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Dies ist eine alte Version von InfoRFallloesungMeinungsfreiheit erstellt von Jorina Lossau am 2013-02-27 20:46:10.
Informationsrecht
Fall 2 - Meinungsfreiheit
A ist ein rechtsfähiger Verein. Zu seinen satzungsgemäßen Zwecken gehört insbesondere die Sammlung und Verbreitung von Informationen über Schäden an Menschen und der Umwelt sowie die Gefährdung von Arbeitsplätzen, die durch den Bayer-Konzern, eines seiner Tochterunternehmen oder Beteiligungsgesellschaften verursacht sein sollen oder verursacht sind; Die Organisation beabsichtigt einen Dialog zwischen Verursacher, Betroffenen und Interessierten zur Vermeidung bzw. Behebung dieser Schäden. A ist Herausgeber eines Flugblatts, das im Februar 1987 als “Aufruf” veröffentlicht wurde und die Aufforderung “unterstützt die Kritischen Bayer-Aktionäre” enthielt. Bei den “Kritischen Bayer-Aktionären” handelt es sich um eine Arbeitsgemeinschaft des A. Unterhalb der Aufforderung ist ein Bild des Bayer-Werks in Leverkusen sichtbar. Dann folgt ein engzeiliger Text, der sich auf der Rückseite des Flugblatts fortsetzt. In dem Text wird eingangs die wirtschaftliche Bedeutung des Bayer-Konzerns geschildert. Anschließend heißt es, Bayer AG behaupte, dass sein Wirken dem Umweltschutz diene und der menschlichen Gesundheit verpflichtet sei. Das Gegenteil sei aber der Fall. Diese Aussage wird sodann in sieben kurzen, jeweils mit einer Überschrift versehenen Absätzen erläutert. Der siebte dieser Absätze hat folgenden Wortlaut: “Gefahren für die Demokratie. In seiner grenzenlosen Sucht nach Gewinnen und Profiten verletzt Bayer demokratische Prinzipien, Menschenrechte und politische Fairness. Missliebige Kritiker werden bespitzelt und unter Druck gesetzt, rechte und willfährige Politiker werden unterstützt und finanziert." Die Bayer AG hat A hinsichtlich der gesamten mit “Gefahren für die Demokratie” überschriebenen Passage auf Unterlassung in Anspruch genommen und bezüglich des zweiten Satzes außerdem Widerruf der Behauptung als unwahr verlangt. Das LG hat der Klage auf Unterlassung und Widerruf hinsichtlich des zweiten Satzes der Textpassage (Bespitzelung und Unter-Druck-Setzen missliebiger Kritiker, Unterstützung und Finanzierung willfähriger Politiker) stattgegeben. Ist das Urteil des LG mit Art. 5 GG vereinbar? |
Lösungshinweise
1. Verfassungsrechtlicher Maßstab ist das Grundrecht der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG.
2. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistet jedermann das Recht, seine Meinung frei zu äußern und zu verbreiten.
Dabei sind Meinungen im Unterschied zu Tatsachenbehauptungen durch das Element der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt (vgl. BVerfGE 61, 1 [9]). Sie genießen den Schutz des Grundrechts, BVerfGE 85, 1 (14)BVerfGE 85, 1 (15)ohne daß es darauf ankäme, ob die Äußerung wertvoll oder wertlos, richtig oder falsch, begründet oder grundlos, emotional oder rational ist (vgl. BVerfGE 33, 1 [14]; 61, 1 [7]). Auch scharfe und übersteigerte Äußerungen fallen grundsätzlich in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG. Insoweit kann die Frage nur sein, ob und wie sich aus Art. 5 Abs. 2 GG im Einzelfall Grenzen ergeben.
Das Bundesverfassungsgericht geht jedoch davon aus, daß scharfe und überspitzte Formulierungen für sich genommen eine schädigende Äußerung noch nicht unzulässig machen. Vielmehr spricht gerade, wenn es um Beiträge zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage geht, die Vermutung für die Zulässigkeit der freien Rede (vgl. BVerfGE 7, 198 [212]). Das ist eine Folge der fundamentalen Bedeutung, die die Meinungsfreiheit für die menschliche Person und die demokratische Ordnung hat (vgl. BVerfG, a.a.O., S. 208). Erst wenn bei einer Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Herabsetzung der Person im Vordergrund steht, hat eine solche Äußerung als Schmähung regelmäßig hinter dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen zurückzutreten (vgl. BVerfGE 82, 272 [283 f.]).
3. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG ist verkannt, wenn die gesamte Äußerung oder ihr letzter Satz als Tatsachenbehauptung angesehen werden.
Siehe hierzu auch folgende Entscheidung: 1 BvR 1555/88 vom 9. Oktober 1991 |
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