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Eigenversorgung von Unternehmen - Kapitel 7
von Iris Kneißl
7 Vor- und Nachteile der Eigenversorgung mit erneu- erbaren Energien
Die Auswirkungen der autarken Stromversorgung durch erneuerbare Primärenergiequellen sind weitreichend. Die daraus resultierenden Vor- und Nachteile haben nicht nur Auswirkungen auf das konkrete Unternehmen als Anlagenbetreiber, sondern entfalten auch für die Allgemeinheit große Relevanz.
7.1 Nachteile
Die rechtliche Unsicherheit in Bezug auf die Eigenversorgung spielt bei der Investitionsbereitschaft für umweltfreundliche Stromerzeugungsanlagen eine große Rolle.[528] Die Neuerungen des EEG 2014, insbesondere im Hinblick auf die Forderung der „Unmittelbarkeit“ beim räumlichen Zusammenhang, werden in der Praxis wohl zu Schwierigkeiten führen. Insoweit bearbeitet die Bundesnetzagentur derzeit einen Leitfaden zu § 61 EEG, der wichtige Fragen zur Eigenversorgung behandeln soll. Dieser ist bisher jedoch noch nicht erschienen, einen Veröffentlichungszeitpunkt konnte die Bundesnetzagentur insoweit nicht nennen.[529] Die Voraussetzung des „unmittelbaren räumlichen Zusammenhangs“ muss außerdem nunmehr kumulativ zur Nichtdurchleitung durch ein Netz vorliegen. Auch dies schränkt das Vorliegen eines Eigenversorgungstatbestandes stark ein.[530]
Das Energierecht unterliegt außerdem einem starken Einfluss seitens der Europäischen Union. Diese hat die Schaffung eines gemeinsamen Elektrizitätsbinnenmarktes angestoßen und ist auch weiterhin mit Richtlinien und Verordnungen an der Gesetzgebung beteiligt. In der Masterarbeit wurden die mehrfachen Novellierungen des EEG bereits genannt. Diese fanden rund alle vier Jahre statt.[531] Eine nächste Novellierung des EEG ist für das Jahr 2017 vorgesehen.[532] Die häufigen Neuregelungen und die Entwicklung des Rechtsrahmens machen es Anlagenbetreibern schwer, rechtlich immer auf dem aktuellen Stand zu sein. Zwar existieren stets Bestandsschutzregeln, doch auch diese sind begrenzt. Das aktuelle EEG beschränkt beispielsweise die Modernisierung und Erneuerung von Bestandsanlagen auf 30 % zusätzlicher installierter Leistung.
Für Konzerne kann die Eigenversorgung durch eine eigene Stromerzeugungsanlage ebenfalls schwer umzusetzen sein. Das Erfordernis der Personenidentität zwischen Anlagenbetreiber und Stromverbraucher lässt es nicht zu, dass die Muttergesellschaft die Stromerzeugungsanlage betreibt und mit dem dort erzeugten Strom ihre Tochterunternehmen mitversorgt.[533]
Die Anlagenpacht wird außerdem durch die Entscheidung der BaFin stark beeinträchtigt, da diese eventuell als genehmigungspflichtiges Finanzierungsleasing einzustufen sind. Hier kann jedoch rechtliche Sicherheit durch ein Negativtestat oder eine Erlaubnis seitens der BaFin eingeholt werden.[534]
Der wirtschaftliche Betrieb einer Anlage zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien hängt maßgeblich von der erzeugten Strommenge ab. Die Stromerzeugung in einer Photovoltaikanlage hängt jedoch von der direkten und diffusen Sonneneinstrahlung auf die Module ab. Auch für Windenergieanlagen ist der Standort der Anlage entscheidend, da die Windgeschwindigkeit überproportionalen Einfluss auf den Energieertrag hat. Sowohl die Sonnenstrahlung als auch die Windgeschwindigkeit unterliegen jedoch starken natürlichen sowie regionalen Schwankungen, die vom Anlagenbetreiber im Vornherein nicht prognostiziert werden können. Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ist somit weder vom Anlagenbetreiber regel-, noch prognostizierbar. Erzeugt die Stromerzeugungsanlage während des Tagesgeschäfts zu wenig Strom, muss auf Strom aus dem Netz der allgemeinen Versorgung zurückgegriffen werden. Die Installation von Stromspeichern kann insoweit zu einer verlässlicheren und sichereren Stromversorgung aus der eigenen Stromerzeugungsanlage beitragen. Der zwischengespeicherte Strom kann bei Bedarf ausgespeichert werden, was den Bezug von Strom aus dem Netz der allgemeinen Versorgung minimiert.[535]
Zwar werden die Netze der allgemeinen Versorgung durch eine dezentrale Stromversorgung nicht mehr so stark in Anspruch genommen. Dennoch müssen die Stromnetze von den Netzbetreibern gewartet und instandgehalten werden, denn die Netzbetreiber sind nach den §§ 11 bis 14 EnWG verpflichtet, dauerhaft die Fähigkeit des Netzes sicherzustellen. Die Kosten hierfür werden auf die Letztverbraucher über die Netzentgelte umgelegt. Auch die indirekten Kosten des Netzanschlusses der Stromerzeugungsanlagen von Eigenversorgern fließen in die Netzentgelte mit ein – die Anlagenbetreiber zahlen lediglich die direkten Anschlusskosten ihrer Stromerzeugungsanlage.[536] Da die Eigenversorger jedoch für die selbst erzeugten und selbst verbrauchten Strommengen keine Netzentgelte zahlen, soweit sie das Netz der allgemeinen Versorgung nicht zur Durchleitung des Stroms nutzen, müssen die Kosten auf weniger Letztverbraucher umgelegt werden. Gleiches geschieht mit den gesetzlichen Umlagen, die über die Netzentgelte auf die Endkunden umgewälzt werden. Damit erhöht die Eigenversorgung die Strompreise der Letztverbraucher, die sich nicht selbst mit Strom versorgen, da die Kosten auf weniger Abnehmer aufgeteilt werden müssen – es findet somit eine Umverteilung der Kosten statt.[537] Die Novellierung des EEG im Jahr 2014 hat hier jedoch in Bezug auf die EEG-Umlage zu einem Systemwechsel geführt. Nunmehr sind Eigenversorger aus Neuanlagen zur anteiligen Zahlung der EEG-Umlage verpflichtet. Dadurch werden sie zumindest teilweise für die Kosten der Energiewende in Anspruch genommen. Ein vollständiger Ausschluss der Eigenversorger aus dem Solidarsystem, wie dies früher der Fall war, findet nicht mehr statt.[538]
Eine zunehmende dezentrale Versorgung führt jedoch auch zur Instabilität des allgemeinen Stromnetzes. Die Spannung im Netz muss zu jeder Zeit an
[528] Ekardt/Valentin, Das neue Energierecht, S. 58; Moench/Lippert, EnWZ 2014, 392, 397; dort auch zum folgenden Text.
[529] Böhme/Schreiner, in: Greb/Boewe, BeckOK EEG, EEG 2014 § 61 Rn. 20; siehe auch eMail der Bundesnetzagentur vom 14.7.2015, Anhang 2.
[530] Moench/Lippert, EnWZ 2014, 392, 397.
[531] Siehe insoweit: BMWi, Das Erneuerbare-Energien-Gesetz, www.erneuerbare-ener-
gien.de.
[532] top agrar, EEG-Novelle 2017: Bundeswirtschaftsministerium legt Eckpunkte vor,
www.topagrar.de.
[533] Siehe Kapitel 3.3.1.1.
[534] Siehe Kapitel 3.3.1.1.
[535] Siehe auch Kapitel 2.2; BMBF, Energietechnologien für die Zukunft, www.bmbf.de; WeltN24 GmbH, Das sind die Nachteile und Vorteile von Ökostrom, www.welt.de; Anondi GmbH, Ökostrom Argumente, www.kwh-preis.de; LichtBlick SE, Hintergrundin- formationen zum deutschen Strommarkt, S. 4; dort auch zum folgenden Text.
[536] Wawer, Förderung erneuerbarer Energien im liberalisierten deutschen Strommarkt, S. 116 f.
[537] BT-Drs. 18/1304, S. 153.
[538] BT-Drs. 18/1891, S. 177.
[533] Siehe Kapitel 3.3.1.1.
[534] Siehe Kapitel 3.3.1.1.