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Urheberrecht


Fall 2 - Hausarbeit


Universitätsprofessor S gibt im Wintersemester 11/12 eine Hausarbeit mit dem Titel „Gesangsverein“ zum Erwerb des kleinen BGB-Scheins aus. Daraufhin veröffentlicht Student L auf seiner Internetseite diese Aufgabenstellung samt der Korrekturhinweise und der Originalmusterlösung durch den Professor S gegen ein Entgelt von 2.50 €. Außer der Hausarbeit des Professors S werden auf dieser Internetseite auch die Hausarbeiten samt Lösungen von den drei Jahrgängen zuvor sowie von den Übungshausarbeiten im Zivilrecht veröffentlicht. Dieses Angebot erfreut sich großer Beliebtheit unter den Jurastudenten, die die Hausarbeiten mit den Korrekturen für die Bearbeitung ihrer eigenen Hausarbeiten verwenden.
S hat eine solche Veröffentlichung nie genehmigt, noch wurde er von der Publikation in Kenntnis gesetzt.
Als er davon erfährt, verlangt er Unterlassung durch L bezüglich der weiteren Veröffentlichung und außerdem die Auszahlung eines Teils des Gewinnes. Dem hält L entgegen, dass es sich bereits bei der Aufgabenstellung nicht um das „Eigentum“ des S handele. Zumindest aber stellten die Korrekturbemerkungen und die Musterlösungen kein geschütztes Werk dar.

Wie ist die Rechtslage?

Lösung


S könnte gem. § 97 Abs. 1 S. 1, S. 2 UrhG ein Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung und Verbreitung der mit Anmerkungen versehenen Hausarbeit und Herausgabe des Gewinns zustehen.

A. Fraglich ist zunächst, ob es sich bei der Hausarbeit um ein urheberrechtlich geschütztes Werk i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG handelt.

I. Die Hausarbeit stellt ein durch Zeichen äußerlich erkennbar gemachten Gedankenausdruck dar. Es könnte sich folglich um ein Sprachwerk i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 handeln.

Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass es sich um eine individuell schöpferische Leistung gem. § 2 Abs. 2 UrhG handelt. Dies ist zu verneinen, wenn es sich nicht um eine nicht schutzfähige Darstellung wissenschaftlichen Gedankenguts handelt. Einer solchen fehlt regelmäßig die schöpferische Individualität, wenn diese in der üblichen Ausdrucksweise dargestellt sind. Demnach kommt es für eine Schutzfähigkeit maßgeblich auf den Inhalt, aber auch auf die förmliche Ausgestaltung an. Eine Schutzfähigkeit käme hier nach Form und Art der Sammlung, Anordnung und Einteilung des Stoffes in Frage, wobei die Anwendung von Denkgesetzen und Fachkenntnissen dem Schutz grundsätzlich noch nicht entgegenstehen.
In der Hausarbeit wird ein bestimmter Sachverhalt geschildert, für den die Teilnehmer eine Lösung zu finden haben. Der Entwurf geeigneter Fälle kann ein kompliziertes, langatmiges und anspruchsvolles Unterfangen sein. Die Aufgabe muss einen bestimmten Schwierigkeitsgrad aufweisen. Dabei zeichnet sich der allgemeine Teil des BGB durch einen hohen Abstraktionsgrad aus, weswegen die Hausarbeit demgemäß präzise sein muss. Außerdem muss der Sachverhalt auch hinsichtlich der Lösung in allen Einzelheiten durchdacht sein.
Ein Professor stellt auch nur ca. alle 2 - 3 Jahre eine solche Hausarbeit her. Es handelt sich mithin nicht um etwas Alltägliches.
Die Konstruktion eines Sachverhalts stellt demnach eine individuelle schöpferische Leistung dar.

II. Bei den Randbemerkungen könnte es sich ebenfalls um eine individuell schöpferische Leistung handeln. Der Professor muss den Gedankengang des Studenten nachvollziehen und seine Lösung mit der Musterlösung vergleichen. Es handelt sich bei den Bemerkungen im Zusammenhang mit der Aufgabe also ebenfalls um eine individuelle Leistung.

B. Das Verhalten des L hat vor allem das Recht des S an der öffentlichen Zugänglichmachung des Werkes gem. § 19 a UrhG, sowie das Recht auf Vervielfältigung gem. § 16 UrhG verletzt.

1. Die Aneinanderreihung der Hausarbeiten auf der Webseite ist auch kein selbstständiges Werk i.S.d. § 24 Abs. 1 UrhG und ist deswegen nicht erlaubt.

2. Die Veröffentlichung ist auch nicht durch das Zitatrecht gem. § 51 Nr. 1 UrhG gedeckt. Es fehlt an einer „Erscheinung“ des Werkes. Dazu hätte es der Öffentlichkeit in verkörperter Form zugänglich gemacht werden müssen. Professor S hat die Hausarbeitsaufgabe aber nur den Teilnehmern der Übung zur Verfügung gestellt. Zudem erfolgte die Korrektur ausschließlich für den jeweiligen Studenten.

C. Da auch die übrigen Anspruchsvoraussetzungen vorliegen, ist ein Unterlassungsanspruch und Anspruch des S auf Herausgabe des Gewinns gem. § 97 Abs. 1 S. 1, S. 2 UrhG gegeben.

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