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Verbindlichkeit von Maschinenkommunikation


Die bisherigen Ausführungen zeigen, dass die derzeitige Rechtsgeschäftslehre nicht auf rechtsverbindliche Kommunikation durch IT-Systeme – seien sie autonom, selbstlernend oder nicht – ausgerichtet ist. Sie ist bestenfalls lückenhaft. Für die bereits einsetzende Automation der Industrie 4.0 mit Vernetzung von miteinander kommunizierenden Maschinen unterschiedlicher Unternehmen kann dieser unsichere Rechtszustand nicht genügen. Letztlich bleibt den an solcher Maschinenkommunikation beteiligten Unternehmen nichts anderes übrig, als selbst rechtsgeschäftlich die Verbindlichkeit der rechtlich relevanten ausgetauschten Informationen zu vereinbaren. Individualvertraglich ist eine solche Vereinbarung unproblematisch. Da es im Rahmen von automatisierten Vorgängen selten zu einer solchen individuell gestalteten Vereinbarung kommen wird, muss eine Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gem. § 305 Abs. 2 BGB erfolgen. Wie diese sichergestellt werden kann, ist derzeit noch ungewiss.

Ebenfalls noch unklar ist, wie der Zugang rechtsverbindlicher Kommunikation erfolgen kann. § 130 Abs. 1 S. 1 BGB erfordert für die Wirksamkeit einer Willenserklärung ihren Zugang beim Empfänger. Hiervon könnte ebenfalls durch AGB abgewichen werden, wodurch sich das genannte Problem ihrer Einbeziehung nach § 305 Abs. 2 BGB erneut eröffnet. Die Wahrnehmung durch das IT-System selbst wird den Anforderungen des § 130 Abs. 1 S. 1 BGB nicht gerecht werden. Ob die hinter dem System stehende Person eine dort zugegangene Erklärung überhaupt wahrnehmen kann, hängt von der technischen Gestaltung und den Zugriffsmöglichkeiten ab.

 (image: https://ife.erdaxo.de/uploads/RechtderDigitalisierungVerbindlichkeitMaschinenkommunikation/RdDAbb42MoeglRechtsverbMaschinenerklaerungen.JPG)
Abbildung: Möglichkeiten der Rechtsverbindlichkeit von Maschinenerklärungen

Schließlich ist noch weitgehend unklar, welches Regelungsregime auf die Maschinenkommunikation überhaupt anwendbar ist. Es kann sich dabei um Telekommunikation, einen telekommunikationsgestützten Dienst oder um Telemedien handeln. Je nach Einordnung sind unterschiedliche rechtliche Anforderungen an die Zulässigkeit zu beachten: während die Unterhaltung eines gewerblichen öffentlichen Telekommunikationsnetzes oder das Angebot solcher Dienste nach § 6 Abs. 1 TKG meldepflichtig gegenüber der Bundesnetzagentur (BNetzA) ist, ist ein Telemedium zulassungsfrei (§ 4 TMG). Zudem haben die Anbieter von Telekommunikation erhebliche Regulierungsvorgaben wie Wahrung von Nutzer- und Verbraucherinteressen, Wahrung des Fernmeldegeheimnisses und Datenschutzes (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1 TKG) sowie technische Bedingungen einzuhalten. Zudem gibt es wettbewerbsrechtliche Vorgaben.

  • Telekommunikation ist nach § 3 Nr. 22 TKG „der technische Vorgang des Aussendens, Übermittelns und Empfangens von Signalen mittels Telekommunikationsanlagen“, Telekommunikationsanlagen sind „technische Einrichtungen oder Systeme, die als Nachrichten identifizierbare elektromagnetische oder optische Signale senden, übertragen, vermitteln, empfangen, steuern oder kontrollieren können“ (§ 3 Nr. 23 TKG);
    • nach der Definition von Telekommunikation lässt sich für vernetzte IT- und Maschinensysteme eine entsprechende Einordnung kaum ablehnen;
    • allerdings besteht die Meldepflicht nur bei Unterhaltung bzw. beim Angebot gewerblicher (was bei industriell genutzten Systemen bejaht werden muss) und öffentlicher Telekommunikationsnetzen und -diensten; die Frage inwieweit die Vernetzung von IT- und Maschinensystemen unterschiedlicher, nicht konzernabhängiger Unternehmen als öffentliches Netz angesehen werden kann, ist bisher noch nicht geklärt;
  • telekommunikationsgestützte Dienste sind „Dienste, die keinen räumlich und zeitlich trennbaren Leistungsfluss auslösen, sondern bei denen die Inhaltsleistung noch während der Telekommunikationsverbindung erfüllt wird“ (§ 3 Nr. 25); ob dies auf vernetzte IT- und Maschinensysteme zutrifft, wird eine Frage der technischen Gestaltung sein;
  • Telemedien sind nach § 1 Abs. 1 TMG „alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste, soweit sie nicht Telekommunikationsdienste nach § 3 Nr. 24 des Telekommunikationsgesetzes, die ganz in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, telekommunikationsgestützte Dienste nach § 3 Nr. 25 des Telekommunikationsgesetzes oder Rundfunk nach § 2 des Rundfunkstaatsvertrages sind“; soweit also die Einordnung von vernetzten IT- und Maschinensystemen als Telekommunikation oder telekommunikationsgestützter Dienst aus technischen Gesichtspunkten zu verneinen ist, kommt das Telemediengesetz (TMG) als Regelungsrahmen zur Anwendung.


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Autor: Prof. Dr. Ulf Müller

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