Chria Verbalis über Antisthenes
Sein philosophischer Standpunkt gibt sich [unter anderem in folgenden Satz] kund: „Die Tugend bestehe im Handeln und bedürfe weder vieler Worte noch Lehren.“
Diogenes Laertius über Antisthenes
Lob des Urhebers
Antisthenes war einer der wichtigsten Schüler des Sokrates (469 – 399 v. Christus) und lebte zwischen 455 und 360 v. Christus im alten Athen. Er verachtete die Blasphemie, die Überheblichkeit und den Drang zum Kollektivismus und brachte das gesunde Misstrauen gegenüber dem Wir und damit auch gegen den Grundsatz: „Gemeinsam sind wir stark“ in die griechische Philosophie ein. Auf diesem geistigen Fundament steht auch Antisthenes Gründung der Philosophenschule der Kyniker.
Umschreibung
Mit der Aussage: „Die Tugend bestehe im Handeln und bedürfe weder vieler Worte noch Lehren“ meint Antisthenes, dass das tugendhafte Handeln über dem Wissen von der Tugend steht. Es ist für jeden Einzelnen und die Gesellschaft wichtig, zu handeln statt nur über Taten zu sprechen und zu philosophieren.
Beweis
Vernunftmäßige Handlungen führen zum Erreichen der persönlichen Vorstellungen, nicht nur das Reden und das Ergründen dieser. Denn das Ziel der Einhaltung einer Tugend ist es, das höchstmögliche Glück zu erreichen. Dieses Glück kann jedoch nur erreicht werden, indem Taten vollbracht werden, die der Vernunft nicht entgegenwirken.
Widerspiel
Würde über die Tugenden nur geredet und diskutiert werden, statt tugendhaft zu handeln, würden sich die Strukturen des Zusammenlebens radikal ändern. Die Kriminalität würde steigen und aus einer friedlichen Gesellschaft würde ein Kriegsgebiet werden. Durch die Einhaltung von Tugenden, die in der heutigen Zeit meist als Gesetze und Normen existieren, wird dieses Szenario verhindert.
Gleichnis
Ein blühender, schön anzusehender Garten erstrahlt durch körperliche Arbeit. So ist es auch mit dem tugendhaften Handeln. Alleine vom Denken entsteht kein florierender Garten mit einer Vielzahl von Pflanzenarten.
Beispiel
Im zweiten Weltkrieg versteckten viele Menschen verfolgte Juden bei sich. Sie handelten tugendhaft und uneigennützig. Wenn sie nur darüber geredet und nichts getan hätten, wären viele schreckliche Morde nicht verhindert worden.
Zeugnis
Auch der deutsche Rechtsgelehrte Karl Salomo Zachariä von Lingenthal (1769 – 1843) war der Meinung: „Die Tugend ist nicht ein Wissen, sondern ein Wollen.“ Wie Antisthenes war auch Lingenthal der Meinung, dass es nicht ausreicht, nur über die Tugend nachzudenken.
Beschluss/Zusammenfassung
Antisthenes will uns mit seiner Aussage begreifbar machen, dass wir um die Gesetze der Tugend wissen und nach ihnen leben sollen. Nur so kann unsere Gesellschaft geistig wachsen und sich weiterentwickeln.