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Insolvenzanfechtung
I. Voraussetzungen Die Insolvenzordnung sieht ein Anfechtungsrecht vor. Hierfür müssen folgende Voraussetzungen gegeben sein: 1. Rechtshandlung nach § 129 InsO Regeln zur Anfechtung nach dem Insolvenzrecht finden sich in §§ 129 ff. Nach § 129 InsO gilt der Grundsatz: Rechtshandlungen, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten. Es müssen folglich zwei Voraussetzungen vorliegen:
Als Rechtshandlung anzusehen ist hierbei jedes Handeln, welches eine rechtliche Wirkung auslöst, sowie Handlungen, die gegen den künftigen Insolvenzschuldner gerichtet sind. Ob eine Benachteiligung der Gläubiger vorliegt, ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen und liegt vor, wenn sich die Befriedigung der Gläubiger im Fall des Unterbleibens der angefochtenen Handlung günstiger gestaltet hätte. Die Anfechtung nach §§ 132 Abs. 1, 133 Abs. 2 InsO erfordert eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung. 2. Anfechtungsgrund nach §§ 130 ff. InsO Anfechtungsgründe finden sich in den §§ 130 ff. InsO. Anfechtung nach § 130 InsO In § 130 InsO finden sich zwei verschiedene Anfechtungsgründe bzw. Tabestände mit unterschiedlichen Voraussetzungen:
Für eine Anfechtung nach § 130 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 InsO müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
§ 130 Abs. 1 S. 1 InsO fordert eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat (kongruente Deckung). Spezifisch für den ersten der beiden Anfechtungsgründe in Abs. 1 S. 1 ist jedoch: Diese Rechtshandlung muss in den letzten drei Monaten vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sein. Weiterhin erforderlich ist die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners sowie die Kenntnis des Gläubigers von der Zahlungsunfähigkeit zum Zeitpunkt der Rechtshandlung und somit vor Eröffnung des Verfahrens (§130 Abs. 1 S. 1 Nr. 1). b) § 130 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 InsO Für eine Anfechtung nach § 130 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 InsO müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
Auch Nr. 2 des § 130 Abs. 1 S. 1 InsO fordert eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat (kongruente Deckung). Diese Rechtshandlung muss jedoch nach dem Eröffnungsantrag stattgefunden haben, damit eine Anfechtung nach Nr. 2 in Betracht kommt. Hierin liegt der wesentliche Unterschied zu § 130 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 InsO, welcher eine Rechtshandlung vor Eröffnung des Verfahrens fordert. Weiterhin gegeben sein muss die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners sowie dies Kenntnis des Gläubigers von der Zahlungsunfähigkeit bzw. vom Insolvenzantrag. Zahlungsunfähigkeit liegt nach § 17 Abs. 2 S. 1 InsO dann vor, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. c) § 130 Abs. 2 InsO § 130 Abs. 2 InsO stellt keine eigene Anspruchsgrundlage dar, sondern konkretisiert den Begriff der Kenntnis und dient somit der Interpretation der §§ 130 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2 InsO. Er besagt, dass der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags die Kenntnis von Umständen gleichsteht, welche zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen. d) § 130 Abs. 3 InsO Auch § 130 Abs. 3 InsO beinhaltet keine Anspruchsgrundlage. Er vermutet die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags bei Personen, die dem Schuldner zur Zeit der Rechtshandlung nahestanden. Anfechtung nach § 131 InsO In § 131 InsO finden sich drei verschiedene Anfechtungsgründe bzw. Tatbestände mit unterschiedlichen Voraussetzungen:
a) § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO Für eine Anfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
Voraussetzung für eine Anfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist zunächst das Vorliegen einer inkongruenten Deckung. Dies ist der Fall, wenn eine Rechtshandlung vorliegt, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglich hat, die er nicht oder nicht in der Art bzw. nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte. Nach Nr. 1 des § 131 Abs. 1 InsO muss diese Rechtshandlung im letzten Monat vor dem Eröffnungsantrag oder nach dem Eröffnungsantrag erfolgt sein. b) § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO Für eine Anfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
Auch Nr. 2 des § 131 Abs. 1 verlangt den Tatbestand einer inkongruenten Deckung (siehe Ausführungen zu Nr. 1). Der Zeitraum der Rechtshandlung erstreckt sich jedoch hier auf den zweiten bzw. dritten Monat vor dem Eröffnungsantrag. Zusätzlich erforderlich ist die Zahlungsunfähigkeit des Schudners, das heißt die fehlende Möglichkeit fällige Zahlungspflichten zu erfüllen (§ 17 Abs. 2 S. 1 InsO). c) § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO Für eine Anfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
Die Voraussetzungen einer Anfechtung nach Nr. 3 des § 131 Abs. 1 sind bezüglich der Rechtshandlung sowie des Vornahmezeitraums identisch. Gefordert wird jedoch nicht die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, sondern die Kenntnis des Gläubigers von der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger durch die Rechtshandlung und zum ZEitpunkt der Rechtshandlung des Schuldners. d) § 131 Abs. 2 S. 1, 2 InsO Nr. 1 bis 3 des § 131 Abs. 1 InsO werden inhaltlich ergänzt durch Abs. 2, welcher jedoch keinen selbständigen Tatbestand beinhaltet. Danach steht der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen (§ 131 Abs. 2 S. 1 InsO). Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§138), wird vermutet, dass sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte (§131 Abs. 2 S. 2 InsO). Anfechtung nach § 132 InsO § 132 InsO enthält zwei verschiedene Anfechtungsgründe bzw. Tatbestände mit unterschiedlichen Voraussetzungen:
a) § 132 Abs. 1 Nr. 1 InsO Für eine Anfechtung nach § 132 Abs. 1 Nr. 1 InsO müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
b) § 132 Abs. 1 Nr. 2 InsO Für eine Anfechtung nach § 132 Abs. 1 Nr. 2 InsO müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
c) § 132 Abs. 2 InsO § 132 Abs. 2 InsO bietet eine Variante zur Voraussetzung der "unmittelbaren Benachteiligung" in § 132 bs. 1 an. Einem Rechtsgeschäft, das die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt, steht hiernach eine andere Rechtshandlung des Schuldners gleich, durch die der Schuldner ein Recht verliert oder nicht mehr geltend machen kann oder durch die ein vermögensrechtlicher Anspruch gegen ihn erhalten oder durchsetzbar wird. d) § 132 Abs. 3 InsO Nach § 132 Abs. 3 InsO gelten die Absätze 2 und 3 des § 130 InsO entsprechend. Die Kenntnis von Umständen, welche zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen, reichen somit aus. Gegenüber Personen, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestanden, wird vermutet, dass sie die Zahlungsunfähigkeit kannten (§ 130 Abs. 2, 3 InsO). Anfechtung nach § 133 InsO Für eine Anfechtung nach § 133 InsO müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
Eine vorsätzliche benachteiligende Rechtshandlung liegt vor, wenn die Benachteiligung der Gläubiger vom Schuldner als Erfolg seines Handelns gewollt war [BGH ZIP 1993, 521, 522]. Es genügt jedoch auch, wenn der Schuldner es für möglich hält, dass seine Rechtshandlung sich zum Nachteil der Gläubiger auswirkt und er diese Folge in Kauf genommen hat [BGH WM 2005, 319; 2004, 299, 300; 1587, 1588; 2003, 1960]. Der Vorsatz muss zum Zeitpunkt der Rechtshandlung vorgelegen haben. Nach § 140 Abs. 1 InsO gilt eine Rechtshandlung als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten. Der BGH hat entschieden, dass ein Vorsatz insbesondere dann vorliegt, wenn der Schuldner zum Zeitpunkt der Rechtshandlung zahlungsunfähig war [BGH ZIP 2008, 1291, 1293; 2007, 1511, 1513; 2006, 1261, 1263; 290]. Der Insolvenzverwalter trägt die Beweislast für das Vorliegen des Vorsatzes [BGH ZIP 2003, 1799, 1800]. Die Weggabe eines wertvollen Vermögensgegenstands kann ein Indiz für das Vorliegen eines Benachteiligungsvorsatzes sein [BGH WM 2002, 141, 143]. Nach § 133 Abs. 1 S. 2 InsO wird die Kenntnis des Gegners vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners widerleglich vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Die Vermutung kann widerlegt werden, wenn konkrete Umstände dargelegt und bewiesen werden, welche die Unkenntnis einer Gläubigerbenachteiligung naheliegend erscheinen lassen [BGH ZIP 2007, 1511, 1512]. Drohende Zahlungsunfähigkeit liegt gemäß § 18 Abs. 2 InsO vor, wenn der Schuldner voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. § 133 Abs. 2 regelt die Anfechtbarkeit einer Benachteiligung bei nahestehenden Personen. Anfechtbar ist danach ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden (§ 133 Abs. 2 S. 1 InsO). Ausgeschlossen ist die Anfechtung, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Benachteiligungsvorsatz nicht bekannt war (§ 133 Abs. 2 S. 2 InsO). II. Rechtsfolgen der Anfechtung § 143 InsO regelt die Rechtsfolgen der Anfechtung. Danach muss zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden, was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben wurde. Ist eine Rückgabe in Natur nicht möglich, erfolgt ein Wertersatz in Geld. Gemäß § 143 Abs. 1 S. 2 InsO gelten die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist. Für die Wertberechnung maßgeblich ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Anfechtungsprozesses. Ein Anspruch des Insolvenzverwalters auf Auskunftserteilung ist nicht explizit in der InsO geregelt, ergibt sich jedoch aus § 242 BGB. Die Ansprüche des Anfechtungsgegners richten sich nach § 144 InsO. Die Forderung lebt wieder auf, wenn der Empfänger einer anfechtbaren Leistung das Erlangte zurückgewährt (§ 144 Abs. 1 InsO). Die Gegenleistung ist aus der Insolvenzmasse zu erstatten, soweit sie in dieser noch unterscheidbar vorhanden ist oder soweit die Masse um ihren Wert bereichert ist (§ 144 Abs. 2 S. 1 InsO). Darüber hinaus kann der Empfänger der anfechtbaren Leistung die Forderung auf Rückgewähr nur als Insolvenzgläubiger geltend machen (§ 144 Abs. 2 S. 2 InsO). |