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Urheberrecht


Fall 34 - Wahrnehmungsvertrag


Künstler K hat mit der VG Bild-Kunst (V) hinsichtlich der von ihm erstellten Gemälde einen Wahrnehmungsvertrag abgeschlossen, nach dem er der Verwertungsgesellschaft alle aus seinem Urheberrecht gegenwärtig zustehenden oder künftig anfallenden und im Einzelnen aufgeführten Nutzungsrechte zur Wahrnehmung und Einziehung überträgt. Hierzu zählt auch die Nutzung der Werke zur Vervielfältigung und Verbreitung i.S.d. §§ 16, 17 UrhG in Zeitungen, Zeitschriften und Sammlungen. In dem Vertrag wird ferner bestimmt, dass K im Einzelfall zur Wahrnehmung seiner Rechte einzelne, näher bezeichnete Rechte zurückübertragen bekommen kann. K lässt einige seiner Bilder dem Museum des M zukommen, welcher die Bilder ausstellt und in den von ihm erstellten Kunstbildband aufnimmt. Hierzu ließ M den K zuvor eine Freistellungserklärung unterzeichnen, wonach dem Museum das Recht eingeräumt wird, die Gemälde zu veröffentlichen und zu verbreiten.

V fragt sich, ob ihr gegebenfalls gegen M Ansprüche zustehen.



Lösung


A. V könnte gegen M ein Anspruch auf Schadensersatz gem. § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG zustehen. Voraussetzung hierfür ist, dass M die der V eingeräumten Nutzungsrechte verletzt hat.

I. Fraglich ist daher zunächst, inwieweit V Nutzungsrechte erworben hat. V hat mit K einen Wahrnehmungsvertrag abgeschlossen. Hierdurch verpflichtete sich K, der V ein ausschließliches Nutzungsrecht gem. § 31 Abs. 3 UrhG einzuräumen.
Gegebenenfalls sind aber die Nutzungsrechte zumindest partiell wieder auf K zurückübertragen worden sein. Dies ist hier aufgrund der von K unterzeichneten Freistellungserklärung denkbar. Zu beachten bleibt aber, dass diese Erklärung gegenüber M und gerade nicht gegenüber V abgegeben wurde. Nicht ausreichend ist, dass allein der Urheber sein Rückrufverlangen zum Ausdruck bringt, sondern darüber hinaus auch eine entsprechende Erklärung der V vorliegt. Eine solche ist hier aber gerade nicht gegeben. V ist daher auch weiterhin Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte geblieben.

II. In der Abbildung in dem Katalog ist ein Eingriff in die der V übertragenen Rechte aus §§ 16, 17 UrhG zu sehen. Diese Vervielfältigungs- und Verbreitungshandlungen könnten jedoch gem. § 58 UrhG auch ohne Zustimmung der V zulässig gewesen sein. Nach dieser Vorschrift dürfen öffentlich ausgestellte und zur öffentlichen Ausstellung oder zur Versteigerung bestimmte Werke der bildenden Künste in Verzeichnissen, die zur Durchführung der Ausstellung oder Versteigerung herausgegeben werden, vervielfältigt und verbreitet werden. Als Verzeichnisse werden insbesondere Kataloge angesehen, nicht aber Kunstbildbände. Die Verzeichnisse müssen nämlich inhaltlich dem Ausstellungszweck untergeordnet werden. Dies ist nur der Fall, wenn die Wiedergabe des Bildes als Bestandteil der Ausstellung im Vordergrund steht und nicht etwa dann, wenn ein gesonderter Werkgenuss vermittelt werden soll. Der Abdruck in dem Bildband ist daher nicht von § 58 UrhG gedeckt und erfolgte damit widerrechtlich.

III. Für einen Schadensersatzanspruch ist weiterhin Voraussetzung, dass die Handlung schuldhaft erfolgte. Hier ist zumindest von einem fahrlässigen Verhalten auszugehen. M hätte sich im Falle eines Zweifels über die Verletzung eines Urheberrechts Rechtsrat einholen müssen.

IV. V steht daher ein Schadensersatzanspruch zu. Sie kann den Schaden konkret berechnen lassen, im Wege der Lizenzanlaogie die übliche Lizenzgebühr verlangen oder gem. § 97 Abs. 1 S. 2 UrhG den Verletzergewinn herausverlangen.


B. Im Übrigen ist an einen Kondiktionsanspruch gem. § 816 Abs. 1 S. 2 BGB zu denken. Als Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte unter Ausschluss selbst des Urhebers ist die V Berechtigte und K Nichtberechtigter. Zudem erfolgte hier durch die Einräumung eines Nutzungsrechts eine unentgeltiche Verfgügung. Fraglich ist aber, ob die Verfügung gegenüber V wirksam ist. Teilweise wird in der Klageerhebung eine nachträgliche Genehmigung gem. § 185 Abs. 2, 1. Fall BGB gesehen. Wegen Unmöglichkeit der Herausgabe wäre nach § 818 Abs. 2 BGB also Wertersatz zu leisten, der sich nach den für die Rechtseinräumung üblichen Tarifen der V berechnet.
In einem solchen Fall kann aber kein Schadensersatzanspruch gem. § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG mehr geltend gemacht werden, weil es bei einer nachträglichen Genehmigung der Verfügung dann an einer widerrecht-lichen Verletzung i.S.d. § 97 UrhG fehlt. Der Anspruch gem. § 816 Abs. 1 S. 2 BGB besteht daher nur alternativ zum Schadensersatzanspruch gem. § 97 Abs. 1 UrhG.






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