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Fall: Darlehen nach Einlage bei Kapitalerhöhung


A. Sachverhalt


Anton (A) und Bert (B) sind Gesellschafter der AB GmbH. Das Stammkapital, das 80.000 EUR beträgt und von A zu 30.000 EUR, von B zu 50.000 EUR übernommen wurde, soll erhöht werden. Es wird formgemäß ein Beschluss über die Kapitalerhöhung getroffen, kraft dessen A eine weitergehende Einlage in Höhe von 40.000 EUR leisten soll, so dass sich der Wert seines Anteils auf insgesamt 70.000 EUR erhöht.

Am 15. 11. zahlt A vereinbarungsgemäß die 40.000 EUR auf das Konto der AB ein, die Kapitalerhöhung wird am 25. 11. ins Handelsregister eingetragen. Am 5. 12. unterzeichnet A mit der AB, vertreten durch den alleinigen Geschäftsführer Carl (C), einen Darlehensvertrag, kraft dessen A von der AB ein Darlehen in Höhe von 30.000 EUR erhält. Das Darlehen wird am 10. 12. ausgezahlt.

B ist der Auffassung, dass A seiner Einlagepflicht nicht nachgekommen ist und drängt C dazu, die Einlage von A in Höhe der Darlehenssumme einzufordern.

Zurecht?

Fallabwandlung 1


A zahlt die 30.000 EUR am 15. 2. zurück, nachdem C ihn unter Hinweis auf die schwierige finanzielle Lage der AB aufgefordert hatte. Er vermerkt auf dem Überweisungsträger unter „Verwendungszweck“, dass es sich um Rückzahlung des Darlehens handelt. Die Gesellschaft gerät aber immer mehr in Verzug mit Zahlung ihrer Rechnungen und C sucht nach Lösungen. Er behauptet, dass die Aktion mit dem Darlehen immer noch nicht ausgestanden sei und eigentlich müsste A noch die Einlage entrichten.

Hat die AB in diesem Fall immer noch einen Anspruch auf Zahlung der Einlage?

Fallabwandlung 2


A erhält kein Darlehen nach der Kapitalerhöhung, sondern erst 2 Jahre später. Zu diesem Zeitpunkt laufen die Geschäfte der AB nicht besonders und die Aktiva der Gesellschaft sind – nach Abzug aller Verbindlichkeiten – auf ein Niveau von 110.000 EUR gefallen. Auch dem A geht es finanziell schlecht, weshalb er mit der AB vertreten durch C einen Darlehensvertrag über 50.000 EUR abschließt. Die Darlehenssumme wird sofort ausgezahlt. Beim Darlehen wurde zwar eine unter Marktwert liegende Verzinsung gewählt, dafür wurde der AB als Sicherheit für die Darlehenssumme eine zweitrangige Grundschuld auf dem Hausgrundstück des A eingeräumt.

B ist empört und möchte, dass die 50.000 EUR an die Gesellschaft zurückgezahlt werden, weil unsicher ist, ob das Geld von A jemals wieder kommt.

Welche Ansprüche hat die AB und gegen wen?



B. Lösungshinweise zum Grundfall


Als Anspruchsgrundlage kommt nur ein Anspruch auf Zahlung der Einlage (nach Kapitalerhöhung) gegen den Gesellschafter, dessen Einlage betroffen sein könnte - d. h.:
=> AB könnte gegen A einen Anspruch auf Zahlung der Einlage in Höhe von 30.000,- EUR gem. § 14 GmbHG in Verbindung mit der Übernahmeerklärung und § 55 Abs. 1 GmbHG.

Bei der Anspruchsprüfung kommt es weniger auf die Anspruchsentstehung an und vielmehr auf die Frage, inwiefern der Anspruch durch Erfüllung verloren gegangen ist! Denn eine Auszahlung eines Darlehens an den Gesellschafter im Zusammenhang mit vorheriger Einzahlung der Stammeinlage kann als ein sogenanntes "Hin-und-her-Zahlen" der Einlage gem. § 19 Abs. 5 GmbhG betrachtet werden. Sind die Voraussetzungen des § 19 Abs. 5 GmbHG erfüllt, entfällt die Erfüllungswirkung der Zahlung im Umfang des Darlehens.

Dies ist im Detail zu prüfen, vgl. folgenden Aufbau.


C. Lösungshinweise zu Fallabwandlung 1


In der ersten Fallabwandlung zahlt A die Darlehenssumme zurück. An sich müsste das Thema der Zahlung der Stammeinlage abgeschlossen sein. Dennoch könnte die AB von A Zahlung der Einlage erneut verlangen - sofern folgende, durchaus spitzfindige, Überlegungen greifen:

1. Vor der Rückzahlung des Darlehens schuldete A der AB zwei verschiedene Leistungen:
- Rückzahlung des Darlehens aus dem Darlehensvertrag
    • Stammeinlage, weil diese nicht erfüllt wurde (siehe Grundfall)

2. Zahlt A das Darlehen zurück, dann ist damit nicht automatisch die Stammeinlage eingezahlt!

3. Dies ist insbesondere deshalb denkbar, weil Zahlung der Stammeinlage einer korrekten Tilgungsbestimmung bedürfte
Vgl. allgemeine Regeln der Leistungserfüllung in § 366 BGB!

Diese Überlegungen können allerdings nicht überzeugend dazu führen, dass der Anspruch auf Zahlung der Stammeinlage bestehen bleibt, denn:
  • die Gesellschaft wird mit Rückzahlung der Darlehenssumme in ihrem Interesse an Kapitalausstattung befriedigt,
  • sie nicht zwei mal den Betrag erhalten darf...
Deshalb ist im Ergebnis festzustellen, dass in der Fallabwandlung 1 kein Anspruch der AB auf Zahlung der Stammeinlage gegen A besteht.

D. Lösungshinweise zu Fallabwandlung 2


Hier ist die Einlagepflicht nicht mehr relevant - seit der Kapitalerhöhung ist bereits lange Zeit vergangen. Problematisch ist die Auszahlung dennoch, weil das Stammkapital i. S. d. § 30 GmbHG betroffen ist. Vor diesem Hintergrund sind folgende Ansprüche zu prüfen:
  • gegen die Gesellschafter gem. § 31 GmbHG
  • gegen den GF gem. § 43 Abs. 3 GmbHG

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