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Fall: Trierer Weinversteigerung


Nach Isay, Die Willenserklärung im Tatbestande des Rechtsgeschäfts, 1899.

A. Sachverhalt
Der Ahnungslos (A) besucht aus reiner Neugier eine Weinversteigerung. Als er den Bekannten (B) sieht, winkt er ihm zu. A erhält daraufhin den Zuschlag für eine Kiste Champagner für 1200 EUR.

B. Frage
Kann das Auktionshaus von A Zahlung des Kaufpreises verlangen?
Oder:
Ist hier ein Vertrag zustandegekommen?

C. Lösungsskizze
Zum Hauptproblem vgl. auch folgende Struktur.

Das Auktionshaus hat gegen A einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises gem. § 433 Abs. 2 BGB, wenn zwischen A und dem Auktionshaus ein Kaufvertrag besteht. Ein Kaufvertrag liegt vor, wenn die Parteien einen Vertrag abgeschlossen haben, dieser Vertrag inhaltlich einen Kaufvertrag darstellt und wirksam ist.

1. Vertragsschluss
Die Parteien könnten einen Vertrag durch Angebot und Annahme geschlossen haben. Dafür ist erforderlich, dass eine der Parteien ein Angebot abgegeben, die andere dieses innerhalb der Bindungsfrist angenommen hat und beide Erklärungen (Angebot und Annahme) inhaltlich übereinstimmen.

a. Angebot
Das Angebot liegt in Form des vom Auktionators ausgerufenen Preises vor.

b. Winken des A als Annahme?
Dadurch, das A in der Auktion gewunken hat könnte er ein (An)Gebot abgegeben haben, das durch den Auktionator mit Zuschlag angenommen werden könnte. Ein Angebot ist
      • eine Willenserklärung,
      • die vom Inhalt her ein Antrag (Angebot) im Sinne des § 145 BGB darstellt,
      • ordnungsgemäß abgegeben wurde,
      • dem Adressaten - ohne zwischenzeitlich widerrufen worden zu sein - zugegangen ist.

Es stellt sich hier die Frage, ob das Winken zum Bekannten als eine Erklärung in der Auktion gewertet werden kann. Es ist eine Willenserklärung, wenn durch das Winken sowohl der äußere wie auch der innere Tatbestand der Willenserklärung verwirklicht ist.

      • äußerer Tatbestand - nach dem objektiven Empfängerhorizont
        • Verhalten auf Erklärung gerichtet? - ein Winken kann ein Zeichen für Vieles sein (+)
        • auf Rechtsfolge gerichtet? insbesondere in der Auktion von Bedeutung - hier objektiv (+)
        • Rechtsbindungswille? nach dem objektiven Empfängerhorizont ist das Winken in der Auktion erfolgt, in der Sachen verkauft werden (+) - also keine unverbindlichen Sachverhalte
Insgesamt: äußerer Tatbestand (+)

      • innerer Tatbestand
        • Handlungswille? - das Winken erfolgte freiwillig, gewollt (+)
        • Erklärungsbewusstsein? - aber nicht in jedem Fall als Voraussetzung zu werten! - TB der Willenserklärung nur dann nicht erfüllt, wenn
          • Erklärungsbewusstsein fehlt
          • und! dies nicht infolge Fahrlässigkeit verkannt wurde
Hier hätte A grundsätzlich erkennen können, dass er mit dem Winken eine rechtserhebliche Erklärung abgibt (auch wenn es etwas Fallfrage bleibt - je nach Ausgestaltung kann es durchaus anders sein, z. B. wenn A unverschuldet und unbewusst in eine Auktion geraten ist);
Also: Erklärungsbewusstsein (+) (weil fahrlässig verkannt)
        • keine Willensvorbehalte (+)
c. Zwischenergebnis
Zuschlag als Erklärung (+)

d. Annahmefähigkeit und Übereinstimmung
Zuschlag erfolgte in der Auktion, in der das Winken seine Folgen entfaltet. Übereinstimmung ist auch gegeben. (+)

2. Inhalt
Unproblematisch Kaufvertrag gegeben (+)

3. Wirksamkeit
Die einzige rechtliche Möglichkeit des A ist Anfechtung des zustande gekommenen Vertrages nach § 119 Abs 1 BGB. Diese könnte gem. § 142 BGB zur Folge haben, dass der Vertrag mit Wirkung ex tunc als unwirksam anzusehen ist.

Da A über die Bedeutung seines Verhaltens im Irrtum war, kann Anfechtung erfolgen. Sofern A das Gestaltungsrecht nach § 143 BGB ausübt, ist der Vertrag unwirksam. Deshalb kann es auch keinen Anspruch auf Erfüllung des Vertrages geben.

A muss allerdings mit Schadensersatzforderungen nach § 122 BGB rechnen, sofern durch sein Verhalten ein Vertrauensschaden entstanden ist.


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