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Materielle Anspruchsprüfung in der gesetzlichen Unfallversicherung


A. versicherter Personenkreis

Die Versicherungspflicht ergibt sich einerseits aus dem Gesetz § 2 SGB VII aber auch aus dem Satzungsrecht der jeweiligen Berufsgenossenschaft § 3 SGB VII.
Die Regelung des § 2 SGB VII enthält eine Aufzählung der nach Gesetz Unfallversicherten. Bei diesen Personengruppen ist zu beachten, dass die Beschäftigung nicht unbedingt entgeltlich erfolgen muss. Anders verhält sich dies in der gesetzlichen KV.
Im Einzelnen enthält § 2 Abs. 1 Nr. 1-7 SGB VII die Versicherten in der „echten“ Unfallversicherung. Demgegenüber enthält § 2 Abs. 1 Nr. 8-17 SGB VII die Versicherten der unechten Unfallversicherung.
Neben der Versicherungspflicht besteht auch die Möglichkeit der freiwilligen Versicherung nach § 4 SGB VII.

B. Versicherungsfall

Eine Definition, welche Umstände einen Versicherungsfall im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung darstellen, ist in § 7 SGB VII zu finden. Demnach sind dies Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Im Folgenden soll nun der Arbeitsunfall näherer erörtert werden.

1. Arbeitsunfall

Eine Begriffsbestimmung lässt sich in § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII finden. Nach dieser Regel ist der Arbeitsunfall ein Unfall eines Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 und 6 SGB VII auslösende Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Entsprechend dieser Definition stellt sich die Frage, was ist unter einem Unfall zu verstehen. Eine Antwort hierauf ist in § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII. Nach dieser Vorschrift ist ein Unfall ein zeitlich begrenztes Ereignis, welches von außen auf den Körper einwirkt und zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt.
Hierbei ist das Merkmal der zeitlichen Begrenzung von besonderer Relevanz. Dieses grenzt den Arbeitsunfall von der Berufskrankheit ab.

Ereignet sich der Umfall des Versicherten direkt bei einer nach § 2, 3 6 SGB VII versicherten Tätigkeit, so handelt es sich um einen Arbeitsunfall. Neben dieser Grundform bestehen einige Sonderformen. Zu diesen zählen:

  • Zurücklegen von bestimmten Wegen von und zur Arbeit
  • bestimmte Tätigkeiten in Bezug auf Arbeitsgeräte
  • Schutzausrüstungen

2. Sonderform: Wegeunfall

8 Abs.2 Nr. 1 SGB VII ist aber nur einschlägig, wenn es sich um den unmittelbaren Weg handelt. Dies bedeutet allerdings nicht, dass dieser auch gleich der kürzeste sein muss.
Dem folgt, dass auch ein längerer, verkehrsgünstigerer Weg ein unmittelbaren darstellt und versichert ist. Wege, die in Ausübung der versicherten Tätigkeit zurückgelegt werden, sind dieser direkt zuzurechnen und somit Arbeitsunfälle und keine Wegunfälle. Für den nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII erfassten Wegeunfall kann nicht nur die Wohnung des Betroffenen als Bezugspunkt gelten, sondern auch ein dritter Ort.
Steht der vom Versicherte genutzte Weg hinsichtlich der Dauer und Länge des Wegs in einem angemessenen Verhältnis zum üblichen Weg des Versicherten, so ist die von der Rechtsprechung, entwickelte 2 Stunden-Regel zu beachten. Der Aufenthalt an dem dritten Ort darf nicht länger als zwei Stunden dauern oder dauern soll.
Beim Abweichen vom unmittelbaren Weg ist der Betroffene nicht mehr verischert. Dieser befindet sich dann auf Umwegen oder Abwegen.
Bei einem Umweg befindet sich zwar der Versicherte auf den Weg nach Hause, aber weicht aus privaten Gründen (nicht unerheblich längeren Weg) von diesem ab. Dies führt zum Verlust des inneren Zusammenhangs mit der wirtschaftlichen Tätigkeit.
Hingegen handelt es sich um einen Abweg, wenn der unmittelbare Weg, in eine vom Zielort abweichende Richtung verlassen wird (Einschub des selbstständigen Wegs).
Dennoch besteht die Möglichkeit, dass die Versicherung wieder auflebt. Hierfür ist erforderlich, dass eine Rückkehr auf den unmittelbaren Weg innerhalb von 2 Stunden erfolgt.

Beispiel: Der Versicherte unterbricht seinen Heimweg, um in einer Kneipe ein Feierabendbierchen zutrinken. Erst nach einer Stunde setzt er seinen Heimweg fort. Der Versicherungsschutz entfällt für die Zeit in der Kneipe, aber besteht für den weiteren Heimweg. Diese Unterscheidung folgt aus dem Gedanken, dass zwischen der schädigenden Handlung dem Zurücklegen des Weges und der dem Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründeten Tätigkeit ein innerer Zusammenhang besteht.


3. innerer Zusammenhang zur wirtschaftlichen Tätigkeit

Nur ein Unfall eines Versicherten, der sich infolge seiner versicherten Tätigkeit ereignet kommt als Arbeitsunfall in Betracht. Hierfür reicht nicht nur ein räumlicher und zeitlicher Bezug, sondern es ist ein innerer Zusammenhang zwischen der unfallbringenden Handlung
und der versicherten Tätigkeit erforderlich, wertende Betrachtung als Bestandteil der versicherten Tätigkeit.:
  • aus Sicht des Handelnden
  • wirtschaftliche Tätigkeit entspricht mind. mutmaßlichen Willen des Unternehmers
Die Regel des inneren Zusammenhangs gilt sowohl für Wege wie auch für Arbeitsgeräteunfälle. Mit anderen Worten bei der Prüfung des inneren Zusammenhangs geht es darum, dem vom Versicherungsschutz erfassten Bereich vom sog. eigenwirtschaftlichen Bereich abzugrenzen.

Von der gesetzlichen Unfallversicherung werden grds. keine Tätigkeiten erfasst, die nicht in erster Linie dem Unternehmen dienen sollen, sondern hauptsächlich dem eigenen Interesse dienen.

Beispiel: Verletzung bei Fertigung von Briefbeschwerer für Bekannte


Bei gemischten Tätigkeiten ist für die Abgrenzung ausreichend, wenn diese wesentlich auch dem betrieblichen Interesse dienen. Hierbei ist wesentlich nicht mit überwiegend gleichzusetzen. Darüber hinaus besteht der Versicherungsschutz auch bei betrieblichen Gemeinschafts-veranstaltungen. Hierzu zählen:

  • Betriebsfeier
  • Betreibesausflüge
  • Betriebssport, primär zum Ausgleich gedacht

Im Zusammenhang mit diesen Veranstaltungen ist zu beachten, dass diese nur vom Versicherungsschutz erfasst werden, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:

  • Förderung der betrieblichen Verbundenheit
  • alle Betriebsangehörigen oder Mitarbeiter an dieser teilnehmen sollen
  • vom Willen und der Autorität des Unternehmens getragen wird

4. Kausalität

Die versicherte Tätigkeit muss für den eingetretenen Unfall ursächlich sein. Dies wird dadurch festgestellt, dass zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall ein kausaler Zusammenhang besteht, (haftungsbegründete Kausalität). In diesem Zusammenhang ist die Theorie der rechtlich wesentlichen Bedingung anzuwenden. Demnach sind nur solche Bedingungen als wesentlich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Bedeutung für den Erfolg zu dessen Eintritt entscheidend beigetragen haben. Rechtlich wesentlich werden nur solche Bedingungen als kausal anzusehen, die bei wertender Betrachtung ggü. anderen Bedingungen die überragende oder gleichwertige Bedeutung für den Erfolgseintritt hat.
Dies bedeutet nicht, dass der Versicherungsfall durch die Ausübung der versicherten Tätigkeit an sich hervorgerufen wurde. Vielmehr ist es ausreichend, wenn die wirtschaftliche Tätigkeit wesentlich den Unfall mitbedingt. Sinn und Zweck dieser Theorie besteht darin, dass einerseits Unfälle bei Ausübung einer versicherten Tätigkeit vom Versicherungsschutz erfasst sind, bei denen der Arbeitnehmer ein Mitverschulden trifft. Andererseits sind Unfälle vom Versicherungsschutz ausgeschlossen, wenn die Ausübung einer versicherten Tätigkeit nicht entscheidend für den Unfall ist. (Gelegenheitsursachen)

Einer speziellen Prüfung hinsichtlich der haftungsbegründeten Kausalität ist im Falle von Alkohol vorzunehmen.

Der auf der versicherten Tätigkeit beruhende Unfall muss zudem ursächlich für den geltend gemachten Körperschaden sein (haftungsausfüllende Kausalität). Auch hier ist die Theorie der rechtlich wesentlichen Bedingung anzuwenden. Abweichend von oben muss nun der Unfall wesentlich für die Entstehung oder Verschlimmerung des Schadens sein.

C. Leistungen, besondere Leistungsvoraussetzungen

Ein erster Überblick über die Leistungen ist in § 22 SGB I zu finden. Außer der Präventoin, die gerade dazu dienen soll Versicherungsfälle zu vermeiden werden zwei weitere Bereiche unterschieden:

 (image: http://ife.erdaxo.de/uploads/GesetzlicheUnfallV/BereicheDerLeistungen.jpg)

Im Zusammenhang mit dieser Unterscheidung ist zu beachten, dass Heilbehandlungen in alle Regel den Rentenleistungen vorgehen. § 26 III SGB VII.


1. Leistungen zur Wiederherstellung von Gesundheit und Wiedereingliederung des Betroffenen

Aus der obigen Grafik lassen sich die einzelnen Leistungen zur Wiederherstellung von Gesundheit und Wiedereingliederung entnehmen. Grundlage für diese bilden die §§ 26-55 SGB VII. Mit diesen Regelungen verfolgt der Gesetzgeber, hier insb. § 26 II SGB VII

Versicherter erhält Verletztengeld, wenn dieser infolge eines Arbeitsunfalls nicht mehr arbeiten kann oder wegen einer Heilbehandlung eine ganztätige Beschäftigung nicht mehr ausüben kann.

a. Heilbehandlungen

Zu den Leistungen der Heilbehandlung sind die §§ 27-34 SGB VII genauer zu betrachten. So sollen solche Leistungen frühst möglichst nach dem Eintritt des Versicherungsfalls erbracht werden. Hierbei sind diese Leistungen fast so wie die der gesetzlichen Krankenversicherung ausgestattet, aber sind denen gegenüber vorrangig und für die Versicherten oftmals vorteilhafter.

b. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben

Diese Leistungen dienen zur dauerhaften Wiedereingliederung des Betroffenen in das Berufsleben. Ergänzt werden diese durch die Leistungen zur Teilhabe am gesamten Leben. Hierzu zählen:
  • Kraftfahrzeughilfe
  • Wohnungshilfe
  • Haushaltshilfen
  • Ersatz von Kinderbetreuungs-und Reisekosten
  • Leistungen bei Pflegebedürftigkeit, sind ggü. den Leistungen der PV vorrangig.

c. Verletztengeld

Versicherter erhält Verletztengeld, wenn dieser infolge eines Arbeitsunfalls nicht mehr arbeiten kann oder wegen einer Heilbehandlung eine ganztätige Beschäftigung nicht mehr ausüben kann.

2. Entschädigungsleistungen

Durch diese soll die durch den Versicherungsfall hervorgerufene Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit ausgleichen. Als zentrale Leistung ist die Verletztenrente zu nennen. Grundlage für diese bildet § 56 SGB VII. Nach dieser Vorschrift wird dann eine Verletztenrente gezahlt, wenn :
  • Versicherungsfall
  • Erwerbsminderung länger als 26 Wochen
  • Erwerbsminderung >= 20 %

Die Berechnung der MdE gem. § 56 II SGB VII dem Prinzip der abstrakten Schadensberechnung. Maßstab hierfür bildet die Minderung der Arbeitsmöglichkeiten im Bereich des gesamten Erwerbslebens. Auf einen tatsächlichen Einkommensverlust, aufgrund des Arbeitsunfalls kommt es nicht an(kein kausaler Zusammenhang erforderlich).

D. Fallbeispiel: Fall zur gesetzlichen Unvallversicherung

mehr dazu: Kokemoor Sozialrecht, S. 112-127


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