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Fall: Nachträgliche Erweiterung des Eigentumsvorbehalts


A. Sachverhalt
Vorsichtig (V) verkauft seinem Kunden Locker (L) einen LKW für 120.000 EUR. L zahlt 20.000 EUR an und vereinbart mit V, dass die restlichen 100.000 EUR in 20 monatlichen Raten je 5.000 EUR beglichen werden. Zur Sicherung des Kaufpreises behält sich V das Eigentum am LKW bis zur Zahlung des vollständigen Kaufpreises vor.

Nach 10 Monaten, in denen L die Raten vereinbarungsgemäß bezahlt, benötigt L Geld, das er von der Reicheisen-Bank (R) als Darlehen erhält. Da L keine großen Sicherheiten bieten kann und auch das Eigentum am LKW wegen noch nicht bezahlter Raten nicht in Betracht kommt, erklärt sich die Bank damit einverstanden, den zum Teil bezahlten LKW des L als einzige Sicherheit anzunehmen.

Nachdem L das Geld von der Bank in sein Geschäft investiert hat, benötigt er für den LKW noch einen Anhänger, den er wieder bei V für 20.000 EUR kauft. Da er den Anhänger gar nicht bezahlen kann, erhält er von V erneut Aufschub, allerdings erst nachdem sich L einverstanden erklärte, den Eigentumsvorbehalt am LKW auch auf die Kaufpreisforderung für den Anhänger zu erweitern. Demnach soll das Eigentum am LKW und am Anhänger erst dann komplett auf L übergehen, wenn sowohl die 120.000 EUR für den LKW wie auch die 20.000 EUR für den Anhänger vollständig beglichen sind.

Nachdem der LKW bezahlt ist, der Anhänger aber noch nicht, kann L definitiv nicht mehr seine Rechnungen abzahlen. Als der Gerichtsvollzieher den LKW pfändet, wollen R und V gegen die Pfändung vorgehen?

B. Frage
Wer darf gegen die Pfändung Klage erheben?

C. Lösungshinweise
Die Drittwiderspruchsklage gem. § 771 ZPO kann hier erheben, wer Eigentümer der Sache ist.
  • ursprünglich war es V,
  • die Vereinbarung mit L war bedingt, so dass dadurch allein noch keine Eigentumsübertragung stattgefunden hat,
  • durch die Sicherungsvereinbarung zwischen L und R ist kein Eigentum auf R übergegangen, weil die Parteien wussten, dass L noch nicht berechtigt war; vereinbart wurde Sicherung durch Übertragung des Anwartschaftsrechts des L,
  • V kann das Eigentum aber dennoch verlieren, wenn R das Eigentum aufgrund des Anwartschaftsrechts erworben hat, das zum Vollrecht erstarkt ist; dies ist dann möglich, wenn:
    • R Anwartschaftsrecht erworben hat,
    • nicht verloren und
    • die Bedingung eingetreten ist
  • inwiefern die Bedingung eingetreten ist, hängt davon ab, welche Bedingung vereinbart ist;
  • ursprünglich wurde vereinbart, dass die Bedingung dann erfüllt ist, wenn der Kaufpreis für den LKW beglichen wurde; dies ist hier der Fall; sofern die Bedingung durch die Parteien nicht geändert wurde, bleibt es dabei - mit Zahlung des Kaufpreises ist das Eigentum am LKW übergegangen;
  • das Eigentum sollte ursprünglich auf L übergehen; während L nur bedingter Erwerber war, hat er seine Rechtsposition auf die Bank R übertragen; damit wurde die Bank zwar keine (Sicherungs-)Eigentümerin geworden, aber hat zumindest (sicherungsweise) das Anwartschaftsrecht erworben;
  • damit führt der Umstand, dass die Bedingung durch V und L geändert wurde (der Eigentumsvorbehalt soll sich auch auf die Zahlung des Kaufpreises für den Anhänger erstrecken) zu keiner Änderung der Bedingung - diese Bedingung betraf zu diesem Zeitpunkt nicht mehr das Recht des L, sondern das der Bank R; zum Zeitpunkt, in dem V und L die Änderung vornahmen, war L nicht mehr berechtigt und konnte über sein Anwartschaftsrecht nicht verfügen;
  • Gutglaubensschutz ist für diese Konstellation im Gesetz nicht vorgesehen.

Resultat ist, dass V keine Drittwiderspruchsklage gem. § 771 ZPO erheben kann. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die Übertragung des Anwartschaftsrechts auf R und anschließende Kaufpreiszahlung zum Erwerb von (Sicherungs-)Eigentum durch R führt. R als Eigentümerin ist nun berechtigt, die Klage gem. § 771 ZPO zu erheben.



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