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Dies ist eine alte Version von RechtderDigitalisierungHaftungserleichterungen erstellt von PaulK am 2018-09-10 11:40:29.
Berücksichtigung von Haftungserleichterungen des TMG
Wie bereits hier beschrieben kann es sich bei der Maschinenkommunikation innerhalb vernetzter IT- und Maschinensysteme um ein sog. Telemedium handeln. In diesem Fall können die Haftungserleichterungen, die bei der technischen Erbringung von Telemedien in §§ 7-10 TMG vorgesehen sind, zugunsten der Betreiber dieser Systeme eingreifen.
Die Grundprinzipien dieser Haftungserleichterungen sind:
- während für die Bereitstellung oder Sendung eigener Informationen durch sog. Content-Provider uneingeschränkt gehaftet wird (§ 7 Abs. 1 TMG), kann die technische Verbreitung fremder Informationen haftungsrechtlich privilegiert sein;
- bei der technischen Verbreitung fremder Informationen sind die Haftungserleichterungen in §§ 8-10 TMG danach gestuft, welche Eingriffsmöglichkeiten der Provider (d.h. der Anbieter der technischen Verbreitung) auf die Inhalte hat;
- es gibt keine allgemeine Überwachungspflicht (§ 7 Abs. 2 TMG).
Abbildung: Haftungsmodell des TMG
Die Differenzierung bei der Haftung für die technische Verbreitung fremder Informationen erfolgt angesichts der Einflussmöglichkeiten auf die übermittelten Informationen durch die verschiedenen Providertypen. Dabei sind die Übergänge nicht trennscharf und viele Internet-Provider bieten mehrere oder alle der möglichen Dienstleistungen an:
- Access-Provider sind die Diensteanbieter, die lediglich den technischen Internet-Zugang im Rahmen eines an das Internet angeschlossenen Kommunikationsnetzes anbieten; im Rahmen dieser Dienstleistung kommt es zur reinen technischen Durchleitung von Informationen mit technisch bedingten kurzzeitigen Zwischenspeicherungen (vgl. § 8 Abs. 2 TMG); die Access-Provider haben dadurch keine Kenntnis von den Inhalten, die die Nutzer über ihren Internet-Zugang bereitstellen oder abrufen; daher sind die Access-Provider nach § 8 Abs. 1 TMG von der Haftung für rechtwidrige Informationen, die sie nur durchleiten, befreit;
- Caching-Provider sind Diensteanbieter, die durch nicht nur vorübergehende Speicherung großer Datenmengen auf zentralen Internet-Servern den Datenfluss im Internet effektiv und schnell halten; ihre Tätigkeit liegt damit im Interesse aller Internet-Nutzer; daher wird ihre Haftung für von ihnen gespeicherte rechtswidrige Inhalte trotz der Zugriffsmöglichkeiten nach § 9 TMG erleichtert; Voraussetzung ist allerdings, dass sie keinen Einfluss (insb. Veränderung) auf die Informationen nehmen (also reine Speicherung), dass sie die gespeicherten Daten aktualisieren und bei Kenntnis rechtwidriger Informationen diese unverzüglich löschen;
- Service-Provider sind Diensteanbieter, die über technische Plattformen Nutzern die Möglichkeit zur Bereitstellung von Informationen bieten (Beispiel: eBay; Amazon); sie tragen nach § 10 S. 1 TMG Verantwortung für die Verbreitung rechtswidriger Informationen über ihre Plattform, es sei denn, dass sie keine positive Kenntnis der rechtswidrigen Informationen oder der rechtswidrigen Bereitstellung hatten bzw. diese unverzüglich nach Kenntniserlangung löschen oder den Zugang hierzu sperren.
Abbildung: Haftungsregeln für verschiedene Provider-Typen
Soweit die Betreiber vernetzter IT- und Maschinensysteme gleichzeitig auch die industriellen Nutzer dieser Systeme in Produktion und Vertrieb sind, wird eine Haftungserleichterung als Access-Provider oder Service-Provider kaum in Betracht kommen. Dieser Gesichtspunkt kann für eine gesellschaftsrechtliche Entflechtung im Sinne einer Betreibergesellschaft für die Systeme und einer oder mehrerer Nutzergesellschaften sprechen.
Soweit es um unternehmens- und konzernübergreifende Systeme geht, kann für das nicht an rechtswidriger Maschinenkommunikation beteiligte Unternehmen ggfs. die Haftungserleichterung als Service-Provider angewendet werden.
Der oben genannte Grundsatz der Überwachungsfreiheit von Kommunikation über Telemedien nach § 7 Abs. 2 TMG ist durch die Rechtsprechung mittlerweile dadurch eingeschränkt worden, dass die allgemeinen Grundsätze der sog. Störerhaftung bei technischer Beteiligung an Internet-Kommunikation von der Rechtsprechung des BGH geschärft wurden. Störer ist jeder, der ohne Täter oder Teilnehmer einer rechtswidrigen Handlung zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines absoluten Rechts beiträgt (s. BGH MMR 2008, 531, 533). Da die Bereitstellung von rechtswidrigen Inhalten im Internet nicht ohne einen Internet-Anschluss möglich ist, kann der Access-Provider damit der Störerhaftung unterfallen.
- Die Überwachungsfreiheit nach § 7 Abs. 2 TMG bedeutet, dass ein Internet-Dienstleister die Durchleitung, Speicherung oder Bereitstellung fremder Informationen niemals präventiv kontrollieren muss. Dies bedeutet insbesondere der Verzicht auf Filtersoftware, die bei bestimmten rechtswidrigen Begriffen reagiert und eine Löschung bzw. Sperrung der mit diesen Begriffen zusammenhängenden Inhalte auslöst. Hintergrund dieser Überwachungsfreiheit ist zum einen die Abwägung der geringen Verantwortlichkeit rein technisch tätiger Provider mit den Vorteilen der Internetkommunikation für die Meinungs- und Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG. Zum anderen besteht bei zu hohen Anforderungen an die Überwachung bei vergleichsweise seltenen Fällen der rechtswidrigen Bereitstellung von Informationen bzw. Bereitstellung rechtwidriger Informationen die Gefahr, dass eigentlich erlaubte Geschäftsmodelle nicht mehr umgesetzt werden können. Ausnahmen von dieser Überwachungsfreiheit sieht die Rechtsprechung allenfalls bei mehrfachen gleichartigen Rechtsverstößen gegen den gleichen Rechtsinhaber oder bei besonderen Gefahren für die Öffentlichkeit vor.
- Die Störerhaftung dagegen kann auch gegenüber rein technischen Providern eingreifen, weil der BGH die §§ 8-10 TMG nicht auf Unterlassungsansprüche anwenden will (BGH MMR 2008, 531, 532). Zwar hält der BGH auch dann eine präventive Prüfungspflicht grundsätzlich für nicht mit den erlaubten Geschäftsmodellen der Internetprovider für vereinbar. Dies gelte vor allem, soweit eine solche umfassende Prüfungspflicht auf rechtswidrig bereitgestellte Informationen oder bereitgestellte rechtswidrige Informationen technisch nicht möglich oder mit einem unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Aufwand verbunden ist. Bei Hinweisen auf eine Rechtswidrigkeit besteht aufgrund der Störerhaftung allerdings die Pflicht zur unverzüglichen Löschung oder Sperrung dieser Inhalte (vgl. § 10 TMG). Soweit mehrfache gleichgelagerte Verletzungen gegenüber dem gleichen Rechtsinhaber erfolgen, kann aber auch ein präventiv wirkendes Filtersystem im Rahmen der Störerhaftung gefordert werden.
Insbesondere bei Vernetzung von IT-Systemen und Maschinen über eine Vielzahl von Unternehmen kann daher – jedenfalls bei der Gefahr einer Verarbeitung oder Speicherung fremder rechtswidriger Daten – die Installationen von Filtersystemen sinnvoll sein. Letztendlich ist dies aber eine wirtschaftliche Frage in Abwägung zur Möglichkeit von Haftungsfällen.
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Autor: Prof. Dr. Ulf Müller
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