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Eigenversorgung von Unternehmen - Kapitel 2.2

von Iris Kneißl


2.2 Technische Möglichkeiten der Stromgewinnung aus erneuerbaren Energien


Strom kann grundsätzlich in zwei unterschiedliche Kategorien aufgeteilt werden. „Grauer Strom“ wird aus fossilen oder nuklearen Brennstoffen gewonnen. Hierzu zählt beispielsweise Erdöl, Erdgas, Braun- und Steinkohle sowie Uran. Im Gegensatz dazu wird „Grüner Strom“ aus erneuerbaren Energieträgen, wie Sonnen-, Wind- oder Wasserkraft, Biomasse und Geothermie, gewonnen.[66]

Fossile Energieträger stellen endliche Ressourcen dar, deren Reserven irgendwann aufgebraucht sein werden. Sie müssen mühsam gewonnen und gefördert werden. Erneuerbare Energien hingegen regenerieren sich durch den natürlichen Kreislauf selbst. Sie werden daher durch ihre Nutzung kaum erschöpft und stehen „unendlich“ zur Stromerzeugung zur Verfügung.[67]

Die beiden Stromarten unterscheiden sich lediglich in der Art der Erzeugung und der hierfür genutzten Primärenergiequellen, nicht in ihrer Qualität. Im Stromnetz „vermischen“ sich alle Stromerzeugnisse nach ihrer Erzeugung und lassen sich beim Letztverbraucher nicht mehr unterscheiden. Sie werden im System gleich verteilt, gehandelt und vertrieben.[68]
Neben den verwendeten Energieträgern lassen sich die Kraftwerke noch durch ihren Wirkungsgrad, ihre Stromgestehungskosten, ihre Umweltbelas- tung und ihre Bereitstellungszuverlässigkeit unterscheiden.[69]


Der Wirkungsgrad beschreibt den Nutzen den das Kraftwerk aus dem eingesetzten Aufwand erzielen kann. Er ist der Quotient dieser beiden Größen. Die Differenz von eingesetzter Energie und nutzbarer Energie ist der Verlust des Kraftwerkes, der durch die Umwandlung des Primärenergieträgers entsteht.[70]

Abbildung folgt

Abbildung 5: Wirkungsgrad: Verhältnis von Aufwand zu Nutzen

Je weniger Schritte zur Umwandlung des Primärenergieträgers in die Sekundärenergie Strom nötig sind, desto geringer ist im Regelfall der Verlust. Dies führt zu einem höheren Wirkungsgrad des Kraftwerks und somit zu mehr Effizienz.[71]

Der Wirkungsgrad der Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen und erneuerbaren Energien kann stark voneinander abweichen. Der Grund hierfür findet sich in den vielen Umwandlungsschritten, die zur Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen notwendig sind. Die Energieträger werden zunächst verbrannt. Der dabei entstehende Wasserdampf treibt eine Turbine an, die wiederum einen Generator in Bewegung setzt. Dieser erzeugt Spannung.

Bei diesem Prozess kann bis zu 60 % der eingesetzten Energie verloren gehen. Bei Strom aus regenerativen Energien hingegen kann die potenziell vorhandene Energie der Primärenergieträger oft ohne weitere Zwischenschritte mittels Generator in Strom umgesetzt werden, was zu weniger Verlusten und damit zu einem höheren Wirkungsgrad führt.

Zur Berechnung der Stromgestehungskosten werden alle Kosten für die Errichtung und den Betrieb der Stromerzeugungsanlage auf den prognostizierten Energieertrag heruntergerechnet. Sie beinhalten somit die einmaligen Kosten für die Planung und Installation der Stromerzeugungsanlage, als auch die jährlich anfallenden Kosten für deren Betrieb. Durch das In-Verhältnis-Setzen der gesamten Kosten zum prognostizierten Energieertrag können die Kosten ermittelt werden, die für jede in der Stromerzeugungsanlage erzeugte Kilowattstunde anfallen. Ein Vergleich von konventionellen und umweltfreundlichen Stromerzeugungsanlagen zeigt, dass die Stromge- stehungskosten in den umweltfreundlichen Varianten nur geringfügig höher als bei konventionellen Kraftwerken sind.[72] Auf die Stromgestehungskosten der einzelnen umweltfreundlichen Stromerzeugungsanlagen geht Kapitel 6.1 dieser Abschlussarbeit näher ein.

Bei der Betrachtung der Umweltbelastung der einzelnen Stromerzeu- gungsanlagen kommt es insbesondere auf den Ausstoß der klimaschädlichen Treibhausgase an.[73] Bei der Verbrennung fossiler Energiequellen wird viel CO2 emittiert. Die Stromerzeugung mit erneuerbaren Energien kommt hingegen ohne Brennstoffe aus und erzeugt somit keine Emissionen. Lediglich Biogasanlagen emittieren Treibhausgase, die jedoch als klimaneutral gewertet werden, da sie nur so viel CO2 emittieren, wie durch die verbrannten Rohstoffe vorher gebunden wurde. Außerdem findet bei der Nutzung erneuerbarer Energiequellen keine Ausbeutung der Bodenschätze statt, da sie sich selbst regenerieren.[74]

Die Bereitstellungszuverlässigkeit gibt an, wie vorhersehbar und steuerbar die Stromerzeugung der jeweiligen Stromerzeugungsanlage ist. Erneuerbare Energiequellen unterliegen häufig natürlichen Schwankungen und sind daher in der bereitgestellten Strommenge schwer beeinflussbar. Im Gegensatz dazu können konventionelle Kraftwerke ihre Leistung je nach Bedarf erhöhen oder vermindern, weshalb sie in besonderem Maße zur Netz- stabilität beitragen.[75]

Die nachfolgenden Kapitel behandeln die einzelnen technischen Möglichkeiten der Stromerzeugung aus erneuerbaren Primärenergieträgern, die im Jahr 2014 rund 26 % der Bruttostromerzeugung in Deutschland ausmachten.[76]

2.2.1 Wasserkraft

Wasserkraftwerke tragen in Deutschland mit 3 % zur Bruttostromerzeugung bei.[77] Ihr Anteil ist damit eher gering, obwohl ihr Potenzial bereits weitestgehend ausgenutzt ist. Alle attraktiven Standorte für große Wasserkraftwerke sind schon erschlossen.[78]
Wasserkraftwerke bestehen aus Wasserturbinen mit angekoppeltem Generator. Die kinetische Energie des Wassers wird direkt in elektrische Energie umgewandelt.[79]

Prinzipiell können zwei Kraftwerkstypen unterschieden werden. Laufwasserkraftwerke nutzen die Energie des Wassers kontinuierlich. Dafür werden Laufwasserkraftwerke meist an einem Flusslauf errichtet, sodass ein ständiger Wasserfluss besteht. Speicherkraftwerke hingegen nutzen die Laufkraft des Wassers je nach Bedarf. Sie besitzen einen Stausee als Oberwasserspeicher. Die Turbinen sind meist erheblich tiefer als der Grund des Stausees gelegen, wodurch hohe Fallhöhen erreicht werden können. Mangelt es dem Stausee an Wasser, kann von einem Unterbecken Wasser in den obe- ren Stausee gepumpt werden.[80]

Aufgrund ihrer kontinuierlichen oder bedarfsgerechten Stromerzeugung können Wasserkraftwerke zu einer stabilen Stromversorgung beitragen. Auch die variablen Kosten der Stromerzeugung durch Wasser sind sehr gering, da keine Brennstoffkosten anfallen.[81]
Da nur sehr wenige Umwandlungsschritte zur Stromerzeugung benötigt werden, können Wasserkraftwerke einen Wirkungsgrad von circa 90 % erreichen. Ihre Leistung weist ein weites Spektrum auf und ist, je nach Dimensionierung, sowohl für einen geringen als auch für einen hohen Strombedarf geeignet.[82]

Die Möglichkeit, Wasserkraftwerke zur Eigenversorgung von Unternehmen zu nutzen, hängt stark vom Standort der Geschäftsgebäude ab. Liegen diese beispielsweise an einem Fluss und ist bereits ein Wasserrad vorhanden, kann dieses zur Energiegewinnung nutzbar gemacht werden.[83] Ist jedoch weder ein Fluss, noch ein See in unmittelbarer Nähe zum Unternehmen, scheidet eine Eigenversorgung durch ein Wasserkraftwerk im Regelfall aus.







[66] LichtBlick SE, Hintergrundinformationen zum deutschen Strommarkt, S. 3.
[67] Groß, NVwZ 2011 ,129; RP Photonics Consulting GmbH, Fossile Energieträger,
www.energie-lexikon.info; RP Photonics Consulting GmbH, Erneuerbare Energie, www.energie-lexikon.info; Springer Gabler Verlag, Erneuerbare Energien, wirtschafts- lexikon.gabler.de; Heuck/Dettmann/Schulz, Elektrische Energieversorgung, S. 29.
[68] LichtBlick SE, Hintergrundinformationen zum deutschen Strommarkt, S. 1 u. 19.
[69] LichtBlick SE, Hintergrundinformationen zum deutschen Strommarkt, S. 3.
[70] Hofer, in: Bartsch/Röhling/Salje/Scholz, Stromwirtschaft, Kapitel 27 Rn. 17.
[71] LichtBlick SE, Hintergrundinformationen zum deutschen Strommarkt, S. 7; dort auch
zum folgenden Text.
[72] Fraunhofer ISE; Stromgestehungskosten Erneuerbare Energien, S. 2; NATURSTROM AG, Analyse vergleicht Stromgestehungskosten, www.energiezukunft.eu; Agentur für erneuerbare Energien e. V., Neue Metaanalyse vergleicht 20 wissenschaftliche Studie im Hinblick auf prognostizierte Stromgestehungskosten, www.unendlich-viel-ener- gie.de; die gesamte Metaanalyse kann abgerufen werde unter: http://www.forschungs- radar.de/metaanalysen/einzelansicht/news/stromgestehungskosten-und-die-kosten- der-energiewende.html; ebenso auch Fraunhofer ISE, Stromgestehungskosten Erneu- erbare Energien, S. 1 ff.
[73] Einen Überblick über den CO2-Ausstoß der einzelnen Kraftwerkstypen enthält: Licht- Blick SE, Hintergrundinformationen zum deutschen Strommarkt, S. 8.; Im Jahr 2012 war die Energiewirtschaft mit einem Anteil von 47 % der Hauptverursacher von ener- giebedingten Treibhausgasemissionen (UBA, Energiebedingte Emissionen und ihre Auswirkungen, www.umweltbundesamt.de).
[74] Sailer, NVwZ 2011, 718, 721; UBA, Entwicklung der spezifischen Kohlendioxid-Emissi- onen des deutschen Strommix in den Jahren 1990 bis 2012, Climate Change 07/2013, S. 7 f.; LichtBlick SE, Hintergrundinformationen zum deutschen Strommarkt, S. 8 f.; Wawer, Förderung erneuerbarer Energien im liberalisierten deutschen Strommarkt, S. 12; Herminghaus, CO2-Vergleich bei der Stromerzeugung, www.co2-emissionen-ver- gleichen.de.
[75] RWE AG, Netzstabilität, www.vorweggehen.de.
[76] Statistisches Bundesamt, Erzeugung, Bruttostromerzeugung in Deutschland für 2012
bis 2014, www.destatis.de.
[77] Statistisches Bundesamt, Erzeugung, Bruttostromerzeugung in Deutschland für 2012
bis 2014, www.destatis.de; siehe zur Wasserkraft auch: BMWi, Wasserkraft, www.er-
neuerbare-energien.de.
[78] Hofer, in: Bartsch/Röhling/Salje/Scholz, Stromwirtschaft, Kapitel 32 Rn. 1; Heuck/Dett-
mann/Schulz, Elektrische Energieversorgung, S. 24.
[79] Wawer, Förderung erneuerbarer Energien im liberalisierten deutschen Strommarkt,
S. 12 f.; Hofer, in: Bartsch/Röhling/Salje/Scholz, Stromwirtschaft, Kapitel 27 Rn. 7 u. Kapitel 32 Rn. 2; Heuck/Dettmann/Schulz, Elektrische Energieversorgung, S. 24.
[80] Wawer, Förderung erneuerbarer Energien im liberalisierten deutschen Strommarkt, S. 12 f.; Hofer, in: Bartsch/Röhling/Salje/Scholz, Stromwirtschaft, Kapitel 27 Rn. 7 u. Kapitel 32 Rn. 10, 16, 19; Heuck/Dettmann/Schulz, Elektrische Energieversorgung, S. 26.
[81] Wawer, Förderung erneuerbarer Energien im liberalisierten deutschen Strommarkt, S. 12 f.; Hofer, in: Bartsch/Röhling/Salje/Scholz, Stromwirtschaft, Kapitel 27 Rn. 7; Heuck/Dettmann/Schulz, Elektrische Energieversorgung, S. 24.
[82] Effekt Online-Marketing GmbH, Wasserkraft, www.energien-erneuerbar.de; Hofer, in: Bartsch/Röhling/Salje/Scholz, Stromwirtschaft, Kapitel 32 Rn. 3 f.; Heuck/Dett- mann/Schulz, Elektrische Energieversorgung, S. 26.
[83] Bega Wasserkraftanlagen GmbH, Die Renaissance des Wasserrades, www.bega-was- serkraft.de.



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