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IT-Vertragsrecht
Teil 3: Providerverträge
Ausgangspunkt |
Es gibt nicht „den“ Providervertrag. Internet-Provider bieten die verschiedensten technischen und inhaltlichen Dienstleistungen und Produkte an. Die technischen Dienstleistungen sollen den Nutzer in die Lage versetzen, überhaupt aktiv an der Internet-Kommunikation teilzunehmen. Als wichtigste Dienstleistung ist hierfür der Internetzugang (Internet-Access) anzusehen, d.h. der Zugang vom privaten oder gewerblichen Endkundenbereich ins Internet. Dieser Zugang geschieht über Telekommunikationsleitungen, seien es – wie im Regelfall – Festnetzverbindungen oder – vor allem bei mobiler Kommunikation – Funkverbindungen. Der Internetzugang setzt den Nutzer aber lediglich in die Lage, sich überhaupt im Internet bereitgehaltene Inhalte anzusehen und gegebenenfalls auf seinen eigenen PC herunter zu laden. Er kann aber noch nicht an der individuellen Kommunikation über das Internet per elektronischer Post (E-Mail) teilnehmen. Wegen der Schnelligkeit des Datenaustauschs via E-Mail hat sich diese Kommunikationsform insbesondere im geschäftlichen Bereich als kostengünstige Alternative zu anderen Kommunikationsformen wie herkömmliche Post, Telefon und Telefax durchgesetzt. Der E-Mail-Service eines Providers ist neben dem Internetzugang eine eigenständige Dienstleistung. |
Internetpräsentation |
|Mit Internetzugang und E-Mail-Service kann der Nutzer aktiv an der Internet-Kommunikation teilnehmen. Er ist jedoch nicht selbst im Internet präsent. Insbesondere für Anbieter von gewerblichen Waren und Dienstleistungen, aber auch für kulturelle, ideelle und politische Interessengruppen und Organisationen ist inzwischen eine Internet-Präsentation nahezu unverzichtbar. Die Internet-Präsentation ist eine preisgünstige und weltweite Informations- und Werbemöglichkeit. Die Präsentation geschieht dabei über sog. Websites, d.h. verschiedenen mit einander verbundenen Dateien, mit Informationen in Textform, als Fotos, Graphiken, Tabellen und besonderen Animationen. Diese Dateien bieten beim elektronischen Abruf den Anschein eines Ganzen, indem durch Verknüpfungen der Nachfrager zwischen den unterschiedlichen Inhalten der Website wechseln kann. Die Eingangsseite einer Website heißt Homepage. Eine Website muss gestaltet und zum Abruf für Dritte über das Internet auf einem Internet-Server bereitgehalten werden. Soweit der Inhaber der Website nicht selbst über die notwendigen technischen Möglichkeiten und Sachkenntnisse verfügt, wird er die Dienste eines Webdesigners für die Gestaltung der Website in Anspruch nehmen. Dabei handelt es sich um einen Webdesign-Vertrag. Soweit er nicht selbst über einen Internet-Server verfügt, wird er von einem Host-Provider mittels eines Web-Hosting-Vertrags Speicherraum für die Website-Daten anmieten müssen. Dieser Vertrag kann um zusätzliche Dienstleistungen des Providers ergänzt werden, so um die technische und inhaltliche Wartung der Website im Rahmen eines Website-Service-Vertrages oder um die Beschaffung eines Domain-Namens für die Website als Domain-Service-Vertrag. |
Application-Service-Vertrag |
Eine neue Erscheinung für den Vertrieb von Software ist der sog. Application-Service-Provider-Vertrag (ASP-Vertrag), der die weltweite Verbreitungsmöglichkeit des Internets nutzt. Es handelt sich um einen Vertrag mit technischen und inhaltlichen Komponenten, der daher im Zusammenhang mit den anderen technischen Dienstleistungen des Internet-Providers dargestellt werden soll. Ebenfalls zu den möglichen Dienstleistungen eines Providers gehören insbesondere im Privatkundenbereich die Angeboten mit denen ausschließlich Inhalte über die technische Kommunikationsplattform Internet bereitgestellt werden. Hier spricht man von Content-Provider-Verträgen. Zu den inhaltsbezogenen Verträgen gehören Downloading-, Uploading-, Datenbank-, Werbebanner- und Linking-Vertrag. Siehe zur Abgrenzung der Providerverträge mit technischen Leistungen auch folgendes Urteil: BGH, U. v. 4.3.2010 - III ZR 79/09 – Internet-System-Vertrag |
Pflichten des Providers |
Im Folgenden soll am Beispiel des Access-Provider-Vertrags einige wesentliche Vertragsprobleme behandelt werden. Der Provider muss technische Einrichtungen unterhalten, um einen Internetzugang gewähren zu können. Erforderlich ist dabei zumindest eine Schnittstelle zum Internet (Gateway oder Point of Presence (POP)). Diese Schnittstelle (oder Knotenpunkt) ist der Punkt, an dem die Telekommunikationsleitung mit dem Rechnernetz, die das Internet ausmachen, zusammengeschlossen wird. Durch die Schnittstelle werden Daten in das Internet (Upload) als auch aus dem Internet (Download) vermittelt. Da der Provider als Vermittler des Internetzugangs für eine Vielzahl von Nutzern auftritt, benötigt er eine größere technische Schnittstelle, um verschiedene Telekommunikationsendleitungen am Knotenpunkt an das Internet anzubinden. Hierzu dient ihm ein Internet-Server. An der Schnittstelle müssen die Datenpakete des Internets über das TCP/IP-Übertragungsprotokoll zum Weitertransport in das leitungsvermittelte Telefonnetz und umgekehrt umgewandelt werden. Zudem wird die Versendung der Datenpakte an die gewählten Adressaten koordiniert. Der Provider muss die von ihm bereitzustellenden technischen Einrichtungen funktionsfähig zu halten. Diese Verpflichtung steht unabhängig von der Einschränkung der Erfolgspflicht. Die Beschränkung trägt dem Umstand Rechnung, dass der einzelne Provider nicht die Verfügbarkeit der an einer Datenübertragung beteiligten Einrichtungen anderer Anbieter garantieren kann. Er muss Sorge dafür tragen, dass seine eigenen Einrichtungen dauerhaft in einem Zustand sind, in dem den Nutzern eine Internet-Kommunikation jederzeit möglich ist. Der Provider hat seine technischen Einrichtungen im Grundsatz so auszurichten, dass unter normalen Umständen für alle sich einwählenden Nutzer genügend Einwahlleitungen zur Verfügung stehen. Andererseits kann er den jederzeitigen Zugang für den Nutzer nicht garantieren. Selbst bei Anwendung eigener größtmöglicher Sorgfalt ist bei dem hoch komplexen Aufbau der Telekommunikationsnetze eine negative Beeinflussung der Nutzung durch Leistungsstörungen Dritter oder äußerer Einflüsse nicht auszuschließen. Einen Erfolg der Netzverfügbarkeit in jedem Einzelfall kann und will der Provider daher nicht versprechen. Hiervon geht auch § 32 Nr. 4 TKV aus. Aus Sicht des Providers ist eine Einschränkung der Verpflichtung unabdingbar. Neben den allgemeinen Nebenpflichten treffen den Provider im Hinblick auf die Bereitstellung des Internetzugangs vor allem die Pflichten zur Verschaffung der erforderlichen Zugangsdaten für den Nutzer und die Pflicht zur Beratung bei der Gestaltung des nutzerseitigen Internetzugangs. Die Beratungspflicht ergibt sich aus der besonderen Sachkenntnis des Providers in Bezug auf die technischen Bedingungen des Internetzugangs. Siehe zum Access-Provider-Vertrag folgende Entscheidung: BGH, U. v. 23.3.2005 - III ZR 338/04 |
Pflichten des Nutzers |
Die Pflichten des Nutzers sind beim reinen Internetzugangs-Vertrag gering. Im Vordergrund steht die Hauptleistungspflicht zur Zahlung der vereinbarten Vergütung. Allerdings verlangt der Provider üblicherweise eine monatliche Grundgebühr für alle Dienstleistungen (Internetzugang, E-Mail-Service, Web-Hosting sowie gegebenenfalls inhaltlicher Online-Dienste wie Eingangsportal mit Suchmaschine, News-Foren, Chat-Rooms, Datenbankabruf etc.) zuzüglich einer Nutzungsvergütung. Regelmäßig wird bei privaten Nutzern eine Flatrate vereinbart. Den Nutzer treffen neben den allgemeinen Nebenpflichten in Bezug auf den Internetzugang die Pflichten zum Schutz der Zugangsdaten (§ 2 Abs. 5) und zum Hinweis auf festgestellte Störungen des Internetzugangs. Der Schutz der Zugangsdaten ist insbesondere aus Sicht des Providers erforderlich, um lästige Auseinandersetzung wegen unbefugter Nutzung des Internetzugangs durch Dritte zu vermeiden. Für den Provider stellen die Eingabe des richtigen Benutzernamens und persönlichen Kennworts die einzige Gewähr dafür dar, dass von dem unter der IP-Adresse angemeldeten Rechner tatsächlich der Nutzer (oder ein sonst Berechtigter) seine Dienstleistung anfordert. Daher ist die Pflicht zur regelmäßigen Änderung des Kennwortes angemessen. |
Pflichten des Providers und Nutzers:
Aus der rechtlichen Einordnung des Access-Provider-Vertrags als Dienstvertrag folgen zwei Erkenntnisse: für die Gewährleistung der Pflichten des Providers sind die allgemeinen Regelungen der §§ 280 ff. BGB heranzuziehen und eine Kündigung des Dauerschuldverhältnisses erfolgt nach § 314 BGB. |
Haftungsbeschränkungen:
Aus Sicht des Providers macht es Sinn seine Haftung zu begrenzen. Dabei muss er in Standardverträgen insbesondere die Vorschrift des § 309 Nr. 7 BGB berücksichtigen. Gleichzeitig darf er aber auch nach § 44a TKG für fahrlässige Vermögensschäden seine Haftung summenmäßig beschränken. |
Bestands- und Verkehrsdaten |
Zwei besondere Probleme des Access-Provider-Vertrags betreffen den Datenschutz und die Möglichkeit der Anschlusssperrung. Zu unterscheiden sind die Bestands- und die Verkehrsdaten: die ersteren sind die persönlichen Daten des Nutzers wie Name, Adresse, Passwort oder Kontodaten, die letzteren sind die Daten zu jeder Internetnutzung durch den Nutzer wie Beginn, Beendigung und Dauer der Einwahl. Während die Bestandsdaten während der gesamten Vertragslaufzeit gespeichert werden dürfen (vgl. näher § 95 TKG), sind bei den Verkehrsdaten Art. 10 GG (Fernmeldegeheimnis) und die Belange des Datenschutzes zu berücksichtigen. Aus diesem Grund sind die zulässig erhobenen Verkehrsdaten unmittelbar nach Beendigung einer Internetverbindung zu löschen (§ 96 Abs. 1 S. 1 Nr. 1-4, S. 2 TKG). Eine weitergehende Speicherung ist lediglich zur Entgeltabrechnung zulässig (§ 96 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, S. 2 TKG). |
Bestands- und Verkehrsdaten:
Vorratsdatenspeicherung |
Da die private Internetnutzung mittlerweile fast ausschließlich über sog. „Flatrates“ abgerechnet wird, ist eine über die Beendigung einer Verbindung hinausgehende Speicherung der Verkehrsdaten nicht zur Entgeltabrechnung erforderlich (§ 96 Abs. 2 TKG). An diesem Punkt sollte aber die sog. Vorratsdatenspeicherung (geplant als §§ 113a, 113b) eine bis zu sechsmonatige Speicherung der Verkehrsdaten erlauben; diese Regelung war aber angesichts von Art. 10 GG nicht verhältnismäßig (s. dazu BVerfG MMR 2010, 356). Problematisch ist, dass eine zulässige Ausgestaltung der Vorratsdatenspeicherung aber eine Verwendung der längerfristig gespeicherten Daten auch zur Verfolgung geringfügiger Straftaten wie z.B. gewerbsmäßigen Urheberrechtsverletzungen mit nur geringem Ausmaß ermöglichen könnte. Siehe hierzu auch folgende Entscheidung: BVerfG, U. v. 2.3.2010 - 1 BvR 256/08, 1 BvR 263/08, 1 BvR 586/08 |
Problematisch sind schließlich auch Regelungen zur Sperrung eines Internet-Anschlusses. Wenn der Provider sich wirksam vor möglichen Haftungsfolgen schützen will und im Bereich der Haftungsausschlüsse und -erleichterungen der §§ 7 ff. TMG bleiben will (s. dazu oben 6.3), wird er vertraglich Vorsorge für ein möglichst gesetzestreues Verhalten seiner Nutzer tragen müssen. Dazu kommt noch sein Interesse, keine Leistungen bei Zahlungsverzug des Nutzers erbringen zu müssen. Hierbei sind aber die Begrenzungen des § 45k TKG zu berücksichtigen, der allerdings nicht direkt gilt, weil die Vorschrift ihrem Wortlaut nach für Telefondienste gilt. |
Sperrung des Internet Anschlusses: