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Version [3986]

Dies ist eine alte Version von FallRestauriertesBild erstellt von WojciechLisiewicz am 2009-11-17 10:34:05.

 

Fall: Restauriertes Bild und Gerichtsvollzieher


A. Sachverhalt
Begabt (B) restauriert alte Bilder. Er kauft öfter auch Bilder, die er dann auf eigene Rechnung erneuert und danach weiterverkauft. Für das ihm neulich von Arm (A) angebotene, extrem seltene, dafür aber im sehr schlechten Zustand befindliche, über 400 Jahre alte Bild eines bekannten Barockkünstlers hat er keine ausreichenden Mittel. In dem Reich (R) findet er einen interessierten Käufer für das Bild, der das Bild auch für 5.000 EUR bei B restaurieren lässt. Die von A geforderten 50.000 EUR für das Bild gibt R dem B sogleich auch und bittet, das Bild für R zu kaufen und zeitnah mit den entsprechenden Restaurierungsarbeiten zu beginnen.

Bevor das Bild durch B restauriert ist, kann B keine Rechnungen mehr bezahlen, weil er trotz bescheidener Einkünfte einen extensiven Lebensstil hat. Er hat mehrere hohe Rechnungen zu bezahlen, die bereits durch Gerichtsvollzieher vollstreckt werden sollen. Wegen der vielen Schulden denkt er gar an private Insolvenz. Als der Gerichtsvollzieher bei B das für R gekaufte Bild findet, meldet sich R sofort und verlangt Herausgabe des Bildes.

B. Frage
Welche Ansprüche hat R gegen B?

C. Musterlösung 1
Version 1 - Gruppe CD
R könnte gegen B einen Anspruch auf Herausgabe des Bildes gem. § 985 BGB haben. Dafür müsste es sich bei dem Bild um eine Sache handeln, R müsste Eigentümer der Sache sein, B Besitzer und dem B dürfte kein Recht zum Besitz gem. § 986 BGB zustehen.

Das Gemälde ist eine Sache i.S.d. § 985 BGB.

1. Eigentum des R
Fraglich ist, ob R Eigentümer des Bildes ist. Dies ist dann der Fall, wenn er das Eigentum im vorliegenden Fall rechtsgeschäftlich erworben hat.

a. Ursprüngliche Eigentumsverhältnisse
Ursprünglich war laut Sachverhalt A Eigentümer des Gemäldes.

b. Eigentumsübertragung A an R
R könnte das Eigentum von A erlangt haben. In Betracht kommt hier eine Eigentumsübertragung gem. § 929 S. 1 BGB, indem A mit B als Vertreter des R handelt und R mittelbaren Besitz gem. § 868 BGB erlangt. Voraussetzung dafür wäre, dass die Voraussetzungen der §§ 164 ff. BGB erfüllt sind. Unter anderem wäre demnach Voraussetzung, dass B offenkundig im Namen des R aufgetreten ist. Laut Sachverhalt hat B dies allerdings nicht offengelegt (*)
(*) andere Auffassung vertretbar
.
Da B den R nicht vertreten hat, kann von einer Einigung i.S.d. § 929 S. 1 BGB keine Rede sein. Eine Eigentumsübertragung von A an R ist somit ausgeschlossen.

c. Eigentumsübertragung A an B
A könnte das Eigentum am Bild auf B dadurch gem. § 929 S. 1 BGB übertragen haben, indem er aufgrund des Kaufvertrages das Bild dem B übergeben hat. Dafür wäre Voraussetzung, dass sich A und B über Eigentumsübergang geeinigt haben, A dem B das Bild übergeben hat und A berechtigt war, über das Bild zu verfügen.
B hat das Bild von A gekauft. Damit handelte A bei Übergabe des Bildes in Erfüllung des Kaufvertrages. Deshalb ist Einigung zur Eigentumsübertragung anzunehmen. Die Übergabe hat stattgefunden. Zu diesem Zeitpunkt war A auch Eigentümer, was bereits oben festgestellt wurde.
B hat gem. § 929 S.1 BGB das Eigentum am Bild von A erlangt.

d. Eigentumsübertragung B an R
B könnte das Eigentum am Bild auf R gem. § 930 übertragen haben, indem zwischen B und R ein Vertrag geschlossen wurde, kraft dessen B das Bild für R noch restaurieren sollte. Dafür wäre Voraussetzung B und R über Eigentumsübertragung geeinigt haben, zwischen B und R ein Rechtsverhältnis i.S.d. § 930 BGB begründet wurde und B berechtigt war, über das Bild zu verfügen.

Zwischen B und R könnte dadurch eine Einigung zur Eigentumsübertragung stattgefunden haben, dass B und R vereinbart haben, dass das Eigentum am Bild über B im Ergebnis auf R übergehen soll. Durch die Übergabe von 55.000 EUR von R an B war erkennbar, dass R Eigentümer werden will. B hat das Bild von A erworben und wollte es für R restaurieren. Damit war vom Anfang an klar, dass B das Eigentum am Bild im Ergebnis auf R übertragen will.

Problematisch ist allerdings, dass sich B und R noch vor der Eigentumsübertragung zwischen A und B geeinigt haben, also zu einem Zeitpunkt, in dem B noch gar nicht Eigentümer und auch nicht Besitzer der Sache war. Diese vorweggenommene Einigung ist jedoch im Rahmen der §§ 929 BGB ff. nicht schädlich.

R könnte mittelbarer Besitzer nach § 868 BGB geworden sein, wenn zwischen B und R ein Rechtsverhältnis vereinbart wurde, vermöge dessen B dem R gegenüber auf Zeit zum Besitz berechtigt wäre. Dadurch, dass B für R das Bild restaurieren sollte wurde ein Rechtsverhältnis begründet (ein Werkvertrag), kraft dessen B das Bild für die Zeit der Restaurierung behalten soll. B handelte auch im Fremdbesitzerwillen, weil er für die Zeit der Restaurierung für den R das Bild im Besitz hatte.

Zwar war A zum Zeitpunkt der Einigung zwischen B und R Eigentümer des Bildes. Das Eigentum ist allerdings auf B übergegangen. Damit ist B für eine logische Sekunde Eigentümer des Bildes geworden, so dass er das Eigentum in diesem Augenblick an R übertragen konnte.

e. Zwischenergebnis
Somit ist R Eigentümer des Bildes geworden.

2. Besitz des B ohne Recht zum Besitz
B ist im Besitz des Bildes. Fraglich ist, ob B ein Recht zum Besitz i.S.d. § 986 BGB hat. R hat dem B das Bild allerdings zur Restaurierung überlassen. Daraus könnte sich ein Recht zum Besitz ergeben. Sofern R das Bild herausverlangen möchte, muss er das Rechtsverhältnis zur Restaurierung des Bildes mit B beenden.

3. Ergebnis
Jedenfalls darf das Bild nicht durch Gerichtsvollzieher gepfändet werden, weil es im Eigentum des R steht.


D. Musterlösung 2
Version 2 - Gruppe AB
R könnte gegen B einen Anspruch aus § 985 BGB auf Herausgabe des Bildes haben. Dazu müsste sich bei dem Bild um Sache i.S.d. § 985 BGB handeln, welche im Besitz des B sein müsste und R Eigentümer des Bildes wäre. B dürfte kein Recht zum Besitz haben.

1. Sache
Das Bild ist eine bewegliche Sache i.S.d. § 90 BGB und damit eine Sache i.S.d. § 985 BGB.

2. Eigentum des R
Fraglich ist allerdings hier, ob R Eigentümer des Bildes ist.

a. Ursprünglicher Eigentümer
Laut Sachverhalt war A ursprünglich Eigentümer.

b. Eigentumsübertragung A an R
Das Eigentum könnte von A an R gem. § 929 S.1 BGB übergegangen sein, indem B für R das Bild erworben hat. Voraussetzungen dafür wären Einigung i.S.d. § 929 BGB sowie Übergabe und Berechtigung des Veräußerers (A).
Eine Einigung zwischen A und R direkt liegt nicht vor. B könnte allerdings als Vertreter des R gehandelt haben. Dazu müsste B gem. § 164 BGB eine eigene Willenserklärung offenkundig im Namen des Vertretenen und im Rahmen der Vertretungsmacht abgegeben haben.

B sollte für R das Bild erwerben. Damit ist denkbar, dass B für R eine eigene Willenserklärung abgegeben hat. B hat allerdings dem A nicht mitgeteilt, dass er im Namen des R gehandelt hat (*)
(*) andere Auffassung vertretbar.










E. Musterlösung 3
Version 3 - W. Lisiewicz
R könnte gegen B einen Anspruch auf Herausgabe der Sache gem. § 985 BGB haben. Voraussetzung dafür wäre, dass es sich beim betroffenen Gegenstand um eine Sache handelt, R Eigentümer der Sache, B ihr Besitzer ist und dass B kein Recht zum Besitz i.S.d. § 986 BGB gegenüber dem Eigentümer hat.

Das Bild ist eine Sache i.S.d. § 985 BGB. Es ist fraglich, ob R Eigentümer des Bildes ist. Da er ursprünglich kein Eigentümer war, ist zu prüfen, ob er infolge der laut Sachverhalt erfolgten Transaktionen und Handlungen Eigentümer des Bildes geworden ist.

1. Ursprüngliche Eigentumsverhältnisse
Ursprünglich war laut Sachverhalt der A Eigentümer des Bildes. Sollte an seiner Eigentümerstellung Zweifel bestehen, ist von seinem Eigentum gem. der gesetzlichen Vermutung nach § 1006 BGB auszugehen.

2. Eigentumsübertragung A an R
Zu prüfen ist, ob durch die Transaktion zwischen A und B das Eigentum auf R übergegangen ist.

Auch wenn B für den R gehandelt hat und diesen an sich auch für die dingliche Transaktion (Eigentumsübertragung) rechtsgeschäftlich vertreten könnte, geht aus dem Sachverhalt nicht hervor, dass B offenkundig im Namen des R gegenüber dem A aufgetreten ist. Damit handelte B nicht im Namen eines anderen i.S.d. § 164 BGB, so dass Stellvertretung ausgeschlossen ist (*)
(*) eine andere Lesart des Sachverhalts ist nicht abwegig, müsste aber genau begründet werden - eine Auseinandersetzung des Verfassers mit der Frage, ob "Handeln im fremden Namen" vorliegt oder nicht, ist dann zwingend erforderlich; dann wird problematisch, inwiefern der R durch die Übergabe der Sache an B Besitz erlangt hat, was so oder so betrachtet werden kann;


3. Eigentumsübertragung A an B
A könnte das Eigentum auf B dadurch übertragen haben, dass er infolge des mit B geschlossenen Vertrages das Bild ihm übergeben hat. Dies ist dann der Fall, wenn damit die Voraussetzungen der Eigentumsübertragung nach § 929 BGB ff. erfüllt sind. Da A in Erfüllung eines Kaufvertrages mit K handelte (er wollte das Bild für 50.000 EUR laut Sachverhalt veräußern) ist davon auszugehen, dass er sich mit B über Eigentumsübergang geeinigt hat. Da das Bild dem B auch übergeben wurde, liegt Übergabe i.S.d. § 929 S. 1 BGB vor. Da auch keine Anhaltspunkte gegen Fortbestand der Einigung zwischen A und B und ebenso keine gegen die Berechtigung des A bestehen, sind die Voraussetzungen für Eigentumserwerb nach § 929 S. 1 BGB erfüllt.
B hat von A Eigentum am Bild in dem Augenblick erworben, in dem er Besitz am Bild erlangt hat.

4. Eigentumsübertragung B an R
Es ist zu prüfen, ob R das Eigentum von B erworben hat.

a. Eigentumserwerb gem. § 929 BGB
Eine Eigentumsübertragung von B auf R gem. § 929 BGB scheitert daran, dass R laut Sachverhalt bislang nie den Besitz am Bild erlangt hat. Damit liegt keine Übergabe i.S. der Vorschrift vor, so dass Eigentum hiernach nicht übergehen konnte.

b. Eigentumserwerb gem. § 930 BGB
R könnte von B das Eigentum

F. Hinweise
In der Praxis kann in vergleichbaren Zusammenhängen das Aussonderungsrecht nach § 47 InsO relevant werden. Dann kommt es darauf an, ob das Eigentumsrecht die Aussonderung rechtfertigen würde.

Damit kommt es allein darauf an, ob R gegen B einen Anspruch auf Herausgabe der Sache gem. § 985 BGB hat.

Dafür müsste R Eigentümer sein.

1. Eigentumserwerb gem. § 929 S. 1?
Die Übergabe ist nicht erfolgt, entfällt. Vom A kein Erwerbstatbestand ersichtlich.

2. Eigentumserwerb gem. § 930 BGB?

Ursprünglich war A Eigentümer (siehe Sachverhalt).
A handelt mit dem Willen, an B zu übereignen. Hier § 929 S.1 möglich.

Als B aber Besitz erwirbt, ist bereits eine Vereinbarung B - R in Kraft, kraft der "B für R kaufen sollte" und nach Restaurierung an R weiterreichen soll. Ab dem Augenblick, in dem B Besitz ergreift, besitzt er für R (§ 868 BGB).
- Herausgabeanspruch begründet (+, Werkvertrag)
- Fremdbesitzerwille des B (+)
- Vereinbarung (Einigung) - etwas früher, antizipiert (+)

Rspr.: wenn B den Eigentumserwerb durch R verhindern will, muss er aktiv werden, deutlich machen, dass er doch nicht für den anderen besitzen will.

EIgentumsübergang auf R (+).



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