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Fall: AGB eines Handwerkers


A. Sachverhalt
Der Elektroinstallateurmeister Pfiffig (P) aus Viernau hat sich von seinem Bekannten, der an der Hochschule Schmalkalden Wirtschaftsrecht studierte, sagen lassen, dass es sinnvoll ist, für die von ihm ausgeführten Aufträge ein rechtssicheres Vertragsformular zu nutzen, auf dessen Rückseite auch allgemeine Bedingungen für die erbrachten Leistungen formuliert sind. Deshalb nutzt er ein entsprechendes Formular. Auf der Vorderseite werden Daten des Kunden aufgenommen und vor der Unterschriftszeile wird auf die umseitigen AGB verwiesen. Unter den Klauseln des "Kleingedruckten" auf der Rückseite ist auch ein Punkt 8 enthalten, der wie folgt lautet:

(...)
8. Der Auftragnehmer [also P] haftet bei Ausführung eines Auftrages ausschließlich für eigenes Verschulden und nur dann, wenn ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist.
(...)

P erhält einen Auftrag, im Elektronikladen des Flink (F) einen der Ladenräume neu zu verkabeln und dabei die maroden alten Leitungen auszutauschen. Dafür unterschreibt F einen Auftrag, den P erst einmal mitnimmt. Etwas später händigt P dem F eine Kopie des Auftrages, wobei nur die unterzeichnete Vorderseite ausgehändigt wird.

Zu den Arbeiten im Laden des F wird ein Mitarbeiter des P - Dusel (D) geschickt. Er bohrt einige für die Verlegung der Leitungen notwendigen Löcher, versichert sich aber nicht genau darüber, wo im Laden des F Gasleitungen verlaufen. D bohrt zwar an Stellen, an denen man normalerweise eher selten Gasleitungen vermuten kann, an welchen aber in alten Gebäuden, Leitungen in jedem Fall nicht ausgeschlossen sein können.

Es kommt, wie es kommen musste: D bohrt eine Gasleitung an, Gas tritt aus, ein Funke verursacht eine Gasexplosion. Bei der Explosion wird der Laden des F stark beschädigt (Renovierungskosten ca. 20.000 EUR) und F wird selbst verletzt (Behandlungskosten 2.000 EUR; Verdienstausfall 1.000 EUR).

B. Frage
Welche Ansprüche hat F gegen P?

Fallabwandlung
Wie wäre der Fall zu bewerten, wenn die Arbeiten nicht im Laden des F, sondern in seinem Familienhaus durchzuführen wären?
Lösung zur Fallabwandlung




C. Lösungshinweise
Da die Frage der Abwicklung der eigentlichen Vertragsleistungen gar nicht gestellt ist, ist zu prüfen, inwiefern F Ersatz der erlittenen Schäden verlangen kann. Dies ist im Einzelnen Ersatz von:
  • Renovierungskosten des Ladens (20.000,- EUR),
  • der Behandlungskosten (2.000,- EUR),
  • des Verdienstausfalls (1.000,- EUR).

Als Anspruchsgrundlagen kommen hier folgende Normen in Betracht:
  • vertraglich - § 280 Abs. 1 BGB i. V. m. § 241 Abs. 2 BGB (wegen Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht); Gewährleistungsrecht (gem. § 634 BGB) ist eher nicht denkbar => ein mangelhaftes Werk ist nicht das Problem; bevor das Werk vollbracht werden konnte kamen andere Rechtsgüter zu Schaden...
  • deliktisch - § 831 BGB i. V. m. § 823 Abs. 1 BGB wegen Eigentumsverletzung (sofern Laden im Eigentum des F - andernfalls hätte der Eigentümer einen Anspruch) und wegen Körperverletzung durch den Verrichtungsgehilfen des P

1. Anspruch aus §§ 280 I, 241 II BGB
Neben den gewöhnlichen Voraussetzungen des § 280 BGB (Schuldverhältnis, Pflichtverletzung, Verschulden), die hier gegeben sind, hat der Haftungsausschluss bzw. die Haftungsbegrenzung aus Punkt 8. der AGB des P zentrale Bedeutung. Sofern der Haftungsausschluss verbindlich ist, führt er dazu, dass F gegen P keinen Anspruch hat. Eine derartige Beeinflussung des Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien durch eine AGB-Klausel kann im Allgemeinen in folgenden zwei Schritten geprüft werden:
1 kann die Klausel auf die Fallfrage (hier: Anspruch aus § 280 BGB?) Einfluss haben?
2. ist die Klausel für die Parteien bindend?
Die erste Frage kann in diesem Fall bejaht werden. P wollte in den AGB seine Haftung für das Verschulden Dritter ausschließen. Da er den Auftrag bei F nicht persönlich ausführt, würde er allein wegen diesem Umstand von der Haftung - gemäß der Klausel in seinen AGB-s - frei.
Entscheidend ist insofern, ob diese Klauseln für die Parteien überhaupt verbindlich sind. Und dies ist entsprechend dem folgenden Aufbau zu prüfen.

2. Anspruch aus §§ 831 I, 823 I BGB
Auch im Hinblick auf die Ansprüche aus Delikt ist die Haftungsbegrenzung zu beachten. Sie greift nur, wenn der Haftungsausschluss zwischen den Parteien gilt. Dies ist nicht selbstverständlich, denn die gesetzlichen Regeln gelten zwischen den Parteien unabhängig von einer vertraglichen Vereinbarung - also auch ohne eine solche. Dennoch ist anerkannt, dass die Parteien - sobald sie miteinander einen Vertrag haben - die Haftung auch für deliktische Ansprüche ausschließen haben. Das Argument ist hierbei, dass ein Ausschluss nur in Bezug auf z. B. § 280 BGB keinen Sinn machen würde, wenn die Haftung im Rahmen eines § 823 BGB ungehindert weiterhin greifen würde.
Demzufolge ist die Haftung aus einer deliktischen Regelung jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn ein Haftungsausschluss insgesamt wirksam vereinbart wurde. Im Falle der Vereinbarung über AGB setzt dies eine AGB-Rechts-Prüfung voraus, wie sie bereits oben geschildert wurde.

D. Fallabwandlung
Im Falle der Durchführung von Arbeiten am Haus des F ist F nicht mehr Unternehmer sondern Verbraucher. Dies führt dazu, dass ihm gegenüber andere Regeln für die Einbeziehung der AGBs sowie für ihre Überprüfung gelten. Dies ist entsprechend bei den heranzuziehenden Vorschriften zu berücksichtigen. Ein Teil der §§ 305 ff. BGB gilt nur für Verbraucher. Im Übrigen vgl. Lösung zum abgewandelten Fallbeispiel.


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