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Dies ist eine alte Version von FallStolpernUeberRegenschirm erstellt von WojciechLisiewicz am 2012-07-03 13:40:21.

 

Fall: Stolpern über den Regenschirm


A. Sachverhalt
Trottel (T) ist in einem Kaufhaus unterwegs. An diesem regnerischen Tag hat er seinen großen Regenschirm dabei. Als er in der Nähe einer Treppe zu den unteren Regalen mit Hemden greift, hält er seinen Regenschirm in der Weise, dass er den anderen zur Treppe eilenden Kunden den Weg versperrt. Da der Regenschirm genauso dunkelblau ist, wie der Fußboden, sehen ihn die vorbeigehenden Kunden nicht. Der Kunde Pechvogel (P) stolpert über den Schirm und stürzt die Treppe hinunter. Er verletzt sich dabei am Kopf stark, muss wochenlang im Krankenhaus behandelt werden und kann durch die erlittene Gehirnschädigung seinen bisherigen Job als Fernsehmoderator nicht mehr ausüben. Er kann lediglich einfachere, technische Aufgaben bei seinem Fernsehsender übernehmen, aber auch das erst, nachdem er eine zusätzliche Umschulung absolviert hat.

Bis zur Genesung verschlingt die Behandlung des P 50.000 EUR. Die Kosten der Umschulung betragen für P ca. 4.500 EUR. Bei seiner neuen Tätigkeit beim Fernsehsender kann P nur noch 1.900 EUR netto monatlich verdienen im Vergleich zu den 5.200 EUR netto monatlich für die Moderation.

B. Frage
Welche Ansprüche hat P gegen T?

C. Lösung
Dass T für seine Handlung grundsätzlich haftet, ist wohl unproblematisch. Das Halten des Regenschirms in einer gefährlichen Art und Weise ist ihm zuzurechnen und es ist auch fahrlässig.

Einer genaueren Betrachtung bedarf hier der Schadensersatzumfang. Die einzelnen Schadensposten sind zunächst einmal genau zu identifizieren. Anschließend ist zu prüfen, ob die einzelnen Schadensposten so durch T zu ersetzen sind.

Der Sachverhalt gibt Anhaltspunkte für folgende Schadensposten:
- Behandlungskosten, 50.000 EUR
- Umschulungskosten, 4.500 EUR
- Mindereinnahmen, 3.300 EUR monatlich (!)
- nicht erwähnt ist - aber denkbar - Schmerzensgeld in angemessener Höhe gem. § 253 Abs. 2 BGB

1. Behandlungskosten
Die Kosten sind eine Einbuße im Sinne der Differenzhypothese - ohne den Unfall hätte P sie nicht gehabt. Diese sind im Wege der Naturalrestitution zu verlangen - oder genauer gem. § 249 II 1 BGB den zur Wiederherstellung erforderlichen Betrag. Zurechnungsprobleme sind eher nicht ersichtlich (Kausalkette intakt und adäquat). Insbesondere ist nicht feststellbar, dass den P ein Mitverschulden trifft.

2. Umschulungskosten
Die Kosten der Umschulung resultieren nicht aus der Verletzung selbst, sondern aus der Absicht, weiterhin berufstätig zu sein, obwohl der alte Beruf nicht mehr ausgeübt werden kann. Es ist durchaus ein Schaden i. S. d. Differenzhypothese (ohne Unfall hätte P die Umschulung nicht gebraucht) und kann als ein Teil der Naturalrestitution (teilweise Wiederherstellung der Möglichkeit, Geld zu verdienen) angesehen werden.
Da es aber ein Schaden ist, der nicht direkt aus der Verletzung folgt, muss bei der Zurechnung genau geprüft werden, ob die haftungsausfüllende Kausalität vorliegt. Die Verletzung ist für die Kosten der Umschulung äquivalent und adäquat kausal. Bei der Frage des Schutzzwecks der Norm kann das Argument der Schadensminderungspflicht herangezogen werden - P ist verpflichtet, seine fehlende Berufsfähigkeit zu mindern. Ohne Umschulung wäre die monatliche Einkommenslücke um 1.900 EUR größer.

Insofern muss die Umschulung auch durch T bezahlt werden.

3. Mindereinnahmen
Die aus dem Unfall resultierenden Mindereinnahmen des P sind eine mittelbare Folge. Es handelt sich unbestritten um einen Schaden. Er kann jedoch nicht im Wege der Naturalrestitution ausgeglichen werden, denn eine Wiederherstellung des früheren Zustands (Möglichkeit der Arbeit als Fernsehmoderator) offensichtlich nicht möglich ist. Deshalb greift hier § 251 BGB - oder genauer (Sonderregel) § 843 BGB. Demnach ist die Differenz dem P in Form einer Rente oder einer Einmalzahlung auszugleichen.

4. Verdienstausfall
Im Sachverhalt wird es nicht erwähnt, jedoch es liegt nahe, dass im Zeitraum zwischen dem Unfall und der Genesung des P dieser nicht arbeiten kann. Sofern er aus diesem Grund einen Verdienstausfall zu beklagen hat, ist dieser ebenfalls zu ersetzen. Die Lücke im Verdienst gehört nämlich zum Schaden im Sinne der Differenztheorie (P hätte das Geld hypothetisch verdient, hat es dann aber infolge des Unfalls nicht verdienen können). Gem. § 252 BGB ist der Verdienstausfall als entgangener Gewinn in Geld zu entschädigen. Dieser Schadensposten ist auch dem von T verursachten Ereignis zuzurechnen.

5. Schmerzensgeld
Gem. § 253 Abs. 2 BGB ist auch eventuell Schmerzensgeld zu entrichten.


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