Internationaler Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht II
3.6 - Informationsgesellschafts - Richtlinie
Zielsetzung |
Die wichtigste Richtlinie auf dem Gebiet des Urheberrechts ist bisher die Richtlinie 2001/29/EG vom 22.5.2001, die zum Ausgangpunkt die Rechtsvereinheitlichung des Urheberrechts für die durch das Internet und andere moderne Medien geprägte Informationsgesellschaft hatte, aber darüber hinaus weite Teile des Urheberrechts europaweit harmonisierte (daher teilweise auch Harmonisierungs-RL genannt). Insbesondere durch die Erwägungsgründe 9 und 11 der Richtlinie formuliert die EU dabei ein urheberrechtliches Leitbild für die EU. Der wesentliche Regelungsbereich der Richtlinie zu den wirtschaftlichen Rechten des Urhebers einerseits und den gesetzlichen Beschränkungen dieser Rechte stellt sich dabei als ein Regel-Ausnahme-Komplex dar. |
Richtlinieninhalt |
Dementsprechend lassen sich die Regelungskomplexe der Richtlinie voneinander trennen. Zunächst werden die Verwertungsrechte des Urhebers vereinheitlicht, in ihrem Umfang ausformuliert und gestärkt. Dies gilt insbesondere für die in der traditionellen Medienwirtschaft bedeutsamsten Verwertungsrechte für Vervielfältigung und Verbreitung (mit Erschöpfungsgrundsatz). Sodann werden in Art. 3 RL neue zusätzliche Verwertungsrechte eingeführt, so das (im Vergleich zur Satellitenfernsehen-RL) umfassende Recht zur öffentlichen Widergabe und – beruhend auf den internationalen WCT und WTTP-Verträgen – das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung. Siehe hierzu auch folgendes Urteil: EuGH, U. v. 9.2.2012 - C-277/10- Luksan/van der Let EuGH (3. Kammer), U. v. 7.12.2006 – Rs. C-306/05– SGAE/Rafael EuGH, U. v. 12.9.2006 – Rs. C-479/04– Laserdisken |
Der zweite Block der Regelungen befasst sich mit den gesetzlichen Eingriffen in die wirtschaftlichen Rechte, also den Schrankenregelungen. Hier unterscheidet die Richtlinie zwischen den zwingenden Schranken, den optionalen Schranken und den Schranken in das Vervielfältigungsrecht. Bei den zwingenden Schranken findet sich lediglich das Recht auf vorübergehende Vervielfältigungsstücke, wie sie bei jedem Aufruf von Internet-Seiten im Arbeitsspeicher angefertigt werden. Diese Schranke war erforderlich, um angesichts der weiten Definition des Vervielfältigungsbegriffs (Art. 2 Abs. 1 RL) nicht die Internetnutzung insgesamt zu behindern. Bei den optionalen Schranken hat der Richtliniengeber den Weg des geringsten Widerstandes gewählt, in dem er alle Schrankenregelungen, die in einem EU-Mitgliedsstaat zugelassen sind, als gemeinschaftsweit zulässig erklärt. Ein differenziertes Bild geben schließlich die Eingriffe in das Vervielfältigungsrecht ab, da hier versucht wurde, ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den wirtschaftlichen Interessen von Urheber, Nutzer und Allgemeinheit herzustellen. Siehe auch folgende Urteile: EuGH, U. v. 4.10.2011 - C-403, 429/08– Murphy EuGH, U. v. 21.10.2010 - C-467/08- Padawan EuGH, U. v. 16.6.2011 - C-462/09– Stichting/Opus EuGH, U. v. 26.4.2012 - C-510/10 |
Deutschland hat nur wenige neue Schranken aus der Richtlinie eingeführt, so §§ 44a, 45a UrhG und ansonsten § 53 UrhG den Vorgaben für Schranken in das Vervielfältigungsrecht angepasst. Sie hat aber den weiten Rahmen der Schranken für Unterricht und Forschung für die Schrankenregelungen in §§ 52a, 52b, 53a UrhG genutzt. Für alle Schrankenregelungen sieht die Richtlinie aber mit der zwingenden gemeinschaftsweiten Einführung des aus der RBÜ bekannten Drei-Stufen-Tests eine immanente Beschränkung vor (Art. 5 Abs. 5 RL). |
Weiterer Regelungsgehalt der Richtlinie ist die – ebenfalls aufgrund Verpflichtungen im WCT und WPPT – Einführung eines rechtlichen Schutzes für technische Schutzmaßnahmen und Rechteverwaltungssysteme. Mit §§ 95a-d UrhG hat Deutschland diese Umsetzungspflicht erfüllt. |
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