt das Gesamtvorhaben dem Genehmigungsverfahren nach § 63 (Beispiel: Gaststätte in einem Wohngebäude).

2.4.1 Der Gliederung der Sonderbauten liegt folgende Systematik zu Grunde:
Nr. 1 – 3 = Anlagen mit besonderer Höhe oder Ausdehnung,
Nr. 4 – 8 = Gebäude für größere Personenzahlen,
Nr. 9 – 14 = Gebäude mit hilfsbedürftigen Personen,
Nr. 15 – 19 = atypische Nutzungen mit besonderem Gefährdungspotenzial.

Die einzelnen Tatbestände stehen nicht in einem besonderen Spezialitätsverhältnis zueinander. Eine Versammlungsstätte für insgesamt maximal 200 Personen ist zwar nicht nach Nr. 7 ein Sonderbau, kann es aber nach Nr. 6 sein, wenn ein Raum für die Nutzung durch mehr als 100 Personen bestimmt ist. Der Sonderbautenkatalog ist grundsätzlich abschließend. Der Auffangtatbestand der Nr. 20 ist für Sonderfälle vorgesehen, die bei Erstellung des Katalogs nicht erkennbar waren.

2.4.2 Weitere Hinweise:

Nr. 2: Bauliche Anlagen über 30 m sind z. B. Windkraftanlagen oder Masten. Brandschutz-nachweise sind bei diesen Vorhaben regelmäßig entbehrlich.

Nr. 3: Auch landwirtschaftliche Gebäude über 1 600 m² sind regelmäßig Sonderbauten un-geachtet möglicher Erleichterungen oder des möglichen Verzichts auf bautechnische Nachweise. Garagen sind keine Sonderbauten. Für sie gilt die Thüringer Garagenverordnung.

Nr. 4: Es gilt die Thüringer Verkaufsstättenverordnung.

Nr. 6: Es kommt entsprechend der Regelung des § 1 MVStättVO darauf an, welche Personenzahl sich bei bestimmungsgemäßer Nutzung in dem Raum aufhalten soll, nicht darauf, wie viele Personen sich dort theoretisch aufhalten können. Welche Nutzung beabsichtigt ist, entscheidet der Bauherr im Bauantrag.

Nr. 7: Versammlungsstätten im Freien sind ortsfeste, auf Dauer angelegte Anlagen mit tribünenartiger Anordnung der Besucherbereiche, wie z. B. Freilichttheater, Anlagen für den Rennsport sowie Sportstadien. Temporäre Veranstaltungen, wie Musikfestivals auf Freiflächen, sind keine Sonderbauten im Sinne der ThürBO. Für sicherheitsrechtliche Anordnungen sind die Ordnungsbehörden zuständig. Die Fluchtwegbemessung und andere Vorkehrungen können im Einzelfall der Muster-Versammlungsstättenverordnung –MVStättV - (www.bauministerkonferenz.de) entnommen werden. Ergänzend wird auf den „Orientierungsrahmen des Ministeriums für Inneres und Kommunales NRW für die kommunale Planung, Genehmigung, Durchführung und Nachbereitung von Großveranstaltungen im Freien“ hingewiesen.

Solange keine landesrechtliche Regelung vorliegt, kann die MVStättV sinngemäß her-angezogen werden. Zur Bemessung der Besucherzahl wird auf § 1 MVStättVO ver-wiesen.

Nr. 8: Gaststätten bis 40 Gastplätze in Gebäuden dürfen zusätzlich eine Außenbewirtschaftung im Freien haben, ohne dass sie dadurch zum Sonderbau werden. Außenplätze haben regelmäßig nur geringe Auswirkungen auf die Rettungswegeführung oder andere bauaufsichtliche Schutzziele.
Solange keine landesrechtliche Regelung vorliegt, kann die Muster-Beherbergungsstättenverordnung – MBeVO - (www.bauministerkonferenz.de) sinn-gemäß herangezogen werden.

Nr. 9 Ein Sonderbau liegt nur vor, wenn Nutzungseinheiten zum Zweck der Pflege oder Betreuung von bestimmten Personen geschaffen werden und diese Nutzungseinheiten (mindestens) eines der Kriterien der Buchstaben a bis c erfüllen. Die Zweckbestimmung bzw. eine entsprechende Widmung der Nutzungseinheiten muss von Anfang an vorgelegen haben. Ein Gebäude wird durch den Eintritt der Pflegebedürftigkeit seiner Bewohner nicht nachträglich zum Sonderbau. Ebenfalls sind Wohnungen nicht zu berücksichtigen, in denen Familienangehörige gepflegt werden oder wenn sich die Pflege und Betreuung auf hauswirtschaftliche Versorgung, Verpflegung oder allgemeine Dienstleistungen wie Notruf- oder Hausmeisterdienste, Informations- und Beratungsleistungen beschränkt.

Bei Nutzungseinheiten für 6 bis 12 Personen mit Pflege- oder Betreuungsbedarf kann die Muster-Wohnformen-Richtlinie – MWR – (www.bauministerkonferenz.de) heran-gezogen werden, bei mehr als 12 Personen, die auf einen gemeinsamen Rettungsweg angewiesen sind, können ebenfalls der MWR unter Nr. 2.3 Hinweise entnommen werden. Bei Intensivpflegebedarf beginnt die Sonderbaueigenschaft mit der ersten Person.

Die Nutzungsänderung von Wohnungen eines bestehenden Wohngebäudes zur Pflege oder Betreuung von Personen bzw. zur Intensivpflege hat bei Überschreitung der in Nummer 9 bestimmten Schwellenwerte die Einstufung des gesamten Gebäudes als Sonderbau zur Folge.

Nr. 11 Stationäre Einrichtungen, die Aufgaben der Pflege oder Unterbringung für bestimmte Gruppen von Menschen erfüllen, sind unabhängig von der Art und Zahl der Nutzer Sonderbauten. Heime bzw. Wohnheime können einer Beherbergungsstätte vergleich-bare Gefahren aufweisen. Dies gilt nicht nur für stationäre Einrichtungen des Heim-rechts, für die die Heimmindestbauverordnung (HeimMindBauVO) gilt sondern auch für Wohnheime ohne Pflegeangebote. Keine Wohnheime sind Gebäude, die zwar bestimmten Nutzergruppen vorbehalten sind, aber wie Wohngebäude aufgeteilt sind (z.B. Studentenwohn“heime“, bei denen entsprechend Nummer 2.3.2 getrennte Wohngemeinschaften geschaffen werden).

Nr. 12 Kindertageseinrichtungen für bis zu 10 Kinder sind vom Sonderbautenkatalog ausge-nommen. Dies ermöglicht Betreuungseinrichtungen zweier Tagespflegepersonen ent-sprechend dem Betreuungsschlüssel nach § 8 ThürKitaG (max. 5 Kinder pro Tages-pflegeperson) im Rahmen der allgemeinen Anforderungen der ThürBO.^

Nr. 13: Zu beachten ist die Thüringer Schulbaurichtlinie.

Nr. 17 Anforderungen enthalten die Richtlinie über den Bau und Betrieb Fliegender Bauten – FIBauR – Juni 2010 sowie die Verwaltungsvorschrift des Thüringer Ministeriums für Bau, Landesentwicklung und Verkehr über Ausführungsgenehmigungen für Fliegende Bauten und deren Gebrauchsabnahmen - FlBauVwV (ThürStAnz Nr. 51, 52/2013 S. 2094 - 2107)

Nr. 18 Zu betrachtende bauliche Anlage ist nicht das Lagerregal. Zur Sonderbauteneigenschaft führt vielmehr die Nutzung „Lagerung von Gegenständen in Regalen mit einer Oberkante Lagergut von mehr als 7,50 m“, da bei dieser Lagerform bei der Brandausbreitung und –bekämpfung andere Gesichtspunkte gelten können als bei einer gleich hohen Lagerung ohne Regale.

Nr. 19: Die Explosions- oder erhöhte Brandgefahr muss sich aus dem Umgang oder der Lagerung von Stoffen in der konkreten baulichen Anlage ergeben. Keine Rolle spielt da-gegen, ob bei anderen Anlagen mit vergleichbarer Nutzung typischerweise mit Explosions- oder erhöhten Brandgefahren zu rechnen ist. Unbeachtlich ist daher z. B. dass bei Holzbearbeitungsbetrieben Schleif- und Hobelarbeiten verbunden mit einer automatischen Absaugung und Sammlung von Spänen allgemein zu einer Erhöhung der Brandgefahr führen können, wenn bei dem konkrete Betrieb keine Späneabsaugung vorgesehen ist. Die für die Beurteilung des Einzelfalls erforderlichen Anhaltspunkte ergeben sich aus der Baubeschreibung nach § 9 ThürBauVorlV.

Eine Explosionsgefahr ist gegeben, wenn in einer baulichen Anlage die Gefahr des Auftretens einer explosionsfähigen Atmosphäre in gefahrdrohender Menge besteht (vgl. § 2 Abs. 8, 9 Betriebssicherheitsverordnung – BetrSichV).

Eine erhöhte Brandgefahr liegt vor, wenn brandfördernde, leichtentzündliche oder hochentzündliche Stoffe entsprechend den Gefährlichkeitsmerkmalen nach der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) in nicht geringen Mengen gelagert, be- oder verarbeitet werden. Zur weiteren Bestimmung gegebenenfalls erhöhter Gefährdungen können die Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) herangezogen werden.

Eine Sonderbaueigenschaft besteht nicht, wenn sich die Explosions- oder Brandgefahr in dem Rahmen bewegt, der mit der Nutzung von Regelbauten üblicherweise verbunden ist. Durch das Lagern von Brennstoffen, wie Heizöl, Flüssiggas, Pellets, und von Kraftstoffen in den zum örtlichen Verbrauch erforderlichen Mengen wird ein Gebäude nicht zum Sonderbau. Auch ergibt sich keine Sonderbauteneigenschaft aus dem Erfordernis, bei einem zu betrachtenden Gebäude einzelne Räume nach § 29 Abs. 2 Nr. 2 ThürBO durch eine Trennwand abzutrennen.

Weitere Voraussetzung für die Bejahung der Sonderbauteneigenschaft ist, dass einer ggf. bestehenden Explosions- oder Brandgefahr mit Mitteln des Bauordnungsrechts begegnet werden kann und muss. Das wäre dann nicht der Fall, wenn der Umgang mit diesen Gefahren bereits fachgesetzlich abschließend geregelt ist und in einem (parallelen) fachgesetzlichen Anlagenzulassungsverfahren geprüft wird. Ebenfalls kein Sonderbau ist gegeben, wenn im Fall einer Explosion oder eines Brandes die typischerweise in einem Brandschutznachweis nach § 11 ThürBauVorlV zu behandelnden Fragen keine Rolle spielen.

Beispiele für bauliche Anlagen, deren Nutzung je nach konkreter Ausgestaltung durch Umgang oder Lagerung von Stoffen mit Explosions- oder erhöhter Brandgefahr verbunden sein kann, sind Lackfabriken, Spritzlackierbetriebe, Feuerwerks-, Munitions- und Sprengstofffabriken. Dagegen sind Biogasanlagen und Tankstellen regelmäßig keine Sonderbauten nach Nummer 19.

Nr. 20 Nummer 20 ist ein Auffangtatbestand für Anlagen und Räume, die nicht bereits dem Grunde nach in den konkreten Sonderbautentatbeständen der Nummern 1 bis 19 auf-geführt sind. Anders ausgedrückt ist eine Anlage kein Sonderbau, die bereits unter die Nummern 1 bis 19 fällt, die dort genannten Schwellen aber nicht erreicht bzw. dort aufgeführte besondere Kriterien nicht erfüllt.


Beispiele:

Eine Versammlungsstätte mit Versammlungsräumen, die insgesamt genau 200 Besucher fassen, ist vorbehaltlich der Nummer 6 auch nach Nummer 20 kein Sonderbau, da die Sonderbaueigenschaft nach Nummer 7a erst ab 201 Besuchern gegeben ist.

Eine Arztpraxis, in der regelmäßig Operationen auch unter Vollnarkose durchgeführt werden, ist kein mit einem Krankenhaus vergleichbarer Sonderbau (anders möglich-erweise, wenn der Umfang der Operationen der Arztpraxis den Charakter einer Kleinklinik gibt).

Kein der Nummer 8 vergleichbarer Sonderbau liegt vor, wenn in einem Wohnhaus die Bewohner immer älter werden und zunehmend durch externe Hilfsdienste versorgt werden, da es sich bei den Wohnungen nicht um Nutzungseinheiten handelt, die zum Zweck der Pflege oder Betreuung geschaffen worden sind.


Es muss sich um eine Anlage handeln, deren Art oder Nutzung mit vergleichbaren Gefahren verbunden ist. Da das Bauordnungsrecht und hier insbesondere die Sonderbautentatbestände vorrangig die Sicherheit der Personen im Auge haben, die mit der Anlage als Nutzer, Besucher, Nachbarn, Passanten oder in vergleichbarer Weise in Berührung kommen, muss es sich um Gefahren für diesen Personenkreis handeln. Gefahren für die Umwelt sind insoweit nicht ausschlaggebend.

Für die Anwendbarkeit der Nummer 20 muss es sich um besondere Risiken handeln, die denen der Anlagen nach den Nummern 1 bis 19 vergleichbar sind. Diese Risiken können insbesondere
− auf der Größe der Anlagen (Nummern 1 bis 3),
− auf der Anwesenheit eines größeren Personenkreises (Nummern 4 bis 8),
− auf der Anwesenheit einer größeren Zahl von hilfs-, betreuungs- oder erhöht schutzbedürftigen Personen, deren
Selbstrettungsfähigkeiten- oder -möglichkeiten beschränkt ist (Nummern 9 bis 14) oder
− auf der besonderen Atypik der Anlagen (Nummern 15 bis 19)
beruhen. Dabei können wie z.B. bei den Anlagen der Nummer 13 auch mehrere Gesichtspunkte für die Einstufung als Sonderbau sprechen.

Da sich das bei Sonderbauten erforderliche Baugenehmigungsverfahren vom verein-fachten Baugenehmigungsverfahren lediglich durch die Prüfung bauordnungsrechtlicher Anforderungen unterscheidet, muss es sich bei den vergleichbaren Gefahren um solche handeln, die Gegenstand der bauaufsichtlichen Prüfung sind und mit Mitteln des Bauordnungsrechts bewältigt werden können. Nicht zu betrachten sind dagegen Gefahren, die in einem anderen Zulassungsverfahren abzuarbeiten sind.

Anlagen sind nicht allein deswegen Sonderbauten nach Nummer 20, weil sie immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig sind. Den Besonderheiten dieser Vorhaben wird hinreichend im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren Rechnung getragen. Sie können aber z. B. nach Nummer 2 oder 3 Sonderbauten sein.

2.4.3 Bei einzelnen Nutzungen, für die es (Muster-)Sonderbauverordnungen gibt, liegt die „Einstiegsschwelle“ des § 2 Abs. 4 niedriger als bei den Sonderbauverordnungen. Die Sonderbauverordnungen können als Orientierungshilfe für Entscheidungen nach § 51 herangezogen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Vorhaben eben nicht unter die Sonderbauverordnung fallen und damit die Anforderungen der Sonderbauverordnung regelmäßig ganz oder teilweise bis auf die allgemeinen Anforderungen der ThürBO abgemindert werden können. Ei-ne Überschreitung der Anforderungen der Sonderbauverordnung ist dagegen nur unter den in § 58 Abs. 2 genannten Gesichtspunkten möglich.

2.5 Ein nicht nur vorübergehender Aufenthalt liegt vor, wenn ein Raum entweder wie bei einem Wartezimmer durch einen wechselnden Personenkreis über einen insgesamt längeren Zeit-raum oder durch einen gleich bleibenden Personenkreis über einen längeren Zeitraum genutzt wird (z.B. Wohn- oder Pausenräume). Aufenthaltsräume sind beispielsweise Wohn- und Schlafräume, Wohndielen, Wohn- und Kochküchen, Versammlungsräume, Arbeitsräume, Gasträume, Unterrichtsräume, Krankenräume, Warteräume, Geschäftsräume, Verkaufsräume und Werkstätten.

Keine Aufenthaltsräume sind beispielsweise Flure, Treppenräume, Wasch- und Toilettenräume, Nebenräume wie Speisekammern und andere Vorrats- und Abstellräume, Trockenräume, Wasch- und Futterküchen; ferner Garagen, Heizräume, Maschinenräume sowie Räume, die zur Lagerung von Waren und zur Aufbewahrung von Gegenständen bestimmt sind, auch wenn in ihnen die mit der Lagerung und Aufbewahrung notwendig verbundenen Arbeiten verrichtet werden.

2.6 Die Definition grenzt oberirdische Geschosse von Kellergeschossen ab (vgl. Absatz 3 Satz 3). Für Kellergeschosse gelten regelmäßig höhere Brandschutzanforderungen. Die Möglichkeit von Aufenthaltsräumen in Hohlräumen zwischen der obersten Decke und der Bedachung ist bei einer lichten Raumhöhe unter 2 m regelmäßig ausgeschlossen.

2.7 Carports sind offene Kleingaragen und Gebäude im Sinne des Abs. 2.

2.9.1 Der bauordnungsrechtliche Begriff der Barrierefreiheit ist identisch mit dem des § 4 Behindertengleichstellungsgesetz. Grundanforderungen des barrierefreien Bauens regelt § 50, Einzelanforderungen ergeben sich aus der als Technische Baubestimmung eingeführten DIN 18040.

Zu den Menschen mit Behinderungen gehören auch Menschen mit Sinnesbehinderungen, de-nen in gleicher Weise wie anderen Menschen der Zugang und die Nutzung baulicher Anlagen ermöglicht werden muss.

2.9.2 Barrierefreiheit bedeutet, möglichst Sonderlösungen zu vermeiden. Beispielsweise ermöglicht eine Zugänglichkeit nur über Hinter- oder Nebeneingänge oder längere Umwege nicht die Nutzung in üblicher Weise. Die Einschränkung „grundsätzlich ohne fremde Hilfe“ schließt Ausnahmefälle nicht aus, in denen auf fremde Hilfe nicht ganz verzichtet werden kann.


B. Normauslegung

















Zitiervorschlag:
Müller-Grune Sven, Kommentar zur Thüringer Bauordnung, Schmalkalden 2017, § 2.





© Prof. Dr. Sven Müller-Grune



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