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Internationales Privatrecht


Internationales Schuldvertragsrecht


A. Verfahrensrecht

Für das Verfahrensrecht gelten im Geltungsbereich der EuGVVO insbesondere

  • die stets zu beachtenden Vorschriften der Art. 15-17 EuGVVO über die Zuständigkeit bei Verbrauchersachen
  • bei einer Gerichtsstandsvereinbarung der ausschließliche Gerichtsstand des Art. 23 Abs. 1 EuGVVO
  • der allgemeine Gerichtsstand am Wohnsitz des Beklagten, Art. 2 Abs. 1 EuGVVO
  • der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsortes, Art. 5 Nr. 1 EuGVVO

Für die Restzuständigkeit gelten mangels vorrangiger staatsvertraglicher Regelungen die Regeln über die Doppelfunktionalität der ZPO, insbesondere:
  • der ausschließliche Gerichtsstand des § 29 a ZPO für Ansprüche aus Miet- oder Pachtverhältnissen
  • der allgemeine Gerichtsstand am Wohnsitz des Beklagten, §§ 12, 13 ZPO
  • der besondere Gerichtsstand für Haustürgeschäfte, § 29 c ZPO
  • bei einer Gerichtsstandsvereinbarung die §§ 38-40 ZPO


B. Vereinheitlichtes Sachrecht (UN-Kaufrecht/CISG)

Bei Auslandssachverhalten ist das Wiener Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf als international vereinheitlichtes Sachrecht vorrangig zu prüfen. Ist es anwendbar, bedarf es im Rahmen seines Anwendungsbereichs keiner kollisionsrechtlichen Prüfung mehr. Es ist seit dem 01.01.1988 in Kraft. 78 Staaten haben das CISG mittlerweile ratifiziert. Das für die Wirksamkeit in Deutschland erforderliche Zustimmungsgesetz ist seit dem 01.01.1991 in Kraft.

Das CISG regelt den Vertragsschluss selbst und die Durchführung des Vertrages. Verträge kommen durch Angebot und Annahme zustande, wobei Angebote jedoch grundsätzlich frei widerruflich sind, Art. 16 Abs. 1 CISG. Das CISG trifft keine Unterscheidung zwischen Unmöglichkeit, Verzug, Haupt- und Nebenpflichten. Es kennt stattdessen nur den einheitlichen Leistungsstörungstatbestand der wesentlichen Vertragsverletzung, Art. 16 Abs. 1 CISG. Die Rechte des Käufers sind in den Art. 45 ff. CISG, die des Verkäufers in den Art. 61 ff. CISG geregelt. Ein Verschulden ist für die Vertragshaftung grundsätzlich nicht erforderlich, allerdings gelten bestimmte Befreiungsgründe (Art. 79, 80 CISG). Das UN-Kaufrecht ist grundsätzlich eher verkäuferfreundlich, beispielsweise liegt sowohl der Erfüllungsort für die Hauptleistungspflicht des Verkäufers als auch für die Hauptleistungspflicht des Käufers mangels anderer Vereinbarung grundsätzlich beim Verkäufer. Die Parteien können das UN-Kaufrecht ausdrücklich oder konkludent abwählen, Art. 6 CISG.
Das CISG regelt zwar den Vertragabschluss (Art. 14-24 CISG) und die sich aus dem Vertrag ergebenden Rechte und Pflichten, Art. 4 S. 1 CISG. Das UN-Kaufrecht betrifft jedoch von vornherein nicht:
  • gemäß Art. 4 lit. a) CISG die Gültigkeit des Vertrages, einzelner Bestimmungen oder Gebräuche
  • gemäß Art. 4 lit. b) CISG die dinglichen Wirkungen des Vertrages
  • gemäß Art. 5 CISG die Haftung für Personenschäden
  • die Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss, die deliktisch eingeordneet wird

Hierbei handelt es sich um sog. externe Lücken, die nach dem Statut zu entscheiden sind, das durch das IPR der lex fori ermittelt wurde.
Interne Lücken, die den Vertrag selbst betreffen, sind gemäß Art. 7 Abs. 2 CISG primär nach den Grundsätzen, die dem UN-Kaufrecht zugrunde liegen, zu füllen und ansonsten nach dem Vertragsstatut, das nach den Kollisionsnormen der lex fori, in Deutschland also nach den Art. 3 ff. Rom I-VO, zu ermitteln ist.



C. Rom I-VO

Soweit UN-Kaufrecht oder internationale Konventionen nicht anwendbar sind, bestimmen die Art. 3 ff. Rom I-VO als Kollisionsnormen, welches Recht auf Verträge mit Auslandsberührung Anwendung finden soll.
Zeitlich ist die Rom I-VO gemäß Art. 28 Rom I-VO auf alle Verträge anwendbar, die nach dem 17.12.2009 geschlossen wurden. Für vor diesem Datum geschlossene Verträge bleibt es bei der Anwendbarkeit der Art. 27 ff. EGBGB.
Gemäß Art. 1 Abs. 1 Rom I-VO gilt die Verordnung für vertragliche Schuldverhältnisse in Zivil- und Handelssachen, die eine Verbindung zum Recht verschiedener Staaten aufweisen. Es kommt somit nicht darauf an, dass ein Bezug zu einem oder mehreren Mitgliedstaaten der EU besteht. Das durch die Kollisionsnorm ermittelte Vertragsstatut regelt alles,
  • vor dem Zustandekommen des Vertrags und seiner Wirksamkeit (Art. 10 Rom I-VO)
  • über die Auslegung primärer und sekundärer Leistungspflichten (Art. 12 Abs. 1 lit. a) Rom I-VO)
  • die Art und Weise der Erfüllung (Art. 12 Abs. 1 lit. b) Rom I-VO
  • das Erlöschen und die Durchsetzbarkeit der Pflichten sowie die Folgen der Nichtigkeit der Vertragsabwicklung (Art. 12 Abs. 1 lit. d), e) Rom I-VO

Bei Auslegungszweifeln gilt nach h.M. die lex fori, da Art. 3 Abs. 5 Rom I-VO nicht auf Art. 12 Rom I-VO verweist. Die Gebiete, die vom Anwendungsbereich der Rom I-VO ausgenommen sind, ergeben sich aus Art. 1 Abs. 2 Rom I-VO. Ausgenommen sind z.B. die Sonderanknüpfungen für die sog. Teilfragen
  • Rechts- und Geschäftsfähigkeit einer Person, Art. 1 Abs. 2 lit. a) Rom I-VO und
  • Stellvertretung, Art. 1 Abs. 2 lit. g) Rom I-VO
Über die Wirksamkeit und den Umfang der Vollmacht entscheidet dagegen das Vertretungsstatut, sodass insofern eine Teilfrage aufgeworfen wird, die selbständig anzuknüpfen ist. Die Anknüpfung der Vollmacht ist umstritten. Überwiegend wird aus Gründen des Verkehrsschutzes an das Recht des Gebrauchsortes der Vollmacht angeknüpft. Besonders darauf hingewiesen sei, dass Schuldverhältnissen aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen nicht vertraglich, sondern deliktisch qualifiziert werden.



D. Anknüpfung eines Vertrags

Welches Sachrecht auf einen Vertrag angewandt werden soll, können die Parteien gem. Art. 3 Rom I-VO selbst bestimmen. Subsidiär wird objektiv angeknüpft (Art. 4 Rom I-VO).

Die Parteien können durch ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung bestimmen, welches Recht auf den Vertrag oder Teile des Vertrags angewandt werden soll (sog. Parteiautonomie). Das Zustandekommen und die Wirksamkeit der Rechtswahl wird gemäß Art. 3 Abs. 5 i.V.m. Art. 10 Abs. 1 Rom I-VO vorab nach dem gewählten Recht beurteilt. Die getroffene Rechtswahlvereinbarung wird akzessorisch zu dem geschlossenen Hauptvertrag angeknüpft, sodass Hauptvertrag und Rechtswahlvereinbarung kollisionsrechtlich gleichlaufen. Eine nachträgliche Rechtswahl gemäß Art. 3 Abs. 2 Rom I-VO führt zum Statutenwechsel. Diese wirkt ex tunc, um zu vermeiden, dass der Vertrag verschiedenen Rechtsordnungen unterliegt. Die Rechtswahl hat auch Grenzen. Einige Vorschriften gelten unabhängig von dem gewählten Recht zwingend:

  • gemäß Art. 3 Abs. 3 Rom I-VO gilt zwingendes inländisches Recht bei reinen Inlandsfällen
  • gemäß Art. 3 Abs. 4 Rom I-VO kann durch die Rechtswahl nicht von zwingendem Gemeinschaftsrecht abgewichen werden
  • gemäß Art. 6 Abs. 2 S. 2 Rom I-VO kann durch die Rechtswahl nicht zulasten eines Verbrauchers vom zwingenden Recht des Staates abgewichen werden, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat
  • gemäß Art. 8 Abs. 1 S. 2 Rom I-VO kann durch die Rechtswahl nicht zulasten eines Arbeitnehmers vom zwingenden Recht der in Art. 8 Abs. 2, 3 und 4 Rom I-VO genannten Staaten abgewichen werden
  • gemäß Art. 9 Rom I-VO gelten international zwingende Vorschriften

Haben die Parteien keine Rechtswahl getroffen, ist das Recht anzuwenden, mit dem der Vertrag die engste Verbindung aufweist (objektive Anknüpfung). Vergleiche hierzu Art. 4 Abs. 4 Rom I-VO. Für Beförderungsverträge (Art. 5 Rom I-VO), Verbraucherverträge (Art. 6 Rom I-VO), Versicherungsverträge (Art. 7 Rom I-VO) und Arbeitsverträge (Art. 8 Rom I-VO) ist dies gesondert geregelt.
Ist keiner dieser Vertragstypen einschlägig, gilt grundsätzlich das Recht des Staates, in dem derjenige seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, der die sog. vertragscharakteristische Leistung erbringt, Art. 4 Abs. 2 Rom I-VO. Die vorrangig zu beachtenden Beispiele in Art. 4 Abs. 1 Rom I-VO zeigen, dass es sich hierbei stets um die Leistung handelt, die dem Vertrag sein vertragstypisches Gepräge gibt. Dies ist stets die Leistung, die nicht in Geld zu erbringen ist. Die vertragscharakteristische Leistung ist daher stets die Leistung, für die die Geldleistung geschuldet ist.
Der gewöhnliche Aufenthalt einer Person, an den die Rom I-VO zur Bestimmung des Vertragsstatuts regelmäßig anknüpft, ist in Art. 19 Rom I-VO definiert. Für natürliche Personen ist dies gemäß Art. 19 Abs. 1 Rom I-VO der Ort der Hauptniederlassung, für juristische Personen, Vereine und Gesellschaften der Ort der Hauptverwaltung


E. Form

Die Anknüpfung der Teilfrage der Form des Vertrags ist in Art. 11 Rom I-VO geregelt.
Gemäß Art. 11 Abs. 1, 2 Rom I-VO gilt das sog. Günstigkeitsprinzip bei Platz- und bei Distanzgeschäften. Hiermit soll erreicht werden, dass ein Rechtsgeschäft ggf. als wirksam angesehen werden kann. Bei Platzgeschäften, also bei Verträgen, die beide Parteien in demselben Staat abschließen, gilt Art. 11 Abs. 1 Rom I-VO. Danach ist der Vertrag entweder dann formgültig, wenn er den Formvorschriften des Vertragsstatuts oder denen des Ortsstatuts entspricht.
Bei Distanzgeschäften, also bei Verträgen, bei denen sich die Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in verschiedenen Staaten befinden, gilt Art. 11 Abs. 2 Rom I-VO. Danach ist der Vertrag entweder dann formgültig, wenn er den Formvorschriften des Vertragsstatuts entspricht oder denen des Staates, in dem sich eine der Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses befand oder denen des Staates, in dem eine der Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte.
Für Verbraucherverträge sind gemäß Art. 11 Abs. 4 Rom I-VO stets die Formvorschriften des Staates zu beachten, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Art. 11 Abs. 1, 2 und 3 Rom I-VO gelten hier nicht.

Für Verträge, die ein dingliches Recht an einer unbeweglichen Sache oder die Miete oder Pacht einer unbeweglichen Sache zum Gegenstand haben, gilt die spezielle Formvorschrift des Art. 11 Abs. 5 Rom I-VO. Danach müssen die international zwingenden Formvorschriften des Belegenheitsstaates eingehalten werden. Fraglich ist, ob § 311 b Abs. 1 BGB eine solche zwingende Vorschrift ist. Seine warnende Funktion kann auch im Ausland gewährleistet werden. Obwohl dann die besondere Belehrung und Beratung durch einen Notar entfällt, erhebt die deutsche Formvorschrift dennoch nach allgemeiner Meinung keinen Anspruch auf unbedingte Anwendbarkeit für schuldrechtliche Verträge über inländische Grundstücke. Es handelt sich bei § 311 b Abs. 1 BGB nicht um eine international zwingende Formvorschrift i.S.v. Art. 11 Abs. 5 Rom I-VO.



F. Forderungsübergang

G. Verbraucherschutz

H. Individualarbeitsverträge

I. Lex mercatoria





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