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Dies ist eine alte Version von KlausurfallWIPR1FalscheUrlaubszeit erstellt von WojciechLisiewicz am 2022-06-16 13:57:20.

 

Fallbeispiel WIPR 1

die falsche Urlaubszeit


Sachverhalt

Die Freunde T und B möchten mit ihren Familien gemeinsam Urlaub verbringen. T soll für Juli 2022 eine Ferienwohnung aussuchen und reservieren. Bezahlen soll B. Da B eine auf ihn lautende Rechnung benötigt, bittet er T, direkt für ihn zu unterschreiben, deshalb gibt er T ein Schreiben mit entsprechender Vollmacht. Dabei verschreibt sich B aber, so dass darin folgender Satz enthalten ist: „Hiermit ermächtige ich Herrn T, in meinem Namen eine Ferienwohnung für 2 Wochen im Juni 2022 zu mieten.“

Einige Wochen nach Abstimmung zwischen T und B sucht T die Wohnung und findet ein ansprechendes Angebot des V. T hat mittlerweile vergessen, wann die Reise geplant war und da beide Familien noch kleine Kinder im Vorschulalter haben, stört ihn nicht, dass in der Vollmacht von Juni die Rede ist. Er fragt V an, ob 2 Wochen im Juni möglich wären, was V kurz darauf per E-Mail bestätigt und dem T anbietet, die große Wohnung für 3.600,- EUR im gewünschten Zeitraum im Juni zu überlassen.

T bestätigt V gegenüber die Buchung und übersendet B die Buchungsdaten. B sieht den falschen Zeitraum und fragt T, wie das passieren konnte, wenn sie doch Juli vereinbart hätten. T verweist auf die Vollmacht. B und seine Ehefrau versuchen, den bereits beantragten Urlaub zu verschieben, es gelingt ihnen jedoch nicht. B schreibt deshalb an T und V eine E-Mail, in der er den Sachverhalt und gesamten Vorgang erläutert, insbeson­dere auf das irrtümlich verfasste Schreiben für T hinweist und „von dem Ganzen Abstand nehmen“ will.

V besteht auf Zahlung des Mietzinses in Höhe von 3.600,- EUR, da er die Wohnung nachweislich zu diesem Preis anderweitig hätte vermieten können. Dies gehe nun nicht mehr. Wenn T und B nicht kämen, spart V dadurch nichts.

Welche Ansprüche hat V?

Anspruch V gegen B auf Zahlung des Mietzinses


V könnte gegen B einen Anspruch auf Zahlung des Mietzinses in Höhe von 3.600,- EUR gem. § 535 Abs. 2 BGB haben. Dies setzt voraus, dass V den Anspruch erworben und nicht verloren hat und dass der Anspruch auch durchsetzbar ist.

V könnte den Anspruch erworben haben. Dies ist dann der Fall, wenn zwischen V und B ein Mietvertrag abgeschlossen wurde, dieser Vertrag eine Miete in Höher von 3.600,- EUR zum Gegenstand hatte und er auch wirksam ist.

A. Vertragsschluss
Der Vertrag zwischen V und B könnte abgeschlossen worden sein. Dafür muss ein Angebot vorliegen, das anschließend angenommen wurde, das Angebot bei Annahme bindend war und beide Erklärungen auch übereinstimmen.

1. Angebot seitens V
Laut Sachverhalt findet T ein "Angebot" einer Wohnung des V. Dabei kann es sich nur um ein Inserat oder ein ähnliches "Angebot" in welcher Form auch immer handeln, das an einen unbestimmten Adressatenkreis gerichtet ist. Damit wird einem solchen "Angebot" regelmäßig der Rechtsbindungswille fehlen, so dass darin kein Angebot bzw. rechtsgeschäftlicher Antrag i. S. d. § 145 BGB liegen kann.
Das von T gefundene "Angebot" ist noch kein Antrag im Sinne des Vertragsschlusses.

2. Angebot seitens B
Die Anfrage des T bei V könnte ein Angebot des B darstellen. Ungeachtet der Frage der Zurechnung dieser Erklärung stellt sich allerdings die Frage, ob sie auch ein Angebot i. S. d. § 145 BGB darstellte. In der Anfrage ist nur von der Wohnung für einen bestimmten Zeitraum die Rede, der Mietzins wird aber noch nicht erwähnt und erst zum späteren Zeitpunkt durch V genannt. Damit fehlen auch hier Voraussetzungen für den Rechtsbindungswillen seitens T, mit denen ein Angebot vorliegen könnte. Ein Angebot ist auch in der Anfrage nicht zu sehen.

3. Angebot seitens V bei Antwort auf Anfrage des T
Das Angebot könnte darin liegen, dass V dem T auf seine Anfrage antwortet und die Wohnung für 2 Wochen im Juni zum Preis von 3.600,- EUR offeriert. Dafür müsste es sich um eine Willenserklärung mit dem Inhalt Vertragsangebot handeln, die abgegeben und dem Adressaten zugegangen ist.

a. Willenserklärung mit dem Inhalt Angebot
V antwortet T auf seine Anfrage mit dem Vorschlag, dass T die Wohnung für 3.600,- EUR im benannten Zeitraum haben kann. Dies ist eine Willenserklärung mit dem Inhalt eines Vertragsangebotes zu den genannten Konditionen.

b. Abgabe
Mit der Versendung der Bestätigungs-E-Mail an T gibt V die Erklärung auch ab.

c. Zugang
Die Angebotserklärung könnte dem anderen Vertragspartner zugegangen sein.
Der Vertragspartner soll hier B sein. Die E-Mail ist hier aber nur an T gerichtet gewesen. Damit konnte sie dem B vorerst gar nicht zugehen. Es stellt sich deshalb die Frage, ob ein eventueller Zugang bei T ausreicht. Dies ist dann der Fall, wenn die Erklärung so in den Machtbereich des T gelangt ist, dass ihm die Kenntnisnahme möglich war und dies dem B im Wege einer (passiven) Vertretung zugerechnet werden kann.

(1) Zugang bei T
T bestätigt V gegenüber die Buchung. Insofern hat T die Nachricht des V lesen können. Die Erklärung des V ist dem T zugegangen.

(2) Zurechnung gem. § 164 Abs. 1 BGB i. V. m. § 164 Abs. 3 BGB
Der Zugang bei T könnte dem B zugerechnet werden. Dafür muss T in der Lage sein, eigene Willenserklärungen abzugeben bzw. den Vertragsschluss ohne weitere Konsultationen mit B zu vollziehen. Ferner müsste T die Erklärung im fremden Namen empfangen und dies müsste offenkundig für den anderen sein.
T empfängt die Erklärung des V um eigenständig eine Buchung für und im Namen des B vorzunehmen. Es war nicht abgemacht, dass T die Buchungsinformationen dem B zur Entscheidung vorlegt. Damit ist T Vertreter des B.
T soll die Rechnung nicht bezahlen und handelt auf der Grundlage einer Vollmacht des B. Damit bucht T die Wohnung nicht für sich, sondern im Namen des B.
Inwiefern T gegenüber V offenlegt, dass er für B handelt, lässt sich aus dem Sachverhalt nicht schließen. Ungeachtet der Möglichkeit, bei einem Rechtsgeschäft für den, den es angeht, auf die Offenlegung der Vertretung zu verzichten, wird nachstehend davon ausgegangen, dass T den V über Buchung für B unterrichtet. Unter dieser Annahme sind in diesem Fall die Vertretungsvoraussetzungen erfüllt.
(Zurechnung gem. § 164 BGB - alle Voraussetzungen erfüllt!) insofern (+)

Der Zugang bei T ist dem B zuzurechnen.

d. Zwischenergebnis
Ein Angebot seitens V liegt vor.

4. Annahme
Das Angebot könnte seitens B angenommen worden sein. Die Bestätigung der Buchung durch T ist erfolgt. Wie bereits beim Zugang des Angebotes festgestellt, handelte T hier als Vertreter des B. Demnach kann auch die Annahme durch T dem B gem. § 164 BGB zugerechnet werden.
Annahme seitens B liegt vor.

5. Annahmefähigkeit
Das Angebot des V war bei dessen Annahme durch B (vertreten durch T) noch bindend, so dass an der Annahmefähigkeit keine Zweifel bestehen.

6. Konsens
Die Annahmeerklärung des T stimmt mit dem Angebot des V (Wohnung im Juni für 3.600,- EUR) überein. Ein Konsens zum Abschluss eines Vertrages wurde erzielt.

7. Zwischenergebnis
Ein Vertrag zwischen V und B (vertreten durch T) wurde gem. §§ 145 ff. BGB abgeschlossen.

B. Vertragsinhalt
Der Vertrag müsste einen Mietzins in Höhe von 3.600,- EUR zum Gegenstand haben. Dies ist der Fall. Damit würde B dem V auf der Grundlage des hier vorliegenden Vertrages einen Mietzins in Höhe von 3.600,- EUR schulden.

C. Wirksamkeit
Der Vertrag zwischen V und B könnte allerdings unwirksam sein. Dies ist dann der Fall, wenn ein Wirksamkeitshindernis vorliegt. In Betracht kommt hier Unwirksamkeit wegen Anfechtung durch B gem. § 142 Abs. 1 BGB sowie wegen Mangel der Vertretungsmacht gem. § 177 Abs. 1 BGB.

1. Anfechtung
Der Vertrag könnte - nachdem B geäußert hat, dass er "von dem Ganzen Abstand nehmen will" - gem. § 142 Abs. 1 BGB infolge Anfechtung unwirksam sein. Dafür muss die Anfechtung zulässig sein, es muss ein Anfechtungsgrund vorliegen, die Anfechtung muss erklärt worden sein. Ferner darf die Anfechtung nicht ausgeschlossen und die Anfechtungsfrist muss eingehalten worden sein.

a. Zulässigkeit
Anfechtung eines Mietvertrages ist grundsätzlich zulässig.

b. Anfechtungsgrund
Es könnte ein Anfechtungsgrund vorliegen. Dies ist dann der Fall, wenn ein Willensmangel vorliegt, der zu einer Anfechtung berechtigt und dieser Willensmangel bei der maßgeblichen Person i. S. d. § 166 BGB festzustellen ist. Ungeachtet eines denkbaren Willensmangels bei B (er hat sich bei Ausfertigung der Vollmacht für T eindeutig verschrieben) stellt sich die Frage, wer hier einem Willensmangel unterliegt. Im Falle einer Vertretung sieht § 166 Abs. 1 BGB vor, dass der Vertrag nur dann angefochten werden kann, wenn der Vertreter einem Willensmangel unterlag. B ist im vorliegenden Fall nicht der Vertreter, sondern der Vertretene, so dass es auf seinen Irrtum nicht ankommt.
Achtung! die Lösung des Falles erfolgt hier strikt nach dem Wortlaut des § 166 BGB. Wer allerdings - zu Recht - daran zweifelt, inwiefern nicht auch § 166 Abs. 2 BGB auf Fälle von Willensmängeln (und nicht nur Wissenszuständen) analog anzuwenden ist, liegt richtig und eine abweichende Lösung wäre bei korrekter Begründung zu würdigen!

Demzufolge liegt bei erklärenden Personen kein Anfechtungsgrund vor, so dass eine Anfechtung der vertraglichen Erklärungen durch B nicht in Betracht kommt.

2. Vertretungsmacht


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