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Handelsrecht und Stellvertretung

Prokura und Handlungsvollmacht




A. Prokura

1. Begriff der Prokura & des Prokuristen

Die Prokura ist eine spezielle handelsrechtliche Vollmacht. Der Inhalt dieser ist in den §§ 48 ff. HGB gesetzlich bestimmt, wobei ergänzend die §§ 164 ff. BGB gelten.
Der Prokurist ist ein kaufmännischer Angestellter, dessen Wirkungsbereich im Interesse der Rechtssicherheit nach außen durch gesetzlich umschriebene Vertretungsmacht festgelegt ist.

Nach der Terminologie des Handelsgesetzbuch stellt der Kaufmann - "Inhaber des Handelsgeschäfts" (Vgl. § 48 Abs. 1 HGB) - den Prokuristen, wie jeden anderen Angestellten, mit einem Dienstvertrag ein. Der Prokurist kann dann wiederum, durch die Prokura, mit den Vertragspartnern des Kaufmanns, alle "Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt" (Vgl. § 49 Abs. 1 HGB), durchführen.
Das Bürgerliche Gesetzbuch dagegen spricht vom Vertretenen, der durch das der "Vollmachtserteilung zu Grunde liegende Rechtsverhältnis" dem Vertreter die "Vertretungsmacht" bzw. rechtsgeschäftliche "Vollmacht" erteilt, im Sinne des Vertretenen gegenüber Dritten zu handeln.


2. Erteilung der Prokura

Gemäß § 48 Abs. 1 HGB kann die Prokura nur durch den "Inhaber des Handelsgeschäfts oder seinem gesetzlichen Vertreter" und nur mit "ausdrücklicher Erklärung erteilt werden" (nicht stillschweigend!).
Man kann die Prokura gemäß § 48 Abs. 2 HGB allerdings auch an mehrere Personen gemeinschaftlich erteilen, was eine Gesamtprokura darstellt.
§ 53 Abs. 1 S. 1 HGB besagt, dass die Erteilung der Prokura vom Inhaber des Handelsgeschäfts zur Eintragung im Handelsregister anzumelden ist.


3. Umfang der Prokura

Der § 49 Abs. 1 HGB ermächtigt "zu allen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt.
Damit sind beispielsweise

  • An- und Verkäufe,
  • Einstellungen oder Entlassungen von Personal und
  • die Aufnahme von Darlehen gemeint.

Außerdem wird durch den Ausdruck "eines Handelsgewerbes" keine Begrenzung der umfangreichen Vertretungsmacht durch den konkreten „Zuschnitt“ des betreffenden Betriebs vorgenommen. Das heißt, dass ein Prokurist eines Baugeschäfts rechtswirksam einen Webstuhl kaufen kann. Eingeschränkt ist dabei allerdings die Anwendung der Prokura auf höchstpersönliche Geschäfte (Erklärungen familien- und erbrechtlicher Art) sowie Prinzipalgeschäfte (die Einstellung des Betriebs als solchen, die Änderung der Firma oder die Prokuraerteilungen an weitere Angestellte).

Durch den zweiten Absatz des § 49 HGB allerdings, wird der Umfang jedes Prokuristen eingeschränkt. So heißt es, dass der Prokurist "zur Veräußerung und Belastung von Grundstücken" nur ermächtigt ist, "wenn ihm diese Befugnis besonders erteilt" wurde. Dabei ist der Ankauf und die Vermietung solchen nicht eingeschränkt.


4. Außenwirkung der Prokura

Gemäß § 50 Abs. 1 HGB ist "eine Beschränkung des Umfanges der Prokura (...) Dritten gegenüber unwirksam". Das heißt, dass im Arbeitsvertrag auferlegte Schranken für den Prokuristen zwar im Innenverhältnis bindend sind, allerdings im Außenverhältnis keine Wirkung haben. Das heißt, verstößt der Prokurist gegen die im Innenverhältnis auferlegten Schranken gegenüber Dritten - und somit im Außenverhältnis - dann sind die geschlossenen Verträge trotz dieser wirksam.
Ausnahmen gibt es allerdings auch hier. In Fällen der Kollusion - beim arglistiges Zusammenwirken - oder der Evidenz - beim Erkennen des Verstoßes gegen interne Einschränkungen bzw. beim grob fahrlässigen Nicht- Erkennen - kann der Geschäftspartner sich nicht auf die Uneinschränkbarkeit bei der Erteilung der Prokura berufen.

Der Absatz 2 des § 50 HGB dient hierbei als Hilfsnorm und weist gesondert auf spezielle unwirksame Einschränkungen hin, welche beispielsweise die Anwendung der Prokura auf gewisse Geschäfte, gewisse Arten von Geschäften, gewisse Umstände, eine gewisse Zeitspanne oder einzelne Orte einschränken.

§ 50 Abs. 3 HGB allerdings gesteht dem Inhaber des Handelsgeschäfts eine Einschränkung für den von ihm ernannten Prokuristen ein. Dabei kann er die Prokura auf eine von mehreren Niederlassungen einschränken. Allerdings ist diese Einschränkung gegenüber Dritten "nur wirksam, wenn die Niederlassung unter verschiedenen Firmen betrieben werden".


5. Sonderformen der Prokura

Bei der Erteilung der Prokura kann in diesen verschiedenen Typen geschehen:


  • Einzelprokura,
  • Gesamtprokura,
  • Filialprokura.

Die Einzelprokura ist eine umfassende Bevollmächtigung eines kaufmännischen Angestellten zur Ausführung aller Geschäfte und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt (Vgl. § 49 Abs. 1 HGB).
Durch die Gesamtprokura ist der Inhaber eines Handelsgeschäfts gemäß § 48 Abs. 2 HGB berechtigt mehrerer Prokuristen mit der Auflage, nur zusammen handeln zu können, zu bevollmächtigen. Bei Alleinhandlungen ist sind §§ 177 ff. BGB anwendbar.
Als Filialprokura bezeichnet man die Einschränkung der Prokura auf eine Zweigniederlassung mit unterschiedlicher Firma (Vgl. § 50 Abs. 3 HGB).


6. Erlöschen der Prokura

Durch § 52 Abs. 1 HGB wird der Widerruf der Prokura ermöglicht. Dabei wird nicht notwendigerweise in das zugrundeliegende Rechtsgeschäft eingegriffen, das heißt, dass der ehemalige Prokurist des Kaufmanns, trotzdem Widerruf der Prokura, dessen Angestellter sein kann. Damit würde das Handeln des Angestellten im Außenverhältnis wieder eingeschränkt, nicht aber die vertragsmäßigen Eigenschaften, welche für das Innenverhältnis gelten.
Etwas anderes gilt nur, wenn es sich aus dem zu Grunde liegenden Rechtsverhältnis ergibt (Vgl. § 167 Abs. 1, 1. Alt BGB iVm. § 168 S. 1 BGB). Damit würde auch der zu Grunde liegende Dienstvertrag aufgehoben werden.

Durch eine Betriebseinstellung wird die Prokura automatisch aufgehoben, nicht allerdings, wenn der Inhaber des Handelsgeschäfts verstirbt (Vgl. § 52 Abs. 3 HGB).

Wichtig sind außerdem, dass die Prokura gemäß § 52 Abs. 2 HGB nicht übertragbar ist und, dass das Erlöschen der Prokura in gleicher Weise, wie das Erteilen zur Eintragung ins Handelsregister anzumelden.


B. Handlungsvollmacht


1. Begriff der Handlungsvollmacht

Die Handlungsvollmacht ist gemäß §§ 54 ff. HGB jede Vollmacht, die keine Prokura ist. Auch diese Vollmacht muss vom Kaufmann, welcher ein Handelsgewerbes betreibt, erteilt werden.


2. Erteilung der Handlungsvollmacht

Die Erteilung einer Handelsvollmacht ist in verschiedene Typen oder auch "Fälle" unterteilt:


  • Generalhandlungsvollmacht,
  • Arthandlungsvollmacht,
  • Spezialhandlungsvollmacht.

Die Erteilung selbst richtet sich dabei nach allgemeinem bürgerlichen Recht und den Grundsätzen der Stellvertretung (§§ 167 ff. BGB)
Nicht ausgeschlossen ist die Erteilung einer Handlungsvollmacht an einen Prokuristen. Ein weiterer Unterschied zur Prokura ist, dass keine Eintragungspflicht ins Handelsregister besteht.


3. Umfang der Handlungsvollmacht

Die Generalhandlungsvollmacht berechtigtet den Bevollmächtigten gemäß § 54 Abs. 1 HGB zum "Betrieb eines Handelsgewerbes" und erstreckt sich somit auf den gesamten Bereich des betreffenden Handelsgewerbes.

Die Arthandlungsvollmacht berechtigt zur Vornahme einer bestimmten zu einem Handelsgewerbe gehörigen Art von Geschäften.

Die Spezialhandlungsvollmacht bevollmächtigt zur Vornahme einzelner zu einem Handelsgewerbe gehöriger Geschäfte.

Der Unterschied zur Prokura ist, dass sie nicht zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt - Prokura (Vgl. § 49 Abs. 1 HGB) - ermächtigt, sondern die verschiedenen Handlungsvollmachten erstreckt sich "auf alle Geschäfte und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines derartigen Handelsgewerbes oder die Vornahme derartiger Geschäfte gewöhnlich mit sich bringt" (Vgl. § 54 Abs. 1 HGB). Somit sind außergewöhnliche Geschäfte nicht durch die Handlungsvollmacht gedeckt. Außerdem kommt es darauf an, welche Handlungsvollmacht dem Angestellten erteilt wird und allein danach kann er Geschäfte vornehmen.
Weitere Einschränkungen gelten durch § 54 Abs. 2 HGB, welcher Rechtsgeschäfte auflistet, die ohne ausdrückliche Erklärung, nicht von der Handlungsvollmacht gedeckt sind.


4. Erlöschen der Handlungsvollmacht

Auch beim Erlöschen der Handlungsvollmacht gelten die allgemeinen Grundsätze des BGB. Allerdings wird hier im Gegensatz zur Prokura durch die Beendigung des der Vollmacht zu Grunde liegende Rechtsverhältnis die Handlungsvollmacht beendet (Vgl. § 168 BGB).


5. Sonderfälle

Sonderfälle der Handlungsvollmacht sind


  • ein Abschlussbevollmächtigter oder
  • ein Ladenangestellter.

Ein Abschlussbevollmächtigter gemäß § 55 Abs. 1 HGB ist betraut mit Abschlüssen von Geschäften außerhalb des Betriebes im Namen des Inhabers als Handelsvertreter oder Handlungsgehilfe. Einschränkungen werden durch die Absätze 2 und 3 bestimmt. Diese besagen, dass ein Abschlussbevollmächtigter nicht dazu berechtigt ist "abgeschlossene Verträge zu ändern" und "insbesondere Zahlungsfristen zu gewähren". Außerdem sind sie nur zur "Annahme von Zahlungen" berechtigt, "wenn sie dazu bevollmächtigt sind".
Sie gelten allerdings als ermächtigt, die Anzeige von Mängeln einer Ware, die Erklärung, dass eine Ware zur Verfügung gestellt werde, sowie ähnliche Erklärungen, durch die ein Dritter seine Rechte aus mangelhafter Leistung geltend macht oder sie vorbehält, entgegenzunehmen (Vgl. § 55 Abs. 4 HGB).

Ladenangestellte, welche in einem offenen Warenlager angestellt sind können gemäß § 56 HGB, Verkäufe und Empfangnahmen, die in einem derartigen Laden gewöhnlich geschehen, vornehmen. Ausgenommen sind Ankäufe durch Ladenangestellte!


C. Fallbeispiele Handelsrecht und Stellvertretung



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