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Anfechtung von Globalzessionen




Begriff der Globalzession


Werden im Rahmen eines Kreditsicherungsvertrages alle bestehenden und zukünftigen Forderungen eines Gläubigers (Zedent) gegenüber Dritten an den Kreditgeber (Zessionar) abgetreten, so spricht man von einer Globalzession. Diese stellt eine der wenigen insolvenzfesten Möglichkeiten der Absicherung im Falle einer Insolvenz dar und wird somit regelmäßig von Banken eingesetzt um Insolvenzausfälle zu minimieren. Durch eine Globalzession erlangt der begünstigte Gläubiger ein Absonderungsrecht gegenüber der Insolvenzmasse.


Geschichtliche Entwicklung der Anfechtung von Globalzessionen


Bevor der insolvenzfeste Charakter der Globalzession per höchstrichterlicher Entscheidung zementiert wurde, gab es mehrere richterliche Entscheidungen, die Globalabtretungsverträge sowohl als kongruent, als auch als inkongruent einschätzten.


Inkongruente Deckung

So entschied das OLG Karlsruhe 2005 [1] im Sinne eines Insolvenzverwalters, der eine Globalzession nach § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO angefochten hatte. Dass die Globalzession schon seit 1996 Bestand hatte, war laut Urteilsspruch nicht relevant: "Die Vorausabtretung künftiger Forderungen wird erst mit deren Entstehen wirksam." Das Gericht bezog sich hier auf § 140 Abs. 1 InsO, nach welchem eine Rechtshandlung als in dem Zeitpunkt vorgenommen gilt, in welchem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten.

Ferner war nach Ansicht des Gerichtes die Sicherungsübereignung zu unkonkret, da sie die Forderungen nicht hinreichend bestimmte. Dabei stützte sich das OLG auf eine Entscheidung des BGH, welches lediglich solchen Gegenständen eine insolvenzrechtliche Kongruenz einräumt, die unmittelbar identifizierbar sind. Somit wurden abgetretene künftige Forderungen der inkongruenten Deckung zugeordnet. Dieser Argumentation schloss sich auch das OLG München in einem Urteil vom 08.06.2006 an. [2]

Kongruente Deckung

In einer Entscheidung des Landgerichts Berlin [3] schloss sich das Gericht nicht der Argumentation der vorbezeichneten Gerichte an und befand die Globalzession als kongruent gem. § 130 InsO und damit insolvenzfest. Der Insolvenzverwalter sollte demnach eine Globalzession nur unter erschwerten Bedingungen anfechten können. Die Kenntnis der Bank von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners sei hierfür notwendig. Weiterhin stellte das Gericht fest, dass der revolvierende Charakter einer Globalzession mit einem Bargeschäft gem. § 142 InsO vergleichbar ist, da dieses sich zumeist ohnehin der Anfechtung entzieht.


BGH-Entscheidung

Der BGH stellte in seinem Urteil vom 29.11.2007 [4] fest, dass auf den Zeitpunkt der rechtlichen Wirkung der jeweiligen Abtretung gem. § 140 Abs. 1 InsO abzustellen ist und nicht auf den Zeitpunkt des Entstehens der Globalzession. Die rechtliche Wirkung tritt frühestens mit Abschluss der Verträge mit dem Drittschuldner ein, die den jeweiligen von der Globalzession besicherten Forderungen Zugrunde liegen.

Mit Erbringung der drittschuldnerischen Leistung wird die Abtretung für den Zessionar überhaupt erst „werthaltig“. Diese „Werthaltigmachung“ ist nach Ansicht des BGH als eigenständige Rechtshandlung gem. § 129 InsO anfechtbar. Der Zeitpunkt der Werthaltigmachung richtet sich dabei nach dem zugrundeliegenden Vertrag. Handelt es sich um einen Kaufvertrag, so wird dieser mit Übergabe der Sache werthaltig, bei einem Werkvertrag mit Erbringung der Leistung.

Der BGH entschied ebenfalls, dass die kongruente Deckung selbst dann Bestand habe, selbst wenn eine umgehende Identifizierbarkeit der zukünftig abgetretenen Forderungen nicht gegeben sei. Weiterhin führte das Gericht aus, dass bereits in der Konkursordnung von 1877 die leichtere Anfechtung gem. § 23 Nr. 2 KO 1877 verwehrt wurde, wenn der Gläubiger schon vor der kritischen Zeit einen einklagbaren Anspruch hinsichtlich seiner Forderung erworben hatte. [5] Ferner habe der Gesetzgeber in der Konkursordnung den Begriff "Sicherung dieser Art" zwar eng ausgelegt, aber gehe aus diesem eine Inkongruenz abgetretener zukünftiger Forderungen nicht hervor.

Zwar seien die zukünftigen Forderungen mit Abschluss der Globalzession nicht konkret bestimmt, jedoch sei dies gerade das Wesen dieser Vertragsgestaltung. Beide Parteien gehen bei einer Globalabtretung davon aus, dass der Zedent seinen Geschäftsbetrieb in gleichem Umfang fortsetzt und somit weiterhin Ansprüche gegen Kunden erwirbt. Forderungen, die zu Vertragsschluss näher bestimmbar sind, erlöschen ohnehin innerhalb weniger Monate durch Erfüllung. Damit wäre eine Absicherung nicht mehr gegeben. Ohnehin sei die Formulierung „sämtliche bestehenden und künftigen Forderungen aus Warenlieferungen und Leistungen von Anfangsbuchstaben A bis Z“ hinreichend bestimmt i.S.d. § 398 BGB, zumal diese bereits standardmäßig in Globalabtretungsverträgen genutzt werde. [6]

Ferner sei aus dem Insolvenzrecht nicht ersichtlich, dass individuelle und damit bestimmbare Abtretungen einen höheren Schutz im Falle der Insolvenz genießen sollen als globale Abtretungen. Das Interesse der Gläubigergemeinschaft sei bereits dadurch gewahrt, dass bei der Anfechtung zukünftiger Forderungen auf den Zeitpunkt abzustellen ist, in dem deren rechtlichen Wirkungen entstehen.

Hinsichtlich der inkongruenten Deckung stellte der BGH heraus, dass es sich in diesem Rahmen um Leistungen handelt, die der Gläubiger so nicht hätte beanspruchen dürfen, wodurch er sich ein erhöhtes Misstrauen und damit verbundene leichtere Anfechtungsmöglichkeiten entgegenhalten lassen muss. Im Falle der Globalzession wäre eine teleologische Reduktion von § 131 InsO zu deren Ungunsten nicht gerechtfertigt. Dem wird auch durch den Umstand Rechnung getragen, dass die Globalabtretung den Gläubiger zu einem Absonderungsberechtigten gem. § 51 Abs. 1 InsO macht. Abschließend stellte der Senat noch heraus, dass die Rahmenbedingungen für Bargeschäfte gem. § 142 InsO auf Globalzessionen keinen Einfluss hätten, da ein Bargeschäft auf einen zeitlichen Zusammenhang aufbaue, der aufgrund bei Globalzession erfassten künftigen Forderungen nicht gegeben sei. [7]


Anfechtung


Anfechtbar ist die Globalzession nur als kongruente Deckung gem. § 130 InsO. Dies setzt die Kenntnis des Zessionars von der Zahlungsunfähigkeit des Zedenten voraus. Weiterhin können nur Forderungen angefochten werden, die gem. § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO innerhalb der ersten drei Monate vor Antragstellung entstanden. [8]


Anfechtung werthaltig gemachter Forderungen

Das Werthaltigmachen einer Forderung gilt als selbständig anfechtbare Rechtshandlung. So kann zum Beispiel eine Forderung eines Werkvertrages gegenüber einem Drittgläubiger, die vor dem Dreimonatszeitraum entstand nicht angefochten werden. Die daraus resultierende Lieferung durch den Insolvenzschuldner schon, sofern diese in den Dreimonatszeitraum fällt, da sie die Gläubiger gem. § 129 InsO benachteiligt. Zessionar und Drittschuldner sind dabei Gesamtschuldner. Somit kann die Erfüllungshandlung gegenüber beiden angefochten werden.


Anfechtung bei Verrechnung im Kontokorrent

Kommt es im Rahmen einer Globalzession zu Aufrechnungen des Zahlungseingangs mit dem Soll des Kontokorrentkontos durch die sicherungsgebende Bank, so kann die Aufrechnung gem. § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unzulässig sein, wenn diese durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt wurde. Somit ist auch hier zu prüfen, ob eventuell eine wertstellende Rechtshandlung in anfechtbarer Weise im Drei-Monats-Zeitraum erfolgte. Ist dies nicht der Fall, so fehlt es an der Gläubigerbenachteiligung gem. § 129 Abs. 1 InsO, da der Bank ohnehin aus der Forderung ein Recht auf abgesonderte Befriedigung zugestanden hätte. [9]

Quellen


[1] OLG Karlsruhe, 14 U 200/03, Urteil vom 08.04.2005
[2] OLG München, ZIP 2006, S. 2277, Urteil vom 08.06.2006
[3] LG Berlin, Urteil v. 26.01.2007
[4] BGH, IX ZR 30/07, Urteil vom 29.11.2007
[5] http://de.wikisource.org/wiki/Konkursordnung
[6] BGH, IX ZR 30/07, Rn. 27
[7] BGH, IX ZR 30/07, Rn. 40
[8] Dr. Schmidt Andreas, Hamburger Kommentar, 2007, § 129 Rn. 65c
[9] Dr. Schmidt Andreas, Hamburger Kommentar, § 130 Rn. 41 u. 42



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