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Fallbeispiel - Das Kündigungsschreiben


Lösungsvorschlag


1. Lösungsskizze:

Das Kündigungsschreiben des M könnte dem V fristgerecht zugegangen sein.

Voraussetzungen: Kündigung = einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, Abgabe der WE, fristgerechter Zugang der WE nach § 130 BGB


I. Abgabe der WE durch M (+)
Voraussetzungen: Erklärende hat sich Erklärung entäußert, Erklärung in Richtung Empfänger in Bewegung gesetzt, unter
Zugrundelegung normaler Verhältnisse kann mit Zugang beim Empfänger gerechnet werden

1. Entäußerung der Erklärung durch M (+)
Sachverhalt: M hat die Erklärung der Kündigung in einem Brief niedergeschrieben.

2. Erklärung Richtung V in Bewegung gesetzt (+)
Voraussetzungen: Persönlich durch M oder infolge Zurechnung durch einen Dritten

a. Persönlich (-)
Sachverhalt: M hat den V persönlich nicht angetroffen, um ihm das Kündigungsschreiben zu übergeben.

b. durch einen Dritten (Zurechnung) (+)
Sachverhalt: M übergibt den Brief an den Gärtner mit der Bitte, diesen an V weiterzuleiten.
M bedient sich Gärtner als Bote

3. Mit Zugang bei V kann gerechnet werden (+)
Es handelt sich um den Gärtner des V, der wiederkehrend bei V tätig ist.

II. Fristgerechter Zugang der Willenserklärung bei V


1. Zugang der WE bei V (+)
Voraussetzungen: WE muss so in den Herrschaftsbereich des Empfängers gelangen, dass dieser unter normalen Umständen
von ihr Kenntnis erlangen kann und dies nach den Verkehrsansichten von ihm erwartet werden kann.

a. Persönlich (-)
Siehe oben, M trifft V nicht selbst an, sondern nur dessen Gärtner


b. durch einen Dritten (Zurechnung) (+)
Gärtner als Bote übergibt V das Kündigungsschreiben


2. Fristgerechter Zugang (-)

Zugang erfolgt erst zum Zeitpunkt, in dem üblicherweise eine Weiterleitung vom Boten an Erklärungsempfänger zu erwarten ist.

P Gärtner = Empfangsboten des V oder Erklärungsboten des M?

Empfangsbote: Der Zugang der Willenserklärung liegt zu dem Zeitpunkt vor, zu dem nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge
mit Weiterleitung an den Empfänger zu rechnen ist, d.h. am gleichen Abend oder am nächsten Tag.

Erklärungsbote: Der Zugang findet erst statt, wenn die Erklärung tatsächlich in den Machtbereich des Empfängers gelangt.

a. Empfangsbote (-)
Definition: Ein Empfangsbote ist eine Person, die auf Seiten des Erklärungsempfängers steht und nach der
Verkehrsanschauung zur Entgegennahme von Willenserklärungen ermächtigt ist.
Voraussetzungen: G müsste nach der Verkehrsanschauung als ermächtigt gelten und dazu geeignet und bereit gewesen
sein, das Kündigungsschreiben zu empfangen. ( z.B. Mitglieder der Familien- und Hausgemeinschaft)
Sachverhalt: G ist lediglich Gärtner des V.

b. Erklärungsbote (+)
Definition: Der Erklärungsbote ist eine Hilfsperson, die seitens des Erklärenden eingesetzt wird, um eine Willenserklärung
zu überbringen. Er gehört zum Herrschaftsbereich des Erklärenden und trägt damit auch das Risiko dafür, dass die
Willenserklärung gar nicht oder falsch übermittelt wird.
Sachverhalt: M bedient sich des G als Boten, um die verkörperte WE (Brief) an den V zu übergeben. Da G kein
Empfangsbote des V ist, kann dieser hier nur als Erklärungsbote des M aufgetreten sein.

Zugang erfolgt erst dann, wenn Erklärung tatsächlich in den Machtbereich des Empfängers (hier V) gelangt ist.

Sachverhalt: G vergisst die Kündigung in seiner Schürze und findet sie erst eine Woche später wieder, woraufhin er sie sofort
dem V überreicht. Dem V ist die Erklärung daher tatsächlich erst eine Woche später zugegangen.


III. Fristgerechter Zugang der Willenserklärung (-)

Ergebnis:
Das Kündigungsschreiben des M ist dem V nicht fristgerecht zugegangen.



2. Formulierungsvorschlag:

Das Kündigungsschreiben des M könnte dem V fristgerecht zugegangen sein.

Ein wirksame Kündigung setzt als einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung die Abgabe und den fristgerechten Zugang (§ 130 BGB) voraus.

I. Abgabe der WE durch M
M könnte eine Willenserklärung abgeben haben.
Hierfür müsste er sich einer Erklärung entäußert haben und diese Erklärung in Richtung Empfänger auf den Weg gebracht haben. Zudem muss unter Zugrundelegung normaler Verhältnisse mit Zugang beim Empfänger gerechnet werden.
M hat die Erklärung der Kündigung in einem Brief niedergeschrieben und möchte diesen Brief dem V persönlich übergeben. Jedoch trifft er V zu Hause nicht an und überreicht die Kündigung deshalb dem Gärtner des V, der gerade im Garten arbeitet.
Indem M die Erklärung auf dem Grundstück des V dem Gärtner gegeben hat, hat er sie in Richtung Empfänger auf den Weg gebracht und somit willentlich in den Rechtsverkehr entäußert. Der Gärtner ist wiederkehrend bei V tätig. Somit kann auch mit Zugang der Willenserklärung bei V gerechnet werden.

II. Fristgerechter Zugang der Willenserklärung bei V
Weiterhin muss die Willenserklärung des M dem V auch fristgerecht zugegangen sein.

1. Zugang der Willenserklärung
Die Willenserklärung könnte dem V zugegangen sein. Dafür muss die Willenserklärung nach § 130 I BGB so in den Herrschaftsbereich des Empfängers gelangen, dass dieser unter normalen Umständen von ihr Kenntnis erlangen kann und dies nach den Verkehrsansichten von ihm erwartet werden kann.
M trifft V zu Hause nicht persönlich an und überreicht deshalb dem Gärtner die Kündigung mit der Bitte, diese an V weiterzuleiten. Der Gärtner übergibt dem V schließlich als Bote das Kündigungsschreiben.
Damit ist die Willenserklärung des M dem V auch zugangen.

2. Fristgerechter Zugang
Fraglich ist jedoch, ob die Kündigung des M dem V auch fristgerecht zugegangen ist.
Der Zugang erfolgt erst zum Zeitpunkt, in dem üblicherweise eine Weiterleitung vom Boten an den Erklärungsempfänger zu erwarten ist.
Hierbei ist entscheidend, ob es sich bei dem Gärtner um einen Empfangsboten oder einen Erklärungsboten handelt.

Bei einem Empfangsboten liegt der Zugang der Willenserklärung zu dem Zeitpunkt vor, zu dem nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge
mit Weiterleitung an den Empfänger zu rechnen ist, d.h. am gleichen Abend oder am nächsten Tag.

Bei einem Erklärungsbote findet der Zugang erst statt, wenn die Erklärung tatsächlich in den Machtbereich des Empfängers gelangt.

a. Empfangsbote
G könnte ein Empfangsbote des V sein.
Ein Empfangsbote ist eine Person, die auf Seiten des Erklärungsempfängers steht und nach der Verkehrsanschauung zur Entgegennahme von Willenserklärungen ermächtigt ist.
Der Gärtner müsste nach der Verkehrsanschauung als ermächtigt gelten und dazu geeignet und bereit gewesen sein, das Kündigungsschreiben zu empfangen.
G ist jedoch lediglich Gärtner des V und somit nach der Verkehrsanschauung weder ermächtigt noch geeignet, Erklärungen für den
V entgegen zu nehmen.
Damit stellt G keinen Empfangsboten des V dar.

b. Erklärungsbote
G könnte jedoch ein Erklärungsbote des M sein.
Der Erklärungsbote ist eine Hilfsperson, die seitens des Erklärenden eingesetzt wird, um eine Willenserklärung zu überbringen. Er gehört zum Herrschaftsbereich des Erklärenden und trägt damit auch das Risiko dafür, dass die Willenserklärung gar nicht oder falsch übermittelt wird.
Hier bedient sich M des G als Boten, um die verkörperte WE (Brief) an den V zu übergeben.
Wie oben bereits festgestellt, ist G kein Empfangsbote des V. Somit kann er hier nur als Erklärungsbote des M aufgetreten sein.

Der Zugang einer Willenserklärung unter Zuhilfenahme eines Erklärungsboten erfolgt erst dann, wenn die Erklärung tatsächlich in den Machtbereich des Empfängers (hier V) gelangt ist.
G vergisst die Kündigung in seiner Schürze und findet sie erst eine Woche später wieder, woraufhin er sie sofort dem V überreicht.
Dem V ist die Erklärung daher tatsächlich erst eine Woche später zugegangen.
Um fristgerecht dem V zugegangen zu sein, hätte die Erklärung jedoch spätestens am nächsten Tag nach Überreichung des Brief von M an G dem V überreicht werden müssen.

Folglich liegt kein fristgerechter Zugang der Willenserklärung vor.

Das Kündigungsschreiben des M ist dem V nicht fristgerecht zugegangen.
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