Fall: Vergabe an Unternehmen, die regionale Wirtschaft fördern
A. Sachverhalt
Die Gemeinde Friedhausen (F) beabsichtigt im Jahre 2012, ein kleines Kinderkulturzentrum zu gründen. Dafür ist unter anderem ein Gebäude zu errichten. Dieses Gebäude soll in etwa 4 Mio. EUR kosten, was eine recht hohe Belastung für die bereits verschuldete kleine Gemeinde bedeutet. Eine Mehrheit im Stadtrat für dieses Vorhaben findet sich im Jahre 2011 nur dadurch, dass der Bürgermeister verspricht, die Investition nur durch regionale Unternehmen realisieren zu lassen. Dadurch soll das Geld in der Region verbleiben, insbesondere sollen die Mittelständler (also Wähler der skeptischen Stadtratsmitglieder) aus der Region vom Auftrag profitieren.
In den Ausschreibungsunterlagen werden unter Anderem folgende Bedingungen für den Zuschlag aufgestellt:
- der Auftragnehmer ist gehalten, soweit wie möglich Baustoffe aus der Region zu verwenden (eine Herstellerliste wird in der Anlage beigefügt),
- beim Sitz des Auftragnehmers außerhalb des Landkreises, in dem D liegt, müssen mindestens 80 % der Leistung durch Betriebe oder Subunternehmen erbracht werden, die im o. g. Landkreis registriert sind,
- es sind nach Möglichkeit nur in Deutschland sozialversicherungspflichtig Beschäftigte bei Auftragsausführung zu engagieren.
Am Ausschreibungsverfahren nimmt das tschechische Bauunternehmen Schnell-und-Billig (S) teil und sieht sich durch die Ausschreibungsbedingungen benachteiligt, weil es seine Baustoffe aus Tschechien und Polen bezieht und die Aufträge meist mit eigenen Mitarbeitern vom Unternehmenssitz realisiert. Die übrigen Voraussetzungen aus den Ausschreibungsbedingungen würde S erfüllen.
B. Frage
Ist das Vorgehen der Gemeinde F aus europarechtlicher Sicht zulässig?
Vgl. EuGH vom 22. 06. 1993, Rs. C-243/89, Storebaelt, hier insb. Rn. 45:
Aus alldem ergibt sich, daß das Königreich Dänemark seine Verpflichtungen aus dem Gemeinschaftsrecht verletzt und insbesondere gegen die Artikel 30, 48 und 49 EWG-Vertrag sowie gegen die Richtlinie 71/305/EWG verstossen hat, weil die Aktieselskabet Storebältsforbindelsen zur Abgabe von Angeboten auf der Grundlage einer Bedingung aufgefordert hat, die eine möglichst weitgehende Verwendung von dänischen Baustoffen, Verbrauchsgütern, Arbeitskräften und Geräten vorsah, und weil die Verhandlungen mit dem ausgewählten Konsortium auf der Grundlage eines nicht den Verdingungsunterlagen entsprechenden Angebots geführt worden sind.
Dabei ist die Feststellung des EuGH nicht weiter begründet - die Verletzung der in Betracht kommenden Grundfreiheiten als selbstverständlich angesehen.
CategoryFallsammlungEuInt CategoryVergaberecht