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Urheberrecht


Fall 32 - Taschenbuch


Der V-Verlag hat mit dem Schriftsteller S einen Verlagsvertrag über acht seiner Romane abgeschlossen. Mit Zustimmung des S räumt V dem X-Verlag das ausschließliche Recht ein, diese Romane als Taschenbuch zu vervielfältigen und zu vertreiben. Einige Zeit später räumt V mit Zustimmung des A dem Y-Verlag von S das ausschließliche Recht ein, eine Hardcover-Sonderausgabe derselben Werke zu veranstalten und zu vertreiben. X, der seine Taschenbücher zu einem Preis von 3,50 € über den Buchhandel vertreibt, sieht seine Rechte durch das Verhalten des Y verletzt, der das Hardcover zu einem Preis von 3,- € vertreibt. X befürchtet nunmehr Umsatzeinbußen und verlangt daher von Y, die weitere Vervielfältigung und den Vertrieb der Hardcover-Sonderausgabe zu unterlassen.

Zu Recht?

Abwandlung:
Wie wäre der Fall zu beurteilen, wenn V dem X-Verlag eine ausschließliche Taschenbuchlizenz erteilt und später sein Verlagsrecht auf den Y übertragen hätte und Y nunmehr beginnen würde, Taschenbücher herauszugeben?



Lösung


A. Ausgangsfall

X könnte gegen Y ein Unterlassungsanspruch gem. § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG zustehen. Dies setzt eine widerrechtliche Verletzung eines geschützten Rechts voraus.

I. Bei den Büchern handelt es sich um geschützte Werke i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UrhG. Die hieraus resultierenden Rechte verletzt, wer das geschützte Werk ohne die erforderliche Zustimmung des Urhebers oder des Rechtsinhabers auf eine diesen Personen vorbehaltene Art und Weise nutzt.

1. Fraglich ist hier zunächst, ob dem X die Rechte zur Nutzung des Buches durch S oder einen berechtigten Dritten wirksam eingeräumt wurden. S als Urheber hatte mit X keine Vertragsverhandlungen aufgenommen; er hatte aber mit V einen Verlagsvertrag abgeschlossen. Möglicherweise konnte V dem X wirksam die Nutzungsrechte übertragen. Durch den Verlagsvertrag wurde V Inhaber eines ausschließlichen Nutzungsrechts, was ihn berechtigt, das hieraus resultierende Verlagsrecht insgesamt translativ weiter zu übertragen oder konstiutiv einfache oder ausschließliche Nutzungsrechte einzuräumen. Nach § 34 Abs. 1 S. 1 UrhG ist eine translative Übertragung allerdings nur mit Zustimmung des Urhebers möglich. Das frühere Regel-Ausnahme-Verhältnis des § 28 Abs. 1 VerlG, wonach eine Übertragung des Verlagsrechts grundsätzlich ohne Zustimmung des Urhebers zulässig war, wurde durch die spätere und vorrangige Vorschrift des § 34 UrhG umgekehrt. Hier geht es jedoch nicht um die translative Übertragung der vollständigen Rechtsposition des V, sondern nur um eine konstitutive Rechtseinräumung, die als Vertragslizenz bezeichnet wird. Auf diese findet § 35 UrhG Anwendung. Wie bei der Weiterübertragung des Nutzungsrechts bedarf aber auch die Weitereinräumung von Nutzungsrechten grundsätzlich der Zustimmung des Urhebers (§ 35 Abs. 1 UrhG). Eine solche Zustimmung ist hier von S erteilt worden, so dass X Inhaber eines ausschließlichen Nutzungsrechts geworden ist.

2. Zu prüfen ist ferner, ob Y das ausschließliche Nutzungsrecht des X verletzt hat. Dies könnte dadurch geschehen sein, dass er Hardcover-Ausgaben der acht Romane verlegte und vertrieb. Damit diese Handlungen als eine Verletzung des ausschließlichen Nutzungsrechts des X verstanden werden können, ist erforderlich, dass auch diese von dem Nutzungsrecht erfasst werden. Der Inhalt des Nutzungsrechts bestimmt sich durch die lizensierte Nutzungsart. Die Nutzungsart versteht sich dabei als ein Begriff zur Kennzeichnung der konkreten wirtschaftlichen und technischen Verwendungsform, die dem Verwertungsrecht unterliegen soll. Seine inhaltliche Bestimmung richtet sich im Wesentlichen danach, ob es sich um einen nach der Verkehrsauffassung als solche hinreichend klar abgrenzbare, wirtschaftlich-technisch als einheitlich und selbstständig erscheinende Nutzungsart handelt. Maßgeblich ist demzufolge die Erscheinungsformen der überlassenen Nutzungsart. Bloße schuldrechtliche Absprachen, wie z.B. preisliche Vereinbarungen, rechnen allein zu den Modalitäten des Vertriebs, begründen deshalb aber auch keine dinglichen, sondern allenfalls schuldrechtlichen Wirkungen.
Hier wurde eine Taschenbuchlizenz erteilt. Der Inhalt dieser Lizenz beurteilt sich demzufolge nach den typischen Merkmalen eines solchen Buches, nämlich das relativ kleine Format, den relativ kleinen Druck und den Paperback. Dem steht die Hardcover-Ausgabe, welche durch einen festen Einband, größeres Format und in der Regel größeren Druck gekennzeichnet ist, als eigene Nutzungsart gegennüber. Taschenbuch- und Hardcover-Ausgaben bilden demzufolge aufgrund der angeführten Gestaltungsmerkmale eine jeweils selbstständige Nutzungsart. Eine Verletzung des ausschließlichen Nutzungsrechts des X ist daher nicht gegeben.

II. Ein Anspruch auf Unterlassung gem. § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG besteht folglich nicht.


B. Abwandlung

Damit X gegen Y ein Unterlassungsanspruch geltend machen kann, ist Voraussetzung, dass sein Nutzungsrecht mit der Übertragung des Verlagsrechts an Y nicht untergegangen ist. Ein Nutzungsrecht genießt gem. § 33 S. 1 UrhG Sukzessionsschutz, sofern nichts anderes vereinbart wird, d.h. es bleibt gegenüber später eingeräumten Nutzungsrechten wirksam. Nach § 33 S. 2 UrhG gilt dies ferner auch dann, wenn der Inhaber der Inhaber des Rechts, der die Lizenz einräumt hat, wechselt. Der Lizenzgeber ist also nur befugt, das ihm verbliebene Recht zu übertragen. Eine zuvor erteilte Lizenz bleibt von diesem Übergang unberührt. Y ist also verpflichtet, die Lizenz des X zu beachten. Da er hier die Romane auch in Taschenbuchform herausgibt, es sich also um dieselbe Nutzungsart handelt, die auch Gegenstand des Lizenzvertrages des X ist, wird das Nutzungsrecht des X beeinträchtigt. Da zudem Wiederholungsgefahr gegeben ist, steht X gegen Y ein Unterlassungsanspruch gem. § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG zu.





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