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Thüringer Bauordnung [ThürBO]

Kommentar Prof. Dr. Sven Müller-Grune



§ 28
Außenwände




(1) Außenwände und Außenwandteile wie Brüstungen und Schürzen sind so auszubilden, dass eine Brandausbreitung auf und in diesen Bauteilen ausreichend lang begrenzt ist.

(2) Nichttragende Außenwände und nichttragende Teile tragender Außenwände müssen aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen; sie sind aus brennbaren Baustoffen zulässig, wenn sie als raumabschließende Bauteile feuerhemmend sind. Satz 1 gilt nicht für

1. Türen und Fenster,

2. Fugendichtungen und

3. brennbare Dämmstoffe in nichtbrennbaren geschlossenen Profilen der Außenwandkonstruktionen.

(3) Oberflächen von Außenwänden sowie Außenwandbekleidungen müssen einschließlich der Dämmstoffe und Unterkonstruktionen schwer entflammbar sein; Unterkonstruktionen aus normal entflammbaren Baustoffen sind zulässig, wenn die Anforderungen nach Absatz 1 erfüllt sind. Balkonbekleidungen, die über die erforderliche Umwehrungshöhe hinaus hochgeführt werden, müssen schwer entflammbar sein. Baustoffe, die schwer entflammbar sein müssen, in Bauteilen nach Satz 1 Halbsatz 1 und Satz 2 dürfen nicht brennend abfallen oder abtropfen.

(4) Bei Außenwandkonstruktionen mit geschossübergreifenden Hohl- oder Lufträumen wie hinterlüfteten Außenwandbekleidungen sind gegen die Brandausbreitung besondere Vorkehrungen zu treffen. Satz 1 gilt für Doppelfassaden entsprechend.

(5) Die Absätze 2, 3 und 4 Satz 1 gelten nicht für Gebäude der Gebäudeklassen 1 bis 3; Absatz 4 Satz 2 gilt nicht für Gebäude der Gebäudeklassen 1 und 2.












Kommentierung







A. Normgeschichte







1. Historie







2. Gesetzesbegründung


Absatz 1 enthält das Schutzziel. Danach müssen die Außenwände so beschaffen sein, dass eine Brandausbreitung auf und in diesen Bauteilen ausreichend lang begrenzt ist. Die Anforderungen stellen auf die Einschränkung des aktiven Beitrags der Fassade zum Brand ab. Die Herstellung eines Feuerüberschlagwegs zwischen den Geschossen wird als Regelanforderung nicht verlangt.

Absatz 2 Satz 1 Halbsatz 1 verlangt, dass nichttragende Außenwände und nichttragende Teile von tragenden Außenwänden, wie Brüstungen und Schürzen, aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen. Halbsatz 2 erlaubt auch eine feuerhemmende Ausführung; diese Feuerwiderstandsfähigkeit bezieht sich auf die raumabschließende Wirkung im Bereich des Bauteils.

In Satz 2 wird eine für die Baupraxis notwendige Erleichterung klargestellt: Fugendichtungen und Dämmstoffe in nichtbrennbaren geschlossenen Profilen der Fassadenkonstruktion dürfen brennbar sein; sie spielen wegen ihrer geometrischen Form (punkt- oder linienförmig) und der geringen Abmessungen bei der Brandausbreitung eine untergeordnete Rolle. Für Dämmstoffe in Gebäudetrennfugen ist die Erleichterung nicht anzuwenden, nur für deren äußere Abdeckung in Fassadenebene.

Absatz 3 Satz 1 regelt die Anforderungen an die außenseitigen Teile von oder auf Außenwänden. Für Unterkonstruktionen sind abweichend von Halbsatz 1 normal entflammbare Baustoffe zulässig. Zu beurteilen ist durch den Entwurfsverfasser aber, ob die normal entflammbaren Unterkonstruktionen das Schutzziel des Absatzes 1 berühren. Klargestellt wird in Satz 2, dass Balkonbekleidungen (beispielsweise Sicht- oder Wetterschutzblenden) nur dann der Anforderung des Satzes 1 unterliegen, wenn sie über die normale Umwehrungshöhe hinaus hochgeführt werden. Satz 3 soll verhindern, dass das Schutzziel des Absatzes 1 für Außenwände durch abfallende oder abtropfende Bauteile unterlaufen wird.

Absatz 4 greift die Außenwandkonstruktionen mit geschossübergreifenden Hohl- oder Lufträumen (hinterlüftete Außenwandbekleidungen, Doppelfassaden) auf, die einer besonderen Risikobetrachtung bedürfen, da die Brandausbreitung durch die Hohlräume begünstigt werden kann (siehe auch § 30 Abs. 7 Satz 2).

Absatz 5 lässt in differenzierter Form Ausnahmen für Gebäude der Gebäudeklassen 1 bis 3 zu. Da bei Doppelfassaden die Gefahr insbesondere einer Rauchausbreitung größer einzuschätzen ist als bei hinterlüfteten Außenwandbekleidungen, wird durch den neuen Satz 2 in Absatz 4 eine Differenzierung vorgenommen, auf die in der Ausnahmeregelung des Satzes 2 Bezug genommen wird. Für Doppelfassaden wird der Verzicht auf die in Absatz 4 genannten besonderen Vorkehrungen auf Gebäude der Gebäudeklasse 1 und 2 beschränkt.


3. Verwaltungsvorschrift


Schutzziel: ausreichend lange Begrenzung der Brandausbreitung

AußenwändeGK 1GK 2GK 3GK 4GK 5
Nichttragende Außenwände und nichttragende Teile tragender Au-ßenwände A oder W 30-B(1)A oder W 30-B(1)
Oberflächen von Außenwänden und Außenwandbekleidungen, einschließlich Dämmstoffe und Unterkonstruktionen B 1(2)B 1(2)
Balkonbekleidungen, die über die erforderliche Umwehrungshöhe hinaus geführt werden B 1B 1

(1) Brennbare Türen, Fenster und Fugendichtungen sowie brennbare Dämmstoffe in nichtbrennbaren geschlossenen Profilen der Außenwandkonstruktion sind zulässig.
(2) Unterkonstruktionen aus normalentflammbaren Baustoffen (B 1) sind zulässig, wenn eine Brand-ausbreitung auf und in diesen Bauteilen ausreichend lang begrenzt ist (§ 28 Abs.1).

28.3 Werden Solaranlagen größeren Ausmaßes an der Außenwand errichtet, müssen sie dieselben Anforderungen erfüllen, die an der Oberfläche der Wand oder eine Außenwandbekleidung gestellt werden. Die Regelung in Satz 2 betrifft nur Balkonbekleidungen, die über die normale Umwehrungshöhe hinausgeführt werden. An Balkonkonstruktionen sind keine Brandschutzanforderungen zu stellen, soweit Rettungswege nicht über Balkone führen.



B. Normauslegung


















Zitiervorschlag:
Müller-Grune Sven, Kommentar zur Thüringer Bauordnung, Schmalkalden 2017, § 28.





© Prof. Dr. Sven Müller-Grune





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