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Fallbeispiel: Anfechtung einer Plangenehmigung

gem. § 43 EnWG

in Anlehnung an das Urteil des OVG Münster vom 6. 9. 2013, 11 D8/10.AK


Sachverhalt


Die nach Landesrecht zuständige Behörde L hat einen Plan zur Errichtung einer 110-kV-Hochspannungsfreileitung durch das Energieversorgungsunternehmen U genehmigt. Die Plangenehmigung umfasst unter anderem die Errichtung einer Leitung über dem Grundstück des Betroffenen Eigentümers E. Die Leitung ist Teil der Netztrasse zwischen zwei wichtigen Netzabschnitten, die im aktuellen Bundesbedarfsplan gem. § 12e EnWG ausgewiesen ist.

Das Verfahren zur Erteilung der Plangenehmigung wurde auf Antrag von U eingeleitet. Die L hörte die Träger öffentlicher Belange an. Sie führte ferner eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles nach § 3 c UVPG durch und machte im Amtsblatt die Feststellung öffentlich bekannt, das Vorhaben bedürfe keiner Umweltverträglichkeitsprüfung. Anschließend genehmigte L den Plan des U mit Bescheid vom 3. 5. 2014. Die Plangenehmigung wurde dem E nicht zugestellt.

Im Rahmen des von U angestrengten Verfahrens auf vorzeitige Besitzeinweisung wurde E mit Schreiben der Enteignungsbehörde vom 12. 1. 2015 von der Plangenehmigung in Kenntnis gesetzt. Auf Nachfrage hat U dem E eine einfache Kopie der ersten Seite der Genehmigung am 20. 2. 2015 ausgehändigt. Am 30. 4. 2016 hat E Klage gegen die Plangenehmigung erhoben.

E trägt vor, dass eine Plangenehmigung unzulässig war, weil ein Planfeststellungsverfahren hätte durchgeführt werden müssen. Im Übrigen habe weder U noch L in der Genehmigungsbegründung vorgebracht, dass der geplante Netzabschnitt wirklich für das Netz benötigt wird, weshalb es an einer Bedarfsprognose der Behörde fehlt, was einen klaren Verstoß gegen Grundsätze der Fachplanung darstellt. E behauptet im Übrigen, dass die Leitung - wenn überhaupt - nur als ein Erdkabel verlegt werden könne, obwohl im genehmigten Plan eine Freileitung vorgesehen ist.

Frage
Hat die Klage von E Aussicht auf Erfolg?


Lösung


Die Klage hat Aussicht auf Erfolg, wenn sie zulässig und begründet ist.

A. Zulässigkeit der Klage
Voraussetzungen der Zulässigkeit einer Anfechtungsklage sind:
  • Gerichtsbarkeit / Verwaltungsrechtsweg (spezialgesetzlich oder § 40 Abs. 1 VwGO)
  • Statthaftigkeit der Anfechtungsklage - Ziel: Aufhebung eines Verwaltungsaktes
  • Klagebefugnis - Verletzung von Rechten des Klägers möglich, § 42 Abs. 2 VwGO
  • Vorverfahren erfolglos durchgeführt, § 68 VwGO
  • Klagefrist


B. Begründetet der Klage
Die Klage ist begründet, wenn die Plangenehmigung rechtswidrig ist und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt wurde.

1. Ermächtigungsgrundlage

2. Formelle Rechtmäßigkeit der Plangenehmigung

a. Zuständigkeit

b. Verfahren

(1) Sonderregelungen für Spezialfälle aus dem NABEG
Eine länderübergreifende oder grenzüberschreitende Leitung ist im Sachverhalt nicht genannt.

(2) Im Übrigen gilt das Verfahren gem. §§ 43 ff. EnWG und §§ 72 ff. VwVfG
Hier greift das Verfahren gem. §§ 43 ff. EnWG. Allerdings ist das Spezialproblem der Plangenehmigung zu beachten. Eine Plangenehmigung kann anstelle der Planfeststellung gem. § 74 Abs. 6 VwVfG erfolgen.
Anmerkung zu Gesetzesänderungen: Bitte beachten Sie, dass noch bis 2015 einige Spezialfälle einer Plangenehmigung statt Planfeststellung noch in § 43b EnWG vorgesehen waren - aktuell sind alle Ausnahmen im VwVfG zusammengefasst!

Voraussetzungen dafür sind:
        • Keine wesentliche Beeinträchtigung von Rechten Dritter, Nr. 1,
        • Benehmen mit Trägern öffentlicher Belange hergestellt, Nr. 2, und
        • keine Spezialvorschrift für Öffentlichkeitsbeteiligung, Nr. 3.

c. Form

3. Materielle Rechtmäßigkeit der Plangenehmigung

a. Planungsbedürftigkeit / Planungsfähigkeit der Anlage, § 43 EnWG
Eine 110kV-Leitung ist gem. § 43 S. 1 Nr. 1 EnWG planungsbedürftig.


b. Planrechtfertigung
Gemäß den Angaben im Sachverhalt ist die Leitung im Bundesbedarfsplan ausgewiesen. Das aktuelle Bundesbedarfsplangesetz weist ausschließlich 380kV-Leitungen aus, dies ist aber nicht zwingend! Für einen fiktiven Fall ist deshalb denkbar, dass der Plan auch 110 kV-Leitungen in die Bundesplanung aufnimmt, die als Hochspannungsleitungen unter die Planungshoheit der Übertragungsnetzbetreiber fallen. Sofern eine Leitung im Plan enthalten ist, gilt die Planrechtfertigung als gegeben, vgl. § 12e Abs. 4 EnWG.

c. Vereinbarkeit mit gesamträumlicher Planung
Da die problematische Leitung keine Leitung mit 380 kV, sondern eine mit 110 kV ist, gelten die Einschränkungen des § 2 EnLAG im Hinblick auf die Erdverkabelung nicht. Die Gesamtraumplanung (nach dem ROG) könnte insofern vorsehen, dass die Leitungen als Erdkabel verlegt werden.
Andererseits ist im Sachverhalt keine Raumplanung ersichtlich, die dem genehmigten Plan widersprechen würde. Insofern ist hier kein Verstoß gegen die gesamträumliche Planung festzustellen.

d. Vereinbarkeit mit Ergebnis der Trassenfindung
Genaue Angaben zur Trassenplanung fehlen im Sachverhalt. Damit bestehen keine Anhaltspunkte für Verstöße dagegen. Sofern die Trasse im genehmigten Plan der Trassenplanung gemäß den einschlägigen Vorschriften entspricht, ist der Plan nicht zu beanstanden.

e. Vereinbarkeit mit materiellem Recht im Übrigen
Keine Anhaltspunkte hiergegen.

f. Abwägungsgebot
Das allgemeine, planungsrechtliche Abwägungsgebot muss beachtet werden.

4. Verletzung von Rechten des Klägers
Die Anfechtungsklage ist nur dann begründet, wenn die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes zur Verletzung von (subjektiven) Rechten des Klägers führt.

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