Ausformuliertes Gutachten
AGL: § 433 BGB
Ein wirksamer Kaufvertrag gem. § 433 BGB könnte entstanden sein. Voraussetzung hierfür ist eine Einigung zwischen den beiden Vertragsparteien im Sinne des § 433 BGB. Dazu müssten also zwei korrespondierende Willenserklärungen in Form eines Angebots und einer Annahme abgegeben worden sein. Laut Sachverhalt haben S und J zwei korrespondierende Willenserklärungen in Form eines Angebots und einer damit inhaltlich übereinstimmenden Annahme über den Verkauf der CD zum Preis von 20€ abgegeben und damit einen Kaufvertrag geschlossen.
Allerdings müsste der Kaufvertrag zwischen S und J auch wirksam zustande gekommen sein. Der Vertrag wäre wirksam zustande gekommen, wenn kein Wirksamkeitshindernis vorliegen würde. Laut Sachverhalt könnte aufgrund der eventuell beschränkten Geschäftsfähigkeit der S ein Wirksamkeitshindernis vorliegen.
S könnte also gem. § 106 BGB beschränkt geschäftsfähig sein. Dazu müsste S zu dem Personenkreis der beschränkt Geschäftsfähigen gehören. Darunter fällt jeder der das 7. Lebensjahr gem. § 106 BGB jedoch noch nicht das 18. Lebensjahr gem. § 2 BGB vollendet hat. In unserem Fall ist S 13 Jahre alt. Folglich ist S nur beschränkt geschäftsfähig gem. § 106 BGB.
Aufgrund der beschränkten Geschäftsfähigkeit der S könnten die Einigung und damit der KV unwirksam sein.
Allerdings könnte die Einigung jedoch trotz der beschränkten Geschäftsfähigkeit der S wirksam gem. § 107 BGB sein. Voraussetzung dafür ist, dass für S im Rahmen des CD-Kaufes ein lediglich rechtlicher Vorteil gem. § 107 BGB vorliegt. Ein lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft liegt immer dann vor, wenn von dem beschränkt Geschäftsfähigen keine Gegenleistungen (Verpflichtungen) geleistet werden muss. Durch ihre Willenserklärung verpflichtet sich S zur Zahlung des Kaufpreises i.H.v. 20 € gem. § 433 II BGB. Dadurch nimmt S eine Schuldnerstellung ein, was rechtlich nachteilhaft für S ist. Somit liegt kein lediglich rechtlicher Vorteil gem. § 107 BGB vor.
Die Einigung könnte jedoch auch ohne Vorliegen eines lediglich rechtlichen Vorteils wirksam gem. § 107 BGB sein. Dafür müsste der gesetzliche Vertreter gem. § 107 BGB in das Rechtsgeschäft zwischen S und J eingewilligt haben. Gem. § 1629 I 2 Hs. 1 i.V.m. § 1626 I BGB sind die gesetzlichen Vertreter eines Kindes die Eltern. In unserem Fall schreiten die Eltern der S ein. Somit sind M und V die gesetzlichen Vertreter der S und es kommt auf die Einwilligung von M und V in den Kaufvertragsschluss an. Die Eltern der S könnten in den Kaufvertragsschluss der S mit dem J eingewilligt haben. Eine Einwilligung ist gem. § 183 S. 1 BGB i.V.m. § 182 BGB die vorherige Zustimmung. In unserem Fall haben V und M in den Kauf der CD nicht ausdrücklich eingewilligt. Somit würde es an einer Einwilligung der gesetzlichen Vertreter fehlen. In Betracht kommen könnte jedoch, dass V und M konkludent in den Kaufvertrag zwischen S und J eingewilligt haben, indem sie der S die 20€ überlassen haben. Allerdings haben in unserem Fall V und M der S die 20€ gegeben, damit diese sich einen Füller kaufen kann. Sie haben also die Art des abzuschließenden Vertrags („Kauf eines Füllers“) genau angegeben. S hat sich allerdings von dem Geld die CD gekauft. Somit scheidet auch die Möglichkeit einer konkludenten Einwilligung von M und V aus. Folglich liegt keine Einwilligung gem. § 107 BGB vor. Der Vertrag ist somit zunächst schwebend unwirksam.
Die Einigung zwischen S und J könnte allerdings auch ohne die erforderliche Einwilligung des gesetzlichen Vertreter gem. § 108 I BGB wirksam werden. Voraussetzung hierfür ist das Vorliegen einer Genehmigung durch den gesetzlichen Vertreter gem. § 108 I BGB. Eine Genehmigung ist gem. § 184 I i.V.m. § 182 BGB die nachträgliche Zustimmung. In unserem Fall sind M und V auch nachdem sich S die CD gekauft hat, nicht mit dem Kauf einverstanden. Somit liegt keine Genehmigung durch M und V gem. § 108 I BGB vor.
Die Einigung könnte jedoch gem. § 110 BGB wirksam sein. Dazu müsste die Leistung mit eigenen Mitteln bewirkt worden sein. Unter den Begriff der eigenen Mittel zählen Mittel, die dem beschränkt Geschäftsfähigen zu diesem Zweck oder zur freien Verfügung überlassen worden sind. S wurden die 20€ nicht zur freien Verfügung gegeben. S wurden die 20€ zum Zweck des Kaufs eines Füllers überlassen. S kauft jedoch eine CD, was nicht der von den Eltern beabsichtigte Zweck ist. Somit kommt eine Wirksamkeit der Einigung nach § 110 BGB ebenfalls nicht in Betracht.
Demnach liegt keine Ausnahme zu dem Wirksamkeitshindernis der beschränkten Geschäftsfähigkeit der S vor. Schlussfolgernd tritt aufgrund der beschränkten Geschäftsfähigkeit der S ein Wirksamkeitshindernis ein. Somit ist die Einigung zwischen S und J unwirksam. Folglich ist auch der Kaufvertrag zwischen S und J nichtig.