Informationsrecht
4.2 Rundfunkrecht
Der Rundfunkbegriff |
Rundfunk ist jede an eine unbestimmte Vielzahl von Personen gerichtete Übermittlung von Gedankeninhalten durch physische, insbesondere elektromagnetische Wellen. Bei der Spezialmaterie des Rundfunkrechts wird zwischen den verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen und der einfachgesetzlichen Ausgestaltung zu Aufgaben, staatsferner Organisation und Finanzierung unterschieden. Die Unterschiede zwischen dem grundrechtlichen und einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff führen zu einem erheblich unterschiedlichen Anwendungsbereich der jeweiligen Normen hin. Für den grundrechtlichen Rundfunk kommt Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG zur Anwendung, für den einfachgesetzlichen Rundfunk der Rundfunkstaatsvertrag (RStV) und die ergänzenden Regelungen in Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag (RFinStV), Rundfunkgebührenstaatsvertrag (RGebStV) und Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV). |
Rundfunkbegriff:
Merkmale Grundrechtlicher und Einfachgesetzlicher Rundfunkbegriff:
Träger der Rundkunkfreiheit |
Träger der Rundfunkfreiheit i.S.d. Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG sind vor allem die Öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkveranstalter sowie die Landesmedienanstalten. Inwieweit darüber hinaus auch Privaten die Rundfunkfreiheit zusteht, ist sehr umstritten. BVerfG, B. v. 20.2.1998 - 1 BvR 661/94 – Extra-Radio - Urteil |
Träger der Rundfunkfreiheit:
Umfang der Rundfunkfreiheit |
Der Umfang der Rundfunkfreiheit umfasst nach der Rechtsprechung des BVerfG nicht nur die Gewährleistung des freien Rundfunks als solchem („Institutionsgarantie“), sondern auch die eigentliche rundfunk-journalistische und -redaktionelle Arbeit sowie deren Finanzierung. |
Umfang der Rundfunkfreiheit:
Die Zulässigkeit von Rundfunksendungen oder -aufnahmen aus Gerichtsverhandlungen |
Im Zusammenhang mit der freien Informationsbeschaffung ist vor allem der Konflikt um die Zulässigkeit von Rundfunksendungen oder -aufnahmen aus einer Gerichtsverhandlung zu nennen. Rundfunkrechtliche Informationsbeschaffung bedeutet aber speziell auch die Sendung und Aufnahmen von allgemein interessierenden Ereignissen, wie z.B. eine öffentliche Gerichtsverhandlung. Hier stellt aber § 169 S. 2 GVG eine Schranke auf. |
BVerfG, B. v. 11.11.1992 - 1 BvR 1595/92, 1 BvR 1606/92 - Honecker
(...) Da die Rundfunkfreiheit der gleichen Aufgabe wie alle Garantien des Art. 5 Abs. 1 GG dient, läßt sich nicht von vornherein ausschließen, daß sie auch Fernsehjournalisten den Zugang und das Filmen gewährleistet. Unter diesen Umständen ist die Rundfunkfreiheit aber bei der Auslegung und Anwendung der §§ 169 ff. GVG angemessen zu berücksichtigen. (...)
Das gesamte Urteil kann hier nachgelesen werden. |
Die Modelle des Rundfunkangebots in Deutschland |
Kompliziert wird das Rundfunkrecht durch die verschiedenen Modelle des Rundfunkangebots in Deutschland, was sich schon in der obigen Übersicht abzeichnet. Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten nehmen staatliche Aufgabe in weitgehender Staatsferne wahr, benötigen dafür aber eine sichere und unabhängige Finanzierung. Privatrechtliche Rundfunkanstalten unterliegen keinen staatlichen Aufgaben. Ihr Programm darf aber nicht staats- oder gesellschaftsgefährdend sein. Sie können sich frei finanzieren, wobei ihnen aber staatliche Finanzierungsmöglichkeiten nicht zur Verfügung stehen. Dabei haben sich die Untermodelle der Werbefinanzierung (Free-TV wegen des freien Zugangs für die Nutzer) und der Abonnementfinanzierung (Pay-TV) herausgebildet |
Rundfunkmodelle:
Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten |
Da der öffentlich-rechtliche Rundfunk die dem Staat obliegende Grundversorgung der Bevölkerung mit Informationen ausführen soll, sind seine Pflichten weitergehend. Gleichzeitig muss der Staat aber auch die Staatsferne der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten garantieren. Die unten aufgezeigten Eckpunkte der rechtlichen Stellung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten soll deren Funktion der freien und öffentlichen Meinungsbildung (BVerfGE 87, 181) sicherstellen. Die Grundversorgung der Bevölkerung wird durch die Sicherung der Meinungsvielfalt, die Informationen in der vollen Bandbreite und die Verpflichtung zu Programmen für die Gesamtheit der Bevölkerung sichergestellt. Die Staatsferne wird durch die Freiheit von staatlicher Beherrschung und Einflussnahme, die nur eine reine Rechtsaufsicht zulässt, sowie die Verpflichtung des Staates zu einer positiven Rundfunkordnung organisiert. Siehe hierzu auch folgende Entscheidungen des BVerfG: BVerfG, B. v. 6.10.1992 - 1 BvR 1586/89, 1 BvR 487/92 - Urteil 1 Urteil 2 |
Eckpunkte der rechtlichen Stellung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten:
Die privaten Rundfunkanbieter |
Bei den privaten Rundfunkanbietern ist der staatliche Einfluss auf die Tätigkeit gering. Allerdings ist wegen der begrenzten Zahl für Rundfunk zur Verfügung stehender Übertragungsfrequenzen eine staatliche Zulassung der privaten Rundfunkanbieter erforderlich. Bei dieser Zulassung wird ein Mindestmaß an Meinungspluralität und eine Gewährleistung der Grundversorgung von den Bewerbern verlangt. Die begrenzte Staatsaufsicht richtet sich nach innen und nach außen: das Programm eines privaten Anbieters muss eine Ausgewogenheit in Hinsicht auf Meinungspluralität und Grundversorgung bieten und zwischen mehreren Anbietern muss eine Ausgewogenheit bestehen. |
Entscheidungen des BVerfG zum Verhältnis des öffentlich-rechtlichen zum privaten Rundfunk und zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks |
- BVerfGE 12, 205 – Deutschland-Fernsehen-GmbH (1961)
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Finanzierungsarten |
Für die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ergibt sich folgende Differenzierung zwischen den Finanzierungsarten Gebühren, Werbung und Abonnement:
1. Bedarfsmitteilung durch Rundfunkanstalten
2. Bedarfsermittlung durch KEF
3. Festsetzung durch Ministerpräsidenten
außerdem: Berücksichtigung von: Sozialstaatsprinzip und Interessen der Gebührenzahler |
Einfachgesetzliches Rundfunkrecht |
Das einfachgesetzliche Rundfunkrecht greift ein für alle Rundfunkangebote i.S.d. § 2 Abs. 1, Abs. 3 RStV. Nachfolgend ist Rundfunk als linearer Informations- und Kommunikationsdienst anhand von positiven Merkmalen und negativen Abgrenzungskriterien beschrieben. Kein Merkmal von Rundfunk ist die Meinungsbildungsrelevanz. Dieses früher wesentliche Kriterium, das auf die besondere Breiten- und Suggestivkraft von Rundfunk abstellte, ist spätestens durch die Richtlinie über audiovisuelle Medieninhalte 2010/13/EU aufgegeben. Nach dieser Richtlinie werden nicht nur die klassischen lineare audiovisuellen Medien wie Fernsehen, Life-Streaming, Webcasting und Near-on-Demand erfasst sondern auch nicht-lineare Abrufdienste. Bei den nicht-linearen Angeboten ist wegen ihrer zeitversetzten Ausstrahlung keine Meinungsbildungsrelevanz mehr gegeben. |
positive und negative Merkmale des Rundfunks:
Der Rundfunkstaatsvertrag |
Wichtigstes bundesweites Regelungsinstrument des Rundfunkrechts ist der Rundfunk-Staatsvertrag (RStV), der für die Fragen der Finanzierung durch den RFinStV, der Gebührenerhebung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk (vor allem über die GEZ) durch den RGebStV und den Jugendschutz in Medien durch den JMStV ergänzt wird. Zusätzlich greifen ländereigene Rundfunkgesetze für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, z.B. zur Organisationsstruktur und Aufsicht, und Mediengesetze für alle anderen Medienangebote wie dem privaten Rundfunk und den Landesmedienanstalten. Kernpunkte der in § 3 Abs. 1 S. 1 und 2 RStV sowie weitergehend in den Landesrundfunkgesetzen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und in den Landesmediengesetzen für den privaten Rundfunk konkretisierten Programmgrundsätzen sind der Schutz der Menschenwürde, die Stärkung von Rechtsgütern anderer und Achtung vor religiösen und sittlichen Überzeugungen. Die Einhaltung dieser im Kern konservativen Werte wird jedoch zunehmend fraglich. Wesentliche Problemfragen der letzten Jahre zum RStV waren die Möglichkeiten und Grenzen der Werbefinanzierung sowohl im öffentlich-rechtlichen als auch im Privatrundfunk, der Kurzberichterstattung, der Übertragung von Großereignissen und (hochaktuell) die Zulässigkeit von begleitenden Online-Angebote der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. In den meisten Fällen hat es hierzu politische und nicht gerichtliche Entscheidungen gegeben. |
Eckpunkte des Rundfunkstaatsvertrags:
Werbung im Rundfunk |
Zur Frage der zulässigen Werbung im Rundfunk ist zunächst die Legaldefinition in § 2 Abs. 2 Nr. 7 RStV bedeutsam sowie die Grundsätze zur Werbung in § 7 RStV. |
Trennungsgebot |
In § 7 Abs. 2 RStV wird das schon aus dem Presserecht bekannte Trennungsgebot verankert. Wichtig ist die Stärkung von Verbraucherinteressen, der Schutz von Irreführung und das Verbot von Gesundheits- und Umweltgefährdung (§ 7 Abs. 1 RStV), so dass in besonderem Maße der Schutz der Rezipienten von Rundfunkprogrammen gewährleistet werden soll. Für die Berechnung der zulässigen Werbung gilt das sog. Bruttoprinzip: nach § 7a Abs. 3 RStV dürfen Filme alle 30 Minuten für einen Werbeblock (§ 7a Abs. 2 S. 1 RStV: einzelne Werbespots sollen Einzelfälle bleiben) unterbrochen werden; wegen des Bruttoprinzips darf bei den 30 Minuten der Werbeblock nicht eingerechnet werden. In den §§ 8 ff. RStV werden dann die für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zulässigen Werbe- und Teleshoppingformen behandelt. |
Werbeformen im Rundfunk:
Zulässigkeit der Kurzberichterstattung |
In § 5 RStV wird geregelt, in welchen Fällen Rundfunkveranstalter über öffentliche Veranstaltungen unentgeltlich berichten dürfen (sog. Kurzberichterstattung). Dieses Recht der Rundfunkanstalten ist insbesondere für die Sportberichterstattung wichtig und verhindert eine Monopolisierung des Medienzugangs zu den Sportveranstaltungen, was angesichts derer Breitenwirkung einen besonderen Wettbewerbungsvorsprung für finanzstarke Rundfunkanstalten bedeuten würde. Inhalt dieses Anspruchs sind der Zugang zu der öffentlichen Veranstaltung und die Sendung der Kurzberichterstattung. |
Kurzberichterstattung:
Übertragung von Großereignissen |
Ein weiterer Problembereich war vor einiger Zeit die Übertragung von Großereignissen wie Olympischer Spiele oder der Fußball-Welt- und –Europameisterschaft. Die Regelung in § 4 RStV geht zurück auf eine europarechtliche Vorgabe in Art. 3a der Richtlinie 97/36/EG. Die Richtlinie lässt den Einzelstaaten die Möglichkeit zur Erweiterung des Katalogs der Großereignisse; so ist in Frankreich die Tour de France erfasst, in Österreich das Neujahrskonzert und die Springen der Vierschanzen-Tournee in Österreich. Mit der Regelung in § 4 RStV soll den Interessen der Veranstalter durch Festlegung von Vergütungsansprüchen gedient werden, aber auch den Rundfunkveranstaltern, in dem fairer Wettbewerb zwischen Free-TV-Anbietern und den finanzstärkeren Pay-TV-Anbietern hergestellt werden soll. Neben diesen Vorgaben zu Werbeangeboten, Kurzberichterstattung und Übertragung von Großereignissen enthält der RStV für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten noch fdie unten angeführten Regelungen: |
Weitere Regelungen RStV:
Übernahme von Rundfunkveranstaltungen in Online-Archive |
Ein besonderes Problem der letzten Jahre ist die Übernahme von Rundfunksendungen in Online-Archive der Rundfunkveranstalter. § 11f RStV hat für Online-Angebote der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten einen sog. Dreistufentest der Zulässigkeit von Telemedien aufgestellt, umso einen ungleichen Wettbewerb zwischen finanzstarken, gebührenfinanzierten Rundfunkanstalten einerseits und den durch Werbung finanzierten sonstigen Medienanbietern zu verhindern. Die Online-Angebote müssen einen sog. Public Value bieten. |
Organisationsstruktur |
Anders als für die frei zu organisierenden privaten Rundfunkanstalten müssen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstalter eine klare Organisationsstruktur haben, um einerseits ihre staatlichen Aufgaben angemessen erfüllen zu können, andererseits ausreichend die Staatsferne zu halten. |
Organisation der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten:
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