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Fall: Drachen gegen Stromriesen
A. Sachverhalt
Der 9-jährige Leichtsinnig (L) lässt im Herbst bei windigem Wetter auf der Wiese hinter dem Haus seiner Eltern Drachen steigen. Manchmal reißen sich seine Flugobjekte von der Leine und fliegen in die Strommasten oder Hochspannungsleitungen des Energieversorgers Stromausfall (S), es ist aber nie etwas passiert. Eines Tages, bei Wind und Regen, fliegt dem L ein Drache in die Leitungen und verursacht einen Kurzschluss, weil die Schnur nass war. Infolge des Kurzschlusses entsteht ein Schaden in Höhe von mehreren 100.000 EUR.
B. Frage
Kann S von L Ersatz des Schadens verlangen?
C. Lösungsskizze
vgl. folgende Struktur
S könnte gegen L einen Anspruch auf Ersatz des Schadens gem. § 823 Abs. 1 BGB haben. Für die Begründung eines solchen Anspruchs wäre notwendig, dass L
- den Tatbestand des § 823 Abs. 1 BGB erfüllt hat (durch seine Handlung ein Rechtsgut verletzt hat, wodurch ein Schaden entstanden ist).
- dies widerrechtlich (rechtswidrig) geschah und
- L dies verschuldet hat.
Eine Beeinträchtigung der Funktion der Stromleitungen stellt eine Eigentumsverletzung dar, die nicht gerechtfertigt war. Infolge dieses Ereignisses ist auch ein Schaden entstanden. Damit ist der Tatbestand widerrechtlich erfüllt worden. Es stellt sich allerdings die Frage, ob den L ein Verschulden trifft. Vom Verschulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit im Sinne der Vorschrift) kann nur dann gesprochen werden, wenn die handelnde Person überhaupt verschuldensfähig ist. Da dies bei bestimmten Personenkreisen nicht der Fall ist, sind diese Personenkreise von der Verantwortung im Sinne einer unerlaubten Handlung befreit, § 827 BGB und § 828 BGB.
Eine Störung i. S. d. § 827 BGB liegt nicht vor.
In Betracht kommt Ausschluss der Verantwortung gem. § 828 BGB.
- § 828 I BGB - nicht anwendbar, weil L nicht mehr unter 7 Jahren,
- § 828 II BGB - nicht anwendbar, weil kein Verkehrsunfall,
- § 828 III BGB?
Es kommt darauf an, ob L bei Begehung der schädigenden Handlung die Einsichtsfähigkeit hatte, die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderlich wäre. Dies ist im Hinblick auf die erhöhte Gefahr eines Kurzschlusses bei Nässe zweifelhaft.
Ergebnis: da Einsichtsfähigkeit fehlt, liegt ein Fall des § 828 III BGB vor. Damit ist L nicht verantwortlich, damit hat S gegen L keinen Anspruch aus § 823 I BGB.
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