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Fall: Zu viel Luxus

Prüfungsfall im WIPR III im Sommersemester 2010

A. Sachverhalt
Der Fliesenleger F möchte für seine Lebensqualität etwas tun beschließt, ein komfortables Auto zu kaufen. Er findet beim VW-Händler V in seiner Stadt einen nur 2 Jahre alten Leasingrückläufer - VW Phaeton mit Vollausstattung für nur 50.000 EUR. Obwohl er das nötige Geld nicht hat, möchte er den Wagen erwerben. V schlägt dem F eine günstige Finanzierung für Gewerbetreibende vor. V und F vereinbaren, dass
  • F den Wagen nach 14.000,- EUR Anzahlung mitnehmen kann,
  • V den Kfz-Brief und Eigentum am Fahrzeug bis zur Zahlung des vollständigen Kaufpreises behält,
  • F den Kaufpreis in 36 monatlichen Raten von je 1.000,- EUR nebst Zinsen begleichen wird.

Nach ca. einem Jahr sieht F, dass er sich mit seiner Lebensqualität übernommen hat und dass er kein Geld mehr zur Fortführung seines Meisterbetriebes hat. Deshalb spricht er in seiner Hausbank B wegen eines Kredits in Höhe von 15.000,- EUR vor. Die Kreditabteilung B ist bereit, dem F einen Kredit zu gewähren, verlangt jedoch Sicherheiten. F bietet seinen Phaeton an, womit die Bank einverstanden ist. Es wird ein Vertrag geschlossen, der Kreditbetrag wird ausgezahlt und soll innerhalb von 2 Jahren zum beliebigen Zeitpunkt zurückgezahlt werden.

F zahlt weitere Raten an das Autohaus, so dass er ab Kaufvertrag insgesamt 20 Raten beglichen hat. Dann verursacht er aber einen Unfall unter Alkoholeinfluss, durch den sein Phaeton nur noch 8.000,- EUR Wert ist. Da er kein Geld mehr hat, bittet er seinen reichen Onkel O um Hilfe. O stellt fest, dass er den Phaeton des F gut als Ersatzteilspender für seinen mittlerweile 500.000 Kilometer gelaufenen VW dienen könnte und bietet dem F an, dass er den Kredit beim Autohaus abzahlt und dafür den "Schrotthaufen" nimmt. Damit ist F und auch V einverstanden. O zahlt die restlichen 16 Raten für F bei V, erhält den Kfz-Brief und nimmt den Phaeton.

Als die B vom Unfall des F hört, möchte sie den Kredit zurück haben und überlegt, was in dem Fall zu tun wäre, wenn F gar kein Geld mehr hat.

B. Frage
Welche Ansprüche hat B? Gegen wen?

C. Lösungshinweise

Ansprüche B gegen F:

1. Auf Rückzahlung der Darlehenssumme nebst Zinsen gem. § 488 I 2 BGB

a. Darlehensvertrag
Vertrag mit dem Inhalt eines Darlehensvertrages zwischen B und F muss geschlossen sein (+)
Auch keine Anhaltspunkte für Wirksamkeitshindernisse - wirksam (+)

b. Fälligkeit des Darlehens
Da vereinbarte Zeit noch nicht abgelaufen - Kündigung zu prüfen.
Hier Kündigung nach § 490 I BGB möglich (+)

2. Auf Schadensersatz i. H. v. 8.000,- EUR gem. § 823 I BGB
eventuell sinnvoll erst nach Ansprüchen gegen O, weil erst dort feststellbar, ob Anwartschaftsrecht verloren - siehe unten. Rein praktisch nicht besonders sinnvoll, weil Schaden nur dann vorhanden, wenn F nicht zahlungsfähig ist - insofern würde ich diese Anspruchsgrundlage nur zur Notenverbesserung beachten - wenn sie fehlt, kein erheblicher Punkteabzug...

a. Tatbestand des § 823 I BGB

      • Handlung des F - Abmachung mit O (+)
      • Rechtsgutverletzung - Anwartschaftsrecht der B erloschen (+)
      • Kausalität (+)

b. Rechtswidrigkeit und Verschulden (+)

c. Umfang
Wenn F nicht zahlen kann, dann besteht der Schaden darin, dass aus der Sicherheit nicht vollstreckt werden kann (+)

Ansprüche B gegen O:

3. Auf Herausgabe des Fahrzeugs gem. § 985 BGB

Dafür müsste B Eigentümerin des Autos sein, O Besitzer ohne Recht zum Besitz. Problematisch ist in erster Linie das Eigentum der B:

a. Ursprünglicher Eigentümer: V

b. Eigentumsübergang auf F?
das Geschäft zwischen V und F:
      • Übergabe, Berechtigung des V (+) aber
      • Einigung = §§ 929, 449, 158 BGB = bedingte Übertragung; damit Eigentum bei F erst mit Zahlung des Kaufpreises möglich; vorerst Eigentum bei V verblieben

c. Übergang auf B durch Geschäft zwischen F und B?
Sicherungsvereinbarung zwischen F und B könnte zur Eigentumsübertragung führen:
      • Einigung gem. § 930 BGB (+)
      • Übergabesurrogat: Besitzkonstitut (+)
      • Berechtigung des F: kein Eigentümer bei Vereinbarung des Besitzkonstituts. Deshalb nur § 933 BGB möglich, für den jedoch Übergabe erforderlich ist. Diese ist nicht erfolgt. Damit bleibt das Eigentum weiterhin bei V.

d. Übergang auf B infolge eines Anwartschaftsrechts?
B könnte ein Anwartschaftsrecht am Fahrzeug erworben haben, über das bei Bedingungseintritt (s. o. - Zahlung des Kaufpreises) sie das Volleigentum erworben haben könnte.
      • Anwartschaftsrecht? - F hat bedingtes Eigentum erworben, siehe oben; (+)
      • bei B? B hat zumindest das Anwartschaftsrecht von F - wenn nicht das Vollrecht - erworben; die Erklärungen der Parteien sind dahingehend auszulegen, wenn ein Vollrecht nicht möglich war (andere Auffassung vertretbar) (+)
      • die Bedingung ist auch eingetreten (+), aber:
      • hat O nicht das Eigentum gutgläubig lastenfrei (§ 936 BGB analog) erworben?

e. Übergang (lastenfrei) auf O?
O könnte das Eigentum am Fahrzeug lastenfrei erworben haben:
      • Einigung: O mit F, dass das Eigentum am Fahrzeug übergehen soll (+), eventuelle Zweifel an der Wirksamkeit - F und O haben zu Lasten der B gehandelt? Sittenwidrigkeit? - dem O kann dies nicht nachgewiesen werden, deshalb wirksam;
      • Übergabe - erfolgt
      • Berechtigung - mit Zahlung des Kaufpreises an V ist B Eigentümerin geworden! (-)
      • gutgläubiger Erwerb - gem. § 932 BGB (+)

Achtung: § 936 III BGB findet hier keine Anwendung, weil Dritter (B) nicht im Besitz der Sache - hier konnte O in den Rechtsschein des Besitzes des F vertrauen, auch wenn F erst kein Eigentümer war. Der ursprüngliche Eigentümer V hat den Kfz-Brief auf Wunsch des F an O übergeben.

Damit hat die Übertragung F -> O zum Eigentumsverlust bei B geführt!

Ergebnis:
B ist nicht Eigentümerin. Demzufolge kein Anspruch aus § 985 BGB

4. Auf Schadensersatz i. H. v. 8.000,- EUR gem. § 823 I BGB


Denkbare sonstige Ansprüche:
- § 823 I BGB gegen V - Rechtsgut sonstiges Recht (Anwartschaftsrecht), aber kein Verschulden von V


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