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Wirtschaftsprivatrecht II


Fall 47 - Kamera



Der Prominente E wird auf einer Gala ohne seine Zustimmung durch den Papparazi P fotografiert. Über diese Unannehmlichkeit ist E sehr verärgert und beschließt kurzerhand mit seinem Regenschirm, den er nur für solche Fälle bei sich führt, dem P Manieren beizubringen. Getroffen von einem heftigen Schlag, fällt P zu Boden. Dabei entgleitet ihm seine neue Multi-Reflex-Kamera im Wert von 1250,- €, was E allerdings nicht vorhersehen konnte, und wird irreparabel zerstört. Außerdem erleidet P eine Gehirnerschütterung, für deren Behandlung er 450,- € aufbringen muss. Bei der Untersuchung im Krankenhaus wird durch den behandelnden Arzt bei P zudem eine Zuckerkrankheit festgestellt, die zukünftig zu einer solch erheblichen Einschränkung des P führen wird, dass dieser gehindert sein wird, seinen Beruf weiter auszuüben und enorme Kosten für Medikamente zu erwarten hat.

Welche Ansprüche kann P hier gegen E geltend machen?



Lösung


1. P könnte wegen der ihm entstandenen Kosten und Schmerzen einen Anspruch auf Schadensersatz gem. § 823 Abs. 1 BGB haben. Zunächst müsste ein durch § 823 Abs. 1 BGB geschütztes Rechtsgut des P verletzt worden sein. Hier ist P zum einen an seinem Kopf verletzt und leidet an einer Zuckerkrankheit. Der Körper bzw. die Gesundheit des P ist somit verletzt. Auch wurde die Kamera zerstört, also das Eigentum des P verletzt. Es ist somit die Verletzung eines Rechtsguts des § 823 Abs. 1 BGB gegeben. Die Rechtsgutverletzungen müssen zudem aufgrund einer Handlung eingetreten sein (haftungsbegründende Kausalität). Als Handlung ist ein menschliches Verhalten anzusehen, das der Bewusstseinskontrolle und Willenslenkung unterliegt und somit beherrschbar ist. E hat P bewusst geschlagen. Fraglich ist aber, ob die Rechtsgutverletzungen aufgrund dieser Handlung eingetreten sind. Durch den Schlag stürzte P und verletzte sich am Kopf und beschädigte die Kamera. Für die Zuckerkrankheit war der Schlag dagegen nicht kausal.

Zudem müsste die Rechtgutverletzung rechtswidrig erfolgt sein. Durch die Tatbestandsmäßigkeit ist die Rechtswidrigkeit bereits indiziert. Das Indiz ist widerlegt, wenn sich der Schädiger auf einen Rechtfertigungsgrund berufen kann. Ein solcher ist hier aber nicht ersichtlich. Weiterhin müsste der Anspruchsgegner die Rechtsgutverletzung zu vertreten haben. Das Verschulden bemisst sich direkt nach § 823 Abs. 1 BGB. E hat den P vorsätzlich geschlagen. Er hat somit die Rechtsgutverletzung zuvertreten.

Außerdem müsste durch die Rechtsgutverletzung ein Schaden entstanden sein (haftungsausfüllende Kausalität). Nach der Differenzhypothese ist der Schaden die Differenz zwischen dem Vermögen vor der Schädigung zu dem Vermögen nach der Schädigung. Die Kamera ist durch den Schlag und anschließenden Sturz zerstört worden, also ist ein Schaden i.H.v. 1250,- € entstanden, den E zu ersetzen hat (vgl. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB). Als Schaden sind auch die Behandlungskosten für die Gehirnerschütterung i.H.v. 450,- € zu ersetzen (vgl. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB). Außerdem kann P gem. § 253 Abs. 2 BGB Schmerzensgeld verlangen. Also hat P gegen E einen Anspruch gem. § 823 Abs. 1 BGB.


2. Außerdem könnte P gegen E einen Anspruch auf Schadensersatz gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2, 303 Abs. 1 StGB haben. Zunächst müsste ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB verletzt worden sein. In Betracht kommt eine Verletzung des § 223 Abs. 1 StGB wegen des Schlages. Der Körper bzw. die Gesundheit des P ist vorsätzlich verletzt worden. Demnach ist § 223 Abs. 1 StGB verwirklicht. Dies geschah mittels eines Regenschirmes. Fraglich ist daher, ob der Regenschirm ein gefährliches Werkzeug i.S.d. § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB darstellt. Ein gefährliches Werkzeug ist jeder Gegenstand, der nach der konkreten Art seiner Verwendung geeignet ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen. Der Regenschirm kann, benutzt als Schlaggegenstand, zu gefährlichen Verletzungen führen und stellt daher ein gefährliches Werkzeug dar. E handelte bei dessen Einsatz als Schlagmittel vorsätzlich, sodass auch § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB verwirklicht ist. Außerdem hat E durch den Schlag bewirkt, dass die Kamera hinfiel. Dadurch jedoch, dass er dies nicht vorhergesehen hat, ist ihm diesbezüglich nur ein Fahrlässigkeitsvorwurf zu machen. § 303 StGB ist daher nicht verwirklicht. Eine fahrlässige Sachbeschädigung istnicht strafbar. Also sind nur durch die Verwirklichung der §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB.

Das Schutzgesetz müsste durch eine Handlung des E verletzt worden sein. Der Körper bzw. die Gesundheit des P ist durch den Schlag des E, also eine Handlung des E, verletzt worden. Die Verletzung ist auch rechtswidrig. Weiterhin müsste E die Verletzung des Schutzgesetzes auch zu vertreten haben. Im Rahmen des § 823 Abs. 2 BGB muss der Anspruchsgegner immer die für die Verletzung des Schutzgesetzes erforderliche Schuldform erfüllt haben. Diese Voraussetzung ist zu bejahen. Außerdem hat er auch einen Schaden erlitten (s.o.). P hat gegen E also einen Anspruch gem. § 823 Abs. 2 BGB.













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