1. Anspruch des G gegen A auf Kaufpreiszahlung i. H. v. 100.000 € gem. § 433 II BGB
a. Anspruch entstanden (Abschluss eines wirksamen Kaufvertrags gem. § 433 BGB)
Der Kaufvertrag über die Baustoffe wurde zwar nicht von A selbst, aber von seinem Prokuristen geschlossen, § 48 HGB. Der KV ist daher wirksam und wirkt für und gegen den A, § 164 I BGB.
b. Anspruch untergegangen?
aa. wegen Unmöglichkeit gem § 326 I 1.HS BGB i. V. m. § 275 I BGB
Der Anspruch könnte wegen nachträglicher Unmöglichkeit gem. § 326 I 1.HS BGB i. V. m. § 275 I BGB untergegangen sein. Fraglich ist, in welchem Umfang der Anspruch unmöglich geworden sein könnte. Im Falle der Teilleistung wird der Anspruch gem. § 326 I 2.HS BGB i. V. m. § 441 III BGB gemindert.
bb. Erfüllung bezüglich der Stahlträger und der Dachziegeln
Im Hinblick auf die Stahlträger und die Dachziegeln könnte Erfüllung gem. § 362 BGB eingetreten sein, sodass der Kaufpreisanspruch nur i. H. v. 30.000 €; entfallen sein könnte.
Gemeint ist hier nur die Herbeiführung des Leistungserfolgs, die bei einem Kaufvertrag in der Verschaffung des Eigentums am Kaufgegenstand besteht. G hat dem A das Eigentum an den Stahlträgern und dem Dachziegeln verschafft.
c. BewirkenDie Leistung müsste an den Gläubiger, also A, bewirkt werden. Hier hat P die Lieferung angenommen. Als Prokurist ist er auch zur Entgegennahme von Lieferungen berechtigt, § 48 HGB. Sein Handeln wird daher dem A zugerechnet. Das Bewirken setzt zudem voraus, dass die übereignete Sache mangelfrei ist. Umfasst werden hier die Sach- und Rechtsmängel des § 434 BGB, § 435 BGB. Ein Sachmangel ist nach § 434 III BGB auch in der Zuweniglieferung sowie in der Aliud-Lieferung zu sehen (anders die frühere Rechtslage, bei der für bürgerlich-rechtliche Kaufverträge kein Sachmangel, sondern mangelnde Erfüllung angenommen wurde, während beim Handelskauf der § 377 HGB auch Zuwenig- und Aliud-Lieferung als Sachmangel behandelte). G hat dem A nur das Eigentum an 45 anstelle der geschuldeten 50 Stahlträger verschafft. Hierin liegt eine Zuweniglieferung und damit ein Sachmangel i. S. d. § 434 III BGB. G hat dem A zudem nur graue Dachziegel und keine roten geliefert. Graue Dachziegel sind keine schlechten roten Dachziegel, also liegt eine Aliudlieferung vor, die aber inzwischen nach § 434 III BGB ebenfalls einen Sachmangel darstellt. Allerdings könnte durch die Annahme trotzdem Erfüllung eingetreten sein. Eine diesbezügliche Sonderregelung findet sich in § 377 HGB (Zur Sicherung der „Schnelligkeit und Leichtigkeit des Handelsverkehrs“). A und G sind beide Kaufleute, da bei einem Betrieb mit 30 Angestellten und einem Großhandel die Vermutung des § 1 II HGB greift. Für beide war es zudem ein Handelsgeschäft i. S. d. § 343 I HGB. Den A träfe demnach eine unverzügliche Untersuchungspflicht, welcher er jedenfalls im Hinblick auf die Stahlträger nicht nachgekommen ist. Das Verhalten des P ist ihm dabei zuzurechnen ( § 48 HGB). Dass die Ware vor dem 30.09 geliefert wurde, steht gem. § 271 BGB nicht entgegen. Die Dachziegel waren zwar eingepackt und der Mangel nicht offensichtlich. Von einem Kaufmann ist aber die stichprobenweise Öffnung von verschlossenen Warenpaketen im Rahmen der Untersuchungspflicht zu verlangen.
d. ZwischenergebnisDie Zuweniglieferung und die Aliud-Lieferung der Dachziegel führen daher trotzdem zu einer Annahme und damit zur Erfüllung der Leistungspflicht aus dem KV gem. § 362 BGB. Die Gegenleistungspflicht besteht daher weiterhin i. H. v. 70.000 €.
e. Untergang des Gegenleistungsanspruchs im Hinblick auf das Holz i. H. V. 30.000 €, § 326 I 1.HS BGB i. V. m. § 275 I BGBFraglich ist, ob der Anspruch auf Gegenleistung im Hinblick auf das Holz i. H. v. 30.000 €; entfallen ist, § 326 I 1.HS BGB i. V. m. § 275 I BGB. § 275 I BGB erfasst dabei die Fälle der sog. echten Unmöglichkeit (obj./subj., teilweise/vollständige, zu vertretende/nicht zu vertretende,…). Zwischen A und G könnte ein Fixhandelskauf gem. § 376 HGB als absolutes Fixgeschäft geschlossen worden sein. Das setzt voraus, dass die Leistung nach Eintritt des Datums nicht mehr als Erfüllung angesehen werden kann, da sie für den Gläubiger sinnlos ist. In einem solchen Falle wird Ablauf des Termins oder der Frist das Geschäft unmöglich. Der A hat durch P deutlich gemacht, dass er die Baustoffe unbedingt für einen durchzuführenden Auftrag bis zum 30.09. brauche. Folglich ist ein absolutes Fixgeschäft vereinbart worden. Die L könnte allerdings die Frist auf den 02.10 ausgedehnt haben. Hierzu müsste sie zunächst berechtigt sein. Zwar arbeitet sie im Betrieb des A, hat aber keinerlei ausdrückliche Vollmacht seitens des A. Vertragsänderungen können aber lediglich vom Kaufmann selbst oder von seinem Prokuristen oder Handlungsbevollmächtigten durchgeführt werden. Eine Fristausdehnung ist daher nicht erfolgt. Mit Ablauf des 30.09 ist damit die Leistung im Hinblick auf das Holz unmöglich geworden. Der Anspruch auf Gegenleistung gem. § 433 II BGB ist daher i. H. v. 30.000 €; entfallen.
f. ZwischenergebnisDer Anspruch ist bezüglich der Gegenleistungspflicht im Hinblick auf das Holz i. H. V. 30.000 € untergegangen. Der Anspruch auf Kaufpreiszahlung bezüglich der Stahlträger und der Dachziegeln bleibt bestehen.
g. ErgebnisG hat gegen A einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung für die Lieferung der Stahlträger und Dachziegeln i. H. v. 70.000 € gem. § 433 II BGB. Einen Anpruch auf Kaufpreiszahlung i. H. v. 30.000 € für das Holz hat G gegenüber A nicht mehr.
2. Anspruch des A gegen G auf Schadensersatz statt der Leistung i. H. v. 5.000 €
a. Anspruch gem. § 280 I, III BGB, § 283 BGBEin Schuldverhältnis besteht in dem Kaufvertrag zwischen A und G. Eine Pflichtverletzung ist in der Unmöglichkeit zu sehen (s.o.), die von G auch zu vertreten ist gem. § 276 I BGB. Hieraus ist ein kausaler Schaden i. H. v. 5.000 € entstanden, der zu ersetzen ist.
b. Anspruch gem. § 376 I, III HGBEin Fixhandelskauf gem. § 376 HGB ist zwischen den Kaufleuten A, vertreten durch P ( § 48 HGB), und G vereinbart worden. Die Lieferfrist ist von G schuldhaft ( § 286 IV BGB, § 276 BGB) nicht eingehalten worden, so dass Verzug gem. § 286 I BGB eingetreten ist. Einer Nachfristsetzung bedarf es beim Fixhandelskauf nicht (vgl. auch § 323 II Nr. 2 BGB). Damit kann A Schadensersatz wegen Nichterfüllung gem. § 376 I HGB verlangen und dabei nach § 376 III HGB den Preis des „anderweit vorgenommenen“ Kaufs ersetzt verlangen, denn der Ersatzkauf ist sofort (= wie nach Brauch und Umständen möglich, nicht zwingend § 121 I 1 BGB), was innerhalb eines Tages anzunehmen ist, bewirkt worden. A kann also auch nach § 376 I, III HGB den kausal entstandenen konkreten Schaden von G ersetzt verlangen.
c. AufrechnungDer A kann nunmehr mit der Forderung des G i. H. v. 70.000 € aufrechnen gem. § 387 BGB, sodass er nur noch 65.000 € zahlen muss. |