Version [50062]
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Fallbeispiel: Das teurer gewordene Pop-Art-Gemälde 2
Klausuraufgabe im WS 2014/2015
Sachverhalt
Händler H spricht mit seinem Mitarbeiter M über ein Gemälde des Pop-Art Malers P. Das Gemälde soll interessierten Galeristen oder Sammlern für 15.000 EUR angeboten werden.M, der in der Firma des H Kunstwerke im Namen des H anbietet und verkauft, nimmt das neue Angebot vorläufig in seinem Notizblock unter „Neuerscheinungen“ auf und erwähnt es gegenüber dem Sammler S am 10. 1. Beide halten im Gespräch fest, dass S bis zum 20. 1. dem M oder H mitteilen wird, ob er das Gemälde für 15.000 EUR nimmt.
Am 15. 1. schreibt S in einem an H gerichteten und auf den 15. 1. auch datierten Brief, dass er das Gemälde für 15.000 EUR haben will. Diesen Brief möchte er M am 16. 1. in den Büroräumen des H überreichen. Er trifft ihn allerdings nicht an und kann lediglich mit der Reinigungskraft des H, Frau R sprechen. Frau R nimmt den Brief entgegen und verspricht, ihn dem H oder M am Folgetag zu geben. R vergisst den Brief allerdings in ihrer Jackentasche und gibt ihn erst am 22. 1. dem M.
H stellt in der Zwischenzeit fest, dass seine vorherige Preisschätzung für das Gemälde falsch war und beabsichtigt nun, es mit einem Preis von 22.000 EUR in seinen Katalog aufzunehmen. M zeigt H das Schreiben des S, beruhigt ihn aber mit dem Hinweis darauf, dass das Schreiben des S zu spät angekommen sei. Als S sich bei M am 28. 1. meldet, teilt ihm M mit, dass S sich zu spät gemeldet habe und dass das Gemälde sowieso für 22.000 ins Katalog aufgenommen wird.
S ist mit dieser Vorgehensweise nicht einverstanden und verlangt Herausgabe des Gemäldes gegen Zahlung von 15.000 EUR.
Frage
Darf er das?Beantworten Sie die Frage unter Nennung der Anspruchsgrundlage, der gesetzlichen Voraussetzungen von eventuell einschlägigen, naheliegenden Rechtsinstituten, auch wenn diese nicht erfüllt sind und deshalb am Ende auf das Ergebnis keinen Einfluss haben. Gehen Sie stets systematisch, entsprechend dem in der Lehrveranstaltung behandelten Prüfungsaufbau vor und erklären Sie Ihre Vorgehensweise. Begründen Sie Ihre Antwort auf die Frage.
Lösung
Zu prüfen, ob S einen Anspruch auf Herausgabe und Übereignung des Bildes gegen H hat. Dieser Anspruch kann sich aus § 433 Abs. 1 BGB ergeben.Diesen Anspruch hat S erworben, wenn zwischen ihm (S) und dem H ein Vertrag i. S. d. § 433 BGB besteht, d. h.:
- wenn S und H einen Vertrag abgeschlossen haben,
- dieser Vertrag ist ein Kaufvertrag über das Gemälde,
- der Vertrag ist auch wirksam.
A. Vertragsschluss
Zunächst ist zu prüfen, ob der Vertrag geschlossen wurde. Dies ist dann der Fall, wenn gem. §§ 145 ff. BGB:
- auf der einen Seite ein Angebot vorliegt,
- die andere Partei das Angebot angenommen hat,
- Angebot war bei Annahme annahmefähig,
- die Erklärungen (Angebot und Annahme) stimmen miteinander überein.
- eine Willenserklärung mit Inhalt Angebot,
- sie wurde abgegeben und
- ist dem Adressaten (Vertragspartner) zugegangen (empfangsbedürftige Willenserklärung, § 130 BGB.
(+)
Zurechnung des Handelns von M? Möglich gem. § 164 BGB, wenn:
- eigene Willenserklärung des M,
- im fremden Namen,
- dem Vertragspartner gegenüber offengelegt
M ist bei H dafür angestellt, Gemälde zu verkaufen. Konkrete Verträge werden seitens H wohl nicht vorgegeben, M gibt also in der Regel eigene Erklärungen für H ab. In diesem Fall wollte M auch nicht selbst verkaufen, sondern ein Gemälde des H. Er handelte also auch im fremden Namen. Ein Mitarbeiter eines Händlers handelt auch für Dritte in der Regel erkennbar für Dritten - seinen Arbeitgeber. Im Sachverhalt fehlen Indizien dafür, dass sich M nicht als Mitarbeiter des H ausgegeben hat. Vielmehr verwies M den S auf H als möglichen Adressaten einer Rückantwort.
Die Erklärungen des M können dem H zugerechnet werden
Abgabe (+)