Übungsszenario: Die geerbte Druckerei
Familienstreit nach Tod des Firmeninhabers
A. Einführung
Bearbeitung eines Konflikts mit Hilfe der Mediation muss geübt werden. Der Überblick im Rahmen einer Lehrveranstaltung genügt nicht, diese Fähigkeit im ausreichenden Umfang zu vermitteln. Mit einer praktischen Übung soll dennoch ein Einblick in die Funktionsweise dieser Institution, die Rolle des Mediators und die im Prozess der Mediation auftretenden Probleme gegeben werden.
B. Beschreibung
Situation entsprechend dem Beispiel bei Andrea Budde, in: Strempel, Mediation für die Praxis, S. 100.
In einer vor 40 Jahren gegründeten Druckerei verstirbt der Firmeninhaber unerwartet nach einem Schlaganfall. Er hat kein Testament hinterlassen. Auf der einen Seite ist die hinterlassene Druckerei hoch verschuldet, auf der anderen steht sie vor dem Abschluss eines Großauftrags aus der Industrie, mit dem sowohl die finanzielle Lage des Unternehmens stabilisiert werden kann, wie auch ein gewinnträchtiges Geschäft für lange Jahre gewährleistet werden könnte. Die Verhandlungen sind weit fortgeschritten, die Konditionen mit dem Auftraggeber praktisch abgestimmt. Nach dem Tod des Firmeninhabers will sich der Auftraggeber lediglich versichern, dass das Unternehmen in der bisherigen Form fortgeführt wird.
Die Ehefrau des Druckereibetreibers, Eva (E), wohnt mit dem ältesten Sohn, Schluckauf (S) und möchte, dass S das Unternehmen fortführt. S ist allerdings arbeitsloser Jurist und Alkoholiker. Aus diesem Grund hält die Tochter der E, Tapfer (T), diesen Wunsch der Mutter für unverantwortlich. Sie möchte - als ausgebildete und bisher recht erfolgreiche Betriebswirtin - selbst die Druckerei "auf Vordermann" bringen. Der jüngere Sohn der E und ihres verstorbenen Ehemannes - Abenteuer (A) - lebt in Südafrika und hat kein Interesse am Unternehmen des Vaters, sehr wohl aber am Geld.
S hat auf die Bitte der E die Geschäftsleitung in der Druckerei sofort nach dem Tod des Vaters übernommen und ist bereits dem Auftraggeber gegenüber aufgetreten. T möchte gegen den - wie sie sagt - "Elefanten im Porzellanladen" rechtlich vorgehen und zieht die Rechtsanwaltskanzlei Rechtsverdreher & Co. (R) zu Rate, welche die Familie bereits seit Jahren unterstützt. A ist auf dem Weg aus Südafrika nach Hause, um an der Aufteilung des Erbes teilzunehmen. Die Stimmung wird immer angespannter.
C. Rollen
1. Ehefrau (E)
Die Ehefrau wünscht sich, dass Frieden in der Familie herrscht. Sie weiß, dass sich S nicht immer korrekt verhielt. Die Vorgehensweise der T, die aus Protest gegen S die Familie mehr oder weniger boykottiert, ist aus ihrer Sicht noch schlimmer. Was das Geld angeht, sollen die Kinder an der Erbschaft nach gerechten Regeln alle partizipieren. Niemand soll benachteiligt werden.
Die Ehefrau wünscht sich, dass Frieden in der Familie herrscht. Sie weiß, dass sich S nicht immer korrekt verhielt. Die Vorgehensweise der T, die aus Protest gegen S die Familie mehr oder weniger boykottiert, ist aus ihrer Sicht noch schlimmer. Was das Geld angeht, sollen die Kinder an der Erbschaft nach gerechten Regeln alle partizipieren. Niemand soll benachteiligt werden.
2. Schluckauf (S)
Dem S ist die Firma des Vaters egal. Der Mutter zuliebe übernimmt er die Pflichten, klar. Aber sonst macht er dies eigentlich nur, um das Feld der Schwester T nicht zu überlassen. Sie hat so viel schlechte Stimmung in der Familie verbreitet, dass sie nun auf keinen Fall zu viel bekommen darf. Einen Hacken hat die Sache noch: die ganze Familie (bis auf die T) hat in letzter Zeit von der Druckerei gelebt. Also muss sie weiter funktionieren, sonst kann S weder sich noch die Mutter E über Wasser halten - große Vorsorge hat der Vater hier auch nicht getroffen...
Dem S ist die Firma des Vaters egal. Der Mutter zuliebe übernimmt er die Pflichten, klar. Aber sonst macht er dies eigentlich nur, um das Feld der Schwester T nicht zu überlassen. Sie hat so viel schlechte Stimmung in der Familie verbreitet, dass sie nun auf keinen Fall zu viel bekommen darf. Einen Hacken hat die Sache noch: die ganze Familie (bis auf die T) hat in letzter Zeit von der Druckerei gelebt. Also muss sie weiter funktionieren, sonst kann S weder sich noch die Mutter E über Wasser halten - große Vorsorge hat der Vater hier auch nicht getroffen...
3. Abenteuer (A)
Ihm sind die Familie und das Unternehmen nicht besonders wichtig - er hat sich schon vor Jahren nach Afrika abgesetzt und arbeitet dort ehrenamtlich in der Entwicklungshilfe. Seinen Anteil nimmt er aber gern - zum einen könnte er damit in Afrika helfen, zum anderen sich dort irgendwie einrichten. Langsam möchte er auch eine eigene Familie haben, dafür ist aber durch seinen Lebensstil keinerlei Grundlage vorhanden. Kurz: er unterschreibt alles, wenn er möglichst schnell Geld bekommt.
Ihm sind die Familie und das Unternehmen nicht besonders wichtig - er hat sich schon vor Jahren nach Afrika abgesetzt und arbeitet dort ehrenamtlich in der Entwicklungshilfe. Seinen Anteil nimmt er aber gern - zum einen könnte er damit in Afrika helfen, zum anderen sich dort irgendwie einrichten. Langsam möchte er auch eine eigene Familie haben, dafür ist aber durch seinen Lebensstil keinerlei Grundlage vorhanden. Kurz: er unterschreibt alles, wenn er möglichst schnell Geld bekommt.
4. Tapfer (T)
Die Tochter des Unternehmers ist genau wie Papa es mal war: stur, zielstrebig und clever. So hat sie schon in vielen Unternehmen erfolgreich mitgearbeitet. Ein Fall, wie der des Familienunternehmens, ist ihr auch nicht fremd, also könnte sie hier helfen. Sie würde gern mit ihrer Unterstützung der Familie helfen und vielleicht zumindest einen Teil dessen wiedergutmachen, was durch ihre Sturheit gegenüber dem Versager-Bruder S in der Familie kaputt gegangen ist. Ihr ist klar, dass nur eine klare Rechtslage des Unternehmens eine effiziente Fortführung ermöglichen würden. Allerdings geht es nicht so, wie es der S angegangen ist - erst mal ein neues Auto leasen usw... Er muss auf jeden Fall gestoppt werden.
Die Tochter des Unternehmers ist genau wie Papa es mal war: stur, zielstrebig und clever. So hat sie schon in vielen Unternehmen erfolgreich mitgearbeitet. Ein Fall, wie der des Familienunternehmens, ist ihr auch nicht fremd, also könnte sie hier helfen. Sie würde gern mit ihrer Unterstützung der Familie helfen und vielleicht zumindest einen Teil dessen wiedergutmachen, was durch ihre Sturheit gegenüber dem Versager-Bruder S in der Familie kaputt gegangen ist. Ihr ist klar, dass nur eine klare Rechtslage des Unternehmens eine effiziente Fortführung ermöglichen würden. Allerdings geht es nicht so, wie es der S angegangen ist - erst mal ein neues Auto leasen usw... Er muss auf jeden Fall gestoppt werden.
5. Kanzlei R
Die Rechtsanwälte der Kanzlei R sind nicht nur hervorragende Familien- und Erbrechtler, sondern auch als Mediatoren in der Wirtschaft tätig. Es sieht aus ihrer Sicht im vorliegenden Fall sehr nach einem eskalierenden Konflikt aus. Wird die negative Spirale nicht aufgehalten, bleibt am Ende nichts vom Unternehmen übrig und alle gehen leer aus. Bei manchen ist hier sogar die Existenz bedroht.
Die Rechtsanwälte der Kanzlei R sind nicht nur hervorragende Familien- und Erbrechtler, sondern auch als Mediatoren in der Wirtschaft tätig. Es sieht aus ihrer Sicht im vorliegenden Fall sehr nach einem eskalierenden Konflikt aus. Wird die negative Spirale nicht aufgehalten, bleibt am Ende nichts vom Unternehmen übrig und alle gehen leer aus. Bei manchen ist hier sogar die Existenz bedroht.
Aus den der Kanzlei vorliegenden, aus verlässlichen Quellen stammenden Informationen, folgt, dass das Unternehmen bereits in wenigen Wochen Insolvenz anmelden muss, wenn die Vorschüsse aus dem verhandelten Großauftrag nicht kommen. Vor diesem Hintergrund möchten die Anwälte eine Mediation vorschlagen.
CategoryKonfliktmanagement