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Thüringer Bauordnung [ThürBO]

Kommentar Prof. Dr. Sven Müller-Grune



§ 26
Allgemeine Anforderungen an das Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen




(1) Baustoffe werden nach den Anforderungen an ihr Brandverhalten unterschieden in

1. nichtbrennbare,

2. schwer entflammbare oder

3. normal entflammbare.

Baustoffe, die nicht mindestens normal entflammbar sind (leicht entflammbare Baustoffe), dürfen nicht verwendet werden; dies gilt nicht, wenn sie in Verbindung mit anderen Baustoffen nicht leicht entflammbar sind.

(2) Bauteile werden nach den Anforderungen an ihre Feuerwiderstandsfähigkeit unterschieden in

1. feuerbeständige,

2. hochfeuerhemmende oder

3. feuerhemmende;

die Feuerwiderstandsfähigkeit bezieht sich bei tragenden und aussteifenden Bauteilen auf deren Standsicherheit im Brandfall, bei raumabschließenden Bauteilen auf deren Widerstand gegen die Brandausbreitung. Bauteile werden zusätzlich nach dem Brandverhalten ihrer Baustoffe unterschieden in

1. Bauteile aus nichtbrennbaren Baustoffen,

2. Bauteile, deren tragende und aussteifende Teile aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen und die bei raumabschließenden Bauteilen zusätzlich eine in Bauteilebene durchgehende Schicht aus nichtbrennbaren Baustoffen haben,

3. Bauteile, deren tragende und aussteifende Teile aus brennbaren Baustoffen bestehen und die allseitig eine brandschutztechnisch wirksame Bekleidung aus nichtbrennbaren Baustoffen (Brandschutzbekleidung) und Dämmstoffe aus nichtbrennbaren Baustoffen haben und

4. Bauteile aus brennbaren Baustoffen.

Soweit in diesem Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes nichts anderes bestimmt ist, müssen

1. Bauteile, die feuerbeständig sein müssen, mindestens den Anforderungen des Satzes 2 Nr. 2 und

2. Bauteile, die hochfeuerhemmend sein müssen, mindestens den Anforderungen des Satzes 2 Nr. 3

entsprechen.

Quelle










Kommentierung







A. Normgeschichte







1. Historie







2. Gesetzesbegründung


§ 26 greift die allgemeinen Anforderungen an Baustoffe und Bauteile auf und vervollständigt sie, sodass darin das gesamte System der in der Thüringer Bauordnung verwendeten Begriffe und deren Zuordnung zueinander enthalten ist.

Absatz 1 Satz 1 benennt die Bezeichnungen für die Anforderungen an das Brandverhalten von Baustoffen. Satz 2 enthält das schon immer bestehende Verbot der Verwendung leicht entflammbarer Baustoffe.

Absatz 2 Satz 1 Halbsatz 1 benennt die Bezeichnungen für die Anforderungen an die Feuerwiderstandsfähigkeit von Bauteilen (feuerhemmend, feuerbeständig, hochfeuerhemmend). Den Begriffen entsprechen folgende Feuerwiderstandsdauern:
- feuerhemmend : 30 Minuten,
- hochfeuerhemmend: 60 Minuten,
- feuerbeständig: 90 Minuten.

Halbsatz 2 bezieht die Feuerwiderstandsfähigkeit auf die Funktionen, auf die es im Brandfall ankommt. Für tragende (auch unterstützende) und aussteifende Bauteile ist das die Standsicherheit im Brandfall, für raumabschließende Bauteile ihr Widerstand gegen die Brandausbreitung. Die Regelungen in den §§ 27 bis 41 stellen diese Funktionen jeweils klar.

Satz 2 benennt vier Typen der Baustoffverwendung von Bauteilen. Nummer 1 verlangt grundsätzlich nichtbrennbare Baustoffe. Bei Nummer 2, die häufig nach der Kurzbezeichnung in der sie konkretisierenden Prüfnorm als "AB-Bauweise" bezeichnet wird, sind die für die Tragfähigkeit und den Raumabschluss wesentlichen Teile nichtbrennbar. Nummer 3 erlaubt tragende und aussteifende Teile (innerhalb des Bauteils) aus Holz und mit einer brandschutztechnisch wirksamen Bekleidung. Diese Bekleidung wird technisch konkretisiert durch die als Technische Baubestimmung eingeführte "Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an hochfeuerhemmende Bauteile in Holzbauweise (M-HFHHolzR)". Während die Nummern 1 bis 3 Anforderungstypen nennen, die von Nummer 1 bis 3 abnehmend die Verwendung nichtbrennbarer Baustoffe in bestimmter Weise vorschreiben, ist Nummer 4 durch das Fehlen solcher Anforderungen gekennzeichnet; sie erfasst allgemein Bauteile aus brennbaren Baustoffen.

Satz 3 ordnet den Anforderungen "feuerbeständig" und "hochfeuerhemmend" Mindestanforderungen an die Baustoffe standardmäßig zu. Soweit in der Thüringer Bauordnung oder in Vorschriften aufgrund der Thüringer Bauordnung keine andere Baustoffverwendung verlangt oder zugelassen wird, ist mindestens die hier verlangte oder eine brandschutztechnisch bessere Ausführung (beispielsweise nach Satz 2 Nr. 2 anstelle von Satz 2 Nr. 3 oder Satz 2 Nr. 1 anstelle von Satz 2 Nr. 2) erforderlich. An Bauteile, die feuerhemmend sein müssen, werden standardmäßig keine besonderen Baustoffanforderungen gestellt.

Daraus ergeben sich folgende zulässige Kombinationen (X) der Feuerwiderstandsfähigkeit und Baustoffverwendung von Bauteilen:

Feuerbeständig und aus nichtbrennbaren BaustoffenFeuerbeständigHochfeuerhemmendFeuerhemmend
Alle Bestandteile sind nichtbrennbar (Satz 2 Nr. 1)XXXX
Tragende und aussteifende Teile sind nichtbrennbar (Satz 2 Nr. 2)-XXX
Tragende und aussteifende Teile sind brennbar; sie haben eine Brandschutzbekleidung (Satz 2 Nr. 3)--XX
Alle Teile sind brennbar zulässig (Satz 2 Nr. 4)---X


3. Verwaltungsvorschrift


Ausgehend von der Schutzzielformulierung des § 14 werden die allgemeinen Anforderungen an das Brandverhalten beschrieben und das System der Begriffe und deren Zuordnung zuei-nander bestimmt.
Die technische Umsetzung der Anforderungen erfordert die Zuordnung der bauordnungsrecht-lichen Begriffe zu Klassen von Baustoffen und Bauteilen, die sich auf Grund von Brandversu-chen nach technischen Regeln (DIN 4102, DIN EN 13501) ergeben. Diese Zuordnung ist in der Bauregelliste A Teil 1 unter Anlage 0.1 veröffentlicht.
Die bauaufsichtlichen Anforderungen sind bei Bauprodukten im Geltungsbereich harmonisier-ter Normen nach der Bauproduktenrichtlinie auch durch die europäische Klassifizierung der Feuerwiderstandsfähigkeit von Bauteilen bzw. des Brandverhaltens nachweisbar, soweit har-monisierte Bestimmungen vorliegen und Bauregelliste B Teil 1 keine abweichenden Regelun-gen trifft.
Die Anforderungen beziehen sich, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf die Beurteilung der Baustoffe und Bauteile im eingebauten Zustand. Bauteile, die auf Grund ihrer Materialeigen-schaft oder Bemessung die erforderliche Feuerwiderstandsdauer nicht aufweisen, müssen diese durch zusätzliche Schutzmaßnahmen wie Beschichtungen oder Bekleidungen errei-chen. Soweit Bekleidungen und somit die Oberfläche von Bauteilen nichtbrennbar oder schwer entflammbar sein müssen, ist deren Oberflächenbehandlung grundsätzlich in die Beur-teilung der Brennbarkeit mit einzubeziehen, es sei denn, es handelt sich um Beschichtungen bis 0,5 mm Dicke, um Anstriche oder um Tapeten auf Mauerwerk, Beton oder mineralischem Putz.


26.1 Baustoffe

Bauaufsichtliche BenennungBaustoffklasse nach DIN 4102
nicht brennbarA, A1, A2
brennbarB
schwer entflammbarB1
normal entflammbarB2
leicht entflammbarB3 (Verwendung verboten)

26.2.1 Bauteile nach dem Feuerwiderstand (vgl. auch Anlage 0.1 zur BRL A Teil 1 – 2013/2)

Bauaufsichtliche BenennungFeuerwiderstandsklasse
feuerbeständigF 90
hochfeuerhemmendF 60
feuerhemmendF 30

26.2.2 Bauteile nach dem Brandverhalten ihrer Baustoffe

1. Bauteile aus nichtbrennbaren StoffenA, A1, A2
2. Bauteile in wesentlichen Teilen aus nicht-brennbaren StoffenAB-Bauweise
3. Bauteile, deren tragende und aussteifen-de Teile aus brennbaren Stoffen bestehen und die allseitig eine Brandschutzbekleidung und Dämmstoffe aus nicht brennbaren Baustoffen habenBA-Bauweise
4. Bauteile aus brennbaren StoffenB, B1, B2


Zulässige Kombinationen von Feuerwiderstandsfähigkeit und Baustoffverwendung

Feuerwiderstandsfähigkeit der Bauteile
feuerbeständig u. aus nichtbrenn-baren Baustoffenfeuerbeständighochfeuerhemmendfeuerhemmend
Baustoffanforderungalle Bestandteile sind nicht brennbarXXXX
tragende u. aussteifende Teile sind nicht brennbar (Satz 3, Nr. 1) XXX
tragende u. aussteifende Teile sind brennbar und haben eine Brandschutzbe-kleidung (Satz 3 Nr.2) XX
alle Bestandteile sind brennbar X



B. Normauslegung


















Zitiervorschlag:
Müller-Grune Sven, Kommentar zur Thüringer Bauordnung, Schmalkalden 2017, § 26.





© Prof. Dr. Sven Müller-Grune





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