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Vollzug des Unionsrechts


A. Formen des Vollzugs

Der Vollzug vom supranationalen Unionsrecht bleibt überwiegend den nationalen Behörden der Mitgliedsstaaten vorbehalten, weil die EU keinen eigenen Verwaltungsunterbau besitzt.
Für das intergouvernementale Unionsrecht kommt aufgrund der fehlenden unmittelbaren Anwendbarkeit kein Vollzug, wie er hier in diesem Sinne verwendet wird, in Betracht.
Anhand der folgenden Übersicht sollen die verschiedenen Formen des Vollzugs gegenübergestellt werden:

 (image: http://ife.erdaxo.de/uploads/VollzugdesUnionsrechts/FormendesVollzugs.png)

B. Verwaltungsorganisation bezüglich des Vollzug

Die Verwaltungsorganisation richtet sich nach den verschiedenen Formen des Vollzugs. Bei dem direkten unmittelbaren Vollzug, wo die EU ihr Recht selber anwendet, regelt sie auch die Verwaltungsorganisation.
Der unionsinterne Vollzug erfolgt durch die jeweiligen Organe. Demgegenüber obliegt der unionsexterne Vollzug überwiegend der Kommission. Diese wird zudem durch die nationalen Behörden unterstützt.
Anders verhält sich bei dem indirekten, mitgliedsstaatlichen Vollzug. Bei diesem ist zu beachten, dass die Union keine Kompetenz besitzt, welche der EU erlaubt in die Verwaltungsorganisation der Mitgliedsstaaten einzugreifen.
Daraus ergibt sich für die Bundesrepublik Deutschland, dass sich die Kompetenzen für den unmittelbaren und den mittelbaren Vollzug nach den Art. 83ff. GG richten. Für den Fall, dass die Länder für den Vollzug zuständig sind, haben sie aufgrund des Prinzips der Bundestreue, dem Bund gegenüber eine verfassungsrechtliche Pflicht, das EU-Recht ordnungsgemäß durchzuführen.
Bis zum heutigen Zeitpunkt stehen dem Bund keine entsprechenden speziellen Instrumente, in Form einer Ersatzvornahme zur Verfügung, um einen Vollzugsmangel durch die Länder zu beseitigen.
Allerdings muss der Bund im Außenverhältnis zur EU auch für den ordnungsgemäßen Vollzug der Länder einstehen. Dies ergibt sich aus der Regelung des Art. 258 AEUV i.V.m. Art. 4 Abs.3 EUV.


C. Verwaltungsverfahrensrecht

1. Allgemeines

Die Notwendigkeit des Verwaltungsverfahrensrecht richtet sich ebenso wie die Verwaltungsorganisation nach den verschiedenen Formen des Vollzugs. Bei dem direkten Vollzug durch die Union ist das Verwaltungsverfahrensrecht unvermeidlich, weil dieser keine anderen Rechtsnormen zur Verfügung stehen. Demgegenüber besteht beim indirekten Vollzug die Möglichkeit, dass durch das nationale Verwaltungsrecht eine Rechtsordnung zur Anwendung durch die nationalen Behörden bereitgestellt wird.

2. Rechtsquellen für den Vollzug

Das für den Vollzug von dem martiellen Unionsrecht regelnde EU-Recht ergibt sich aus verschiedenen Rechtsquellen. Entscheidende Regeln sind dem primären Unionsrecht, sowie auch dem sekundären Unionsrecht zu entnehmen. Im Bereich des primären Unionsrechts sind folgende Bestimmungen zu nennen:

  • Begründungspflicht Art. 296 AEUV
  • Veröffentlichung und Inkrafttreten Art. 297 AEUV
  • sowie Vollstreckung über das Verwaltungsverfahren Art. 299 AEUV

Anderseits werden im Bereich des sekundären Unionsrechts, aufgaben-spezifische Vollzugsregeln, meist in Form einer Verordnung, erlassen.
Hinzu kommt, dass keine umfassende Zusammenfassung des Verwaltungsverfahrensrecht auf der Ebene der Union existiert. Sondern die notwendigen Regeln, die das Verwaltungshandeln der Mitgliedsstaaten und der EU bestimmen, durch einen wertenden Rechtsvergleich, bei dem auf die allg. Rechtsgrundsätze zurückgegriffen wird, gewonnen werden.
Von enormer Bedeutung sind aber auch die auf der Unionsebene bestehenden Grundrechte.

Für den Fall, dass primäre oder sekundäre Verwaltungsvorschriften vorhanden und unmittelbar anwendbar sind, üben sie auf das Verwaltungsrecht der Mitgliedsstaaten eine vereinheitlichende Wirkung aus.
Wohingegen im Kollisionsfall das dem Gemeinschaftsrecht entgegenstehende nationale Recht, aufgrund vom Anwendungsvorrang des EU-Rechts, verdrängt wird. Allerdings ist zu erwähnen, dass die EU nur auf sekundärrechtlicher Ebene tätig werden darf, wenn sich eine Ermächtigungsgrundlage in den Verträgen finden lässt. An dieser Stelle kann auf das Prinizp der begrenzten Einzelermächtigung verwiesen werden. Bei diesem Aspekt ist aber auch das Subsidiaritaetsprinzip zu beachten, weil sich dieses im konkreten Fall auf die Kompetenzausübung der EU, insb. der Durchsetzung erweitert.
In einzelnen Bereichen bestehen Verwaltungsvorschriften, die das nationale Recht, aufgrund des Anwendungsvorrangs, verdrängen.

3. Darstellung einer Ausnahme des Verwaltungsverfahrens und der damit verbundenen Probleme

Eine Ausnahme für die Anwendung des Verwaltungsverfahrens, insbesondere bei der Durchführung des Unionsrechts durch die Mitgliedsstaaten von nationalen verfahrensrechtlichen Bestimmungen, kommt dann in Betracht, wenn keine spezifische-, vertrags- oder sekundärrechtliche Vorgaben gegeben sind. Allerdings müssen diese Regeln, bestimmten, durch den EuGH ausgearbeiteten Vorgaben entsprechen.Diese sind in folgender Übersicht dargestellt:

 (image: http://ife.erdaxo.de/ 	AnforderungenfuerdenindirektenmitgliedsstaatlichenVollzug.png)

Das Effektivitätsgebot entfaltet eine größere Einwirkungskraft, als das Äquivalenzgebot, auf das nationale Verwaltungsrecht. Nach diesem Gebot müssen alle Vorschriften unangewendet bleiben, die der effektiven Umsetzung der Unionsregeln im Wege stehen. Es sind demzufolge bestandskräftige Verwaltungsentscheidungen von den nationalen Behörden zurückzunehmen. Daraus folgt ein Spannungsverhältnis zwischen dem Gebot der Rechtssicherheit und dem Gebot der effektiven Durchsetzung des EU-Rechts. Dieses Spannungsverhältnis wird unter dem Problem der Durchbrechung der Bestandskraft diskutiert. Innerhalb dieser Diskussion stellt man sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Union selbst gegen solche Verwaltungsentscheidungen vorgehen kann, deren Bestandskraft (Unanfechtbarkeit) von der nationalen Rechtsordnung akzeptiert wird. Hierbei sind zwei Konstellationen denkbar. Allerdings sind diese aufgrund der gegenseitigen Interessenlage anhand von seperaten Maßstäben zu behandeln. Zum einen die begünstigende unionsrechtswidrige Verwaltungsentscheidung, und zum anderen die belastende unionsrechtswidrige Verwaltungsentscheidung. Während der Betroffene bei der ersten Konstellation großes Interesse hat, dass diese Entscheidung aufrecht erhalten bleibt, verhält es sich bei der zweiten umgekehrt. Bei dieser hat der Betroffene ein großes Interesse daran, dass die Entscheidung aufgehoben wird.
Im Hinblick auf die belastenden unionsrechtswidrige Verwaltungsentscheidungen hat der EuGH grundlegende Voraussetzungen für die Durchbrechung der Bestandskraft entwickelt. Diese sind der folgenden Übersicht zu entnehmen:

 (image: http://ife.erdaxo.de/ 	AnforderungenfuerdieDurchbrechungderBestandskraft.gif)

Die Frage nach der Durchbrechung der Bestandskraft stellt sich ebenfalls bei dem Fall einer begünstigen unionsrechtswidrigen Verwaltungsentscheidung. Allerdings gibt es auf der Unionsebene keine entsprechenden Regelungen für die Rücknahme solcher Entscheidungen, sodass an dieser Stelle auf die, im nationalem Recht geltenden Vorschriften zurück zu greifen ist.

vgl. dazu: Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht S. 199 - 205


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