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Energielieferverträge - zivilrechtliche Regeln

zivilrechtliche Besonderheiten in Energielieferverträgen mit Letztverbrauchern, insb. Verbraucherschutz

aktuell in Bearbeitung - keine verlässliche Fassung !

Der Energieliefervertrag ist ein zivilrechtlicher Vertrag, der grundsätzlich - entsprechend dem Prinzip der Vertragsfreiheit und Privatautonomie - frei gestaltet werden kann. Seit der Liberalisierung der Energiemärkte existiert auch keine explizite Strom- und Gaspreisregulierung mehr. Damit unterliegt auch der Inhalt des Energieliefervertrages, einschließlich der Energiepreise den Marktregeln. Zwar sieht der Gesetzgeber in § 39 Abs. 1 EnWG die Möglichkeit vor, zumindest die sog. Allgemeinen Preise im Bereich der Grundversorgung in einer Verordnung zu regeln, davon hat die Bundesregierung bislang jedoch keinen Gebrauch gemacht. Damit ist Preisgestaltung auch in der Grundversorgung grundsätzlich dem EVU überlassen.

Der Energieversorger hat bei der Preisgestaltung dennoch Grenzen zu beachten: zum einen gilt für ihn uneingeschränkt das allgemeine Kartellrecht (§§ 19 ff. und 29 GWB). Zum anderen hat der Versorger die Verbraucherschutzvorschriften des BGB zu beachten - insbesondere die Vorgaben des AGB-Rechts sowie § 315 BGB. Diese Regeln wirken sich auf die Vertragsgestaltung bzw. Versorgungsbedingungen aus.

In diesem Artikel wird zunächst der Energieliefervertrag mit Letztverbrauchern zivilrechtlich eingeordnet und sein Charakter im Einzelnen erläutert (A.). Anschließend wird die Problematik der Preisanpassung angesprochen (B.). Danach werden das einseitige Leistungsbestimmungsrecht aus § 315 BGB (C.) und die Wirkung von AGB-Recht auf Energielieferverträge (D.) ausführlicher beschrieben. Schließlich wird die Thematik mit einem einfachen Fallbeispiel in praktischen Kontext gestellt (E.).


A. Der Energieliefervertrag mit dem Letztverbraucher
Energie wird an Letztverbraucher auf der Grundlage eines Vertrages geliefert, den der Lieferant mit seinem Kunden [6] abschließt. Der Abschluss des Vertrages erfolgt nach zivilrechtlichen Regeln, er bedarf also zwei übereinstimmender Willenserklärungen gem. § 145 BGB (Angebot und Annahme). Der Energieliefervertrag stellt zugleich einen gegenseitigen Vertrag im Sinne des § 320 BGB dar. Die Belieferung des Endverbrauchers mit Strom oder Gas und die Bezahlung der gelieferten Menge sind die Hauptleistungspflichten des Energieliefervertrages.

Der Energieliefervertrag begründet ein Dauerschuldverhältnis zwischen den Vertragsparteien, weil er eine Verpflichtung zur Belieferung über einen gewissen Zeitraum zum Gegenstand hat. Dabei werden Energielieferverträge sowohl unbefristet wie auch befristet abgeschlossen. Im letzteren Fall enthalten sie manchmal auch Klauseln über automatische Vertragsverlängerung zum Ende der Laufzeit. Als Dauerschuldverhältnisse unterliegen Energielieferverträge der Kündigung gem. § 314 BGB. Da die Energielieferung für den Kunden nach Ablauf des Belieferungszeitraums nicht nachgeholt werden kann, sind Energielieferverträge zugleich absolute Fixgeschäfte, so dass bei verspäteter Belieferung Unmöglichkeit gem. § 275 Abs. 1 BGB eintritt.

Im Übrigen finden auf Energielieferverträge die Vorschriften des Kaufrechts (§§ 433ff. BGB) entsprechende Anwendung. Allerdings ist der Energieliefervertrag zumindest in zweierlei Hinsicht von anderen Kaufverträgen zu unterscheiden. Zum einen weist die Ware einige Besonderheiten auf - es besteht die Notwendigkeit der Nutzung einer bestimmten Infrastruktur, Einbeziehung anderer Rechtssubjekte (Netzbetreiber) in den Belieferungsvorgang etc. Zum anderen bedarf das im EnWG enthaltene Prinzip der Energieversorgung nach Marktregeln einer Korrektur jedenfalls dort, wo sich der Kunde nicht um seine Versorgung kümmert bzw. wenn der jeweilige Kunde für das Energieversorgungsunternehmen unattraktiv ist und das Unternehmen den Kunden eventuell nicht beliefern möchte. Aus diesen Gründen sieht das EnWG einige Einschränkungen der Vertragsfreiheit vor. Dadurch soll eine flächendeckende Versorgung mit Energie sichergestellt werden. Dabei werden den Energieversorgungsunternehmen einige spezielle Aufgaben übertragen (Grund- und Ersatzversorgung). Darüber hinaus sieht das Gesetz auch einige zwingende, inhaltliche bzw. formelle Vorgaben für die Gestaltung der Energielieferverträge vor (außerhalb der Grundversorgung vgl. § 41 EnWG).


B. Preisanpassung als besonderes Problem der Energielieferverträge
Während der Laufzeit eines Energieliefervertrages können sich - wie bei jedem Dauerschuldverhältnis - die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, unter denen das Versorgungsunternehmen den Endkunden beliefert, verändern. Maßgebliche Faktoren für solche Preisänderungen sind:
  • Bezugspreise des Vorlieferanten,
  • Lohnkosten,
  • Materialkosten.
Die Wahrung des Gleichgewichts zwischen Preis und Leistung ist ein anerkanntes, schützenswertes Bedürfnis bei gegenseitigen Dauerschuldverhältnissen [1], weshalb eine Preisanpassung bei Energielieferverträgen selbstverständlich zuzulassen ist. Je nachdem, ob es sich um Grundversorgung oder um Sonderkundenverträge handelt, ist die Preisanpassung auf unterschiedlicher Rechtsgrundlage möglich.

1. Preisanpassung bei Grundversorgung - § 5 Abs. 2 StromGVV (bzw. GasGVV)
Gem. § 5 Abs. 2 StromGVV/GasGVV wird eine Änderung der Allgemeinen Preise und Bedingungen in der Grundversorgung implizit gestattet. Neben einigen formellen Anforderungen werden in der Vorschrift keine besonderen, inhaltlichen Voraussetzungen für die Änderungen aufgestellt. Sofern keine allgemeinen gesetzlichen Regelungen entgegen stehen, kann das EVU die Preise und Bedingungen aufgrund der o. g. Vorschrift anpassen, insbesondere kann er den Energiepreis auch erhöhen. Zu den allgemeinen, bei Anpassung von Energiepreisen zu berücksichtigenden Regelungen gehört in erster Linie § 315 BGB, dessen Auswirkungen auf die Vertragsgestaltung weiter unten ausführlich behandelt werden.
Im Zusammenhang mit der Preisanpassung aufgrund des § 5 Abs. 2 StromGVV/GasGVV sind allerdings die neuesten Entwicklungen in der Rechtsprechung zu beachten, die vermutlich bald zu einer Änderung der Grundversorgungsverordnungen führen werden. Nachdem der BGH - nach Vorlage zum Vorabentscheidungsverfahren beim EuGH - feststellen musste, dass die Anwendung der StromGVV/GasGVV in einem Sonderkundenvertrag durch eine Verweisung in den AGB auf die Grundversorgungsverordnungen oder durch ihre wortgleiche Übernahme in den Vertrag wider Erwarten nicht rechtssicher ist und als unwirksam angesehen werden muss [2], wird aktuell vor dem EuGH auch darüber verhandelt [3], ob die StromGVV und GasGVV nicht auch in Bezug auf die Grundversorgung selbst unwirksam sind. Die
Schlussanträge des Generalanwalts vom 8. Mai 2014 machen deutlich, dass dies vermutlich der Fall ist. Da Preisänderungen in der Grundversorgung auch künftig unumgänglich sind, wird die unzureichende Umsetzung der europäischen Richtlinien an dieser Stelle nachgeholt werden müssen. Der deutsche Verordnungsgeber wird infolgedessen eine neue, präzisere Rechtsgrundlage für Preisanpassungen in der Grundversorgung erlassen müssen, die dann zu beachten ist.

2. Preisanpassung in Sonderkundenverträgen
Im geltenden Recht ist keine Rechtsgrundlage für Preisanpassungen in Sonderkundenverträgen zu finden. Dennoch ist eine Preisanpassung auch bei dieser Vertragsart möglich, sofern die Parteien dies vereinbaren. Im Rahmen der Vertragsfreiheit steht eine entsprechende Abrede zur Disposition der Parteien. Im Massengeschäft wird eine Preisanpassungsmöglichkeit allerdings so gut wie nie einzeln verhandelt, sondern vielmehr in Form von AGB durch den Lieferanten vorgegeben. In diesem Fall unterliegt die Preisanpassungsklausel der strengen AGB-Kontrolle gem. §§ 305 ff. BGB. Details dazu werden weiter unten vorgestellt.
Sofern eine AGB-Klausel dem Lieferanten auf zulässige Weise einen gewissen Spielraum bei der Preisbestimmung gewährt, unterliegt dieser Vorgang ebenso, wie bei der Grundversorgung, der Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB.

3. Andere Wege der Preisanpassung
Wie die Problematik der AGB und des § 315 BGB zeigt, ist eine Preisanpassung bei Energielieferverträgen für die Lieferanten mit gravierenden Risiken behaftet. Die Rechtsprechung zum Verbraucherschutz im Zusammenhang mit AGB-Recht sowie mit § 315 BGB geht immer weiter und kaum eine Formulierung hielt bislang der gerichtlichen Überprüfung nachhaltig stand. Dies ist ein Grund dafür, dass viele Versorgungsunternehmen dazu übergegangen sind, Produkte anzubieten, die während ihrer Laufzeit keine Preisanpassung vorsehen. Dafür ist die Vertragslaufzeit von vornherein auf 1 Jahr o. ä. begrenzt. Der Kunde kann nach Laufzeitende den Lieferanten frei wechseln, wobei häufig eine automatische Vertragsverlängerung zu neuen Konditionen üblich ist. Dieser Weg erstaunt auf den ersten Blick, wenn man den Aufwand für die Gewinnung eines neuen Kunden bedenkt sowie das Bestreben der Lieferanten, Kunden möglichst lange zu halten. Für wettbewerbsfähige Lieferanten ist dies allerdings ein Weg, sich vor Unwägbarkeiten einer Preisanpassungsklausel im Hinblick auf das AGB-Recht sowie § 315 BGB zu schützen.


a. Übersicht Anwendung § 315 BGB und AGB-Recht
Die nachstehend behandelte Problematik des § 315 BGB sowie des AGB-Rechts in Energielieferverträgen ergibt sich aus den oben beschriebenen Besonderheiten der Energielieferverträge. Da es sich dabei um Dauerschuldverhältnisse handelt, kann es notwendig sein, die Leistungen anzupassen (insb. Preis). Dann kommt § 315 BGB ins Spiel. Die Massenverträge in der Energieversorgung machen es notwendig, AGB-s zu nutzen. Diese unterliegen der Kontrolle gem. §§ 305 ff. BGB.
In welchen Konstellationen diese Regeln greifen können, zeigt folgende Grafik:
 (image: https://ife.erdaxo.de/uploads/EnergieRLieferV/uebersicht2.png)


C. Einseitiges Leistungsbestimmungsrecht aus § 315 BGB

Während der Laufzeit können sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen unter denen das Versorgungsunternehmen den Endkunden beliefert, durch Erhöhung oder Reduzierung der für die Versorgung maßgeblichen Kosten, verändern. Maßgebliche Faktoren für solche Preisänderungen sind:
    • Bezugspreise des Vorlieferanten,
    • Lohnkosten,
    • Materialkosten.
Zur Wahrung des Gleichgewichts von Preis und Leistung (Gebot der wirtschaftlichen Vernunft) enthalten langfristige Lieferverträge einseitige Leistungsbestimmungsrechte gem. § 315 BGB und Preisanpassungsklauseln. Im Falle der Tarifkunden (Grundversorgung) sieht § 5 StromGVV / GasGVV inzident ein Preisanpassungsrecht des Versorgers vor, weshalb die h. M. auch hier von der Anwendung des § 315 BGB ausgeht.


a. Prüfungsschema
Ein Vorschlag einer Prüfungsstruktur für § 315 BGB ist hier zu finden: http://kt-texte.de/taris/?root=5773


b. Anwendbarkeit des § 315 BGB
Damit ein Energielieferverhältnis der Kontrolle nach § 315 BGB unterliegt, muss ein wirksames Schuldverhältnis vorliegen. Dazu gehört auch die Bestimmung der Leistung. Sie ist hinreichend bestimmt, wenn sie (hier: der Preis) identifiziert werden kann oder einer Person oder einem Dritten ein Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt wird. Fehlt die Einigung über die Leistung, lässt § 315 BGB einen wirksamen Vertrag auch dann zustande kommen, wenn die Parteien sich darauf verständigt haben, dass die geschuldete Leistung nach Vertragsschluss durch eine Partei festgelegt wird. Die Bestimmbarkeit der Leistung ist in diesem Fall aufgrund des eingeräumten Bestimmungsrechts zu bejahen. Soll die Bestimmung der Leistung durch einen Dritten erfolgen, greifen die §§ 317, 318 und 319 zur Leistungsbestimmung. Die Auslegungsregel des § 316 BGB greift hingegen, wenn keine bestimmungsberechtigte Person festgelegt worden ist.

Desweiteren muss der Leistungsinhalt oder die Leistungsmodalitäten einer Partei (oder einer anderen Person) zur Disposition gestellt werden, damit eine Kontrolle nach § 315 BGB möglich ist. Also kommt die Anwendung des § 315 BGB kommt nur dann in Betracht, wenn das Leistungsbestimmungsrecht durch eine Partei (in der der Regel das Versorgungsunternehmen) durch Bestimmung des Anfangspreises oder bei einseitiger Preisanpassung ausgeübt wird.

Eine analoge Anwendung des § 315 BGB kommt in Fällen in Betracht, wenn dem Vertragspartner eine Monopolstellung zukommt und der Kunde somit keine Wechselmöglichkeit hat. Da der Wettbewerb in Deutschland im Strombereich mittlerweile weit fortgeschritten ist, kann eine Monopolstellung in der Regel nur bei Gasversorgungsunternehmen angenommen werden. Nach aktueller Rechtsprechung findet § 315 BGB dennoch auf alle Versorgungsunternehmen der Daseinsvorsorge Anwendung.

Die Kontrolle der Billigkeit einer Preisanpassung nach § 315 BGB kommt nicht in Betracht, wenn der Vertrag eine Preisanpassungsklausel enthält, welche keinen Ermessensspielraum zulässt. Dies ist der Fall bei einer automatische Preisanpassung aufgrund Wertsicherungs-, Spannen- oder Preisgleitklauseln, da die Berechnungsfaktoren hier so bestimmt sind, dass der geänderte Preis der tatsächlichen Höhe nach vorgegeben ist. Auch wenn der Preis zwischen dem Versorgungsunternehmen und dem Kunden einvernehmlich festgelegt ist, greift § 315 BGB nicht.


c. Kontrollmaßstab
Die Kontrollfunktion des § 315 BGB will die nicht bestimmungsberechtigte Partei vor einem Missbrauch der Gestaltungsfreiheit der bestimmungsberechtigten Partei schützen und richtet sich hierbei nach dem Ansatz des billigen Ermessens.

      • Billigkeit
Dabei definiert sich die Billigkeit an der Sachgerechtigkeit als Gegensatz zur Sittenwidrigkeit i. S. d. § 138 BGB. Somit ist die Billigkeit unter anderem dann gegeben, wenn der einseitig bestimmte Preis dem marktüblichen Rahmen entspricht und dieser vergleichbar mit den Preisen der anderen EVU ist. Auch eine vollständige und angemessene Weitergabe der nicht nur der Kosten sondern auch der Preisreduzierung im Verlaufe der Zeit spricht für Billigkeit der Anpassungen.

      • Überprüfungsmethoden
Die Überprüfung der Billigkeit kann in unterschiedlichen Verfahren erfolgen. Die erste Überprüfungsmethode ist die Kosten- und Gewinnkontrolle. Danach werden alle anfallenden Kosten des Versorgungsunternehmens berechnet und eine angemessene Gewinnmarge aufgeschlagen. Desweiteren kann die Billigkeit mit Hilfe eines Vergleichsmarktmodells überprüft werden. Dieses besagt, dass die Billigkeit gewahrt ist, wenn die Preise des zu überprüfenden Versorgungsunternehmens nicht wesentlich von denen anderer Versorgungsunternehmen in der Region abweichen. Eine weitere Möglichkeit zur Überprüfung der Kosten und Berechnung der Gewinnmarge besteht in der Offenlegung der Kalkulation des Versorgungsunternehmens. Diese darf jedoch nur unter Wahrung der Geschäftsgeheimnisse und unter Richterlicher Kontrolle erfolgen. Der BGH tendiert zu einer Kombination aus allen drei Modellen.

d. Fallgruppen
Die Billigkeit ist insbesondere dann gewahrt, wenn gestiegene Bezugskosten nur an den Endverbraucher weitergegeben werden, wenn sie nicht durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen ausgeglichen werden können.
Weiterhin darf eine erhöhte Belastung nicht vollständig an die Haushalte weitergegeben werden, wenn eine Entlastung der Kosten nur teilweise beachtet wird.
Es entspricht nicht der Billigkeit, wenn eine Kostensteigerung sehr schnell an den Endverbraucher weitergegeben wird aber eine Kostensenkung erst wesentlich später in der Kalkulation Berücksichtigung findet.

e. Rechtsfolgen des Verstoßes
Bei Unbilligkeit der einseitig festgelegten Leistung wird die bis dahin unverbindliche Bestimmung mit Rechtskraft der Entscheidung unwirksam. An ihre Stelle tritt eine durch das Gericht neu getroffene Leistungsbestimmung gem. § 315 Abs. 3 BGB, welche als Leistungsbefehl bezeichnet wird. Dieser regelt den Leistungsinhalt des Vertrages zwischen den Parteien neu und die vorher bestimmungsberechtigte Partei verliert mit Rechtskraft des Urteils ihr Leistungsbestimmungsrecht.


D. Die AGB bei Energielieferveträgen
Besteht ein Sondervertrag zwischen dem EVU und dem Abnehmer, kann sich das EVU nicht auf das gesetzliche Preisbestimmungsrecht nach § 5 II StromGVV stützen. Deshalb muss das Leistungsbestimmungsrecht vertraglich geregelt werden. In seltenen Fällen wird eine Individualvereinbarung getroffen. Viel häufiger werden aus diesem Grund die AGB zum Vertragsinhalt.

Die Billigkeitsprüfung gem. § 315 BGB findet nur Anwendung bei Sonderverträgen, wenn der Vertrag dafür Lücken lässt.

Damit die Preisanpassung aufgrund einer AGB-Klausel angepasst werden darf (sofern also §§ 305 ff. BGB anwendbar sind - also wenn eine vorformulierte Klausel vorliegt), müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

1. Vorformulierte Vertragsbedingungen
2. Für eine vielzahl von Verträgen anwendbar
3. Einseitig vom EVU gestellt
4. Nicht das Ergebnis beiderseitiger Vertragsverhandlungen
5. Die jeweilige Klausel muss in den Vertrag entsprechend § 305 Abs. 2 BGB aufgenommen werden
6. Die Klausel muss nach Maßgabe der §§ 307 - 309 BGB wirksam sein


Allerdings enthält § 310 Abs. 2 BGB einen Anwendungsausschluss der in den §§ 308, 309 BGB definierten Klauselverbote für Verträge der Elektrizitäts- und Gasversorgung, soweit die maßgeblichen Bestimmungen der jeweiligen allgemeinen Versorgungsverordnung (StromGVV oder GasGVV) nicht zum Nachteil des Sonderabnehmers abweichen. Dies steht aber der Prüfung aller Vertragsklauseln am Maßstab des § 307 BGB nicht im Wege. Bei der Prüfung einer Klausel am § 307 BGB sind folgende Gesichtspunkte zu beachten:
    • Konsequenzen der Leitbildfunktion: Preisanpassungsklauseln müssen dem Erfordernis der uneingeschränkten Gleichbehandlung von Kostensteigerungen und –reduzierungen Rechnung tragen
    • Klausel muss eindeutig klarstellen, dass Kostensteigerungen zu Verteuerungen führen und Entlastungen zu Preisreduzierungen (Transparenz der Klausel)
    • Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung muss gewahrt sein, sonst ist die Klausel unwirksam

Die Folgen beim Fehlen einer eindeutigen Formulierung bei Preissenkungen hat die Unwirksamkeit der Klausel zur Folge. Offensichtliche Vertragslücken können nicht durch Vertragsauslegung ergänzt werden. D. h. beim Fehlen einer eindeutigen Formulierung ist es unzulässig einem Kunden ein gesondertes Kündigungsrecht einzuräumen. Die intransparente Preisanpassungsklausel steht dem Gebot von Treu und Glauben entgegen und stellt somit eine unangemessene Benachteiligung des Endverbrauchers dar.
Dies hat zur Folge, dass die Rechtsgrundlage der Klausel entfällt, § 307 Abs. 1 BGB.


E. Fallbeispiel
Ein Beispiel zum Thema Preisanpassung in Energielieferverträgen finden Sie hier.



[1] So im Kontext der Energielieferverträge BGH, Urt. vom 14. 3. 2012 – VIII ZR 113/11, zugleich NJW 2012, 1865, Rn. 26.
[2] Nach dem Urteil des BGH vom 31. 7. 2013 – VIII ZR 162/09, nach Vorabentscheidungsverfahren und Urteil des EuGH vom 21. 3. 2013, Rs. C-92/11, ist festzustellen, dass die in Deutschland geltenden Grundversorgungsverordnungen im Hinblick auf die Preisanpassung nicht hinreichend transparent sind, so dass ihre Klauseln mit europäischem Recht unvereinbar sind.
[3] Verbundene Rechtssachen C-359/11 und C-400/11 nach Vorabentscheidungsersuchen des BGH.





Weiterführende Literatur
Zu den zivilrechtlichen Mechanismen des Verbraucherschutzes im Energierecht sind folgende Quellen zu empfehlen (Stand April 2010; Literaturliste zur Verfügung gestellt von Sabrina Amarell):
  • Börner, Achim-Rüdiger, Neue Urteile des BGH zur Gaspreisbestimmung, VersorgW 2009, 57-61
  • Böwin, Andreas, Rosin, Peter, Aktuelle Probleme der Gestaltung von Stromlieferverträgen, ET 2000, 74-76
  • Büdenbender, Ulrich, Anmerkungen zum Urteil des BGH vom 04.03.2008, KZR 29/06, EWiR 2008, 423-424
  • Büdenbender, Ulrich, Die Bedeutung der Preismissbrauchskontrolle nach § 315 BGB in der Energiewirtschaft, NJW 2007, 2945-2951
  • Büdenbender, Ulrich, Die neue Rechtsprechung des BGH zu Preisanpassungsklauseln in Energielieferungsverträgen, NJW 2009, 3125-3132
  • Dreher, Meinrad, Die richterliche Billigkeitsprüfung gemäß § 315 BGB bei einseitigen Preiserhöhungen aufgrund von Preisanpassungsklauseln in der Energiewirtschaft, ZNER 2007, 103-114
  • Herrmann, Bodo J., Dick, Claudia, Die Kundenbündelung und ihre Bedeutung für das Energie- und Konzessionsabgabenrecht, BB 2000, 885-893
  • Markert, Kurt, Zur Billigkeitskontrolle gemäß § 315 Abs. 3 BGB, Anmerkungen zum Urteil des BGH vom 13.06.2007, VIII ZR 36/06, RdE 2007, 258-267
  • Markert, Kurt, Zur Billigkeitskontrolle von Gaspreisen, Anmerkungen zum Urteil des BGH vom 19.11.2008, VIII ZR 138/07 RdE 2009, 54-63
  • Markert, Kurt, Die Kontrolle der Haushaltspreise für Strom und Gas nach den §§ 307, 315 BGB, ZMR 2009, 898-903
  • Mogwitz, Oliver, Wagner, Alexander, Die gerichtliche Überprüfung von Energiepreisen, RdE 2008, 118-125
  • Nill-Theobald, Christiane, Theobald, Christian, Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts: Die Liberalisierung der Strom- und Gaswirtschaft, 2. Auflage, Berlin 2008
  • Salje, Peter, Kartellrechtliche Grenzen der Kooperation, ET 1999, 625-629
  • Säcker, Franz Jürgen, Rixecker, Roland, Münchener Kommentar zum bürgerlichen Gesetzbuch, Schuldrecht allgemeiner Teil, Band 2, 5. Auflage, München 2007
  • Schneider, Jens-Peter, Theobald, Christian, Handbuch zum Recht der Energiewirtschaft, Die Grundsätze der neuen Rechtslage, 2. Auflage, München 2008
  • Strohe, Dirk, Energiepreiskontrolle durch den BGH nach § 315 BGB, NZM 2007, 871-874
  • Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (Herausgeber) Energiewirtschaftsgesetz 1998, Frankfurt am Main 1998

Weblinks:

Rechtsprechung
  • BGH vom 24.03.2010, VIII ZR 178/08, BB 2010, 837 BGH vom 24.03.2010, VIII ZR 304/08, BB 2010, 837
  • BGH vom 28.10.2009, VIII ZR 320/07, RdE 2010, 98 BGH vom 15.07.2009, VIII ZR 225/07, BGHZ 182, 905
  • BGH vom 29.04.2008, KZR 2/07, BGHZ 176, 244 = VuR 2009, 315 BGH vom 04.03.2008, KZR 29/06, WRP 2008, 810 BGH vom 19.11.2008, VIII ZR 138/07, BGHZ 178, 362-384 BGH vom 18.12.2008, VII ZR 201/06, BGHZ 179, 213
  • BGH vom 17.12.2008, VIII ZR 274/06, BGHZ 179, 186 BGH vom 13.06.2007, VIII ZR 36/06, BGHZ 172, 315
  • BGH vom 28.03.2007, VIII ZR 144/06, BGHZ 171, 374 AG Leer vom 01.08.2006, 7d C 416/06 (III), 7d C 416/06, RdE 2007, 27
  • BGH vom 13.12.2006, VIII ZR 25/06, NJW 2007, 1054
  • BGH vom 21.09.2005, VIII ZR 38/05, NJW-RR 2005, 710 BGH vom 26.01.2005, VIII ZR 1/04, ZNER 2005, 63 BGH vom 05.07.2005, X ZR 99/04, WuM 2005, 593 BGH vom 19.10.2005, XII ZR 224/03, NJW 2006, 219 AG Grevenbroich vom 09.11.2005, 9 C 163/05, RdE 2006, 62
  • BGH vom 17.03.2004, VIII ZR 95/03, NJW-RR 2004, 928 BGH vom 30.04.2003, VIII ZR 279/02, NJW 2003, 3131 BGH vom 26.01.2001, V ZR 452/99, BGHZ 146, 331 BGH vom 06.11.1999, KZR 12/97, BGHZ 143,128
  • BGH vom 09.05.1994, II ZR 128/93, NJW-RR 1994, 1055
  • BGH vom 02.10.1991, VIII ZR 240/90, ET 1992, 262
  • BGH vom 06.02.1985, VIII ZR 61/84, BGHZ 93, 358, 360
  • BGH vom 19.0.1.1983, VIII ZR 81/82, RdE 1983, 75-78 BGH vom 20.06.1983, II ZR 224/82, WM 1983, 1006
  • BGH vom 16.06.1982, IVb ZR 709/80, BGHZ 84, 280 BGH vom 04.10.1972, VIII ZR 117/71, BGHZ 59, 303 BGH vom 25.03.1965, V BLw 25/64, BGHZ 43, 289 BGH vom 02.04.1964, KZR 10/62, BGHZ 41, 271 BGH vom 07.02.1963, III ZR 170/61, MDR 1963, 481 BGH vom 29.10.1962, II ZR 31/61, BGHZ 38, 183 BGH vom 30.06.1959, VIII ZR 69/58, MDR 1959, 924 BGH vom 09.07.1953, VI 242/52, BGHZ 10, 228
  • RG vom 29.09.1925, VI 182/25, RGZ 111,310 (312), RG vom 15.10.1912, VII 231/12, RGZ 80, 219


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