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Fallübungen: öffentliches Recht - juristisches Handwerkszeug

Fallbeispiele zur Bearbeitung durch Teilnehmer

Folgende Fälle können durch die Teilnehmer in der Veranstaltung als Gruppenübung bearbeitet werden:

A. Fall X+1: Neue Europäische Verfassung
Um die Handlungsfähigkeit der angewachsenen Europäischen Union zu sichern, vereinbaren die Mitgliedstaaten eine neue Europäische Verfassung.
Die neue Verfassung enthält einen Grundrechtskatalog, ähnlich wie das Grundgesetz. Im Katalog der Zuständigkeiten der Verfassung werden ausschließliche Kompetenzen der EU festgelegt sowie solche, bei denen das Subsidiaritätsprinzip fortgilt. Alle Rechtsetzungskompetenzen werden auf das Europäische Parlament übertragen, das in allgemeinen, freien, gleichen, geheimen und unmittelbaren, europaweiten Wahlen gewählt werden soll. Darüber hinaus ermächtigt die Verfassung das Europäische Parlament, die Verfassung mit 2/3 Mehrheit zu erweitern.

Zur Europäischen Verfassung wird im Bundestag und Bundesrat ein Zustimmungsgesetz verabschiedet. Die Landesregierung des Freistaates Thüringen hält das Gesetz für nichtig und stellt einen Antrag beim Bundesverfassungsgericht auf Überprüfung des Gesetzes.

Wie wird das Bundesverfassungsgericht entscheiden?


B. Fall X+2: Kampf gegen Wirtschaftskriminalität in Thüringen
In Deutschland machen Fälle besonders dreister Wirtschaftskriminalität Schlagzeilen, in denen Unternehmen in Insolvenz getrieben werden, während sich die Hintermänner bereichern. Da in diesen Fällen viele Arbeitsplätze verloren gehen, wächst der politische Druck, gegen solche Fälle etwas zu unternehmen. Auf Bundesebene sorgt das Thema nur für Streit, so dass keine neuen, politisch geforderten Regelungen zustande kommen.
Die Landesregierung des Freistaates Thüringen verliert vor den Wahlen die Geduld und möchte "zeigen, dass ein einzelnes Bundesland durchaus in der Lage ist, gegen diese kriminelle Praxis etwas zu unternehmen". Sie veranlasst ein vom Landtag verabschiedetes Gesetz "über die Erweiterung der Rechte der Polizei bei der Prävention von Wirtschaftsstraftaten". In dem Gesetz wird der Landespolizei insbesondere erlaubt:
- Überwachung der Telekommunikation von Unternehmen und Personen in Leitungsorganen,
- Zugriff auf alle Unterlagen von Wirtschaftsunternehmen.
Das Gesetz soll insbesondere präventive, abschreckende Wirkung zeigen, jedoch sollen die von der Polizei auf diesem Wege erlangten Informationen auch der Staatsanwaltschaft zur Verfügung gestellt werden, so dass die Verfolgung von Straftaten erleichtert wird.

Durfte der Freistaat dieses Gesetz erlassen?
vgl. Degenhart, Fall 11a, Rn. 109a und 163


C. Fall X+3:
Vgl. Notizen S. 7 (StVG-Änderung)


D. Fall X+4: Bahntrasse
- Grundrechte
- Kompetenzen
- Staatsprinzipien


E. Fall X+5: Der schwedische Makler
Der schwedische Grundstücksmakler A hat Familie in Stralsund und besucht sie öfter. Dabei beobachtet er, dass viele Investoren aus Skandinavien Grundstücke an der Ostseeküste erwerben, die auch seine Kunden in Schweden sein könnten. Er spricht einige Eigentümer in Stralsund an und nimmt ihre Immobilien in sein Angebot in Schweden an. Mit der Zeit inseriert er aber auch in Deutschland für deutsche Kunden.

Die örtliche Ordnungsbehörde in Stralsund fordert A auf, seine Gewerbeerlaubnis nach § 34c Abs. 1 GewO vorzulegen. A verweist sie jedoch nur auf sein in Schweden ordnungsgemäß angemeldetes Gewerbe. Daraufhin ergeht gegen A ein Bußgeldbescheid auf der Grundlage des § 144 Abs. 1 Pkt. 1 lit. h GewO i. V. m. § 34c Abs. 1 GewO.

A erhebt erfolglos Widerspruch und Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht. Vor dem Verwaltungsgericht erhebt er den Vorwurf, dass mit dem Bußgeldbescheid Vorschriften des EGV, insbesondere der Dienstleistungsfreiheit verletzt wurden, was das Gericht jedoch unbeeindruckt lässt. Nach Abweisung seiner Klage in letzter Instanz fragt A, ob er eine derartige Missachtung der Dienstleistungsfreiheit dulden muss und wie er sich dagegen wehren könnte.

Frage: Was ist dem A zu raten?

Vgl. BVerfGE 75, 223 (Kloppenburg).



F. Fall X+6
Der A ist Eigentümer eines Grundstücks im Außenbereich, das nicht bebaut ist. Auf dem Grundstück wachsen zwei alte Bäume, die A fällen möchte. Die Bäume sind allerdings gemäß § 16, 19 III ThürNatG in einer Verordnung als Naturdenkmale ausgewiesen. Der Antrag des A auf Zulassung der Beseitigung der Bäume wird abgewiesen. A hält diese Einschränkung seiner Eigentümerrechte für unzulässig und behauptet, er sei in seinen Grundrechten verletzt.

Frage: Hat er Recht?


G. Fall X+7
Im thüringischen Landkreis X hat A einen Reithof eingerichtet und wirbt um Gäste mit der Möglichkeit, in den ruhigen Wäldern in der Umgebung ungestört reiten zu dürfen. Wegen der immer häufiger gewordenen Beschwerden der Touristen, die durch Reiter auf Wanderwegen erschreckt werden, erlässt die zuständige Behörde auf der Grundlage des § 34 ThürNatG eine Anordnung, dass im Landkreis X das Reiten nur auf den dafür speziell gekennzeichneten Wegen erlaubt ist. Eine Reihe von Wegen wird auch entsprechend gekennzeichnet, einige Wanderwege werden damit vom Reiten ausgeschlossen.

A ist mit der Anordnung nicht einverstanden und behauptet, durch sie in seinen verfassungsrechtlich geschützten Freiheiten verletzt zu sein.

Frage: Ist A in seinen Grundrechten verletzt?

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