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Wirtschaftsprivatrecht II


Fall 36 - Oldtimer



Der Investmentmakler L hat einen neuen Job an der Wall Street, so dass er nach New York umziehen muss. Vor seiner Abreise kauft er sich zur Erinnerung an seine bayrische Heimat noch von seinem Freund F einen Oldtimer der Marke BMW. Das Auto soll ihm wenige Wochen später per Schiff geliefert werden. Auf der Reise jedoch gerät das Schiff, auf das der BMW geladen wurde, in derart schlechte Wetterbedingungen, dass der Kapitän die Kontrolle verliert und es mitten auf hoher See untergeht. Spezialisten stellen fest, dass eine Bergung des Schiffes und somit auch des Autos zwar möglich ist, die dabei entstehenden Kosten und der dazu erforderliche Zeitaufwand aber enorm hoch sind. L ist, als er hiervon Nachricht erhält, entsetzt, besteht jedoch, da er sich gerade in dieses Auto verliebt hat, auf Übereignung. F weigert sich jedoch aufgrund des Aufwandes, der betrieben werden müsste.

Hat L gegen F einen Anspruch auf Übereignung gem. § 433 Abs. 1 S. 1 BGB?



Lösung


L könnte gegen F einen Anspruch auf Übereignung desAutos gem. § 433 Abs. 1 S. 1 BGB haben.

Die Parteien haben einen wirksamen Kaufvertrag über das Auto geschlossen, sodass ein Anspruch entstanden ist. Der Anspruch könnte jedochgem. § 275 Abs. 1 BGB untergegangen sein. Ein Schuldverhältnis liegt vor. Fraglich ist jedoch, ob die Leistung unmöglich geworden ist. Der Vertrag beinhaltet die Übereignung des Oldtimers gem. § 929 S. 1 BGB. L hatte sich für ein bestimmtes Auto entschieden. Demnach handelte es sich hier um eine Stückschuld. Fraglich ist jedoch die Unmöglichkeit der Leistung. Die Übereignung einer beweglichen Sache erfordert gem. § 929 S. 1 BGB eine Einigung über den Eigentumswechsel und die Übergabe der Sache. Eine Einigung ist möglich. Auch die Übergabe ist grundsätzlich möglich, weil eine Bergung des Oldtimers möglich ist. Auf die immensen Bergungskosten kommt es im Rahmender Prüfung des § 275 Abs. 1 BGB nicht an. Danach liegt also keine Unmöglichkeit i.S.d. § 275 Abs. 1 BGB vor. Der Anspruch ist daher nicht untergegangen.

Fraglich ist aber, ob der Anspruch durchsetzbar ist. Dem F könnte die Einrede aus § 275 Abs. 2 BGB zustehen. Dann müsste eine faktische bzw. praktische Unmöglichkeit vorliegen. Dies ist der Fall, wenn zwar die Erbringung der Leistung nicht schlechthin ausgeschlossen ist, aber derartige Maßnahmen erfordert, die außerhalb jeder Vernunft liegen.

Anm.: Eine wirtschaftliche Unmöglichkeit, die nunmehr nach § 313 BGB zu behandeln ist und eben nicht durch § 275 Abs. 2 BGB geregelt wird, liegt dagegen vor, wenn der Schuldner die Leistung nur unter unverhältnismäßig hohen Opfern zu erbringen vermag, die ihm nicht zugemutet werden können. Die Übergänge von faktischer bzw. praktischer Unmöglichkeit zur wirtschaftlichen sind fließend. Hier wäre die Bergung nicht nur sehr kosten-, sondern zugleich auch sehr zeitintensiv und daher von keinem vernünftigen Menschen zu erwarten. F hat sich auf diese Einrede auch berufen, sodass der Anspruch nicht durchsetzbar ist. L hat daher keinen Anspruch auf Übereignung.

Anm.: Nicht nur § 275 Abs. 2 BGB, sondern auch § 275 Abs. 3 BGB stellt eine Einrede dar, die die Durchsetzbarkeit des Anspruchs hindert. Als gängigstes Beispiel für § 275 Abs. 3 BGB gilt hier: Das Kind einer Schauspielerin ist lebensbedrohend erkrankt. Sie ist zwar in der Lage, entsprechend einem von ihr geschlossenen Vertrag aufzutreten - deshalb handelt es sich nicht um einen Fall i.S.d. Abs. 1 -, jedoch kann dies nicht verlangt werden, weil es ihr zustehen muss, sich in dieser Lage um ihr Kind kümmern zu können.












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