Version [29605]
Dies ist eine alte Version von FallSitzblokadeGegenBau erstellt von WojciechLisiewicz am 2013-06-02 19:39:52.
Fall: Blockade gegen Kraftwerksbau
A. Sachverhalt
In der Gemeinde Duselhausen soll ein Kraftwerk gebaut werden. Die Einwohner wehren sich dagegen, weil sie starke Umweltbelastungen durch das Kraftwerk befürchten. Eine Bürgerinitiative greift den Investor und die Verwaltung mit unzähligen Widersprüchen und Klagen an. Als der Bau in letzter Instanz rechtskräftig als zulässig bestätigt wurde, bereitet die Bürgerinitiative Demonstrationen und Sitzblockaden vor.
Der Bau wird ungeachtet dessen vorbereitet. Das ausführende Unternehmen ist die Firma Einsturz (E). Sie sendet das erste Mitarbeiterteam zur Baustelle und sichert die Baustelle ab. Als mit Tiefbauarbeiten begonnen werden soll, besetzt die Bürgerinitiative unter Führung des Aktivisten Randale (R) das Gelände des künftigen Kraftwerks, sperrt die auf dem Gelände befindlichen Mitarbeiter von E ab und hält sowohl E, wie auch den Kraftwerksinvestor und die Polizei über mehrere Tage im Schach.
Erst nach 5 Tagen gelingt es der Polizei, Mitarbeiter von E zu befreien und die Demonstranten vom Gelände zu verdrängen.
B. Frage
Kann E von R bzw. den identifizierten Demonstranten Ersatz des durch Stillstand der Arbeiten bei E entstandenen Schadens verlangen?
C. Lösungshinweise
Anspruch E gegen R aus § 823 Abs. 1 BGB?
Dieser Anspruch ist dem Grunde nach erworben, wenn:
- Tatbestand des § 823 Abs. 1 BGB erfüllt wurde
- dies rechtswidrig war und
- vom Anspruchsgegner schuldhaft geschah.
- eine gesetzliche Lücke im Hinblick auf den Schutz des E gegeben sein
- der Gewerbebetrieb des E müsste betroffen sein, und zwar
- durch einen betriebsbezogenen Eingriff, also gezielt und nicht lediglich als Nebenfolge der Handlung von R / der übrigen Demonstranten.
Die Umsatzeinbußen, die dem E entstanden sind, werden durch keine anderen Vorschriften kompensiert werden können - § 823 II oder § 826 BGB kommen als Anspruchsgrundlagen in Betracht, greifen am Ende jedoch nicht. Dennoch erscheint diese Lücke nicht als gewollt, wenn eine Schädigung des E, der sich auch an der politischen Auseinandersetzung nicht beteiligte, keinen Ersatz erfahren hätte. Dies wäre hier auch nicht tragbar. Insofern ist eine Gesetzeslücke im Hinblick auf den Schutz des E festzustellen.
Sein Gewerbebetrieb - als Anlagenbauer o. ä. - ist betroffen - es handelt sich dabei um eine gewerbliche Tätigkeit, die auf Dauer angelegt und auf Gewinnerzielung gerichtet ist.
Die Handlungen von R und anderer Demonstranten richteten sich durchaus gezielt gegen den Bau, also gegen die Tätigkeit des E, gegen seinen Betrieb.
Tatbestand des § 823 Abs. 1 BGB ist in Form eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des E erfüllt.
2. Rechtswidrigkeit
Besonderheit: offener Tatbestand! Rechtswidrigkeit summarisch mit dem Tatbestand (Rechtsgutverletzung) zu prüfen!
Besonderheit: offener Tatbestand! Rechtswidrigkeit summarisch mit dem Tatbestand (Rechtsgutverletzung) zu prüfen!
Rechtfertigung ist nicht gegeben. Es muss aber auch angesichts einer Gesamtbetrachtung als rechtswidrig erscheinen. Für Rechtswidrigkeit sprechen:
- E war am Konflikt nicht beteiligt
- der Rechtsweg wurde ausgeschöpft, also war eine Abwägung der Interessen im Rahmen der Rechtsordnung durchgeführt
Dagegen sprechen aber:
- Art. 5 GG
- Art. 9 GG
Mehr spricht wohl für Feststellung der Rechtswidrigkeit, also Handlung des R und der Demonstranten ging zu weit. Andere Auffassung ist allerdings vertretbar - insb. mit verfassungsrechtlicher (Grundrechte) Argumentation.
D. Ergebnis
Anspruch E gegen R nach § 823 Abs. 1 BGB ist dem Grunde nach gegeben.
CategoryWIPR2Faelle